Gespräch mit dem Engel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Max

Beitragvon Max » 28.05.2006, 13:17

Das steht auch in der Hörbar ...


Gespräch mit dem Engel

Mein Freund
es wächst Asche über
das Blau der Murmel

Verzage nicht
gleichwie
ist bei näherem Hinsehen
auch der Mond
nur aus Papier

Und zaudert der Tag
so stirbt auch der Glaube
Zuletzt geändert von Max am 30.05.2006, 21:02, insgesamt 1-mal geändert.

Nihil

Beitragvon Nihil » 28.05.2006, 14:18

Hallo Max,

Deine Zeilen gefallen mir sehr gut, sie sind sehr berührend ..

mfg

Nihil

Trixie

Beitragvon Trixie » 28.05.2006, 14:26

Also: Die Erde ist eine Scheibe, dann wieder rund und der Mond ist aus Papier?? Ohje, ihr zerstört auf angenehme Weise mein kindliches Weltbild! Ich finde die Zeilen einfach wundervoll. Sowohl lyrisch als auch grammatikalisch finde ich sie stimmig und die Zeilenumbrüche finde ich auch sehr gut, bis auf den mit der Asche, da würde ich das "über" in die nächste Zeile ziehen. Das Bild der Asche, die wächst ist für mich mehr besonders als das Bild der blauen Murmel..Ich würde in der gesprochenen Version da ohnehin noch eindrücklichere Pausen machen.

himmlische Grüße, Trixie

Louisa

Beitragvon Louisa » 28.05.2006, 14:38

Hallo Max,
ich habe das schon in der "hörbar" geschrieben, aber man kann dieses Werk nicht genug loben. Er ist sehr schlau, du verwendest viele schöne Worte und neue Bilder.

Das ist ein sehr guter Text!

Grüßlein, louisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 28.05.2006, 17:47

Hallo max,
wir haben ja schon viel über den Text gesprochen...daher möchte ich meine Position hier einmal zur Diskussion stellen. ich bin nämlich schon seit langem der Meinung, dass das Gedicht durch das Weglassen der letzten beiden Zeilen ungemein gewinnen würde!

Den für mich nehmen sie durch ihre Deutlichkeit der Aussage, den Bildern zuvor, ihre Aussagekraft (denn diese sagen ja eigentlich genau dasselbe).

Was sagt ihr? Ich wäre sehr gespannt wie die letzten beiden Zeilen in Bezug auf den Rest des Gedichts auf euch wirken und von welcher bedeutung sie für euch sind.

Liebe Grüße,
Lisa

Max

Beitragvon Max » 28.05.2006, 18:42

Liebe Lisa,

gut, dass Du Deine Position hier schilderst, denn ich bin gespannt darauf, was die Meinung hier ergibt. dann kann ich auch gleich noch eine dritte Fassung zur Diskussion stellen - ursprünglich war das ganze nämlich mal länger und nicht kürzer und hieß:

Gespräch mit dem Engel


Mein Freund
es wächst Asche über
das Blau der Murmel
und unser Wort
hängt am seidenen Faden

Friert dich
so will ich einen Mantel draus machen

Verzage nicht
gleichwie
ist bei näherem Hinsehen
auch der Mond
nur aus Papier

Und zaudert der Tag
so stirbt auch der Glaube


Also haben wir jetzt drei Versionen, was sagt Ihr?

Liebe verwirrte Grüße
max

Ophelia20

Beitragvon Ophelia20 » 28.05.2006, 18:51

Hi Max,

als ich dein kleines Gedicht so las, war ich ziemlich begeistert, wenn ich das so ausdrücken darf.
Am Besten finde ich den Titel, der hat mich gleich angesprochen.

Toll

LG
Ophelia

Max

Beitragvon Max » 28.05.2006, 18:57

Liebe Ophelia,

danke für das liebe Lob! Welche Version würde Dir denn am besten gefallen?

Liebe Grüße
Max

Ophelia20

Beitragvon Ophelia20 » 28.05.2006, 19:28

Hi Max,

ich finde die dritte Version etwas besser.
Vorallem diese Zeilen (Verse) geben dem Gedicht noch etwas an Individualität.

und unser Wort
hängt am seidenen Faden

Friert dich
so will ich einen Mantel draus machen

Und ich finde persönlich, dass die letzten beiden Zeilen (Verse) bleiben sollten. Denn genau diese beiden Zeilen (Verse), schließen den Kreis (*kann ich das so sagen, naja egal).Hoffe, dass das verständlich war. :-s
Aber, wenn Lisa es so sieht, dann ist das auch gut. Für sie ist das Gedicht ohne die beiden Verse besser und für mich mit und das ist doch das gute an Gedichten, jeder versteht und sieht Gedichte anders. :smile:

LG
Ophelia

Max

Beitragvon Max » 28.05.2006, 19:31

LiebeOphelia,


danke für die Antwort! Es ist ja wichtig auszuprobieren´, was nun wie wirkt, wenn man am Schluss "das perfekte gedicht" haben möchte.

merci sagt
Max

steyk

Beitragvon steyk » 29.05.2006, 15:43

Hallo Max,
ich finde die dritte Version auch am besten. Viel wichtiger ist aber die Frage, für welche Version du dich als Autor selbst entscheidest ? ;-)
Gruß
Stefan

carl
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Beitragvon carl » 29.05.2006, 16:06

Lieber Max,

die 1. Version oder die 3.!!!
Grund:
"Friert dich
so will ich einen Mantel draus machen"
gibt eine andre Überleitung von der verglühenden Erde zu "verzage nicht" im Sinne von "verzage also nicht".
Das folgende "gleichwie" ist damit abgekoppelt davon, eine Begründung sein zu müssen für das "verzage nicht", sondern parallelisiert jetzt nur noch Erde und Mond.
In der 1. Version ist die Tatsache, dass der Mond auch nur aus Papier ist, ja die Begründung dafür, dass man angesichts der zu Asche verglühenden Erdkugel nicht verzagen soll!
Das ist eine ungemein zynische Verschärfung!
Deshalb hängen auch die letzten beiden Verse
"Und zaudert der Tag
so stirbt auch der Glaube"
in der Luft, wie Lisa sagt.
In der 3. Version sind sie inhaltlich und thematisch schon durch den "Mantel des Glaubens" und das nur(!) drohende Damoklesschwert des Wortes (der Faden muss nicht zwangsläufig reißen) angebunden.
Es ist also nicht allein die Frage, was Dir besser gefällt:
Ist es ein Gespräch mit dem Engel der Hoffnung bzw. des Schlupflochs,
oder ist es der mit dem Schwert des Gerichts?

Liebe Grüße und §blumen§

Carl

P.S.: wieso versteht Dich keiner? :grin:

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leonie
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Beitragvon leonie » 29.05.2006, 16:37

Lieber Max,
ich kann mich gar nicht entscheiden. Normalerweise liebe ich es kurz. Ich finde Lisas Idee sehr gut.
Ich finde aber das Bild von dem Mantel, der aus dem seidenen Faden gewebt wird, so stark, dass mir die dritte Version auch sehr gut gefällt.
Wie Du Dich auch entscheidest: Es ist ein sehr, sehr gelungenes Gedicht!
Viele Grüße
leonie

P.S. carl, Du hast das genial begründet, bei mir beruht es immer eher auf einem Gefühl, ich hätte das nie so ausdrücken können!!! Kmpliment!

Max

Beitragvon Max » 29.05.2006, 16:55

Liebe Leute (das ist hier an meinem Arbeitsplatz gerade die gängige Anrede in Emails ;-) ), vor allem lieber Carl,

danke für die vielfältigen Diskussionbeiträge, die mich vor allem meinen schon gestrichenen Text schon wieder zurückholen lassen. Carl, danke, das ist eine sehr tiefsinnige Bgründung für etwas, was man ja nur fühlt, wenn man es zum ersten Mal hinschreibt (also ich als Autor des Gedichts).

Danke
Max


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