und über allem der erdachte mond

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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birke
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Beitragvon birke » 18.07.2023, 20:48

.

der gesang der amseln ist verstummt
doch ihre melodien klingen über den sommer hinaus
in eine kleine geschichte
von zwei menschen die sich verzweigen
die verrückt nacheinander
in einen schwarm fische geraten
und stranden am ufer einer anderen
zeit
führ mich hinters licht
und zeig mir den schalk
im gesicht verblassen töne
vom wind hören wir nichts
als leise schärfe
und schräge melancholie
von nähe und weite
ein winter vergeht
und die amseln
erfinden neue lieder

.
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OscarTheFish
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Beitragvon OscarTheFish » 22.07.2023, 11:39

Die Amsel kann nur gestoppt werden durch die Nachtigall im Wettbewerb des Gesangs. Im Winter hat die Amsel freie Bahn auf weitem Feld. Oder für eingefleischte Haiku-Fanatiker:

Amseln im Sommer
Fürchten nur Nachtigallen
Die der Herbst verscheucht.

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birke
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Beitragvon birke » 22.07.2023, 14:45

gestoppt oder getoppt? ;)
meines wissens werden die amseln ruhig, sobald die fortpflanzungsperiode meist ende juli zuende geht. dann ist auch die balzzeit vorbei, in der sich der amselmann wohl mächtig ins zeug legt; und wenn die jungvögel das nest verlassen, muss kein territorium mehr verteidigt werden. kann ich derzeit auch bestätigen, schon jetzt sind sie (leider!) nicht mehr zu vernehmen.
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OscarTheFish
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Beitragvon OscarTheFish » 22.07.2023, 16:42

Viele Amseln sind Standvögel und bleiben hier. Einige ziehen weiter nach Süden. Ich bezog es mehr auf die körperliche Präsenz. Im Sommer konkurrieren teilweise die Reviergesänge der Amseln mit denen der Nachtigallen. Schalldrücklich ist die Amsel der Nachtigall deutlich unterlegen. Wenn man Amseln im Winter aufscheucht, bleiben sie auch nicht stumm.
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birke
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Beitragvon birke » 22.07.2023, 16:47

ah, ja, ok, verstehe :)
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aram
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Beitragvon aram » 29.07.2023, 00:50

liebe birke,

den titel finde ich dramatisch
den text fein.

würde "die verrückt nacheinander" zu "die nacheinander verrückt" gedreht
entstünde eine weitere schicht.

schöne bilder
haben mich verführt, mit ihnen zu spielen

der gesang der amseln ist verstummt
doch ihre melodien klingen über den sommer hinaus

menschen die sich verzweigen
und nacheinander verrückt in einen schwarm fische geraten

stranden am ufer einer anderen zeit

führ mich hinters licht
und zeig mir den schalk im gesicht verblassender töne

vom wind hören wir
leise schärfe und schräge melancholie

von nähe und weite
vergeht ein winter

(die amseln erfinden neue lieder)





birke hat geschrieben:.

der gesang der amseln ist verstummt
doch ihre melodien klingen über den sommer hinaus
in eine kleine geschichte
von zwei menschen die sich verzweigen
die verrückt nacheinander
in einen schwarm fische geraten
und stranden am ufer einer anderen
zeit
führ mich hinters licht
und zeig mir den schalk
im gesicht verblassen töne
vom wind hören wir nichts
als leise schärfe
und schräge melancholie
von nähe und weite
ein winter vergeht
und die amseln
erfinden neue lieder

.

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birke
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Beitragvon birke » 29.07.2023, 11:36

wie schön, vielen dank für deine spielerei, lieber aram.
nacheinander verrückt – verrückt nacheinander, ja, das ließe sich umstellen, wäre vielleicht in nuancen inhaltlich verschoben, aber wirklich nur in feinsten nuancen, meine ich. interessant! aber bei beiden wortstellungen lässt sich für mich sowohl als auch herauslesen. :)
edit: ach ja, der titel, wirklich dramatisch?
deutet er nicht nur darauf hin, dass nicht alles ist, wie es scheint? klar gibt es den mond, nicht, dass du mich für eine mondleugnerin hältst, lach, aber das bild, welches man sich von ihm macht... ist doch oft "erdacht". oder bedacht? ;)
lg, birke
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Nifl
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Beitragvon Nifl » 30.07.2023, 16:33

Ich finde den „erdachten Mond“ klug, hat mich gelockt (bitte beibehalten). Der Text beginnt mit einer „kleinen Geschichte“, verändert sich dann aber im Ton, hin zum Abstrakten, wird „schärfer“ bis er gar polar ist und ein weiteres Jahr/Lied resignativ klingt. Ein spannender Zyklus.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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birke
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Beitragvon birke » 30.07.2023, 18:29

danke sehr, nifl :)
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