Das Schweigen deiner Haut

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Sofia
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Beitragvon Sofia » 29.10.2017, 10:06

Und während dir die Härte durchs Mark zerreißend jagt, weicht mir die Liebe aus den Händen, Finger, mein Mund weiß nicht mehr.

Es lauert deines Urteils kaltes Blut, verfolgt mich im Lichte des Tages, Nächte, die sich nicht trauen zu fragen…

Schweigsam der Mond
und auch der Himmel,
der kaum noch weiß
(den ich nicht mehr bemühe)

Nun, da der Zerfall in mir brennt, nun da des Sprechens Überdruss, werde ich dir Fremde sein. Kein Wort soll die Lippen mir verlassen. An einem Ort des Vergessens berühre sich unser beider Leben und es brenne hernieder, worin einst vertraut. Wenn die Hand nicht reicht, was Verlust mag heißen, so löse sich auf des Kusses Prägung im Traum.

Zähme dich Traum
dein Geist lässt mich streifen
bei Tag
Welcher Wahrheit sprichst du


Doch es blättert die Nacht nur ihr düsteres Rot, durchnässt mir die Wimpern und der Verrat an meiner Haut, lässt mich dein Schweigen nun erwidern.

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Werner
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Beitragvon Werner » 29.10.2017, 14:20

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Niko

Beitragvon Niko » 29.10.2017, 14:52

Hallo Sophia
..... Und "herzlich willkommen!"

Dein Text spaltet mich. Zum Teil empfinde ich ihn etwas ältlich (mag ja ein Stilmittel sein), es wirkt in Passagen aufgebauscht und manchmal etwas hűlsenmäßig.
Aber da sind auch ganz andere Stellen drin. Vor allem der letzte Absatz ist bärenstark. Für mich ist das alleine schon ein Gedicht.
Interessant ist auch der formale "Zuschnitt" deines Textes.

Es ist somit ein wirklich spannender Einstieg, der noch offen lässt, was da von dir noch kommt.
Ich freue mich auf jeden Fall auf mehr von dir!

Herzlichst - Niko

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Sofia
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Beitragvon Sofia » 30.10.2017, 09:15

Wisst ihr, dies ist mein Ausdruck, meine Sprache. Es ist weder gewollt, noch bemüht, sondern fließt intuitiv aus mir. Ich weiß durchaus, dass diese, für ältlich empfundene Sprache, rar ist, doch entspricht sie mir und kommt aus den Tiefen meines Wesens, meines Kerns. Demnach sind meine Gedichte keine Hülsen, sondern echt und sprechen meine Wahrheit. Ich suche nicht danach, vielmehr öffne ich mich in aller Kreation, ohne Zweifel, fern von Angst.

Grammatikalisch ist alles was da steht korrekt. Ich denke, die Lyrik ist an sich frei und für mich wohnt ihr eine Romantik inne. Und ja, meine Texte sind kryptisch und dramatisch, allesamt :)

Für mich ist es nicht schlimm, wenn diese als kitschig oder umständlich empfunden werden, denn das scheint auch mir eine Neigung des Geschmacks, der keinen Einfluss auf die ureigene Stimme haben sollte.

P.S. Dieses Gedicht ist die Aufhebung eines Bannes. Es ist also ein Zauber, den ich da niederschrieb.

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Werner
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Beitragvon Werner » 30.10.2017, 09:55

Danke, liebe Sofia, für Deine ehrliche Antwort! Ich verstehe Dein Empfinden, will hier auch nichts weiter dazu sagen, um es nicht zu zerreden. Bin gespannt auf weitere Texte von Dir, die ich sicher gerne lesen werde. Lass also weiter fließen ... Bann und Zauber sind gut! kryptisch und dramatisch finde ich jetzt nicht, das ist letztlich jedes gedicht, und eine ureigene stimme spricht gut heraus. Bin gespannt ...

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Sofia
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Beitragvon Sofia » 30.10.2017, 19:54

Niko, was ich noch sagen wollte, des formalen "Zuschnitts" wegen...ich fing vor einigen Jahren damit an, Fragmente meiner Gedichte zusammen zu führen und mit neuem zu vereinen. Somit wurde das Ganze noch mal abstrakter und bekam mehrere Stimmen, die ich an Hand des formalen Aufbaus für mich hervor heben wollte und mir Klarheit verschaffte. Es ergibt auch beim Vortragen Sinn (ich nehme einige meiner Texte auf und veröffentliche sie).

Lieben Gruß
Sofia

Niko

Beitragvon Niko » 01.11.2017, 10:11

Was du da über den Zuschnitt schreibst, Sophia, finde ich höchst interessant! Vor allem weil jeder von uns geschriebene Text seine eigene Stimmung, Schwingung, emotionale Färbung hat.
Und bitte.... Wiege meine Worte nicht zu schwer. Auch ich bin bisweilen ältlich in der Sprache, kann kitschig wirken etc.... Es fällt mir halt auf und dann schreibe ich das. Es hat mir zumindest immer geholfen, etwas achtsamer beim schreiben zu sein. Eigenreflexiver und so....
Naja... Und kryptisch ist lyrik meist persé!

Herzlichst - Niko

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Sofia
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Beitragvon Sofia » 01.11.2017, 10:46

Bislang erfuhr ich viel Verurteilung und Abneigung in den Foren der Literatur. Statt sich dem Schreiben zu widmen, geriet man in Machtkämpfe, die mir zuwider sind. Hier ist es ganz anders. Hier begegnet man sich mit Respekt und unvoreingenommen tritt man heran. Somit freue ich mich, diesen Ort gefunden zu haben. Demnach löse ich mich von Altem und weiß nun, deine Worte als Anregung anzunehmen und sie zu verstehen. Danke. Und ja, Lyrik ist meist kryptisch :) War wohl nicht von Substanz, was ich da sagte :)

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Beitragvon ZaunköniG » 04.11.2017, 10:53

Hallo Sophia,

Als kitschig empfinde ich deine Texte nicht. Kitsch, das ist doch Biedermeier mit Zuckerguss. Eher würde ich sie als pathetisch bezeichnen. Pathos ist in der deutschen Lyrik nicht (mehr) so gerne gesehen, aber muss das so sein und muss das so bleiben? Romanische und vor allem Lateinamerikanische Lyriker/innen haben damit weniger Probleme. Ich auch nicht. Pathos steht für Leidenschaft und Lebensfreude, das auch authentisch wirken kann, wenn es mit frischen Bildern daherkommt.
Und nein! Lyrik muss nicht kryptisch sein. Ein Text wird nicht lyrischer, wenn er nur unverständlich genug daher kommt. Aber er soll Assoziationsräume öffnen, was Dir hier gut gelingt.

liebe Grüße
ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

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Sofia
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Beitragvon Sofia » 04.11.2017, 11:27

Hallo ZaunköniG,

tatsächlich bin ich Griechin (was mich dem Leiden und der Leidenschaft näher bringt) und einst sagte man mir, dass ich griechische Gedichte auf deutsch schreibe. Vielleicht erklärt sich jetzt einiges :) Vielen Dank für deinen Kommentar, war schön dich zu lesen.

Liebe Grüße
Sofia

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Werner
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Beitragvon Werner » 04.11.2017, 17:42

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Beitragvon Sofia » 07.11.2017, 19:56

August 2003 | Kreta

Verloren sind die Lichter
von der Musik getragen
ins Meer fließen
die Töne
der Gesang
die Stimmen
flügelweit davon und davon
emporgehoben in die Tiefe

Ein Blick zurück
das Lächeln winkt blass
ein flüsterndes
vom Winde gestohlen

So lässt sich das Land auf uns nieder und wir, die sich ihm öffnen, erfahren eine Wandlung – des Herzens Ruhe kehrt ein und eins sind wir im ewigen Fließen der Atmosphäre, die du hier, in deinem Gedicht so zart einzufangen weißt.

Und ich weiß nun wieder, um die Berührung – ich danke dir.

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 11.11.2017, 09:24

Dieses Gedicht sagt klar, wie eine Beziehung zu Ende geht. Das lyrische Ich klagt über die Haltung des Gegenübers.

Angst vor dem, was kommen mag, ängstliche Spannung.

Die vierte Strophe besagt, auch von außerhalb, von der Natur, oder von der Lyrik, ist keine Hilfe zu erwarten: Alles schweigt.


Die fünfte Strophe kündigt schon einen Beschluss an, der in den folgenden zwei Strophen lyrisch ausgedrückt wird.

Der letzte Vers sagt es deutlich, endgültigt: Das Schweigen wird erwidert.

Nifl
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Beitragvon Nifl » 11.11.2017, 09:46

Für mich ist es eher ein Abschiednehmen. Von der Heimat (direkt) oder metaphorisch von einem wichtigen Menschen (Elternteil) durch den Tod.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)


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