Vollmondlegende

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
carl
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Beitragvon carl » 22.05.2006, 12:22

Als unsere Lippen sich trafen
nachts unter Linden und morgens
uns füllten mit Wirbel und Tanz
da war schon Herbst.
Der Mond
spielte das letzte Blatt aus:
Joker.

Jetzt ist der Himmel abgeräumt
die Hagebutte blüht im Schnee
(so rot, Geliebte wie du, so weiß...)
und fängt die neue Spielzeit an
sind unsre Wagen fort.



Nach Anregungen von Lisa und Frank.
Die ältere Version:

Als unsere Lippen sich trafen
nachts unter Linden und morgens
uns füllten mit Wirbel und Tanz
da war schon Herbst. Der Mond
spielte das letzte Blatt aus: Joker.

Jetzt ist der Himmel abgeräumt
die Hagebutte blüht im Schnee
(so rot, Geliebte wie du, so weiß...)
und fängt die Spielzeit neu an
sind unsre Wagen fort.
Zuletzt geändert von carl am 26.05.2006, 10:26, insgesamt 1-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 22.05.2006, 19:26

Hallo Carl,
einen rasanten Wirbelwind von Natur- und Liebesbildern hast du hier gemalt. Was die fehlenden „Wagen“ allerdings bei diesem Spiel der Möglichkeiten für eine Rolle spielen, erschließt sich mir leider nicht.
LG
Manfred

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leonie
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Beitragvon leonie » 22.05.2006, 21:49

Lieber carl,

was mich an Deinen Gedichten am meisten beeindruckt, sind die Bilder.
Der Mond, der den Joker ausspielt, der abgeräumte Himmel, ebenso phantastisch wie der Trauerrand, den Du in einem Kommentar erwähntest!
Die erste Strophe atmet außerdem Lebendigkeit und Lust, sehr schön!

Mehr davon

liebe Grüße

leonie

P.S. Ich überlege noch, ob die Wagen, die fort sind, mich traurig machen müssen....

carl
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Beitragvon carl » 24.05.2006, 11:12

Hallo Perry,

"Spiel" als Schlüssel für "Wagen":
Wirbel & Tanz, Kartenspiel, Joker = Clown, abgeräumt: der Spieltisch, die Bühne und Wagen:
die Wagen zweier Schaustellertruppen, die am Ende der Winterruhe in verschiedene Richtungen fahren...
Werde noch nach einem andern Wort für "Wagen" forschen.
Hat denn sonst jemand Verständnisprobleme mit den "Wagen"?
Die Adressatin (im "wirklichen Leben") hatte sie zum Glück nicht (uff)!!

Hallo Leonie,

das Gedicht habe ich am Morgen nach der 1. Begegnung geschrieben (da waren wir noch gar nicht miteinder im Bett):
Es deutet intuitv die Möglichkeiten der Begegnung, aber auch ihr Ende, sozusagen prophetisch (aber das war mir völlig unbewußt).
Also beides, Glück des Augenblicks und (reichlich) Tränen...

LG, Carl

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.05.2006, 13:31

Lieber carl,

ich habe das mit den Wagen sofort verstanden, bitte lass dieses Wort (es gibt ein Gemälde, leider nicht im Internet, von Radziwill, zwar laut Interpretationen der Kunsthistoriker mit völlig anderer Intention, aber meiner Meinung nach (bis auf das Licht) wie dein Gedicht...dort reisen die Wagen auch ab...Titel: "Die ersten Regentropfen"

Das Gedicht ist sehr sehr stark! (Mein Anwärter des Monats unter anderem).

Ich weiß, du arbeitest viel mit besonderen Zeilenumbrüchen, aber diese starke Zeile würde ich vielleicht einzekn setzen:

da war schon Herbst.


Und hier:

und fängt die Spielzeit neu an


vielleicht:

und fängt die neue Spielzeit an (oder: und fängt die Spielzeit von Neuem an...)

fänd ich flüssiger und wärmer...

Loben will ich nicht einzelne Passagen...das sind alles so starke Bilder...sehr mein Geschmack, auch was die Liebe angeht....

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 24.05.2006, 17:56

Sehr kraftvolles Gedicht :thumbleft:

Ich habe keine Verständnisprobleme mit dem Wagen.

Auch ich votiere, wie Lisa, allerdings für Zeilenumbruch nach Herbst,
der Mond kann für sich allein in einer Zeile stehen, muß aber nicht.

"und fängt die neue Spielzeit an" würde sich - und wieder stimme ich mit Lisa überein - flüssiger lesen und am Sinn nichts ändern.

Laß es dir mal durch den Kopf gehen.

Gruß
Frank

carl
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Beitragvon carl » 26.05.2006, 10:26

Hallo Lisa und Frank,

Danke für die Einhilfen!

LG, Carl

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.05.2006, 10:31

Hallo carl,
was ich bei meinem ersten Posting vergaß...der Titel kommt mir etwas zu dickbarockromantisch daher...aber vielleicht muss das so sein?

Ansonsten immer noch entzückt!
Lisa

carl
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Beitragvon carl » 26.05.2006, 10:38

Hallo Lisa,

der Titel ist eine Anspielung auf einen Märchenband namens "Vollmondlegende", der für das "wir" eine Rolle spielt, und ich mag nicht alle persönlichen Bezüge löschen.
Aber es müsste sowieso was ähnliches werden, da es um eine Art Märchen geht, z.b. "schön wie Milch und Blut", vielleicht kennst Du diese Wendung noch? "(so rot, Geliebte, so weiß wie du)": Ohne diese Einordnung wäre mir das Gedicht selbst zu "Barock".

Danke fürs Kommentieren (und den Zuspruch),

Carl

Perry

Beitragvon Perry » 29.05.2006, 22:52

Hallo Carl,
mit deiner Erklärung, dass es sich um eine Schaustellertruppe handelt ist das Bild mit den (Artisten bzw. Zirkus) Wägen natürlich verständlich. Da ich ein alter Symetrie - Fan bin, habe ich für den 2. Vers noch eine Variation anzubieten, die bei gleicher Zeilenzahl, den Gedanken bzw. das Bild vom Joker noch einmal aufgreift:
Vorschlag:
Jetzt ist der Himmel abgeräumt
die Hagebutte blüht im Schnee
(so rot, Geliebte wie du, so weiß ...)
und fängt die neue Spielzeit an
sind unsere Wagen fort
Verstreutes Kartenblatt
in dem der Joker fehlt

LG
Manfred

Cornelia

Beitragvon Cornelia » 30.05.2006, 09:00

Hallo Carl,

auch ich finde starke Bilder in Deinem Gedicht, die mich sehr ansprechen.

Aus Versehen las ich :

"Jetzt ist der Himmel abgeträumt

....und ich muss sagen, die Version hat mir auch gefallen.

Liebe Grüße
Cornelia

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 30.05.2006, 10:31

Hallo carl,

lustig. ikch erinnere mich nicht mehr hundertrprozentig, aber ich glaube,mir passierte das gleiche wie Cornelia :grin:

Wenn der Titel einen auf etwas Konkretes verweist, muss er natürlich bleiben! §blumen§

Lisa

carl
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Beitragvon carl » 31.05.2006, 09:07

Liebe Lisa, Liebe Cornelia,

abgeträumt hat was! Leider mag ich Scheibweisen wie abge(t)räumt nicht, bleibet also wie immer im Leben eine Entscheidung...


Lieber Manfred,

die Asymmetrie stört mich auch.
Aber mit "sind unsere wagen fort" ist Schluss.
Mit der Beziehung und dem Gedicht.
Danach kann nichts mehr kommen.
Ich überlege also auch noch...

Liebe Grüße, Carl

Gast

Beitragvon Gast » 31.05.2006, 09:55

mir galoppieren derzeit einfach viele Gedichte davon,
;-) will sagen ich komme mit dem Kommentieren nicht nach, und genaues Lesen ist ja wohl Voraussetzung... :smile:
aber sagen möchte ich doch noch, dass dieses hier ein ganz besonders "Schätzchen" unter den guten Gedichten hier ist.

LGG

PS... Carl, "Pole Poppenspeeler" kennst du bestimmt, oder?


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