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Begegnung

Verfasst: 26.08.2006, 20:43
von moshe.c
Begegnung

Auf der
gegenüberliegenden
Straßenseite
stand:
Ich liebe dich @ M.

Du gabst mir
deinen Schoß
als Gefallen.

Ich fiel nicht.

Jetzt steht dort:
Ich hasse dich @ M.

Verfasst: 26.08.2006, 21:37
von lichelzauch
Wenn das "fiel" sich auf "Gefallen" bezieht, finde ich es genial (das tut es bestimmt).

Trotz des lakonischen Tons sehr kraftvoll, weil sich die Anonymität des "@ M." so herrlich gegen den Rest der "Begegnung" auflehnt: zwei Realitätsebenen (jedenfalls für mich beim ersten Lesen: der Titel und die erste Strophe lassen mich an etwas Zufälliges, Unverbindliches denken, eine "Stadtbeobachtung", so wie Toms Plakatfrau - dann das Reale, obwohl selbst das unsicher ist, es könnte immer noch gedanklich sein, ist aber auch irrelevant - um schließlich durch den Schluss, in dem sich der Schriftzug wandelt, ganz rund in seiner Verschränktheit zu werden, wenn ich das sagen darf. Dadurch wird es schön mysteriös, meines Empfindens nach jedenfalls. (Es bleibt für mich ungeklärt, ob der Schriftzug überhaupt "existiert" oder mit der "Begegnung" zusammenhängt - gerade dieses Schweben gefällt mir)

- Natürlich kann man es auch "profan" lesen. Selbst dann ist die Enttäuschung einer Liebe (was ja auch ein "eher" seltenes Motiv ist, oder?) noch schön wortspielerisch verpackt. Auch der Reiz der Anonymität bzw. Unklarheit dieses Schriftzugs bleibt bestehen... (Nebenbei: mir fällt auf, ich habe mich aus meiner oben gesetzten Klammer herausgeredet.)

Liebe Grüße,
lichelzauch

Verfasst: 26.08.2006, 22:12
von aram
moshe.c,

du befindest dich auf literarischem höhenflug! (hat sich gelohnt, dass du dich nicht aus der übung kommen ließest .-)

(hasse mit doppel-s, falls kein schreibfehler zitiert werden soll)

die beiden mittelstrophen finde ich toll.

in verbindung mit der resultierenden abfolge liebe / hasse, und der konstanten @M. : ganz einwandfrei gut.

nachdem du vor ich liebe dich / ich hasse dich jeweils die zeile umbrichst (also 'pausierst'), würde ich auch doppelpunkte setzen - ohne sie falle ich etwas ins leere

(was mir auf andere art durchaus gefallen könnte.-)

aram

Verfasst: 26.08.2006, 22:22
von moshe.c
Danke lichel, für deinen gelungenen Kommentar.

Vor zwei Tagen erzählte mir ein trauriger Mensch ein wenig von seiner Situation anläßlich der Trennung von seiner langjährigen Liebesbeziehung und bat mich ihm 2-3 Liebesgedichte zu senden, zur besseren Überwindung dieses Abschnittes seines Lebens. Das tat ich gern, aber ich mußte feststellen, daß ich bisher praktisch nichts über die Enttäuschung im Liebesleben geschrieben habe, was vielleicht ein wenig mehr ihm nahegekommen wäre.
Dabei ist das doch so ein großes Thema!

Nun versuche ich erstmal ein wenig hilflos, aber nicht ohne eigene Erfahrung, etwas nachzuholen.

Es ist hier eine reale Großstadtbegegnung.

Mit liebem Gruß

moshe

Verfasst: 26.08.2006, 22:35
von moshe.c
Lieber aram,
auch hier Dank für deine Betrachtung, Beobachtung auch über einen Zeitraum.

Meine kleinen Dummheiten beseitige ich morgen.

Moshe

Verfasst: 27.08.2006, 09:46
von königindernacht
Eine scheinbar nur kleiner Schriftzug mit einer großen Geschichte, festgehalten in deinem Gedicht.

Moshe, deine Texte tun wohl, hinterlassen einen Nachhall- auch dieser,

herzlichst, KÖ

Verfasst: 28.08.2006, 05:57
von steyk
Hi moshe,
du hast Recht: Es ist ein großes Thema.
Solltest du öfters einmal angreifen - du kannst es doch.

Gruß
Stefan

Verfasst: 28.08.2006, 18:34
von noel
dann reihe ich mich mal ein
*schlürf

dein text sagt viel mit wenigen worten
ist moralfrei
& aufdringlich in einer unaufdringlichkeit

chapeau

Verfasst: 28.08.2006, 18:52
von moshe.c
Ich freue mich, daß euch

kleine knappe klarheit

geFällt.

Mh. oshe. c

Verfasst: 29.08.2006, 22:36
von Max
Lieber Moshe,

damit Du siehst, dass ich aus Parris nicht nur Nörgeleien mitgebracht habe: Das gefällt mir richtig gut!
Insbesondere das Spiel von Gefallen und fallen ... sehr schön.

Liebe Grüße
max