Mutterjahre

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 04.04.2018, 21:40

Mutterjahre


lange war ich gefordert
alles in Worte zu kleiden
für euch
zugeflattert kamen
mir eure Fragen
und ich warf den
Satzball weich

inzwischen bin ich
eine Kommode –
der Wortschatz darin
ist veraltet
Schubladen werden aufgezogen
und wieder geschlossen
hart

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.04.2018, 13:09

Hallo Marlies,

die Veränderung, die du schilderst, finde ich gelungen.
Allein das Wort "hart" am Schluss empfinde ich als zu hart, da es für sich allein steht. Vllt. klingt es etwas weniger hart, wenn du es einbettest in den vorletzten Satz:

und hart wieder geschlossen

Was meinst du?

Saludos
Mucki

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 05.04.2018, 15:27

Danke für Deine Meinung, liebe Mucki. Diese/ Deine Version hatte ich zwischendurch auch mal, und wenn sie besser "ankommt", könnte ich sie natürlich auch nehmen.
Ich fand das "hart" am Schluss ganz passend als Parallele zu dem Geräusch, das entsteht, wenn man Holzschubladen (einer alten Kommode) mit einem Ruck zurückschiebt. Aber übertreiben will ichs andererseits nicht.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 05.04.2018, 16:42

Warum änderst Du das personelle "Eure" später zu einem passiven "werden", zumal passive Formen meist eh nicht zu den schönsten gehören?

ihr öffnet die Schubladen
und schließt sie hart


Sind die jeweils letzten Zeilenumbrüche absichtlich uneinheitlich, also absichtlich nicht wie folgt?

und ich warf den Satzball
weich

und wieder geschlossen
hart


bzw.

und schließt sie
hart

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 05.04.2018, 17:15

Hallo Pjotr,

in der zweiten Person wäre es mir zu anklagend, zu persönlich. (Oder doch nicht?) Jedenfalls will ich ein Gefühl der Distanziertheit mitschwingen lassen.

Ja, die Zeilen sind absichtlich uneinheitlich umbrochen.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 05.04.2018, 17:31

Amanita hat geschrieben:Jedenfalls will ich ein Gefühl der Distanziertheit mitschwingen lassen.

Da schwingt meinem Empfinden nach nicht nur eine Distanziertheit mit, sondern eine starke Verhärtung seitens des LIs. Und zwar durch das Wort "hart".

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 05.04.2018, 17:45

Ja klar, der Schluss ist "Verhärtung" (Gehärtetworden?), aber deshalb möchte ich ja nicht auch noch die Anrede in der zweiten Person ...

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 06.04.2018, 21:12

So wie es ist, finde ich das Gedicht sehr gelungen.

Das war mein erster Eindruck.

Das Schlusswort sollte auf keinen Fall entfernt werden.


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