Halden

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.01.2021, 10:51

Halden

Abraum – hier werden
die Landschaftsklänge geschluckt
von schwärzlich wachsenden Bergen.
Stacheldraht: Eingrenzung
gegen das Straucheln
auf taubem Geröll.

Mit der Zeit kommen Flügel
und Nüsse und Hülsen geflogen
und ankern fest.
Die Kinder wachsen
und sagen: Gebirge mit Bäumen –
hat es einen Namen?
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 17.01.2021, 11:15

Hallo Ama,
Abraum, das Wort liegt ganz unten in meinem Wortkeller, schön, dass du es hervorgezogen hast. Ich würde dem Wort sogar anstelle der "Halden" den Titel verleihen.
Der Text zeigt die Rekonvaleszenzkraft der Natur. Noch so brutale Behandlungen und deklarierter Müll holen sich ihre Milde und Schönheit zurück, arrangieren sich und werden neues Werk, neues Paradies, manchmal mit Menschenausschluss (zB. Umgebung Tschernobyl). Klasse die Allegorie des menschlichen "Nachwuchses" am Ende. Vielleicht würde ich sie Nachwuchs nennen und nicht Kinder. Oder ist das zu platt? Das Bild passt auch gut, besonders angetan hat es mir die "unnatürliche" gerade Kante am Kubus.

Viele Grüße
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.01.2021, 11:26

Okay, danke! Als Titelzeile kann Abraum durchaus auch vorstellen.

Nachwuchs gefällt mir aber nicht so, denn wenn der etwas "sagt", hört sich das an wie eine Beratungsanfrage in einer Elternzeitschrift. Oder? :cool:

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 17.01.2021, 17:11

Ich finds insgesamt auch gut getroffen -- Text und Bild.

Nur beim "ankern" hatte ich eine kleine Bildstörung. Für mich beinhaltet eine Ankerung eine verbindende Kette oder Schnur. Aber vielleicht denkst Du dabei an den Baum, den die herabfliegende Nuss einmal wachsen lassen wird? Der Baum als Kettenbild, und die Wurzel als Ankerbild?

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 17.01.2021, 18:09

Ja, Wurzeln als Ankern! Oder vor dem Wurzeln festhaken (können ja manche Früchte auch).

Nikolaus
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Beitragvon Nikolaus » 19.01.2021, 14:47

Mag ich sehr, Amanita!
Es erinnert mich an mein früheres Zuhause. Vor der Tür quasi ein Kohlberg, den sich die Natur begann, zurück zu holen. Heute sieht man das Schwarz des Berges unter all dem Grün kaum mehr.

Für mich eine bis ins Detail stimmige Beschreibung. Erfühlt, erlebt.

Herzliche Grüße vom Nikolaus
Ich lese Lyrik. Das spart Zeit.

(Marilyn Monroe)

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Amanita
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Beitragvon Amanita » 19.01.2021, 20:21

Oh danke, das freut mich, Nikolaus!


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