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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Iris

Beitragvon Iris » 21.05.2006, 16:33

Meine Seele träumt Bilder
sie gewinnen durch Phantasie
an Farbe, Zeit und Raum
doch ihr Glanz verliert sich
auf Papier und Leinwand

Meine Gedanken bauen Brücken
zwischen den Welten
doch Schranken versperren
den Übergang ins wirkliche Leben

Meine Gefühle sprengen Mauern
zart läßt sie Feinsinn erbeben
doch in unbedachtem Moment prallt
reges Empfinden gegen stählerne Wände

Der Tod lauert als Schnitter
auf meinem Feld
Ich ernte gelassen
Fern allmählichen
Werden und Vergehens
steht der Sensenmann
dem Leben zuweilen
näher denn je


ursprünglich:

meine seele träumt bilder
sie gewinnen an farbe in mir
doch ihren glanz verlieren sie
auf dem papier

meine gedanken bauen brücken
zwischen den welten
doch in wirklichkeit
versperren schranken den übergang

meine gefühle sprengen mauern
doch augenblicke prallen
gegen stählerne wände

der tod lauert
fern allmählicher vergängnis
steht er dem leben näher denn je
Zuletzt geändert von Iris am 27.05.2006, 16:06, insgesamt 24-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 22.05.2006, 08:52

Liebe Iris,

Deine Texte erschrecken mich manchmal. Bei diesem hier ist es der letzte Satz, der dieses Erschrecken auslöst.
Ich finde, Dein Gedicht hat sehr starke Bilder. Nur zwei kleine Anregungen: In der zweiten Strophe würde ich eher schreiben: „Doch Schranken versperren den Weg (oder Übergang) in die Wirklichkeit“. In Strophe 3 und 4 würde ich die Zeilensprünge überdenken.

Viele Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 22.05.2006, 09:56

Liebe Iris, was ist vergängnis?
Bei aller dichterischen Freiheit... vielleicht meinst du VERHÄNGNIS? :-s
Aslo wenn du eine Ableitung vom Vergehen suchst...
Warum nicht jenseits des Vergehens?

Ich habe schon mal irgendwo gesagt, dass die Worte auf -keit, -heit und -ung sich in lyrischen Texten nur bedingt eignen, das gilt auch für -nis.

Dann hat sich in der ersten Strophe ein Reim "eingeschlichen" wenn nicht beabsichtigt... ;-)
Ein Reim allein, so will mir scheinen taugt nicht,s wenn nicht das ganze Gedicht durchkomponiert ist, oder sich dieser am Ende gewissermaßen als Schlusspunkt ergibt.
Deine schweren und trüben Gdanken bedürfen noch etwas der Überarbeitung und vielleicht auch der Reflexion.

Viel erfolg und liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 22.05.2006, 14:14, insgesamt 1-mal geändert.

Iris

Beitragvon Iris » 22.05.2006, 14:02

Hallo ihr beiden, danke für die Kommentae.

Ach, ich wollte nicht erschrecken.
Der Text ist paar Jahre alt und ich hab ihn jetzt vorgekramt.

Liebe Leonie,
ich denk mal über Deine Vorschläge nach, in Wirklichkeit und in die Wirklichkeit sind natürlich zwei verschiedene Bedeutungen, doch sie wären nicht erheblich. Und wenn es so besser verständlich wirkt, werde ich es ändern ...

Über die Zeilenumbrüche habe ich auch schon nachgedacht und glaube mir ist beim Reinkopieren hier auch ein Fehler unterlaufen, da muß ich nochmal nachsehen.

Liebe Gerda,

ja ein Gedicht über Verhängnis Vergängnis ... Ich habe sehr früh angefangen zu schreiben, weil ich durch einen Impfschaden Probleme bekam. Sorry, passiert manchmal noch. Doch mir ist das im Grunde nicht peinlich, denn was kann ich für die Impferei, welche fast immer hilft, doch nicht generell jedem und immer. Ja, natürlich muß es Vergehens heißen! Danke. Besser man arbeitet als klagt lebenslänglich.
Im Prinzip ist es doch alltäglich, daß sich vieles nicht transportieren läßt ohne Verlust in die sogenannte Realität, in der wir leben. Manchmal gelingt es besser, manchmal nicht so gut, den Moment, wo es nicht so gut ging habe ich beschrieben ...

Das ist allerdings kein Pessimismus. Ich dachte hin und wieder an Van Goghs Sensenmann, weiß gar nicht , ob das Bild tatsächlich so heißt.
Ich hoffe, die überarbeitete Variante ist sinnvoller und besser gelungen.

Liebe Grüße Euch beiden Iris

steyk

Beitragvon steyk » 22.05.2006, 15:43

Hallo Iris,
es gibt ein Bild mit dem Titel DER SCHNITTER von van Gogh. Es zeigt einen Mann in Rückenansicht mit Sense bei der Arbeit auf dem Feld. Der hat aber kaum etwas mit dem Schnitter zu tun, den man allgemein als den Tod bezeichnet.
Dein Gedicht hat viel Aussagekraft, ist aber noch nicht ganz fertig - wie ich finde. Du sagst selber, daß es ein älters Werk ist. Ein wenig noch daran feilen, dann wird es richtig gut.
Liebe Grüße
Stefan

Perry

Beitragvon Perry » 22.05.2006, 19:49

Hallo Iris,
ich finde, da ist dir ein außergewöhnlicher Text gelungen, der die Kluft zwischen Traum(Todesangst/-sehnsucht) und Realität gut aufzeigt.
Die überarbeitete Version macht die Aussage schon klarer, trotzdem wäre es sinnvoll auch die Ursprungsversion stehen zu lassen.
Was jetzt meiner Meinung noch wünschenswert wäre, ist ein lyrischer Kick:
Zum Beispiel klingen die gleichen Versanfänge (Meine ...) gebetsmühlenhaft (beabsichtigt?), außerdem fehlt meiner Meinung nach noch ein roter Faden zwischen den einzelnen Aussagen, der zu dem wirklich sehr gelungenen Schlussvers führt.
Ich denke, der Text wäre es wert noch etwas an ihm zu arbeiten.
Wenn du Unterstützung dabei wünscht, mache ich dir gerne einen Vorschlag dazu.
LG
Manfred

Iris

Beitragvon Iris » 22.05.2006, 20:40

Hm, ja. Wäre gut, würde mich über weitere Hinweise freuen, Manfred.

Gebetsmühlenartig, so ists auch. Ich hab gerade nachgelesen über van Gogh, weil ich den genauen Titel nicht mehr kannte von dem so bekannten Bild, (Bilder bleiben eher haften, nicht immer, gibt auch Ohrwürmer) und habe interessante Ausführungen über die Zustände in solch Situation und damit auch seiner gelesen mit Aufzeichnungen von van Gogh selbst und sie gehen genau auf das ein: van Gogh kam übrigens aus einer Pfarrersfamilie und ... ich halt jetzt meinen Mund gleich, denn es würde den Rahmen sprengen.
Roter Faden. Der fehlt ja gerade in solch Lage!! Deshalb habe ich extra das Fadenziehen, Spinnen vom Asthaken über Spindel bis zum Spinnrad gelernt und das Pflanzenfärben noch dazu ... und kann rot mit Pflanzen färben, was heißt kann ...


Dir auch danke, Stefan. Der Schnitter, genau, dieses Bild hat mich von Kindesbeinen an sehr beeindruckt, überhaupt fast alle Bilder von van Gogh. Die Tagebücher haben mich in jungen Jahren so mitgenommen, daß ich sie weglegen mußte.

Ich feile, feile, feile nicht mit Eile, sondern Weile :)

Ganz liebe Grüße Iris
Zuletzt geändert von Iris am 25.05.2006, 08:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon leonie » 22.05.2006, 21:52

Liebe Iris,

Du hast hart gearbeitet und es hat sich gelohnt, finde ich. Ich finde es jetzt sehr gut!

Liebe Grüße

leonie

Gast

Beitragvon Gast » 22.05.2006, 22:15

Liebe Iris,
würdest du bitte den Ursprungstext dazu posten...
es wär hilfreich
zum Vergleich... danke
LGG

Iris

Beitragvon Iris » 24.05.2006, 12:16

okay,


LG Iris

Perry

Beitragvon Perry » 26.05.2006, 17:58

Hallo Iris,
es hat etwas gedauert aber nun habe ich meine Variation zu deinen Gedanken zu Papier gebracht. Ich habe als Grundthema Van Goghs Bilder genommen, es gibt tatsächlich zu jedem Vers ein passendes Bild (Sterne, Brücke, Mauer und Schnitter). Wenn Du möchtes schicke dir eine Version mit den Bildern zu, kurzes Kontaktmail zu Manfred.Peringer@gmx.de genügt.

Auf Van Goghs Spuren


Meine Seele träumt Bilder
malt mit Fantasie
Farbe, Zeit und Raum
doch der Sternenglanz verliert sich
auf der Leinwand der Realität

Meine Gedanken schlagen Brücken
zu weit entfernten Ufern
doch Hindernisse
versperren mir den Weg
zur anderen Seite

Meine Gefühle sprengen Mauern
lassen sie erbeben
in unbedachten Momenten
wenn Emotionen
aufeinander prallen

Meine Tage warten auf den Schnitter
der fern allmählichen Vergehens
unbeirrbar seine Sense schwingt
dem Leben zuweilen
näher denn je

LG
Manfred

Iris

Beitragvon Iris » 26.05.2006, 20:30

Hallo Manfred,

Ich antworte später, ich war gerade den ganzen Tag unterwegs.
Danke für Deine Gedanken.

LGI

Iris

Beitragvon Iris » 27.05.2006, 13:01

Hallo Manfred,


Ich finde in Deiner Version
malt mit Phantasie

gelungen, doch es geht mir nur um eine Erinnerung an van Gogh im Zusammenhang mit einer Problematik: meiner Seele Bilder gewinnen durch meine Phantasie, ich kann nur seltenst noch oder wieder malen, van Gogh konnte es und deshalb ist es auf ihn zutreffender und aus Deiner Sicht so in Ordnung.

Mit dem Sternenglanz, das möchte ich für mich nicht so sehr, denn es darf die erste Strophe an Bild Sterne erinnern, doch sie soll es nicht nur darauf beschränken, Leinwand der Realität ? Ich bleibe dabei, das es für mich eine Leinwand gibt, die ich anfassen und selbst bemalen kann und sie muß deshalb für mich nicht gleich die Leinwand der Realität sein und werden, das ist mir zu hoch gegriffen.

Ich bleibe auch bei der zweiten Strohe, denn ich schlage die Brücken nicht, ich baue sie sorgfältig in Gedanken, von der sogenannten Anderswelt oder der Welt im Wahn in die Realwelt, das ist sehr schwer und hat alles nix mit mal einen Kick haben zu tun, es sind keine weitentfernten Ufer, es ist ein eher schmaler Grad, der immer wieder erneut zu überbrücken ist, doch dies ist zuzeiten unbewältigbar.

Die dritte Strophe geht bei mir davon aus, daß eine Mauer durch zarte Berührung erbebt, durch zartes Wachstum von Mauerblümchen oder dergleichen. Einen Menschen, der wie Beton ist erreiche ich nur durch zarte Berührung, die genau bedacht sein will, an welcher Stelle sie stattfindet meditativ z.B., also ganz und gar nicht wird da unbedacht gesprengt.
Doch bei all dem mich überforderndem Tun, bleiben auch Dinge noch unbedacht, und ich pralle mit meinen Emotionen gegen weitere Barrieren und sie fallen auf mich zurück.

Dann kommt der Schnitter ja unbeirrbar, das finde ich gut ausgedrückt von Dir und haut auf meinem Feld die Ernte, doch das steht ihm auf meinem Land nicht zu.
Er kommt mir ein paar Augenblicke zuvor und ich mag seiner Gewalt keine Gegengewalt setzen. Ich glaube an seine unerbittliche Gewalt nicht, er ist unbeirrbar, er ist es, der sich in diesem Falle wirklich irrt. Und irgendwann werd ich malen und schreiben und mein Feld zu schützen wissen, deshalb habe ich zum besseren Verständnis jetzt mit zwei Strophen das Gedicht zu diesem Thema neu bearbeitet und beendet.

Das also, warum es bei mir so zugeht in meinem Gedicht.

Ja die Bilder, es ist gut, daß Du sie mir zeigst, ich erinnere mich an jedes, Du brauchst sie mir nicht schicken.

LG Iris
Zuletzt geändert von Iris am 06.06.2006, 07:23, insgesamt 1-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 27.05.2006, 20:48

Hallo Iris,
danke für deine ausführliche Erläuterung, damit lässt sich dein Gedicht natürlich besser verstehen. Meine Version konnte nur eine Reflexion der Bilder Van Goghs an deinem Text sein.
Für den Leser sind solche persönlich geprägten Texte natürlich schwer interpretierbar und da sucht sich eben jeder seine Bilder dazu. Mir war es eine Freude mich mal wieder mit Van Gogh zu beschäftigen. Ich wünsche dir jedenfalls viel Kraft, dass du deinen Weg findest und deine Ziele erreichst.
LG
Manfred

PS:
Da ich mit Meister Tod auch bereits meine Klinge gekreuzt habe, möchte ich dir gerne folgende Zeilen von mir mit auf den Weg geben:

Wenn wir gewusst hätten …


dass die Zeit
eine Reisende ist
hätten wir sie gebeten
für eine Weile Platz zu nehmen

dass die Liebe
eine Rose ist
hätten wir ihren Duft
viel tiefer geatmet

dass der Tod
ein Freund ist
hätten wir nicht
so viele Tränen vergossen

dass wir das Spiel des Leben
nicht gewinnen können
hätten wir vielleicht
seine Regeln öfter missachtet


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