schlaf jetzt

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Iris

Beitragvon Iris » 31.05.2006, 18:50

schlaf ein

die mondmeerzeit
ruft
hörst du
laß dich fallen
die wellenfrau tanzt
sie fängt dich auf
schlummere ruhig
die hüterin der nachtbarke
webt netze für dich aus feenhaar
mit ihnen fängt sie
farben zu bildern ein
ruhe märchengleich
verwandelt werden
schlaffe glieder in klänge
ein möwenschrei
wie kraftvoll
deine seele im flug
schaukelt
mit dem wind
ein lied ertönt
dein leichtsinn
versinkt als anker in einer wolke
himmel himmel
ich stürz
grundlos
ins träumende meer
ins treumeerene
umsponnen von seemannsgarn
treibe wie ein
toter mann
komme an
Zuletzt geändert von Iris am 06.06.2006, 09:09, insgesamt 2-mal geändert.

Cara

Beitragvon Cara » 01.06.2006, 20:49

Hi Iris,

ich finde es ganz phänomenal, wie sanft du in deinem Gedicht den Prozess des Einschlafens beschreibst.....auch des Moments, wo der Schlafende in den Traum fällt. Das bekommt man selber ja seltenst, wenn überhaupt, mit. Es ist ein äußerst subtiles Geschehen und ich finde es sehr lohnend, darüber ein Gedicht zu schreiben.

Ein wenig bleibe ich an der Tatsache hängen, dass die Überschrift ein Imperativ ist und auch im Laufe des Gedichtes mehrere Imperative vorkommen (schlummer ein, ruhe, komme an). Eigentlich kann man ja keinem befehlen, auch nicht sich selber, einzuschlafen. Das hat eher den gegenteiligen Effekt. Aber da dein Gedicht eher zärtlich daherkommt, kommen die Befehlsformen garnicht mal so scharf daher, sondern können von dem, der angesprochen wird, eher als "leicht führend" empfunden werden.

Gut gelungen, dieses dein Gedicht, finde ich!

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leonie
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Beitragvon leonie » 01.06.2006, 20:51

Liebe Iris,
das Sich-Fallen-Lassen in den Schlaf (mit seiner Nähe zum Tod) hast Du sehr, sehr schön ausgedrückt finde ich. Tolle Bilder, zuerst die Ermutigung, es zu wagen (als ob man mit einem Kind spricht, richtig märchenhaft), dann aber auch das Bedrohliche darin, loszulassen, abzustürzen. Und am Ende doch anzukommen. Ich finde das sehr gelungen.

Vielleicht wäre als Titel "schlaf ein" etwas "weicher"

Viele Grüße
leonie

Iris

Beitragvon Iris » 01.06.2006, 23:04

hallo ihr beiden,

ja mit den imperativen, das ist schwierig, ich bin tatsächlich als mutter und frau, wahrscheinlich aus unbewußter angst zu hart, wenns ums einschlafen von kind oder mal kranken gestreßten mann geht, und die hinweise dazu haben mir sehr geholfen, schlaf ein ist tatsächlich sanfter und vertraulicher.

mein kind hat von baby an ganz große einschlafprobleme gehabt, jetzt ist größer und es ist endlich besser ...

in indigo sind die änderungen

liebe grüße iris

Trixie

Beitragvon Trixie » 02.06.2006, 13:32

Meine völlig unkonstruktive Kritik: Wunderwunderwunderschön!!! Dieses Gedicht jagt mir glatt einen leichten, angenehmen Schauer über den Rücken, vor allem, wenn ich dazu noch dementsprechende Musik höre. Schade, dass du es noch im Mai geschickt hast, denn so erschwerst du meine Wahl noch mehr!

lg Trixie

Iris

Beitragvon Iris » 02.06.2006, 16:21

:grin:

steyk

Beitragvon steyk » 05.06.2006, 11:00

Liebe Iris,

ich glaube, jeder Mensch hat sich irgendwann schon einmal gewünscht, den Augenblick des Einschlafens bewußt zu erleben. Ich bin mir sicher, daß es noch niemandem gelungen ist.
Dein Gedicht kommt diesem Moment möglicherweise sehr nahe.
Sehr schön

LG
Stefan

Iris

Beitragvon Iris » 05.06.2006, 11:34

danke

ich hatte mal eine phase, als ich ganz jung war, da hab ich mich immer wieder geweckt, da ich gedanken aufschreiben "mußte", weil sie so interessant waren, doch es ist nicht gut, nicht ratsam dies überlängere zeiträume zu tun, man stört sich dabei selbst und bringt sich schnell in eine wirklich ungesunde situation ...

liebe grüße iris


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