Fritzchen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Estragon

Beitragvon Estragon » 24.04.2016, 13:18

fritzchen hat sich von opa ein kaninchen gewünscht
aber opa......starb
fritzchen gießt die blumen auf opas grab
er flüstert hinein
aber morgen krieg ich ein kaninchen
zuhause erzählt er seinen schwestern
ich werde ein kaninchen bekommen..
die schwestern streicheln es schon
reden über die unschuldigen augen
geben ihm zu essen
rufen ihre freundinnen
freundinnen kommen
wie süß
ein kaninchen
freundinnen fragen wie es heißt
die geschwister sagen
fritzchen

Estragon

Beitragvon Estragon » 26.04.2016, 00:45

Pjotr hat geschrieben:Wenn ich noch eine dritte Meinung hinzufügen darf: Ich finde, man kann zwar die Unschuld auch einem Arm oder einer Schrankwand zuschreiben --originellerweise; aber so außergewöhnlich ist es nicht, wenn man sie einem Auge zuschreibt -- das wiederum bedarf keiner weitsinnigen Rechtfertigung. Und kategorisch falsch kann die Phrase von den unschuldigen Augen auch nicht sein, denn schließlich sind es die Augen, die unschuldig blicken. Es heißt ja auch Augenblick, und nicht Blickgeäug. Meiner Ansicht nach ist "unschuldige Augen" eine ganz normale, korrekte Phrase; das braucht keine Toleranz.

Augen können vielerlei Charaktereigenschaften haben. (Meine nun-ehemalige Freundin sagte mal zu mir, ich hätte "treudoofe Augen". Ich kann das erklären: Das liegt an dem geringen Abstand zwischen den Augen.) Ob Blick oder Auge, letztendlich ist das Gesamtbild gemeint, ist doch klar ...


Emine Özdamarr besitzt die Frechheit in einen ihrer Romane von einem "traurigen Bahnhof" zu sprechen.
Da zuckt die deutsche Genauigkeit auf, die übrigens nur dann reagiert, wenn es ihr gerade in den Sinn kommt, aber
ganz gleich.
Wir sprechen hier über ein Gedicht und keiner Exceltabelle, für manche mag es dasselbe nicht, für mich nicht

pjesma

Beitragvon pjesma » 26.04.2016, 08:41

einspruch, werner. vorausgesetzt ein mensch hat gesunde augen, kann man viele gefühle in augen sehen. sogar aus einer auge nur, wenn auch nur seitlich, kann man gar hören: "du rauchst zu viel". zum bleistifft :-(

pjesma

Beitragvon pjesma » 26.04.2016, 09:15

ich geh mit den tieren etwas ruppiger um und esse manche auch gern...da kann ich nicht rumzärteln :-)

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 26.04.2016, 09:25

meiner meinung nach ist das ohnehin die unkonstruktivste art, gedichte zu kritisieren, ihnen vorzuwerfen, dass das nicht geht, dass ein wald angeblich nicht unsterblich ist, oder dass augen nicht unschuldig sein dürfen. das kann man bei sachtexten machen, da ist es sicherlich berechtigt.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 26.04.2016, 09:53

Hier kommt ja noch dazu, dass "unschuldige augen" nicht unbedingt die Formulierung des "Sprechers" des Gedichtes ist, sondern die der Freundinnen.
Man hört sie doch förmlich: "Oh wie süß, das Karnickel! Und wie unschuldig es guckt!" :o)
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
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(Ikkyu Sojun)

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 26.04.2016, 10:28

Jetzt lese ich das Gedicht mit anderen Augen.

Ich finde eine feine, subtile Ironie in diesen Versen.

Eine Art zu sagen: Alles wiederholt sich, es gibt nichts Neues, alles ist voraussehbar.

So etwas empfinde ich beim Lesen von "Der Fremde", von Camus.

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 26.04.2016, 10:32

Es sind verschiedene Lesarten möglich. Nachdem ich mir jetzt die Schwestern vorgestellt habe, die von dem süßen und unschuldig guckenden Kaninchen schwärmen, erwachte in mir der Verdacht, dass sie sich über Fritzchen lustig machen ....

Aber diese Lesart funktioniert natürlich nur, wenn man "geschwister" als Schwestern liest, Fritzchen also davon ausschließt.
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pjesma

Beitragvon pjesma » 26.04.2016, 21:57

hase a la wild...mhm :-)


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