Im Großhirnnebel

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 04.02.2024, 09:05

Im Großhirnnebel

auf der Suche nach,
ja, nach was eigentlich?
bei Gedankenstärke Zwölf,
in blanker See;

nicht nach Mutters Brust;
die war nicht zu verfehlen.
prall wurde sie mir präsentiert,
bis über beide Ohren gestülpt.

Aber was suchte ich?
Ich blieb immer ein Suchender;
zuhause im Garten suchte
ich Kartoffeln aus der Erde auf.

Meine Suche nach meiner
Identität verlief mit dem
Sand der tagtäglichen Eieruhr;
ich wurde erwachsen,

suchte mir eine Arbeitsstelle,
eine hübsche Frau.
Wir suchten nach
dem großen Glück;
nur war es unsichtbar,
erhaschte uns unbestimmt.

Nun suchte ich nach einem
passenden Sarg für mich,
als Eintrag im Vorsorgevertrag
mit dem Bestatter.

Eine ureigene Identität, wenn es
sie gäbe, bräuchte man nicht suchen.
Meine Frau sagte irgendwann zu mir:
"Ich habe dich durchschaut!"

So suchten wir beide den Sarg aus.
Zuletzt geändert von Epiklord am 04.02.2024, 13:51, insgesamt 1-mal geändert.

Stavanger
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Beitragvon Stavanger » 04.02.2024, 12:12

"So ließ ich sie ..."
Oder meinst du: ihr?

Epiklord
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Beitragvon Epiklord » 04.02.2024, 13:59

Es ist ja dem Umstand geschuldet, dass wir unsere Identität im Umgang für uns selbst an anderen definieren. Als Kaspar Hauser aufgewachsen, wären ...

Ich habe die letzte Zeile jetzt umgeschrieben in "wir".

Epiklord

OscarTheFish
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Beitragvon OscarTheFish » 04.02.2024, 20:16

Die Gedanken kommen angenehm widerspenstig bieder passend um die Ecke und eröffnen die Tragik der degenerierten materiellen Scheinwelt, in die wir mehr oder weniger gepresst werden. Die Suche nach Funktionieren im erzwungenen System ohne leichten Ausgang ins herzliche Nein. Der registrierte Avatar des Körpers drängt sich täuschend zur Identität auf und trotzdem bleibt dem lyrischen Ich noch ein Rest an Vermutung auf etwas, was tatsächlich auf das wahre Ich hinweist. Etwas, was wegweisend Hoffnung hervorbringt wie ein wild kreisender Kompass, der zur Ruhe kommen will, um Wege aufzuzeigen.
Eine starke Vermutung die anklopft, aber das Öffnen der Tür ist durch Angst verbaut. Etwas schönes könnte stören im lieblos gewonnenen grau. Das Ende wirbelt etwas Staub auf von der kilometerdicken Decke. Hat auch etwas von morgen.
Ein paar ausgewählte Werke zur Stillung weiterer Neugier:
AKUTES ABDOMEN, OBWOHL WIR BLIND SIND, SCHMUSEREI, MUCH ADO ABOUT FUJI.
Gedichte von: Der beste Dichter der Welt und XRayFusion.


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