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Hinterlassenschaft

Verfasst: 27.03.2016, 12:47
von Quoth
Im Loch unterm Dach
nistet ein Fliegenschnäpper.
Ich glaube, es ist einer,
nein, es sind zwei.
Hoch im Blau überm Hof
Flieger. Briten? Behauptet Louis.
Sonst flögen sie nicht so hoch.
Der Vollmond. Die Kälte.
Aber im Winter war‘s schlimmer.
Habe die Eier
aus dem Nest geklaut
und ausgetrunken.

Verfasst: 27.03.2016, 18:08
von Klimperer
Hinterlassenschaft: Erbe, Nachlass also ...

Vielleicht ein Bauernhof.

Über den Fliegenschnäppern fliegen Flieger.

Wer hat die Eier geklaut? Der Dichter oder Louis?

Eine Anspielung auf mögliche Bomben im Bauch der Maschinen?

Quis scit? Ego quoque barbarus sum.

Verfasst: 30.03.2016, 21:20
von Hetti
Hallo Quoth,

Quoth hat geschrieben:Habe die Eier
aus dem Nest geklaut
und ausgetrunken.

diese letzten drei Zeilen sind ein ganz starkes Bild. Der Gegensatz von Leben erhalten und Leben vernichten wirkt sehr stark auf mich. Eine Kindheit im Krieg hinterlässt unauslöschliche Spuren bei den Menschen. Zum Beispiel in mir. Obwohl ich keinen unmittelbaren Krieg in meinem Leben erfahren habe, hinterließen die Erinnerungen und Erfahrungen meiner Eltern und Großeltern nachhaltig Spuren in mir. Deshalb kommt es mir oft so vor, als hätte ich den Krieg selber miterlebt.

Liebe Grüße
Hetti

Verfasst: 01.04.2016, 09:22
von Quoth
Hallo Hetti und Klimperer,
meine Vorstellung war, dass der Text selbst die Hinterlassenschaft sei. Mich hat immer die Frage beschäftigt, ob vom poetischen Blick auf die Welt unter Extremsituationen noch was übrig bleibt, ob er nicht ein gewisses Maß an Sicherheit und Geborgenheit zur Voraussetzung hat. Von daher dieses Gedankenspiel.
Mit Dank für Befassung
Quoth

Verfasst: 01.04.2016, 23:28
von pjesma
quoth, warum sollte man sich extremsituationen vorstellen und darauf pochen? find ich nicht thematisch interessant und bisschen zerfetzt wirkt diese "hinterlassenschaft" auch. es fehlt die leichtigkeit die ich von dir kenne.
pjesma

Verfasst: 01.04.2016, 23:35
von birke
... vielleicht ist es sogar gerade der poetische blick, der nachhallt, der bleibt und der immer zumindest ein klein wenig trost spenden kann. auf jeden fall hält er eindrücke fest, wie es deine zeilen mit sicherheit tun.
ich finde sie eindrücklich.