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Ein schöner Mann

Verfasst: 05.12.2018, 08:30
von ZaunköniG
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"Ein schöner Mann!" Hat sie das so geschrieben?
Leicht ist es, schön zu sein, in diesem Licht,
wenn sich die Sonne durch den Frühdunst bricht.
Kein Schatten, keine Härte ist geblieben.

"Ein schöner Mann!" Hat sie es so gemeint,
dass ich es vorbehaltlos glauben kann?
Ich seh' die Bilder, sehe einen Mann,
dem grad das Glück aus allen Poren scheint.

Sie war's. Sie hat die Fotos selbst geknipst,
hat alles, was sie schön fand, eingefangen.
Von ihrer Gegenwart war ich beschwipst
und wie auf Wolken neben ihr gegangen.

So ist am Ende wohl der Schluss zu ziehen:
Die ganze Schönheit ist von ihr geliehen.



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Verfasst: 21.02.2019, 21:48
von Quoth
Mit Verlaub habe ich mir Deinen Text samt einiger Wendungen mal angeeignet, Zaunkönig. Ich huldige gelegentlich auch mal dem guten alten Sonett (oder sonnet, je nachdem). Bei Borges (Das geheime Wunder) fand ich die Formulierung: "Hladik pries den Vers, weil er verhindert, dass die Zuschauer (Leser) die Irrealität vergessen, die Voraussetzung der Kunst ist".

"Ein schöner Mann!" Hat sie das so geschrieben?
Leicht ist es, schön zu sein. In diesem Licht
scheint anmutsvoll das hässlichste Gesicht,
kein Schatten, keine Härte ist geblieben.

"Ein schöner Mann!", behauptet ihr Gedicht,
dem ich nicht ohne Zögern glauben kann.
Ich seh' die Bilder, sehe einen Mann,
dem grad das Glück aus allen Poren bricht.

Die Fotos, die sie knipste, sind von wann?
Sie hat, was schön war, bildlich eingefangen.
Bin wie auf Wolken neben ihr gegangen.
Ich war ein glücklicher, ein andrer Swann.

So komm am Ende ich zum Schluss, zum trüben:
Die ganze Schönheit liegt allein im Lieben.

Gruß
Quoth