Allein Deine Augen

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 14.09.2016, 17:15

Allein Deine Augen,
ein Erdreich unter alten Zedern,
die zärtlich ihre Äste wiegen –
kaum von einem Hauch getrieben.

Unter einen Blick von Dir
werfe ich mein leichtes Wesen:
Luftverwirbelungen
unter Königsadlerfedern.

Denn ich begehre Dich,
als hätte ich nie unter Augen gelebt.
Der dunkle Stoff, der Dich bekleidet,
ist wie in Traumarbeit gewebt.
Zuletzt geändert von Last am 16.09.2016, 09:37, insgesamt 1-mal geändert.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 22.09.2016, 18:00

Ja genau, Niko, am Begriff "Aufwand" bin ich auch hängen geblieben. Ich weiß nicht, Lisa, macht die Frage nach dem Aufwand bei Lyrik denn Sinn? Bei Texten, die eindeutig einer gewissenhaften Recherche bedürfen, ja - aber ist das bei Lyrik nicht ein eher seltener Fall? Da darf ich doch assoziieren, subjektiv betrachten etc. Oder meinst Du den sprachlichen Aufwand? Doch wohl nicht, sonst hättest Du nicht geschrieben, das Gedicht sei für Dich "sprachlich ansprechend".

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birke
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Beitragvon birke » 22.09.2016, 22:20

hmmm... ich glaube, ich verstehe schon, was lisa meint und gebe ihr recht.
auch lyrik sollte schließlich nicht irgendwas ins blaue behaupten... oder doch? schwierig...! es kommt wohl auf die formulierung an.

eigentlich ist dies ja ein höchst brisanter text: er thematisiert genau das, was eigentlich durch die verhüllung verhindert werden soll! nämlich die begierde. hieße das im grunde: auch die augen müssten konsequenterweise versteckt werden? oder aber ist die ganze "verkleidung" letzten endes umsonst, weil ja doch auch das passieren kann, was verhindert werden soll? spannend... und ich finde es durchaus legitim, solch ein gedicht zu schreiben, weil es ja eindeutig subjektiv ist, also aus subjektiver perspektive geschrieben ist. hier wird ja nicht "irgendetwas behauptet", sondern ein lyrisches ich verliebt sich in die augen einer ansonsten verhüllten frau.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 22.09.2016, 22:36

Klar, birke, Lyrik soll weder "irgendwas ... behaupten" noch dahingehuddelt sein.

Und Du sagst ja später selbst, dass das hier nicht zutrifft. Deswegen verstehe ich Lisas Einwand immer noch nicht. Zumindest nicht an dieser Stelle!

KarolineJasper

Beitragvon KarolineJasper » 22.09.2016, 23:01

..Um ein Auto zu fahren muss ich nicht KFZ Mechatroniker sein, um Wein zu trinken - kein Winzer. Aber ich darf,- soll,- und muss....schreiben und empfinden. Das Gedicht- die Momentaufnahme.
Nein ich muss nicht recherchieren....Ich muss das Jetzt in Buchstaben bringen...wie es hier geschah und immer wieder geschehen wird. Gut und richtig ...Ohne Angst vor dem virtuellen Buchstaben. Es gibt kein richtig oder falsch....allenfalls ein gefällig oder ...anders. Meine Meinung.
Lg Karo

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 24.09.2016, 14:52

Hallo,

das ist doch eine interessante Diskussion :-)

Niko:
Wo hängt die aufwands-latte? Ich finde, dass jeder Text, mit aufrechten Gefühl geschrieben, seine Daseinsberechtigung hat. Ich muss und kann nicht zeitgeschichtlich ein Thema durchleuchten, um dann befreit aufseufzend zu sagen: ich darf jetzt!


Natürlich messe ich das nicht am Rechercheaufwand. Mit Aufwand meine ich eigentlich ziemlich genau, was du vermutlich unter "aufrechten Gefühl" verbuchst, nur kann deine Formulierung für manchen Typ Mensch anfälliger sein für Selbsttäuschung. Generell gilt: Wenn ein Autor beim Schreiben tatsächlich ein aufrechtes Gefühl empfindet, dann kann da nicht viel unangemessenes herauskommen.
Trotzdem ist nicht jeder Text unangreifbar, indem der Autor behauptet, er habe ein aufrechtes Gefühl gehabt. Das wird auch gern als Totschlagargument genommen.


Die Qualität obliegt der Betrachtung des Lesers.


Eine Form des Urteils liegt beim Leser, natürlich. Aber natürlich gibt es auch eines des Autors - es gibt doch auch ein Autor-Text-Verhältnis und nicht nur ein Leser-Textverhältnis. Und ich selbst spüre, ob mein Text einem Thema angemessen ist oder ob ich nur aus Gründen schreibe, die eben nicht bei jedem Thema bzw. nur mehr oder weniger angemessen sind (Aufmerksamkeit, Spieltrieb, Aggression, Verklärtheit ...). Und gerade bei Themen, die wie Wellen durch die Medien oder Inernetwelten schlagen, gibt es jede Menge Autoren, die einfach nur was machen, um schnell emotionale Rückmeldung zu bekommen ... das empfinde ich als sehr unangenehm.

Karoline Jasper:

..Um ein Auto zu fahren muss ich nicht KFZ Mechatroniker sein, um Wein zu trinken - kein Winzer. Aber ich darf,- soll,- und muss....schreiben und empfinden. Das Gedicht- die Momentaufnahme.
Nein ich muss nicht recherchieren....Ich muss das Jetzt in Buchstaben bringen...wie es hier geschah und immer wieder geschehen wird. Gut und richtig ...Ohne Angst vor dem virtuellen Buchstaben. Es gibt kein richtig oder falsch....allenfalls ein gefällig oder ...anders. Meine Meinung.


Liebe Karo,

aus deinen Worten werde ich nicht ganz schlau - willst du sagen, dass jegliche Buchstabenreihenfolge seine Berechtigung hat, weil man sich stets auf ein Momentaufnahmegefühl berufen kann? Das mag funktionieren, so lange Lyrik in einem Raum existiert, in dem das Gute, Schöne und Wahre herumfliegt, aber sobald es mehr gibt als das, ist es in meinen Augen doch etwas komplexer.


Zu beiden/allen:

Ich finde schon, dass es Themen gibt, wo man sich fragen sollte: Ist es angemessen, dass ich so und so oder überhaupt darüber schreibe? Und ich finde auch, dass es nicht zu viele dieser Fragen in der Welt gibt, sondern zu wenig. Der Schund überwiegt definitiv.


Vielleicht, wenn "er" das lyrische Ich wäre. Nein, weil "er" der Text ist. :razz:


:smile: . Ich bin letzlich unentschlossen, ich musste meine Kritik schreiben, aber ich finde auch nicht, dass der Text "versagt", vielleicht ist er einfach fragwürdig.

Liebe Grüße
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 24.09.2016, 16:21

Ihr lieben,
ist- abgesehen von allem künstlerischen Anspruchsdenken - ein Gedicht nicht eine Meinungsäußerung? Oder vielleicht mehr noch das Spiegeln eigener Empfindungen?
Zum Beispiel habe ich schon Gedichte (2) über den Holocaust, über KZ geschrieben. Jeder Autor, der was auf sich hält, rät zumindest öffentlich davon ab. Und das sich nach Auschwitz jedes gedicht darüber verböte.
Wohin aber soll ich mit meinem empfinden darüber? Ein Maler malt den Holocaust und niemand sagt etwas dagegen. Er darf sein empfinden fließen lassen. Ein gedicht ist für mich (ebenso wie Musik und Malerei) die tiefste Ausdrucksform eines Empfindens. Und natürlich ist man ebenso Rampensau und möchte sich mitteilen. Eine tiefe, womöglich verzerrte Empfindung ist für mich ein Berechtigungsschein für jedes Gedicht. Im Schreiben ist es dann lediglich die Kunst, nicht ausuferndend, nicht zu ausbrechend zu sein, sondern in dem Versuch zur Ausgewogenheit nicht die Leidenschaft zu ersticken.
Ich möchte keine gesellschaftlichen Auflagen zu meiner künstlerischen Gestaltung. Ich erwarte ein wenig von kunstverständigen Mitgliedern dieser Gesellschaft, dass sie Inhalte, dass sie Emotionen spüren. Oder die künstlerische Öffnung für sich verschlossen ad acta legen. Oder solche anregenden Diskussionen entstehen lässt.

Herzlichst - Niko

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birke
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Beitragvon birke » 24.09.2016, 16:54

KarolineJasper hat geschrieben:..Um ein Auto zu fahren muss ich nicht KFZ Mechatroniker sein, um Wein zu trinken - kein Winzer. Aber ich darf,- soll,- und muss....schreiben und empfinden. Das Gedicht- die Momentaufnahme.
Nein ich muss nicht recherchieren....Ich muss das Jetzt in Buchstaben bringen...wie es hier geschah und immer wieder geschehen wird. Gut und richtig ...Ohne Angst vor dem virtuellen Buchstaben. Es gibt kein richtig oder falsch....allenfalls ein gefällig oder ...anders. Meine Meinung.
Lg Karo

... und um ein gedicht zu lesen, muss ich kein autor/ schriftsteller sein, das stimmt schon - aber um ein gedicht zu schreiben (ein auto zu bauen, einen wein herzustellen), bedarf es aus meiner sicht schon etwas mehr, als nur "zu empfinden"?
lg, birke
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Niko

Beitragvon Niko » 24.09.2016, 17:32

Eigentlich nicht, birke. (Außer dem etwas versierteren Umgang mit Sprache.... )
Der Unterschied zwischen Künstler und Handwerker liegt darin, dass ein Künstler etwas vom Handwerk verstehen muss, aber der Handwerker nichts von Kunst.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.09.2016, 14:07

Lieber Niko,

Ihr lieben,
ist- abgesehen von allem künstlerischen Anspruchsdenken - ein Gedicht nicht eine Meinungsäußerung? Oder vielleicht mehr noch das Spiegeln eigener Empfindungen?
Zum Beispiel habe ich schon Gedichte (2) über den Holocaust, über KZ geschrieben. Jeder Autor, der was auf sich hält, rät zumindest öffentlich davon ab. Und das sich nach Auschwitz jedes gedicht darüber verböte.
Wohin aber soll ich mit meinem empfinden darüber? Ein Maler malt den Holocaust und niemand sagt etwas dagegen. Er darf sein empfinden fließen lassen. Ein gedicht ist für mich (ebenso wie Musik und Malerei) die tiefste Ausdrucksform eines Empfindens.



Ein Text, den du aus diesen Motiven schreibst und bei dir lässt, tut keinem weh und kann für dich sehr wertvoll sein.

Und natürlich ist man ebenso Rampensau und möchte sich mitteilen.


Hier aber spätestens kann doch jeder Autor selbst abschätzen (ein Auge drauf haben), ob der Text auch einen Wert für andere hat und ihn im Schächtelchen lassen oder ihn verbreiten. Und das würde ich eben daran festmachen, wie sich das so anfühlt: Findet man, der Text erfasst etwas? Will ich nur was beisteuern, um gehört zu werden? Und bei besonders herausfordernden Themen: Habe ich nur Lust gefühlt oder hat der Text mir auch etwas abverlangt beim Schreiben?

Die Rampensau muss ja nicht mit jedem Text befriedigt werden, oder?

Für mich klingt dein Beitrag so, als sei die Kette Empfindungen haben --> Empfindungen in Text ausdrücken --> Publikum teilhaben lassen notwendig verknüft. Ist sie aber nicht.

Die ganzen Vergleiche von Mechatronikern, Handwerkern und Künstlern finde ich allesamt eher unnütz.

Liebe Grüße
Lisa
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Beitragvon Zefira » 25.09.2016, 14:17

Würdest Du diesen Maßstab eigentlich auch bei erzählenden Texten anlegen oder angelegt sehen wollen, Lisa?

Ich überlege gerade, ob ich - hätte ich ihn von Anfang an angelegt - jemals etwas veröffentlicht hätte.
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

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Beitragvon Lisa » 25.09.2016, 20:11

Liebe Zefira,

ja, klar, da sehe ich keinen Unterschied zwischen Textgattungen Aber ich habe schon nach Anlass unterschieden, was den Anspruch angeht pro Text - das ist ja das schöne am eigenen Ermessen :-) . Und zum dritten muss der eigene Anspruch ja auch nicht vollendet erfüllt sein, darum geht es ja auch nicht, sondern um ein Ausloten.

Liebe Grüße
Lisa
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Last

Beitragvon Last » 26.09.2016, 09:25

Hallo Lisa,

mir scheint ganz so, als gelte Deine Überlegung für alle Gedichte, die ich in den letzten Wochen geschrieben habe.

Lisa hat geschrieben:Hier aber spätestens kann doch jeder Autor selbst abschätzen (ein Auge drauf haben), ob der Text auch einen Wert für andere hat und ihn im Schächtelchen lassen oder ihn verbreiten. Und das würde ich eben daran festmachen, wie sich das so anfühlt: Findet man, der Text erfasst etwas? Will ich nur was beisteuern, um gehört zu werden? Und bei besonders herausfordernden Themen: Habe ich nur Lust gefühlt oder hat der Text mir auch etwas abverlangt beim Schreiben?


Die Perspektive des eher Außenstehenden kann man meiner Meinung nach kaum vermeiden. Oder eher: bei vielen Themen ist man dankbar dafür Außenstehender zu sein.

Trotzdem gehen Themen durch die Medien, die wichtig sind. Lässt man sie unkommentiert, überlässt man die Diskussion anderen. Da ist Schweigen nicht Gold. Wer zuerst ein Thema für sich beansprucht, prägt das Meinungsbild bis jemand etwas anderes sagt. Erst wenn sich viele verschiedene Stimmen äußern, ergibt sich ein differenziertes Bild. Eine Kultur der demütig Schweigenden schafft Nährboden für Populisten.

Niko

Beitragvon Niko » 26.09.2016, 09:52

Lisa hat geschrieben:
Hier aber spätestens kann doch jeder Autor selbst abschätzen (ein Auge drauf haben), ob der Text auch einen Wert für andere hat und ihn im Schächtelchen lassen oder ihn verbreiten. Und das würde ich eben daran festmachen, wie sich das so anfühlt: Findet man, der Text erfasst etwas? Will ich nur was beisteuern, um gehört zu werden? Und bei besonders herausfordernden Themen: Habe ich nur Lust gefühlt oder hat der Text mir auch etwas abverlangt beim Schreiben?


jeder autor hat eine andere art der herangehensweise an texte, gedichte. es gibt autoren, die wochenlang worte zusammenfügen zu einem text, dann nochmal detailiert am text schnitzen, das ganze sich setzen lassen, wieder umschreiben, worte ersetzen, absätze anders setzen etc und dann vielleicht nach 8 wochen den text fertig haben. aber es gibt auch autoren (ich bin einer der sorte) die werden förmlich dazu gedrängt, in einem bestimmten moment sich einem thema zu stellen, sich emotional in form eines gedichtes zu öffnen. und ich zb. bin nicht der typ, der dann großartig darüber nachdenkt, was ich da eigentlich geschrieben habe. es hat für mich seine berechtigung, weil es ein emotional-kreativer beitrag ist. ich korrigiere noch am gleichen tag eventuell nach, aber ich denke nicht darüber nach, ob der text einen wert für andere hat. wie kann ich das wissen? für mich ist es wichtig, dass der text so beschaffen ist, das er das potenzial hat, das andere leser sich etwas daraus entnehmen können, er für mich, den leser, einen wahheitsgehalt hat, ´mir eine neue erkenntnis bringt. und natürlich will man, dass der text etwas erfasst. nur.....was der text für mich erfüllt, ist nicht die erfüllung für den leser. das kann ich nicht wissen, das bekomme ich auch oft genug nicht einmal mit. darum ist solch ein forum wichtig, weil es den austausch über einzelne texte fördert. ansonsten wird gelesen und kommentarlos befunden. und auch ich sage: würde ich einen text danach schreiben, ob er einen wert für andere hat, dann stelle ich das schreiben besser ein. denn das ist ein sich-verbiegen, ein nach mehrheiten schielen, ein schreiben, das nicht mehr mein schreiben ist. ein autor muss sich selbst treu bleiben, sonst hat er die kreativität verloren.
es geht nicht darum, ob ich "nur lust fühle oder ob der text mir etwas abverlangt". es geht darum, echt zu sein. schreiben ist grundsätzlich lust und drang. aber es ist auch eine qual gleichermaßen, weil ich zumindest ständig mit meinem spiegel kämpfe. in jedem text, den ich schreibe. und ja.....er verlangt mir immer etwas ab. eigentlich verlangt jeder text alles von mir. aber das - und das ist eben letztlich der knackpunkt - kann der geneigte leser völlig anders empfinden.
mit lyrik kann ich nur ein angebot machen. und jeder einzelne muss entscheiden, ob er das angebot annehmen möchte.

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 26.09.2016, 10:32

Habe ich nur Lust gefühlt oder hat der Text mir auch etwas abverlangt beim Schreiben?

Es ist doch immer beides! In verschiedener "Dosis". Und da gibt es auch kein "nur". Wenn man einem Gedicht anmerkt, dass da jemand lustvoll mit Sprache gearbeitet hat, ist das doch sehr schön (und sagt im übrigen nichts darüber aus, wie viel das summa summarum abverlangt hat).

Vielleicht geht die Frage, die mir hin und wieder gestellt wird, in dieselbe Richtung: "Wie lange brauchen Sie denn für so'n Bild?". Da wird wohl schnell mal der Verkaufspreis durch die Arbeitsstunden dividiert ... aber die Frage meint sicher auch, dass man den Aufwand nicht unbedingt sehen kann. Aber für eine schnelle Skizze, bei der jeder Strich sitzt, brauchte ich vielleicht 30 Jahre Vorlaufzeit ... oder, zeitnah, zumindest 5 vermurkste Zeichnungen zum "Warmlaufen". Der Aufwand ist also nicht messbar, weil er sich immer aus anderen Komponenten zusammensetzt.
Ich gebe zu, dass eine künstlerische Äußerung selten einmal die Funktion hat zu betonen/ zu zeigen, dass sie mit Minimalaufwand ausgekommen ist. Andererseits sollte es kein Qualitätskriterium sein.


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