weil es zum leben gehört

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 15.04.2015, 12:28

.

ich sehe dich
von hinten, den kopf
geneigt der mandelbaum
scheint sanft
/wie viele blüten
öffnen sich dem gedicht/
als du dich umdrehst
fällt dein blick auf mich
hast du gezählt



_____________________
auge durch blick ersetzt.
.
Zuletzt geändert von birke am 18.04.2015, 09:13, insgesamt 2-mal geändert.
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DonKju

Beitragvon DonKju » 15.04.2015, 16:23

hallo Diana,

erste assoziation (persönlich): "mädchen unter dem weidenbaum" (holzschnitt von emil orlik)

spontane ideen (frei haus, keine abnahmepflicht):
"...
/wie viele blüten öffnen
sich dem gedicht/
als du dich
umdrehst fällt dein auge
auf mich
/ungezählt/"

und auch die magnolien öffnen sich jetzt, ach frühlingserwachen

mit herzelichem gruß der donkju

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 15.04.2015, 18:51

Bei dem Bild, dass ein Mädchen mit geneigtem Kopf vor einem Baum steht und zählt, fällt mir sofort das Versteckspiel ein, deshalb würde ich das "hast du gezählt" am Ende so lassen ...

mit sonnigen Grüßen
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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birke
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Beitragvon birke » 15.04.2015, 23:53

feine assoziationen, danke sehr, zefira und donkju!
ja, die letzte zeile muss so bleiben, auch weil zeilenübergreifend mit lesbar ist: auf mich hast du gezählt.

über den zeilenumbruch hier: /wie viele blüten öffnen sich dem gedicht/ muss ich noch nachdenken,
das scheint mir so oder so nicht ganz glücklich. hatte auch schon überlegt alles in eine zeile zu nehmen?
mal sehen.

danke auf jeden fall und liebe grüße!
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Zefira
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Beitragvon Zefira » 16.04.2015, 00:29

Mir persönlich würde es, wenn es komplett in einer Zeile steht, etwas zu schnell, ich würde es so lassen.

lG Zefira
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 16.04.2015, 08:13

Hallo Birke,

ich sah auch diese Versteckspielsituation, das gefällt mir und es nimmt dem Gedicht an Süße. Stärker wäre das für mich gleich zu Anfang spürbar, wenn dort stünde: Ich seh dich.

Bei dem Einschub würde ich eher den Umbruch verschieben, weil es für mich eine ruhige Betrachtungssituation ist, die Blüten werden in ihrer Fülle gesehen, ein Staunen. Es geht ja nicht um die genaue Anzahl der Blüten, die sich gerade auf dem Baum öffnen? Was danach folgt, ist die Übertragung auf eine andere gedankliche Ebene.
/wie viele blüten
öffnen sich dem gedicht/

Was ich aber ganz und gar gruselig finde, :s030: ist das (heraus)fallende Auge. Da das „auf mich“ auch zeilenübergreifend gelesen werden kann, wird das konkrete Bild noch verstärkt, oder vielleicht auch erst ausgelöst. Das ist natürlich ein Kontrast zum drohenden „scheint sanft“, aber vielleicht ein bisschen heftig? Blick?

Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Beitragvon birke » 16.04.2015, 09:36

hallo flora,
ja, so ist der zeilenumbruch gut, habs schon geändert, danke! (zefira, ja in einer zeile wäre mir doch auch zu viel!)
und dass "das auge auf mich fällt" finde ich eigentlich gar nicht so gruselig?
ich habe da auch eher dann die redensart noch im hinterkopf: "ein auge auf jemanden werfen".
hm, mal sehen! :smile:
liebe grüße
birke
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Beitragvon Ylvi » 16.04.2015, 10:25

und dass "das auge auf mich fällt" finde ich eigentlich gar nicht so gruselig?
ich habe da auch eher dann die redensart noch im hinterkopf: "ein auge auf jemanden werfen".
Das habe ich schon vermutet, .-) aber in einem Gedicht ist es eben (für mich) mehr als eine Redensart, da ist es auch Bild? Und vor allem dann, wenn es abgewandelt erscheint und nicht klar als Redewendung eingesetzt wird und hier auch ohne die Ergänzung gelesen werden kann, wenn man diese zur nächsten Zeile zieht. Also "als du dich umdrehst, fällt dein Auge". Vielleicht spielt auch noch der Titel mit hinein, der auf den Tod anspielen könnte, dass ich hier sofort einen Zombie sehe.
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Beitragvon birke » 16.04.2015, 11:04

ja, der gedanke an tod ist ja auch gar nicht mal so abwegig.
aber zombie?? liest sich die stelle wirklich so gruselig, auch für andere?
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Beitragvon Zefira » 16.04.2015, 11:08

Für mich nicht, obwohl ich es eigentlich gewohnt bin, Sprachbilder sehr wörtlich zu nehmen (ich habe erst gestern zu meiner Tochter gesagt, eine" an den Haaren herbeigezogene Theorie" sei lächerlich, weil eine Theorie keine Haare habe).

Vermutlich ist das Bild zu abartig und mein Unterbewusstes sperrt sich gegen eine wörtliche Auffassung.

Grüße von Zefira
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Beitragvon birke » 16.04.2015, 11:32

ha, da geht es mir wohl in allem ähnlich wie dir, zefira!
nun ja, werde vllt doch in erwägung ziehen, das auge durch den blick zu ersetzen.
danke euch soweit! :)
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Beitragvon birke » 18.04.2015, 09:15

ich habe mich dazu durchgerungen, das auge durch blick zu ersetzen ;-)
es ist einfach nicht gut, wenn sich so ein gruseliges bild eröffnen kann ... danke, flora!
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Werner
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Beitragvon Werner » 30.05.2015, 23:04

ein sehr schönes gedicht


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