da saß ich aus dem fenster
ich blickte auf jericho
auf die türme
ich rief meine oma
oma rief ich, der holunder kehrt nachhause
sie packte den alten zwirn aus
sie klebte die finger
dass sie nicht verrutschten
ihr blick war tief und gemein
ihre nase war hell
sie suchte den trost und fand ihn nicht
draußen leerten sie die strassen
kamen worte und gingen wieder
draußen riefen die türen
warum kommt ihr nicht heim
Der Pelikan
Wie schön mal wieder etwas von dir zu lesen! Ist wieder erfrischend eigen, fängt mich ein. Nur der Titel ... hm ... also da komme ich noch nicht dahinter.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
erfrischend eigen, oh ja, und es gefällt mir.
den titel bekomm ich auch nicht eingeordnet... aber so gar nicht... ,)
und die erste zeile - hm, saß am fenster oder sah aus dem fenster - oder soll es hier so zusammengezogen sein?
klingt etwas seltsam.
lg
den titel bekomm ich auch nicht eingeordnet... aber so gar nicht... ,)
und die erste zeile - hm, saß am fenster oder sah aus dem fenster - oder soll es hier so zusammengezogen sein?
klingt etwas seltsam.
lg
Jericho ist schon ein schwerer Zaunpfahl, ein "Achtung, das ist ein Gedicht" -Schrei und natürlich hochpolitisch... und das "saß", ja das ist ein komisches sah. Auch die Ich-Inflation ist für mich nicht optimal und bitte "straße".
Aber nach der ersten Strophe entspannt sich der Text, da wird gezeigt und nicht getrumpft.
Insgesamt trotzdem ein starker, frischer Text für mich.
Aber nach der ersten Strophe entspannt sich der Text, da wird gezeigt und nicht getrumpft.
Insgesamt trotzdem ein starker, frischer Text für mich.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)
Hallo Estragon,
ich freue mich auch, nach langer Zeit wieder ein Text von dir zu lesen!
Und wie die anderen werde auch ich von der Eigenwilligkeit der Sprache angezogen, die einfach wirkt, weil sie nicht abgenutzt klingt. Allerdings ist auch immer die Frage, ab welchem Punkt sie sich in der eigenen Willkürlichkeit verliert - was sie stark macht, aber auch beschränkt (nilf Kritik des Anfangs sehe ich dazu auch). Deshalb habe ich den Wunsch, zu prüfen, inwieweit ich dem Text folgen kann.
Ich lese es so, dass ein Toter/eine Tote heimkehrt (Holunder, alter Zwirn, Finger verkleben) und das anscheinend in einer Zeit, in der sehr viele fort sind und nicht im eigentlichen Sinne heimkehren (letzte Strophe / Krieg?). Der Anfang des Gedichts liefert vermutlich die Historie dazu, die die Spanne zwischen Enkel und Oma (Generation dazwischen betroffen) füllt, entweder um auf die größere Geschichte hinzuweisen, oder um über die größere Geschichte die Personen im Text zu füllen. Leider hört hier mein Hintergrundwissen auf .-).
[...
Das lyr. ich blickt am Anfang vermutlich hoffend (die Türme stehen dafür?) nach draußen - nur durch die Szene erklärt sich mir dann die Beschreibung der Oma: ihr Blick war tief und gemein - hier beginnt in mir endgültig das Gefühl, mich zu verrennen .-P, aber für klingt es so, als ob die Oma, die vermutlich ja die Mutter des/der Tote/n ist, deshalb diese Haltung gegenüber dem Enkel einimmt - um das was weiterzugeben, was sie findet: keinen Trost. Vielleicht weil jetzt mit dem Tode ihres Kindes der Sinn für sie verloren gegangen ist, weshalb das Kind gestorben ist (Opfer?)
Damit zu den Pelikanen, vielleicht geht es auch "irgendwie" in diese Richtung, dazu würden auch die Finger passen (Segensgestus):
https://de.wikipedia.org/wiki/Pelikane#Ikonographie
Dies würde dann den Opferstatus des Toten bzw. der vielen Toten zeigen und vielleicht auch den Kontext zum (religiösen?) Krieg.
...]
--- Ich habe den Text vermutlich nicht verstanden, aber ich denke, dass ein Geheimnis von ihm ist, dass er sich vieler christlicher Motive bedient, die in ihrer ungewöhnlichen frischen Sprechweise - seien wir auch noch so unfrömmig wie ich etwa - trotzdem oder gerade besonders auf uns wirken als Kulturtiere, die wir sind. Wir wollen doch spüren, was wir spüren, weit weit unten/hinten.
Liebe Grüße
Lisa
ich freue mich auch, nach langer Zeit wieder ein Text von dir zu lesen!
Und wie die anderen werde auch ich von der Eigenwilligkeit der Sprache angezogen, die einfach wirkt, weil sie nicht abgenutzt klingt. Allerdings ist auch immer die Frage, ab welchem Punkt sie sich in der eigenen Willkürlichkeit verliert - was sie stark macht, aber auch beschränkt (nilf Kritik des Anfangs sehe ich dazu auch). Deshalb habe ich den Wunsch, zu prüfen, inwieweit ich dem Text folgen kann.
Ich lese es so, dass ein Toter/eine Tote heimkehrt (Holunder, alter Zwirn, Finger verkleben) und das anscheinend in einer Zeit, in der sehr viele fort sind und nicht im eigentlichen Sinne heimkehren (letzte Strophe / Krieg?). Der Anfang des Gedichts liefert vermutlich die Historie dazu, die die Spanne zwischen Enkel und Oma (Generation dazwischen betroffen) füllt, entweder um auf die größere Geschichte hinzuweisen, oder um über die größere Geschichte die Personen im Text zu füllen. Leider hört hier mein Hintergrundwissen auf .-).
[...
Das lyr. ich blickt am Anfang vermutlich hoffend (die Türme stehen dafür?) nach draußen - nur durch die Szene erklärt sich mir dann die Beschreibung der Oma: ihr Blick war tief und gemein - hier beginnt in mir endgültig das Gefühl, mich zu verrennen .-P, aber für klingt es so, als ob die Oma, die vermutlich ja die Mutter des/der Tote/n ist, deshalb diese Haltung gegenüber dem Enkel einimmt - um das was weiterzugeben, was sie findet: keinen Trost. Vielleicht weil jetzt mit dem Tode ihres Kindes der Sinn für sie verloren gegangen ist, weshalb das Kind gestorben ist (Opfer?)
Damit zu den Pelikanen, vielleicht geht es auch "irgendwie" in diese Richtung, dazu würden auch die Finger passen (Segensgestus):
https://de.wikipedia.org/wiki/Pelikane#Ikonographie
Dies würde dann den Opferstatus des Toten bzw. der vielen Toten zeigen und vielleicht auch den Kontext zum (religiösen?) Krieg.
...]
--- Ich habe den Text vermutlich nicht verstanden, aber ich denke, dass ein Geheimnis von ihm ist, dass er sich vieler christlicher Motive bedient, die in ihrer ungewöhnlichen frischen Sprechweise - seien wir auch noch so unfrömmig wie ich etwa - trotzdem oder gerade besonders auf uns wirken als Kulturtiere, die wir sind. Wir wollen doch spüren, was wir spüren, weit weit unten/hinten.
Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
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