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der andere

Verfasst: 16.08.2006, 00:55
von Niko


der andere


mein liebstes igelwort heißt
du
bist nicht ich
sammelst beschwerden
die mich nichts angehen
du nimmst an
Und lächelst dabei
trägst nichts vor
und nach
und nach vergesse ich
dass ich
ganz anders bin
als ich

Verfasst: 16.08.2006, 07:15
von noel
diese hübsch absurde selbst
_verdrehung regt an

eigenTLich ganz harmLOSe worte
aber inhärent ist
schein-sein
wobei im schein der dulder lebt
der der ohne harm die worte der
kritik annimt, sie quasi abkapselt
gegen das hintergründige ich, nUr
verliert sich das ICH & ich frage mich

ist du nicht
ich nicht du

danke für die verwirrung
fein dich hier zu lesen
noel

Verfasst: 16.08.2006, 09:41
von resumee
Der Igel, der sich das innere SEIN zurück zieht. Er ist ganz anders, als das, was er nach außen scheint. Nur ein Teil des Ichs scheint Kritik fast hilflos gegenüber zu stehen, und sich nicht zu wehren (und lächelst dabei, trägst nichts vor).
Nicht ganz klar wurde mir, warum das lyrische Ich dann nach und nach vergisst, dass es zwei Seiten hat, denn das war doch eigentlich der Ausgangspunkt des Gedichtes. Ist es so gemeint, dass wenn man sich zu lange in der Position des Schwachen befindet, man seine Stärken vergisst?

Formal fiel mir auf, dass Du grundsätzlich die Kleinschreibung wählst und keine Punktuation benutzt.
Nur das und der siebten Zeile ist groß geschrieben, davor und danach jeweils sechs Zeilen.
Hier also scheinst Du ein neues Thema oder einen Umbruch einzuläuten, davon ausgehend, dass es eine gewollte Großschreibung ist.

Während sich das prosaische Ich in den ersten sechs Zeilen seiner doppelten Identität bewusst zu sein scheint, verliert es scheinbar einen Teil dessen in den letzten sechs Zeilen.

Gern gelesen,

resumee

(Kein Titel)

Verfasst: 16.08.2006, 09:47
von Gast
You are :welcome:
Ich wünsche dir viel Freude im blauen Salon.

Zu deinem ersten Text, den ich so absurd nicht finde, weil es doch sehr praktisch ist, sich "mit sich" so einzurichten:
Es ist dir gelungen, ein plastisches Bild von dem "Du" zu zeichnen,
welches im Menschen innewohnt

Liebe Grüße
Gerda

Verfasst: 16.08.2006, 10:09
von noel
*öhm
absurd/hübsch absurd
ist positiv gemeint
für mich der verklärte umgang mit sdem sein per se
aber niko wird das verstehen
spero di si

Verfasst: 16.08.2006, 10:41
von Gast
@ noel - ich mag absurde Sachen, das ist nicht negativ gemeint...
Nur ich empfinde die Gedanken dieses Texts nicht als "absurd" thats all,

was heißt spero di si ?

LGG

Verfasst: 16.08.2006, 11:05
von steyk
hallo njkahlen,
erst einmal herzlich willkommen im salon
und dann eine kurzer und schlichter kommentar.
dein text macht spaß.

gruß
stefan - steyk

Verfasst: 16.08.2006, 11:15
von Niko
hallo allerseits!

@resumee:
im grunde ist das groß geschriebene und ein fehlerüberbleibsel meines word-programmes. hab ihn schlicht überlesen. aber du hast so plausible argumente dafür gebracht, dass ich nun dazu tendiere, es so zu belassen.

& ich frage mich

ist du nicht
ich nicht du

das ist hier die frage, die ich bewusst dem leser offenließ. ich glaube, dass jeder seine nische hat, eine ecke in sich, wo er alles vonsichgewiesene lassen kann. einem in sich selbst, dem er die schuld gibt, dem er vorwürfe machen kann. im grunde ein "festplatteninterner virenschutz" oder soetwas. einfach selbstschutz. und wenn ich darüber hinaus an multiple persönlichkeiten denke, menschen, die völlig unterschiedlich unabhängig von einander sind, anders schreiben, reden sich gebärden und denken (schlussfolgern) können, zwei völlig von einander unterschiedliche wesen in einer person, dann denke ich, dass wir alle diese veranlagung zumindest in uns schlummern haben.
liebe grüße an euch und danke für das "willkommen": Niko

Verfasst: 16.08.2006, 14:23
von Lisa
Hallo Niko,

willkommen :-)

Spannendes Thema, für mich sprachlich gelungen umgesetzt. Absurd finde ich den Text auch nicht, das textspiel du/ich mutet nur so an wie ich finde. Das zufällige und (obwohl ich solche Zufälle liebe, weil ich ihnen Klugheit zuspreche) würde ich allerdings in diesem fall nicht groß schreiben, für mich gibt es keinen Anlass dafür, ich finde gerade, dass der zusammenhängende Fluss des Textes (es gibt ja auch sonst keine Verseinteilung) das Ich und das Du wieder zursammenfügt und so erst das Thema schafft: Zwei/mehrere Instanzen in einer bzw. nacheinander durdh die zeit ohne dass es eine Überinstanz mit Allwissen darüber gibt

Einen Absatz allerdings könnte ich mir trotzdem vorstellen, weil er einen auftakt bildet (in Kombination damit ein du zu streichen:


der andere

mein liebstes igelwort heißt
du

bist nicht ich
sammelst beschwerden
die mich nichts angehen
nimmst an (hier du gestrichen, da ich entweder konsequent immer ein du setzen würde oder nur einmal)
und lächelst dabei
trägst nichts vor
und nach
und nach vergesse ich
dass ich
ganz anders bin
als ich


Inhaltlich finde ich das "nach und nach" am interessantesten...Zudem finde ich hier (das ist in meinen Augen selten der Fall) die Zeilenumbrüche gut und finde, dass sie den Inhalt unterstützen.

schöner Einstand!
Liebe grüße,
Lisa

PS. Würde es dir was ausmachen, die Signatur in kleinerer schrift und schwarz zu machen? Die pedantische Admine, :-)

Verfasst: 16.08.2006, 18:33
von Max
Lieber Niko (anscheinend ist schon klar, dass Du Niko heißt ;-) ),
ich finde inhaltlich am spannendsten

dass ich
ganz anders bin
als ich


Dies Feststellungs ist schon an sich schon eine feststellung von eigenem Wert ... ein Aphorismus.

Willkommen
Max

Verfasst: 16.08.2006, 19:28
von aram
NJKahlen,

willkommen und gefällt mir sehr :-)

ein 'mittleres problem' ergibt sich allerdings für mich aus dem doppelbezug von z2, der ja unsichtbar ist - ohne ihn müsste z3 aber mit "ist" beginnen.

da komme ich irgendwie nicht drüber.
eine 'entschärfungsmöglichkeit' wäre der von lisa vorgeschlagene absatz.
macht den text aber auch etwas 'steifer'.

eine andere möglichkeit: die dritte person bis 'sammelt' durchzuhalten und erst ab dem neuen satz "du nimmst an" in zweite person zu wechseln, als intensivierung.

hm. wohl auch nicht so toll... weiß nicht.

jedenfalls trotzdem ein erfrischender text, finde ich.

aram

Verfasst: 16.08.2006, 19:47
von Niko
danke, aram max und lisa fürs kommentieren. nun, aram, ich glaube, die stelle ist garnicht so problematisch. der wechsel zur direkten anrede durch das doppelt gedacht-gesetzte "du" macht doch gerade den übergang leichter.mein liebstes igelwort heißt du / du bist nicht ich. ich glaube, durch die isolierte stellung des "du" in der zweiten zeile funktioniert diese lesart. zweimal du hintereinander wäre sträflich. so rein schreibtechnisch. einen absatz könnte man in erwägung ziehen. ich mache sonst lieber einen absatz zu viel als einen zu wenig. hier aber hielte ich es für falsch. weil damit das doppel-du gestört würde. ich glaube, dem geneigten leser kann man diese stelle zumuten. und im grunde ist klar, dass das lyrich sich mit dem du an sich selbst...ähem...an das du wendet. oder sehe ich das nur so?
lieben gruß: Niko

Verfasst: 16.08.2006, 20:21
von aram
doppelt gedacht-gesetzte "du" macht doch gerade den übergang leichter.mein liebstes igelwort heißt du / du bist nicht ich

hi NJKahlen, ja klar du hast recht. nur tritt der doppelbezug hier zum ersten mal auf, da kenne ich ihn noch nicht, und so flexibel dass ich ihn sofort mitkriegen würde bin ich leider auch nicht - ich muss erst weiter lesen bis zum nächsten doppelbezug, bis dahin 'stimmt was nicht' -
ich kann das gedicht also erst richtig lesen, wenn ich es schon kenne - und sowas empfinde ich als schwäche. (des textes! ;-)

das ist aber auch schon alles, kein großes "problem" also.

(wenns 'mein' text wäre, würde ich ihn so schreiben:

mein liebstes igelwort heißt
du
bist nicht ich
sammelst beschwerden
die mich nichts angehen
nimmst an
lächelst dabei
trägst nichts vor
und nach
und nach
vergesse ich
dass ich
ganz anders bin
als ich

- und da würden dann alle sagen, ist ja noch viel unverständlicher!)

Verfasst: 19.11.2016, 10:53
von Klimperer
Kann es sein, dass sich beim Registrierungsdatum ein Fehler eingeschlichen hat?

Dieses Gedicht ist monumental.

Das Apokoinu im zweiten Vers verlangt viel Aufmerksamkeit.

Der Schluss ist überraschend. Bringt zum Nachdenken.