Hausfrauengedicht

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Louisa

Beitragvon Louisa » 12.01.2006, 18:20

Hausfrauengedicht

Frau Meilenstein
sah über ihren Tellerrand
der schimmernd
in der roten Sonne stand.

Der Zitronenduft aus Spanien
Geschirrgebirge
gleich den fernen Pyrenäen-

Alles so fremd, ganz ungekannt
über ihrem blanken Tellerrand.

Frau Meilenstein
ließ ihre spröde Frauenhand
die Segel setzen
Die Lippen sich mit Schaum
benetzen-

Im Beckenmeer die Strömung
Ihr Fernweh in der Zähmung-

Lernt sie plötzlich schätzen
nahe ferne Wohnumgebung.
Zuletzt geändert von Louisa am 19.01.2006, 19:50, insgesamt 1-mal geändert.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 13.01.2006, 09:11

Hallo Louisa,

ich muss gestehen, dass mich deine Zeilen verwirren. Ordnung schaffen in der Ferienwohnung??

Es grüßt dich
Marlene

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 13.01.2006, 14:37

Hallo Louisa,
ich werde auch nicht ganz schlau aus deinem Gedicht.

Frage mich, ob Marlene mit ihrer Deutung recht hat oder ob Frau Meilenstein sich in die Ferne träumt - über ihren Abwaschberg, das tägliche Einerlei hinweg nach Spanien wünscht. Aber der Schluß paßt da irgendwie nicht dazu.

Oder Frau Meilenstein ist im Urlaub und stellt dabei fest, daß die ganze Arbeit an ihr hängen bleibt (wie es wohl so mancher Frau im Urlaub geht) und sie deshalb alles nicht wirklich genießen kann - sehnt sie sich zurück nach zu Hause, wo wenigstens alles vertraut und am gewohnten Platz ist?

Du siehst mich etwas ratlos.

Lieben Gruß,
Kathrin

Louisa

Beitragvon Louisa » 14.01.2006, 16:53

Hallo ihr beiden,
Ich hoffe die Ratlosigkeit hiermit zu beenden:

Claires erste Version kommt der Wahrheit schon sehr Nahe...

Frau Meilenstein wäscht ab. Sie schaut gedankenverloren "über ihren (frisch gesäuberten) Tellerrand" und träumt sich in die Fremde.
Der Spülmittelduft lässt sie an Spaniens Zitronen denken, ihre Hand im Waschbecken an ein Segelschiff und so weiter...
Diese "Abwaschfantasien" bewirken letztendlich, dass Frau Meilenstein ihre triste Alltagswelt zu schätzen lernt, da im Traum Geschirr eben nicht nur Geschirr, sondern ein nie wirklich gesehenes Gebirge ist.

War das vielleicht zu viel des "Guten"?

LG, Louisa

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.01.2006, 18:15

Liebe Louisa,
ich finde die Wendung zwar nicht intuitiv (man würde intuitiv eher, also ich zumindest, denken, dass die Frau dann ihre Welt ablehnt), aber ganz ganz besonders. Die Wendung ist fantastisch. Lass sie unbedingt so, denn sie passt meiner Meinung auch genau zum Klang des Titels, es ist als wäre man eine Winzigkeit eben diese Frau...
MIR gefällts!

efeuline

Beitragvon efeuline » 15.01.2006, 18:11

Hallo, ich finde das Gedicht, so wie es ist, einfach schön gut. Man muß doch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen und deuten und interpretieren und einen Sinn suchen und und und......
Ein bißchen mehr Leichtigkeit meine Damen, dann schwebt auch die Hausfrau im leichten Sein oder Nichtsein.....
efeuline

Louisa

Beitragvon Louisa » 17.01.2006, 14:30

Hallo Lisa, hallo efeuline,
Man kann nur beschämt geschmeichelt auf den Bildschirm starren.
Vielen Dank, Lisa.

Efeuline, ach, das stört mich überhauptnicht. ich stelle die texte ja hier aus, um etwas zu lernen, um mich zu verbessern und was kann es da Bessres geben, als solch penible Goldwagen-Abwäger?

Ich freue mich über jede "produktive" Kritik.

LG, Louisa

Perry

Beitragvon Perry » 19.01.2006, 13:45

Hallo Louisa,
das Bild und die Aussage ist soweit schon okay. An was es meiner Meinung nach krankt ist die Umsetzung. Der Reim erscheint mir eher dürftig, die Metaphern etwas wacklig.
Ich greife deshalb deine Aussage, "ich stelle die texte ja hier aus, um etwas zu lernen, um mich zu verbessern", gerne auf und das hat nichts mit auf die Goldwaage zu legen zu tun, sondern einfach Bild und Text in eine Waage zu bringen.
Zum Reim: Grundsätzlich sehe ich persönlich es so, wenn Reim dann konsequent und vielleicht sogar mit einer passenden Metrik, was zugegeben nicht einfach ist. Ich bevorzuge deshalb freie bzw. Prosalyrik.
Zu den Bildern: Es steht nicht der Tellerrand sondern der Teller. „Im Beckenmeer die Strömung/Ihr Fernweh in der Zämung-„ Im Spülbecken ist wohl kaum eine Strömung spürbar, außer beim Ein- bzw. Auslassen des Wassers. Der Begriff „Zä(h)mung in Verbindung mit Fernweh ist sicher unverbraucht, klingt hier aber sehr Reimgezwungen. So nun habe genug gestochert, jetzt versuche ich Dir selbstverständlich auch Alternativvorschläge zu machen:
Hausfrauengedicht


Frau Meilenstein
sah über ihren Tellerrand
der schimmernd
in der roten Sonne glänzte

Der Zitronenduft
erinnerte sie an Spanien
die Geschirrgebirge
glichen den fernen Pyrenäen

Frau Meilenstein
ließ ihre spröde Hand
in Gedanken
weiße Segel setzen

doch zähmte sie das Fernweh
denn es genügte ihr
in vertrauten Umgebung
von fremden Gestaden zu träumen

Vielleicht kannst damit was anfangen und an deinem Gedicht damit noch ein wenig arbeiten.
LG
Manfred

Louisa

Beitragvon Louisa » 19.01.2006, 19:58

Hallo Perry,
Deine Umsetzung gefällt mir schon ganz gut.
Danke fürt deinen "H-Hinweis" in Zähmung.

Aber: Steht der Teller nicht auf seinem Rand?

Und: Ist es nicht möglich, dass Frau Meilenstein das Wasser ablässt?

(Die Teller sind ja schon gesäubert....)

Mit den kläglichen Reimversuchen hast Du sicher Recht, dennoch bin ich eine verzweifelte Anhängerin der frühen Dichtkunst ....ich mag sie, die reimreichen Gedichte und hoffe die Kunst des Reimens zu erlernen.

"...durch Suchen und Irren lernt man" sagte einst der liebe Goethe.

Liebe Grüße,

eine Suchende auf Irrwegen.

lichelzauch

Beitragvon lichelzauch » 11.12.2006, 20:40

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leonie
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Beitragvon leonie » 11.12.2006, 21:59

Hi lichel und Lisa,

es ist wirklich köstlich, was Ihr für Schätze wieder ausgrabt! Ach, was mag einem entgangen sein, als mannochnicht hier zuhause war. Aber die aktuellen Texte halten mich so in Atem, dass ich wenig zum Graben komme. Schön, dass Ihr das wenigstens macht!

Danke und liebe Grüße

leonie

Trixie

Beitragvon Trixie » 11.12.2006, 23:28

Das ist ja putzig, Lou! Und die Kommentare sagen eigentlich schon alles. Außerdem sieht man, ohne dieses Werklein nieder machen zu wollen, wie sehr du dich verbesser hast! Aber eine Frage hab ich doch noch: Wieso steht es in der Liebeslyrik??? Liebe zu Spanien? Oder wie oder was?

Grüßchen
Trixie

Louisa

Beitragvon Louisa » 12.12.2006, 00:44

Dankeschön :blumen: !

War das nicht auch ursprünglich in der freien Lyrik?

Liebe zum Abwasch natürlich :smile: !

scarlett

Beitragvon scarlett » 12.12.2006, 09:00

Hallo Lisa, Lichl

das ist wirklich eine ganz reizende Idee mit dem Adventskalender - schön, immer wieder eure gehobenen Schätze zu entdecken...

Grüße,

scarlett


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