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Januar 2014
Verfasst: 26.01.2015, 07:29
von Rita
Was wissen wir
von den Lagern, von menschlichen
Klumpen, zu Bergen gehäuft, von der
Apokalypse menschlicher Spezies
Filmstoff, vergiss es, sagt er
Wir Nachgeborenen fragen nicht
nach dem Warum, das Grauen schüttelt
die Glieder, das reicht uns fürs erste
wir leben heute, wir sind die
schuldlose Generation
Ich schweige, ich höre zu
höre die Worte eines Mannes aus der
schuldlosen Generation während
der Fahrt Richtung München
unweit von Dachau
Verfasst: 26.01.2015, 08:49
von Amanita
Hallo Rita, ich finde den Bezug etwas problematisch – wer klagt da wen an? Wir Nachgeborenen fragen nicht/ nach dem Warum geht für mich so nicht. Diese Aussage passt für mich auch nicht zum "Filmstoff".
Die Genese eines solchen Textes kann ich allerdings sehr gut nachempfinden – immer wenn ich höre "schrecklich, ja, aber es ist doch nun vorbei", fällt mir Ähnliches ein.
Verfasst: 26.01.2015, 09:06
von Rita
Danke, Amanita, für deinen Kommentar. Wenn ich dich richtig verstehe, findest du die Frage nach dem Warum deplaziert. Immerhin ist es gerade für uns Nachgeborene die entscheidende Frage, nämlich die nach dem Hintergrund. Er interessiert dich also nicht - soll ich das so verstehen? Womit du mir allerdings die Berechtigung dieser Passage bestätigst - genauso ist es: Wir wollen das Warum gar nicht wissen.
Ciao, Rita
Verfasst: 26.01.2015, 09:35
von Amanita
Nein, ganz im Gegenteil, Rita!
Ich – "Nachgeborene" – habe mich (mit vielen, vielen anderen) immer für das Warum interessiert; genau deshalb stört mich das Wir.
Verfasst: 26.01.2015, 10:04
von Rita
Amanita,
dann ist mir dein Einwurf aber nicht verständlich und mich erstaunt es etwas, wenn du glaubst, ich hätte dieses Gedicht extra für dich geschrieben.
Verfasst: 26.01.2015, 10:21
von Pjotr
Liebe Rita,
ich fände es besser, wenn Du das "Wir" ersetzen würdest durch eine Einzelperson. Sonst klingt es so, also wäre das Gedicht für alle Nachgeborenen geschrieben, als ob das LI Stellvertreter aller wäre. Dieses LI lügt.
Was wissen wir
Was weiß er
Wir Nachgeborenen fragen nicht
Dieser Nachgeborene fragt nicht
Gruß
P.
Verfasst: 26.01.2015, 10:27
von Amanita
... das verstehe ich jetzt nicht. Jedes Gedicht ist für alle geschrieben, die es lesen. Oder "für" niemanden.
Verfasst: 26.01.2015, 10:28
von Amanita
Siehste. Pjotr sagt Ähnliches.
Verfasst: 26.01.2015, 10:28
von Rita
Amanita,
ich möchte dich kurz darauf hinweisen, dass ich meine Texte selber schreibe, und dass du etwas nicht verstehst, das glaube ich dir gern.
Verfasst: 26.01.2015, 10:30
von Amanita
Also Rita, jetzt lass doch endlich mal die Schulmeisterei. Jede/r versteht hier mal was nicht.
Verfasst: 26.01.2015, 10:35
von Rita
Lieber Pjotr,
es ist doch ganz selbstverständlich, dass es bei dem "Wir" auch immer Ausnahmen gibt, die dieses "Wir" aber bestätigen, nämlich in dem Sinne, dass sie Ausnahmen sind. Oder soll ich meinen Text dahingehend verändern, dass ich schreibe "Wir Nachgeborenen, außer Amanita ..."? Ich rate, gerade bei diesem Text eine gewisse Sachlichkeit an den Tag zu legen. Auch, wenn es schwerfällt. Ich habe volles Verständnis.
Ciao, Rita
Verfasst: 26.01.2015, 10:39
von Pjotr
Das Wort "wir" hat eine klare Bedeutung, Rita. Dein LI verallgemeinert. Das Ziel dieses Textes ist (neben emotionalem) sicherlich nicht, diese falsche Verallgemeinerung zu zeigen, sondern eine politische und ethische Problematik zu zeigen, die allerdings ein falsches Detail enthält: nämlich jene falsche Verallgemeinerung. Das tut dem Text nicht gut.
Rita hat geschrieben:es ist doch ganz selbstverständlich, dass es bei dem "Wir" auch immer Ausnahmen gibt, ...
Nein, das ist keineswegs selbstverständlich.
Rita hat geschrieben:... selbstverständlich, dass es bei dem "Wir" auch immer Ausnahmen gibt, die dieses "Wir" aber bestätigen, nämlich in dem Sinne, dass sie Ausnahmen sind.
Das ist Pseudo-Logik. Du kannst nicht eine bliebige Bedingung (z.B die Selbstverständlichkeit der unvollständigen "Wir"-Bedeutung) unterstellen zum Zweck eines erwünschten Resultats, um mit selbigem erwünschten Resultat die Richtigkeit einer bliebigen Bedingung zu beweisen.
Verfasst: 26.01.2015, 10:51
von birke
hallo rita,
kann mich hier amanita und pjotr nur anschließen.
die verallgemeinerung tut dem text überhaupt nicht gut,
sondern stellt ja fast eine verleumdung dar.
das problem ist jedoch einfach zu lösen, indem du den mann, der diese worte spricht, in der "ich"-form reden lässt. (oder wie pjotr vorschlägt: "er" ...)
dann wäre es nicht so übergriffig (wie ich es empfinde) und dein text sagt trotzdem das aus, was er mit dem "wir" auch versucht. es sei denn, du willst tatsächlich alle "nachgeborenen" dahingehend in einen topf schmeißen. problematisch.
gruß, birke
EDIT: dieser kommentar ist keineswegs persönlich gemeint, sondern bezieht sich einzig und allein auf den text. falls jemandem das nicht klar sein sollte.
Verfasst: 26.01.2015, 10:58
von Zefira
Ist nicht die gesamte Mittelstrophe ein Zitat? Dann wäre die Verallgemeinerung nicht dem Sprecher/der Sprecherin des Gedichts selbst anzulasten, sondern dem Mann im Zug. Ich würde es so lesen.