Sommer um halb elf

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.05.2006, 19:16

Sommer um halb elf

Dich zu
treffen

wenn die
Straßenlaternen
anspringen

mit diesem
Geräusch

als verglühten
Falter.

Deine magentaroten Lippen
lächeln mir wie von
alten Plakaten
entgegen.

Doch deine Augen
verdeckt
ein Hut.

Denn diese
sehe ich erst
viel viel
später

in einem
anderen Leben.

blau geändert nach carl
Zuletzt geändert von Lisa am 10.01.2007, 14:52, insgesamt 10-mal geändert.

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.05.2006, 19:24

Hallo Lisa,
das ist ein schöner Moment und neue, interessante Bilder! Besonders die Laternen und die alten Plakate gefallen mir.

Aber der Herr nimmt diesen Hut wirklich niemals ab?

Man sagt ja, in den AUgen sieht man die Seele eines Menschen. Vielleicht meinst Du deshalb, dass Du diese erst in einem anderen Leben sehen wirst.

-Falls das zutrifft finde ich das Ende wunderschön. Aber auch falls es nicht zutrifft habe ich meine Interpretaion gefunden O:) .

Fabelhaft!

Grüßlein, louisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.05.2006, 19:33

Liebe Louisa,

Aber der Herr nimmt diesen Hut wirklich niemals ab?



schau mal, ich habe ein Sternchen hinzugefügt...ich WUSSTE, das hätte ich gleich tun sollen :grin:

§blumen§
Lisa

Louisa

Beitragvon Louisa » 25.05.2006, 21:03

Oh! Das hätte mir eigentlich auffallen müssen. Lächeln männliche Lippen wie die Schönheiten auf alten Plakaten?

Die Dame trägt bestimmt einen eleganten Sommerhut.

Grüßlein, louisa

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leonie
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Beitragvon leonie » 25.05.2006, 23:33

Liebe Lisa,
ich weiß nicht warum, aber Dein Gedicht, das ich sehr schön finde, ließ mich an „Casablanca“ denken, vielleicht wegen des Hutes?
Liebe Grüße
leonie

Gast

Beitragvon Gast » 25.05.2006, 23:57

Hallo Lisa,

mir gefällt das Gedicht auch nur kaue ich schon seit 5 Minuten auf folgendem Vers. herum

Doch deine Augen
verdeckt
ein Hut.


Das meinst du nicht wirklich, sondern,

doch ein Hut
verdeckt
deine Augen...


denn die augen können nicht den hut verdecken.

Die Erinnerung hat Casablanca, ja die kann ich nachvollziehen, vielleicht auch wegen der Plakate...

Trixie

Beitragvon Trixie » 26.05.2006, 00:04

Guten Abend!

Also, ich finde dieses Gedicht mal wieder wunderschön. Sehr treffend. Ich dachte auch gleich an eine Frau, den von den Plakaten lächeln einem wenn dann Frauengesichter entgegen. Sehr schön, wirklich. Auch das, was Gerda bemängelt hat, stört mich gar nicht, denn der Akkusativ vom Plural von Augen ist leider nun mal "deine". Gerade durch das "verdeckt" merkt man ja, dass der Hut gemeint ist, der verdeckt. Sonst stünde da "verdecken". Jaja, die deutsche Sprache kann heimtückisch sein. Aber ich sehe darin eigentlich kein Problem. Ansonsten kann ich mir diese Szene wirklich vorstellen, als liefe sie an mir vorbei. Also, die Dame. Ja, es ist bestimmt eine Dame.

nächtliche Grüße, Trixie

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.05.2006, 09:31

Hallo ihr drei,

Leonie: genau so einen Hut meine ich!! Und auch so einen Typus Frau (also aus dieser Zeit, den Film kenne ich nicht), du hast es also wunderbar fü mich herausgelesen!

Gerda: Du hast recht, es ist zumindest doppeldeutig...aber da die Augen zuerst kommen müssen (andersherum klingt es nicht)...würde ich meine Variante bevorzugen..gibt es vielleicht noch eine dritte? Eine sprachlich klarere?

Trixi: Und wieder einmal danke für deine lieben Worte...das ist wundervoll zu hören!! (So wie deine Stimme :cool: )

Lisa

carl
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Beitragvon carl » 26.05.2006, 10:56

Hallo Lisa,

mich beeindruckt das Gedicht sehr!
Die Beziehung zwischen zwei Menschen, die auf einem (unlösbaren) Rätsel gründet...
Dass es sich bei dem Du um eine Frau handelt, ist mir nicht sofort klar gewesen. Gut mann kann es erschließen, wenn man tiefer einsteigt...
Wenn Du ein Adjektiv irgendwo riskieren willst, wird es klarer, z.B.:
"deine roten Lippen" oder so.
Eine andere Möglichkeit wäre, den Hut noch weiblicher zu gestalten (nicht a la Bogart): Sommerhut, eleganter Hut (nach Louisa):
"Deine Augen
(werden) überschattet
(von) ein(em)
Sommerhut"
Aber das Geschlecht kann durchaus im Zwielicht bleiben!
Was mich irritiert ist das Futur an der einen Stelle, das nicht durchgehalten wird.
Lass doch einfach alles im Präsens.
"deine (roten) Lippen
lächeln mir
wie von alten Plakaten
entgegen."

Oder so. Weil es ja auch mit "Doch.." weitergeht.

LG, Carl

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.05.2006, 11:09

Hallo carl,

du hast mit deinen Anmerkungen genau meine Fragezeichen berührt und daher setzte ich Lippenfarbe und Zeit gerne um, denn ich spielte selbst mit diesen beiden Gedanken. Ich war unsicher. Danke! (daher auch diese schnelle Antwort).

Der Hut muss so bleiben, sie soll einen "Männerhut" tragen...das ist die temperatur der Frau (bei mir haben menschen Temperaturen und Farben)...

Danke!

Lisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 26.05.2006, 11:12

Die Beziehung zwischen zwei Menschen, die auf einem (unlösbaren) Rätsel gründet...


Das habe ich ja völlig überlesen...ja, GENAU das ist es...

ursula.stoehr

Beitragvon ursula.stoehr » 26.05.2006, 13:50

Liebe Lisa

Dein Gedicht ist wunderschön.
Besonders der Vergleich mit dem verglühenden Falter hat es mir angetan.
Ich kann mich noch gut erinnern, wenn früher an den alten Straßenlaternen manch schöner Nachtfalter vom Licht angelockt und geblendet wirklicht verglüht ist.
Ich höre das Knistern und spüre den Geruch in der Nase...
(Bin begeisterte Hutträgerin...)
Toll, toll, toll!!!
Liebe Grüße
Ursula

Mark_Leo

Beitragvon Mark_Leo » 26.05.2006, 14:34

Das finde ich angefangen vom Titel bis zum überraschenden Schluss ein ganz und gar gelungenes Gedicht.

Danke,
Mark

Max

Beitragvon Max » 26.05.2006, 14:47

Liebe Lisa,

nachdem ich erst duch Dich darauf gekommen bin, um wieviel Ecken dieses Gedicht projeziert ist und wo sich das Ich hinter dem lyrischen Ich verbirgt (bei mir verbirgt es sich halot gar nicht, deshlab bin ich so schlecht darin andere Positionen zu erfassen), finde ich das Gedicht sehr gelungen. Besonders angetan hat es mirt dabei die Stelle

wenn die
Straßenlaternen
anspringen

mit diesem
Geräusch

als verglühten
Falter.


Denn zum einen beschreibt dieses Bild sehr genau, wie es sich wirklich anhört, zum anderen aber ist es reflexiv auf die Idee des Gedichts (die ja erst am Schluss richtig deutlich wird) gerichtet.
Klasse!
Max


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