Blockade

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Herby

Beitragvon Herby » 07.09.2006, 10:08

Blockade

Euterpe ist so fern mir heute wie noch nie,
denn dichten möcht’ ich gerne, reimen. Aber wie?
Will viele Seelenbilder lyrisch wachsen lassen
und kann sie dennoch einfach nicht in Sprache fassen.

Ein jedes Wort, so scheint es, lacht mir Hohn und lügt,
und nicht ein simpler Satz zu einem Vers sich fügt.
Es kommt mir vor, als wäre, was ich je geschrieben,
nicht mehr als stümperhafte Phrase nur geblieben.

Dabei hab’ ich Ideen wahrlich nun genug,
doch selbst der Wein, der vor mir steht im irdnen Krug,
will meinen trägen Geist partout jetzt nicht beflügeln.
Was tun? Ich grüble, seufze tief – und gehe bügeln.

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leonie
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Beitragvon leonie » 07.09.2006, 10:29

Lieber Herby,

ja, so wie in Strophe eins und zwei gehts mir auch oft. Interessante Konsequenzen, die Du ziehst: bügeln gehen, darauf bin ich noch gar nicht gekommen. Aber dann hat die Blockade wenigstens einen Nutzen.
Oder die Blockade thematisieren: wenn dabei so etwas herauskommt, finde ich die Idee noch besser!
Sehr gern gelesen, sehr gern geschmunzelt!

Liebe Grüße
leonie

Gast

Beitragvon Gast » 07.09.2006, 23:41

Herrlich! Witzig, originell, sauber in Reim und Metrik! Und so fügte sich die Schreibblockade zum Gedicht und bewegte Lyrich oder Autoren anschließend zum Bügeln. So hat alles sein Gutes

:) Bea

Herby

Beitragvon Herby » 09.09.2006, 13:44

Liebe Leonie, liebe Bea

es freut mich, dass mein Text euch zum Schmunzeln gebracht hat.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Bügeln mitunter ebenso meditativ wie kreativ anregend sein kann! Nicht zu vergessen der Effekt seelischer Hygiene: man gebe dem zu bügelnden Textil den Namen des Lieblingsfeinds oder des Kollegen, der einen furchtbar genervt hat. Und wenn sich dann das DAMPFENDE Bügeleisen darauf senkt und langsam darüber gleitet ... man fühlt sich gleich besser und bügelt doppelt so genussvoll und faltenfrei! ;-) ;-)

Danke fürs Lesen und Kommentieren!

Liebe Wochenendgrüße
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.09.2006, 15:31

Hallo Herby,

sehr schön:) Ist witzig, denn ich bekomme meist auch Ideen, wenn ich bügle, dusche oder staubsauge *kicher*
Und wenn ich eine Blockade habe, dann schreibe ich über diese Blockade und schon hat sie sich gelöst *g*
LG
Magic

scarlett

Beitragvon scarlett » 11.09.2006, 14:42

Lieber Herby,

na da hatte die Blockade ja auch ihr Gutes :smile: !
Ich wäre froh, wenn mir in ähnlichen Momenten (die sich durchaus auf Tage/Wochen ausdehnen können) auch sowas wie dir gelingen würde...

Sehr gerne gelesen, mit einem breiten Schmunzeln und zustimmendem Kopfnicken...

Eine kleine, nee, zwei klitzekleine Anmerkungen hätt ich aber doch noch:
wie wärs, wenn du in Strophe 1 statt des Punktes hinter "reimen" nur ein Komma setzen würdest oder einen Gedankenstrich? (ich weiß, ich weiß, wahrscheinlich kann ich hier bald meinen Nick durch "Gedankenstrich" ersetzen :smile: ) - mir erscheint der Punkt hier zu hart, zu "endgültig", für etwas was ja dann doch weitergeht (und das auch im Hinblick auf das gesamte Gedicht).

Und zweitens: mit dem Wort "partout" in einem Gedicht, sei es auch noch so humoristisch usw. kann ich mich nicht so recht anfreunden- es ist einfach zu salopp, zu umgangssprachlich...(Du fängst immerhin mit Euterpe an!).

Wie gesagt, nur Kleinigkeiten- ansonsten sagt ich ja, einfach toll!

Gruß,

scarlett

Herby

Beitragvon Herby » 13.09.2006, 21:07

Liebe scarlett,

ich musste ja schmunzeln, als ich deine Antwort las, denn du sprichst genau die beiden Punkte an, die mir bei diesem Text Kopfzerbrechen bereiteten.

Ich hatte tatsächlich zunächst ein Komma nach „reimen“, das ich dann in einen Punkt abgeändert habe, weil ich eine Pause beim Lesen erreichen bzw. die Frage „Aber wie?“ betonen wollte. Ich weiß nicht, ob das für dich nachvollziehbar ist, aber mit dem Komma ging mit der Vers zu flott durch. Mit Gedankenstrichen tue ich mich etwas schwer, ohne dass ich dir jetzt erklären könnte, warum. Aber dennoch leuchtet mir deine Erklärung ein. Ich werde es mir noch einmal überlegen, obwohl ich ehrlich gesagt momentan dazu tendiere, den Punkt zu belassen. Doch vielleicht sehe ich das mit größerem zeitlichem Abstand anders.

Was das „partout“ angeht, war ich in einer Zwickmühle. Ursprünglich hatte ich „einfach“ gedacht, aber das wäre dann eine Wortwiederholung von Vers 4 gewesen. Wenn du in diesem Fall eine Alternative weißt, wäre ich dir dankbar!

Ich danke dir sehr für dein Lesen und Kommentieren und grüße dich herzlich!

Herby

scarlett

Beitragvon scarlett » 13.09.2006, 21:23

Lieber Herby,

es ist schwierig, einen Ersatz für partout zu finden; muß ein zweisilbiges Wort sein, am besten auch mit unbetont/betont...
"durchaus" ist nicht ganz der Sinn -
evtl. verkürzen:
"will meinen trägen Geist mir nicht beflügeln"...???

Leider, leider... mir fällt keine echte Alternative dazu ein, zumindest nicht momentan- wahrscheinlich müssen wir partout damit leben :smile:

Gruß,

scarlett

Herby

Beitragvon Herby » 13.09.2006, 22:07

Hi scarlett,

du schreibst:

evtl. verkürzen:
"will meinen trägen Geist mir nicht beflügeln"...???


Das ist gar nicht so schlecht, nur fehlt mir leider bei deiner Alternative eine Hebung im Vergleich zu den anderen Versen. Mal sehen, vielleicht fällt mir ja noch was ein.

Jedenfalls danke ich dir für dein Mitdenken! :blume0028:

Liebe abendliche Grüße
Herby

Gast

Beitragvon Gast » 14.09.2006, 01:29

nur jetz Mal laut gedacht... hab ich von aram ;-)
und ins unreine geschrieben (von mir)

Wie wäre es denn, obwohl ich "partout" in Ordnung finde, da das Bügeln ist für einen Dichter geradezu "profan" ist,
den Satz anders zu beginnen: Alors, will meinen trägen Geist...usw
Merkwürdig, wieder ein französisches Wort.

bin gespannt, was du sagst, ansonsten rund und gut, gerade wegen des Bogens zum Bügeln.

Nächtliche Grüße
Gerda

Herby

Beitragvon Herby » 14.09.2006, 21:43

Liebe Gerda,

ich danke dir sehr für dein lautes Mitdenken, wenngleich mich dein Vorschlag etwas in Verwirrung stürzt. Ich bin mir nämlich unsicher, ob "alors" an dieser Stelle in den Zusammenhang passt. Außerdem hätte ich dann eine Dopplung zu dem darauf folgenden jetzt, da "alors" meines Wissens nach die Bedeutung von "nun", "jetzt" bzw. "also" hat.

Hmm ... c'est difficile.

Grübelnde Grüße
Herby

scarlett

Beitragvon scarlett » 14.09.2006, 21:55

Ich teile deine Bedenken, lieber Herby.

Gruß,

scarlett

Gast

Beitragvon Gast » 14.09.2006, 22:10

Oui, Monsieur, c'est horrible ;-) d'accord.
aber ich denke weiter...

Könntest du dir vorstellen, evtl."trägen" zu opfern... :frage:


Was tun? Ich grüble, seufze tief ;-)


nein ich gehe jetzt nicht büglen


Bis bald
LGG

Gast

Beitragvon Gast » 14.09.2006, 22:25

Hi Herby, ich noch mal oder schon wieder:

"wie sonst" ginge
entspricht auch dem Sinn... aber wie hast du schon mal...

Wie wäre:

...
schafft nicht, den trägen Geist mir zu beflügeln (11 Silben)
Was tun? Ich grüble, seufze tief – und gehe bügeln. (12)

Schön Herby auch die zusätzlichen Stabreime und das von Einer, die Reime nicht gar so toll findet :-)

Liebe Abendgrüße
Gerda

Achso, auch wenn du es nicht nimmst - ich "sprech" noch mit dir ;-)


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