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Komm zu mir

Verfasst: 10.09.2019, 18:28
von Klara
Komm zu mir Seltsamer Mann
Ich bin das Warten gewohnt wie das Lachen Ich bin
das Lachen
Ich wohne darin

Nimm meine Seele
auf deine seltsame Haut
Gib die Hände dafür Deinen Griff brauche ich Nur dich
und den Griff und den Mund Unbedingt auch den Mund und den Blick Unbedingt
auch den Blick
deiner vermögenden Finger
Nimm das Lachen und bau uns daraus ein Zelt

Keine bleibende Statt
Nur ein Zelt
das uns passt
Zu dir und zu mir

Da leg dich Nimm unser Begehren
und mach‘ es zu Lust Du bist der Meister
und ich
falte daraus einen Brief ein paar Worte nur
ewig und kurz
Komm herein

Verfasst: 10.09.2019, 21:09
von Pjotr
Schönes, reich gewürztes Klara-Gedicht.

Alles drin: Hingabe, Drang, Strom, Musik, Fantasie, Echtheit, Originalität, Sehnsucht, Leidsucht, Leidenschaft ...


Ahoy

P.

Verfasst: 11.09.2019, 08:49
von Klara
Dank dir, Pjotr - freut mich :-)
Was auch immer ein "Klara-Gedicht" sein mag...

Verfasst: 11.09.2019, 09:54
von Pjotr
Eins, in dem all das drin ist, was ich aufgezählt habe :-)

Verfasst: 13.09.2019, 14:49
von birke
das hat was, ist reich an bildern, kommt drängend rüber, und gleichzeitig verspielt.
dennoch war und ist da die ganze zeit etwas, was mir nicht behagt, und nun weiß ich es, es ist dieser etwas devote unterton, der in dem „griff“ steckt, der ja sogar doppelt betont wird, und natürlich im „meister“. da stolpert mein emanzipatorisches herz schon ein wenig… ;) aber das ist natürlich ein subjektiver eindruck.
(ähnlich geht es mir übrigens mit dem prosa-text… schreibe dort auch noch was dazu.)
lg, birke

Verfasst: 13.09.2019, 16:46
von Pjotr
Aber Dein Unbehagen ist eher ein inhaltliches als ein literarisch-stilistisches?

Zum Inhalt: Kann man nicht emanzipatorisch sein und gleichzeitig Rollenspiele mögen? Ist das widersprüchlich?

Vielleicht ist es widersprüchlich, wenn es kein Spiel ist.

Jeder Christ ist vermutlich devot, wenn er sich Gott unterwirft, und das Unterwerfen nicht als Spiel betrachtet.

"Komm zu mir Seltsamer Mann" könnte ein Song von George Harrison sein, und "Mann" könnte man dann durch "Frau" oder "Göttin" ersetzen. Ich mag die Musik von George Harrison sehr.

Verfasst: 13.09.2019, 17:09
von Klara
Ja, eine inhaltliche Frage, wie Pjotr schreibt, von dir, Birke (auch hier bei den Versen wie drüben bei der Prosa, und eine ähnliche, wenn nicht dieselbe...)

Vielleicht SOLL es auch gar nicht behagen?

Und wer sagt denn, dass Liebe, oder was auch immer hier im Spiel sein mag, Lust, meinetwegen, behagen muss?
Oder gar befreien?

Lieber Gruß
Klara

PS Wenn ein Mann ähnliche Situation oder Befindlichkeit beschreibt - so wie Du Bellay in seinem BAYSER-Begehren, was Pjotr und ich ja mal vertont haben, oder Uwe Kolbe "Warum hast du mir diese Rose hergestellt (..) die mich so unfrei macht (..) und zum Gekläff den Tag" (aus dem Gedächtnis zitiert, sicherlich ungenau) - fragt man eher nicht nach dem emanzipatorischen Gehalt, oder? Da geht man davon aus, der Mann sei frei, auch wenn er begehrt - sogar dann, wenn er das Begehrte nicht erhält, bleibt er frei, weil Mann, nur halt vom Begehren nicht frei. Begehren liegt nicht in seiner Verfügbarkeit, und auch nicht in der der Frau. Es hat mit Freiheit oder Emanzipation, glaube ich, nichts zu tun. Wer sich ihm unterwirft - und das passiert ja mitunter, auch wenn man gar nicht will -, ist nicht mehr "frei", in dem Moment. Außer frei, ein paar Verse draus zu machen, die das Unbehagen im Drängen in Worte fassen. Vielleicht ist Emanzipation von vorgebauten Rollen erst erreicht, wenn auch eine Frau sich freiwillig (vorübergehend) für unfrei erklären kann, ohne eine weitere Me-too-Debatte vom Zaun zu brechen. Nach meinem Empfinden hat die politische Freiheit nur bedingt mit der Lust zu tun: Freisein funktioniert nicht, wenn man jemanden begehrt. Man ist es dann nicht. Die Kategorie stimmt nicht.

Verfasst: 13.09.2019, 17:21
von birke
Ja, pjotr, ein christ, der sich gott unterwirft, ist wohl auch devot.
dieses "macht-spiel" ist mir ja auch suspekt ;)

und doch, ich glaube schon, dass ich im umgekehrten falle mir auch diese frage stellen würde… oder auch dann, wenn dieses lyr ich ein mann wäre, was ja auch möglich wäre.
ja, sicher, das ist eine inhaltliche frage. die einfach beim lesen aufkam. :)
und pjotr, klar, das mag sein, wenn es um rollenspiele geht… hier lese ich aber mehr als das heraus.
wie gesagt, es ist meine reaktion auf das gedicht. vielleicht auch meine fragen an das gedicht.
lg
birke