in einer fremden Stadt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5627
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 08.06.2017, 22:29

in einer fremden Stadt

letzter Tag:
nun weiß ich wo
der Wind salziger weht
in welchen Winkeln
der Sommer schon blüht.

mit wehen Füßen
hab ich die Stadt durchstreift –
weiß wo sie tobt
und wo ich allein bin

hab Regen getrunken
meinen Mund
und mein Haar
mit der Sonne gewärmt.

ein Singsang hat sich
in mein Ohr gelegt
der Abend ist süß.
halb noch hier –

halb reise ich
in mein Bewohntes zurück.

Benutzeravatar
Werner
Beiträge: 727
Registriert: 08.05.2014
Geschlecht:

Beitragvon Werner » 08.06.2017, 22:50

Da ist noch bisschen unnötiger balast mit drin, füllwörter aus der umgangssprache und "floskeln", die besser raus gehören:

in einer fremden Stadt

letzter Tag:
nun weiß ich wo
der Wind salzig weht
in welchen Winkeln
der Sommer blüht.

mit wehen Füßen
durchstreifte ich die Stadt –
weiß jetzt wo sie tobt
und ich allein bin

ich trank Regen
wärmte meinen Mund
und mein Haar
in der Sonne.

ein Singsang legte sich
in mein Ohr
der Abend ist süß.
halb hier –

halb reise ich
in mein Bewohntes zurück.


??? (mal auf die erste schnelle)

Die hilfsverben nehmen den text etwas, präteritum kommt m.E. besser. dann warum "salziger", wenn der zwingende Vergleich danach ausbleibt (salziger als was?) Auch weiß ich nicht ganz, ob die zeitenfolge (die zeitenwechsel) immer genau passen? zuviel "wo" hintereinander. "schon" ist auch so ein füllwort, das gedichte eher schmeißt und selten wirklich passt?

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5627
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 08.06.2017, 23:04

Mal schauen, Werner ... von den meisten Möglichkeiten, die Du vorschlägst, hatte ich bewusst schon Abstand genommen. Aber okay (und danke natürlich!), ich lass es mir nochmal durch den Kopf gehen.

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5627
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 09.06.2017, 23:11

Gibt es vielleicht noch andere Stimmen? Vielleicht auch ganz andere Vorschläge? :guckguck:

SarahWeidenlicht

Beitragvon SarahWeidenlicht » 19.06.2017, 21:39

Liebe Amanita,
Schön! Meine kleinen Anmerkungen:
1. "schon" weglassen, wie Werner vorschlägt.
2 "und" weglassen
3. Einen kleinen Teil habe ich spontan umgeschrieben, siehe unten. Das ist natürlich nur ein (etwas sentimental anmutender) Vorschlag.
4. Die Vergangenheitsform würde ich übrigens nicht ändern. Ich finde es schön, dass du konsequent bei einer Alltagssprache bleibst.

LG,
Hannah

Amanita hat geschrieben:in einer fremden Stadt

letzter Tag:

nun weiß ich wo
der Wind salziger weht
in welchen Winkeln
der Sommer blüht.

mit wehen Füßen
hab ich die Stadt durchstreift –
weiß wo sie tobt
wo ich allein bin

mit wehen Haaren
hab ich Regen getrunken
und meinen Mund
in der Sonne gewärmt.

ein Singsang hat sich
in mein Ohr gelegt
der Abend ist süß.
halb noch hier –

halb reise ich
in mein Bewohntes zurück.

Benutzeravatar
birke
Beiträge: 5243
Registriert: 19.05.2012
Geschlecht:

Beitragvon birke » 20.06.2017, 10:54

mir gefällt das sehr, liebe amanita, und viel würde ich nicht ändern. allenfalls auf das "schon" in der ersten strophe könnte ich auch verzichten, sodann vielleicht statt "mit der sonne gewärmt" - "AN der sonne gewärmt"? oder auch in der sonne.
läse sich für mich stimmiger.
ansonsten - JA, da kommt für mich eine fernwehe stimmung rüber, schön!
lg, birke
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5627
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 20.06.2017, 12:32

Vielen herzlichen Dank an birke und Hannah.

Ich habe mich jetzt, nach Werners Einwänden, für eine ganz leicht geänderte Version entschieden (sorry birke, das "mit" ist aber noch drin, es gefällt mir einfach besser)



in einer fremden Stadt


letzter Tag:
nun weiß ich wo
der Wind salzig weht
in welchen Winkeln
der Sommer blüht

mit wehen Füßen
durchstreifte ich diese Stadt –
weiß wo sie tobt
und wo ich allein bin

hab Regen getrunken
meinen Mund
und mein Haar
mit der Sonne gewärmt

ein Singsang legt sich
in meine Ohren
der Abend ist süß
halb noch hier –

halb reise ich
in mein Bewohntes zurück

Benutzeravatar
Ylvi
Beiträge: 9465
Registriert: 04.03.2006

Beitragvon Ylvi » 21.06.2017, 15:27

Hallo Amanita,

das fängt diese Urlaubsabschiedsstimmung schön ein. Nur hier stolpere ich:
weiß wo sie tobt
und wo ich allein bin


Das Toben und das Alleinsein spricht für mich hier aneinander vorbei und erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven. Auch im Trubel kann man sich allein fühlen? Außerdem wirft es mich auch klanglich raus. Als Idee dazu:
weiß wo sie tobt
und wo sie schweigt


Liebe Grüße
Ylvi
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

Niko

Beitragvon Niko » 22.06.2017, 20:46

Man spűrt die Wehmut in deinen Worten, amanita. Alleine deshalb ist es schon ein Kracher. Der Schluss gefällt mir sehr.
Was ich űberlegen wűrde, wäre das streichen der vergangenheitsform bei "durchstreifte"

Herzlichst - Niko

Benutzeravatar
Amanita
Beiträge: 5627
Registriert: 02.09.2010
Geschlecht:

Beitragvon Amanita » 22.06.2017, 21:46

Vielen Dank, Niko. Findest Du das Präsens denn an dieser Stelle besser?

Niko

Beitragvon Niko » 23.06.2017, 01:58

Ja!


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste