die römer

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Klimperer

Beitragvon Klimperer » 25.03.2016, 15:26

kannten die null nicht
obwohl der mond
die sonne
die vergossenen tränen
das rad
was die inkas nicht kannten
die azteken nicht
außer bei den ritualen
kleine zierliche räder
in der nähe der herausgerissenen herzen

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.04.2016, 18:45

Hola Carlito,

irgendwie finde ich hier den Einstieg und den Kontext nicht. Da fehlt doch irgendwas oder lese ich falsch. :12:
Was allen gemein ist: die fast runde Form der 0, in Bezug auf Mond, Sonne, Tränen, Rad.
Rätselhafte Zeilen, jedenfalls für mich. ,-)
Vielleicht erleuchtet mich die Lesart eines anderes Mitglieds.

Saluditos
Mucki

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 02.04.2016, 20:01

Hi Mucki!

Ich wollte sagen: "die vergossenen Tränen in der Nähe der herausgerissenen Herzen", Verse vier und elf, also.

Ein kleiner Scherz.

Gracias por comentarlo.

Hasta pronto, espero

Carlos

Klara
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Beitragvon Klara » 03.04.2016, 16:43

Hallo Klimperer,

deinen Text finde ich sehr spannend.
Weil die Null als Bild ja gar keine Null ist, weil die Null abstrakter ist als ein römisch-berechneter Sieg, weil die Kohorten eckig standen - nie rund, weil das Spiel mit den Kulturen rund um die Null eine hübsche Anregung zum Nachdenken und Zahlspinnen ist - aber

Was mir fehlt, ist der grammatische Anschluss, das Prädikat gewissermaßen - obwohl der Mond etc. Was nicht tat/sah/hatte? Das funktioniert deshalb für mich nicht. Womöglich soll "obwohl" für "trotz" stehen. "trotz" zieht Substantive im Genetiv nach sich - "obwohl" ist aber eine Konjunktion, die einen Nebensatz mit Prädikat braucht. Ich mag dieses Gedicht, obwohl mein Sprachgefühl, die Azteken, die Grammatik, die die Römer nicht kannten, außer bei den kleinen, kleinen Texten, zierlichen Saitenspielen in der Nähe des totalen Singens - dringend ein Prädikat BRAUCHT.

;)

Herzlich
klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 03.04.2016, 17:42

Klara hat geschrieben:Was mir fehlt, ist der grammatische Anschluss, das Prädikat gewissermaßen

Jep, genau das ist es, was mir beim Lesen fehlte.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 03.04.2016, 18:15

Hallo Klara,

vielen Dank für deine Rückmeldung. Es ist immer schmeichelhaft, wenn jemand ein Gedicht "interpretiert", was ich selber sehr gerne tue, eigentlich mehr als eigene Sachen zu präsentieren, was keine Tugend ist sondern die Nüchternheit des Alters, in diesem Fall eines Siebzigjährigen ... Der wiederum nie richtig erwachsen wird.

Ich meinte wirklich bloß die nackte Tatsache, dass die Römer die Null nicht kannten. Dann sage ich "obwohl der Mond, die Sonne, das Rad..." In reiner Prosa müsste ich sagen: "Obwohl der Mond, die Sonne, das Rad DA WAREN", dass heißt, diese runde Form, wie auch die Tränen... Dann springe ich durch das Rad zu den Inkas, zu den Azteken, die das Rad seltsamerweise nicht kannten. Seltsam ist auch, dass die Azteken kleine Räder, für dekorative Zwecken, in ihren Tempeln hatten. Und sie waren grausam, sie rissen den menschlichen Opfern, bei lebendigem Leib, das Herzen raus.

Im Grunde handelt es sich um ein unvollkommenes Gedicht, dem die Pointe fehlt.

Herzlich

Carlos

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 03.04.2016, 21:28

Hallo Klimperer,

ich schätze den Text ähnlich wie Klara und finde deinen Stil-Ansatz zeimlich passend.

Wie wäre es denn, wenn man vor mond ein "da" einfügen wurde, ein Wort zwar, das schon der Grunschullehrer als überflüssig anstreicht, das aber hier Vollständigkeit vermitteln könnte und auch seinen Reiz hätte, weil es für mich wie eine Blickführung zum Mond und all den anderen Dingen fungiert.

Vielleicht außerdem ein auch zwischen azteken und nicht?


die römer

kannten die null nicht
obwohl da der mond
die sonne
die vergossenen tränen
das rad
was die inkas nicht kannten
die azteken auch nicht
außer bei den ritualen
kleine zierliche räder
in der nähe der herausgerissenen herzen




Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 04.04.2016, 00:50

Dass Inkas und Azteken das Rad nicht kannten ist tatsächlich erstaunlich, dass aber die Null eine annähernde Kreisform hat ist doch eigentlich Zufall. Ein Zeichen für "Nichts" hätte auch völlig anders aussehen können. insofern überzeugt mich schon der Einstieg nicht.

Und waren es wirklich Räder bei den Ritualen? Oder waren es doch nur kreise und Scheiben? Ein Rad ist doch erst ein Rad durch seine Funktion.

Die unvollständige Grammatik stört mich dagegen nicht. Es ist eine Assoziationskette. Und wie das so ist, wenn man schneller denkt, als man spricht, kommen solche Sequenzen zustande. Interpunktion könnte es aber deutlicher machen.

die römer
kannten die null nicht
obwohl:
- der mond
- die sonne
- die vergossenen tränen
- das rad
was die inkas nicht kannten,
die azteken nicht,
außer bei den ritualen
kleine zierliche räder
in der nähe der herausgerissenen herzen


Obwohl, wenn ich es so setzte....
lese ich das "obwohl" nicht als "trotz", sondern als "andererseits", als ob du die ursprüngliche Aussage wieder in Zweifel ziehst.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck


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