an einen pianisten

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Niko

Beitragvon Niko » 16.01.2006, 13:30

an einen pianisten

der sehnsucht schenkst
du deine finger
und lässt ihnen
freie hand

sie drücken sich auf tasten aus
beflügeln sonaten
streicheln phrasenweise
spritzen coloraturen herzwärts
und haben manchmal
ein rendevouz mit dem schöpfer
Zuletzt geändert von Niko am 17.01.2006, 19:32, insgesamt 1-mal geändert.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.01.2006, 14:31

Lieber Niko,
ich habe lange Zeit davon geträumt es solch einem Pianisten nachzumachen wie er es in deinem Gedicht vermag - leider wird das nie so sein. Aber ich weiß, welchen Zauber du meinst, den man mit ein paar bloßen Tasten hervorrufen kann. Musik ist ganz anders als alles andere auf der Welt. Nicht von dieser Welt und deshalb mehr von dieser Welt.

Eine sprachliche Anmerkung: Ist es beabsichtig, dass das erste Verb in der ersten Zeile im Imperfekt steht und danach das Gedicht im Präsens steht?

Niko

Beitragvon Niko » 17.01.2006, 19:31

hallo lisa!
.....und danke für´s kommentieren.
im grunde war es schon absicht mit dem imperfekt. weil es voraussetzung für das spiel ist. aber im grnde hast du recht. das schenken ist ein immerwährender prozess und daher ist präsens durchaus gerechtfertigt.

ich beneide pianisten. ich halte das klavier (bzw den flügel) immer noch für das ausdrucksstärkste und universellste musikinstrument. mir ist leider "nur" die stimme gegeben. und das ist natürlich weitaus spezieller. aber manchmal, ganz selten, habe ich auch einen moment, wo es "überirdisch" für mich wird. ganz besondere momente, die ich niemals im leben vergessen werde.

lieben gruß: Niko

Perry

Beitragvon Perry » 19.01.2006, 11:34

Hallo Niko,
deine eindrucksvollen Zeilen erinnern mich an ein Gedicht, das ich mal für die von mir sehr verehrte Pianistin Ragnar Schirmer geschrieben habe:
Pianofeuer


Wenn sie mit ihrem leichten Fingerspiel
über die Tasten fliegt
bläst ein frischer Wind den Staub
aus Haydns Elfenbeinturm

Mit ihren Zauberhänden
breitet sie seine Sonaten
zu einem magischen Klangteppich aus
auf den ich mich entspannt lege

Langsam durchdringt mich
ein sanftes Schweben
und das stille Feuer ihres Pianospiels
wärmt mein fröstelndes Herz

Musik und Lyrik sind für mich Schwestern der Sehnsucht.

LG
Manfred

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 30.03.2016, 10:11

Ich finde, die letzten zwei Verse drücken eindrucksvoll aus, was Niko dem Pianisten sagen will ...

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allerleirauh
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Beitragvon allerleirauh » 30.03.2016, 12:33

Rendezvous?

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birke
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Beitragvon birke » 30.03.2016, 12:52

was für ein schönes gedicht, danke, klimperer für´s erinnern!

ich muss gestehen, ich lese immer "rendezvous mit dem schlüpfer" lol, ich kann da nix für!

mir stellt sich die frage, wer ist gemeint mit dem schöpfer - der komponist? oder gott?
manche pianisten werden auch erst so richtig eins mit dem klavier, wenn sie improvisieren...
gedankenanregend.
auf jeden fall gern gelesen!

lg
diana
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

https://versspruenge.wordpress.com/

Mucki
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Beitragvon Mucki » 30.03.2016, 14:03

Schön, der Carlos "klimpert" wieder und holt ältere Texte hervor. ,-))

Ja, ein feines Gedicht, Niko. Bei deinen Zeilen muss ich sofort an das Klavierspiel von Ludovico Einaudi denken.

Saludos
Mucki

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Hetti
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Beitragvon Hetti » 30.03.2016, 15:09

Hi Birke und Niko, "Schöpfer" steht für mich als Metapher von "Leben". Liebe Grüße Hetti

pjesma

Beitragvon pjesma » 30.03.2016, 17:13

sehnsucht steht für mich für etwas überbewertetes, immer noch, tschuldigung.


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