Allein sein

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Last

Beitragvon Last » 15.09.2006, 17:32

Ich habe
einen Baum gefällt

ein Boot gebaut
und ein Feuer entfacht
das nicht erlischt

bis diese Insel oder ich
gerodet sind

Doch das Boot fährt

meine Träume



Das "e" im Titel gestrichen + Umstellung nach Lisas Vorschlag

Urspr.:
Ich habe
einen Baum gefällt

ein Boot gebaut
und ein Feuer entfacht

das nicht erlischt
bis

diese Insel oder ich
gerodet sind

Doch das Boot fährt

meine Träume
Zuletzt geändert von Last am 01.10.2006, 09:33, insgesamt 2-mal geändert.

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leonie
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Beitragvon leonie » 15.09.2006, 21:11

Lieber Last,

wow!
Nur bei erlischt fehlt ein "s". Sonst finde ich es perfekt. In mir löst es zugleich Melancholie und Hoffnung aus!

Liebe Grüße

leonie

Louisa

Beitragvon Louisa » 15.09.2006, 21:20

Hallo Last!

Das spricht mich auch sehr an! Es ist sehr dicht und erinnert schon sehr an Robinson Crusoe, aber die Verbindung zu den fahrbaren Träumen ist wirklich schön!
Als Einsamer kann man sich wirklich gut damit identifizieren...und mir fällt einfach keine Kritik ein :smile: !

Liebe Grüße, louisa

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.09.2006, 22:49

Hallo Last,

Respekt! Du hast eine Sehnsucht mit so viel Tiefe in so wenigen Worten ausgedrückt. Außer dem schon erwähnten fehlenden s in erlischt, ist es stimmig, rund, tadellos.
anerkennende Grüße
Magic

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 16.09.2006, 08:17

Hi Last

Ein starkes Bild, um Einsamkeit auszudrücken, da kann ich meinen Vorrednern nur zustimmen. Du nutzt etwas (Holz des gefällten Baumes), um ein Feuer zu entfachen, dass die Insel, die ich als Bild für das alleine sein, zu rohden auf die Gefahr selbst zu verbrennen. Aus dem Holz wird auch ein Boot gebaut, Hoffnung, diesen Zustand, diese Insel, zu verlassen.
So kam das Gedicht bei mir an.

MfG

Jürgen

Birute

Beitragvon Birute » 16.09.2006, 08:40

Hallo Last,

das spricht mich auch sehr an. Bravo!
Ich schenke dir jetzt nicht auch noch ein "s", aber um ein "e" möchte ich dich vielleicht bitten.
"Allein sein" wäre der Hit für mich. :)

Lieb grüßt Birute

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 16.09.2006, 10:22

Lieber Last,

ähnlich wie Louisa habe ich bei diesem Gedicht an Robinson Crusoe denken müssen. Schaut man sich allerdings dessen erfolgreiches puritanisches Leben auf der Insel an, fragt man sich, warum er sie verlassen will.

Vor allem der Gedanke des Kampfes zwischen dem "Ich" und der "Insel" finde ich stark. Dadurch erinnert Dein lyrisches Ich nicht unbedingt an einen netten Kerl, der gerne der Einsamkeit entfliehen will. Entweder die Insel ist am Ende fertig (gerodet) oder Dein lyr. Ich gibt auf.

Schön auch, dass offen bleibt, wovon das lyr. Ich träumt.

Grüße

Paul Ost

Last

Beitragvon Last » 16.09.2006, 10:23

Hallo ihr alle,

schönen Dank auch für eure Kommentare :smile:
Und es freut mich sehr, dass es euch gefällt.

Ich setze mal heimlich still und leise ein "s" ein :rolleyes:

@Birute: Ist das mit dem "e" zwingend?

Birute

Beitragvon Birute » 16.09.2006, 11:03

@Birute: Ist das mit dem "e" zwingend?

Natürlich nicht. Es ist doch dein Gedicht.

Herzlich
Die Birute

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 16.09.2006, 11:13

Lieber Last,

in meinem ersten Kommentar zu Deinem Gedicht, der leider verloren gegangen ist, habe ich ebenfalls geschrieben, dass "allein" besser klingt als "alleine" und angemerkt, dass mir im Moment meine (von Moshe so geschätzten) Nachschlagewerke fehlen.

Grüße

Paul Ost

königindernacht

Beitragvon königindernacht » 16.09.2006, 11:18

Mich berührt dieses für ein Gedicht ungewöhnliche Bild für Einsamkeit,

herzlichst, KÖ

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.09.2006, 11:23

Lieber Last,


Vor allem der Gedanke des Kampfes zwischen dem "Ich" und der "Insel" finde ich stark. Dadurch erinnert Dein lyrisches Ich nicht unbedingt an einen netten Kerl, der gerne der Einsamkeit entfliehen will. Entweder die Insel ist am Ende fertig (gerodet) oder Dein lyr. Ich gibt auf.

Schön auch, dass offen bleibt, wovon das lyr. Ich träumt.


Ich möchte mich Paul anschließen - er hat das einfach wie für meine Eindrücke formuliert. Bild und Thema wieder einmal sehr stark und einander bewegend.

Allein die Setzung erscheint mir etwas zu gewollt, kommt einer Überbetonung gleich, aber da sind wir ja oft verschiedener Meinung. Für mich wäre ausreichend:

Ich habe
einen Baum gefällt

ein Boot gebaut
und ein Feuer entfacht
das nicht erlischt

bis diese Insel oder ich
gerodet sind

Doch das Boot fährt

meine Träume

Was mir gerade auffällt, ist das "sind" grammatikalisch korrekt? (die Insel ist, das ich bin - zusammenfassbar in sind? Ich würde das sind einfach streichen.

Wieder einmal ein starker text, den ich vermissen würde, hätte ich ihn nicht lesen dürfen.
Liebe grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Last

Beitragvon Last » 01.10.2006, 09:38

Hallo zusammen,

habe Änderungen vorgenommen, es heißt jetzt "Allein sein" und Lisas Umstellungen gefallen mir :smile:

Ob das "sind" grammatikalisch korrekt ist, weiß ich selbst nicht. Nur würde weder ist, noch bin (was ja eine Tendenz, eine Vorraussage treffen würde) passen, ebenso gefällt mir an dieser Stelle keine Ellipse (Daran hattest du gedacht, oder habe ich dich falsch verstanden?).

LG
Last

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 01.10.2006, 13:17

hallo last!

schon öfter kam ich an diesem text vorbei - jetzt hilft's nix, ich muss mich wieder auf ein einzelnes wort 'einschießen', bevor ich den text überhaupt 'spüren' kann:

"doch"

warum doch? ich verstehe es nicht - d.h. nicht vom gefühl her. es kommt mir so 'kopflastig' vor - wenn ich den text lese, bin ich in den bildern drin, dann steht da plötzlich 'doch' - ohne unmittelbaren bezug. in dem moment falle ich raus und fühle mich als leser sozusagen 'verraten', dass ich in resonanz gegangen bin und nicht einfach mit dem vertand von außen gelesen habe.

mein gefühl sagt, hier wird mir was erklärt, das ich nicht erklärt haben will. dieser art erklärungen misstraue ich. wenn der text was transportiert - und das tut er für mich - muss es auch so durchkommen.

das "doch" ist eine bewertung, die die beschreibung zerstört.

...oder hab ich was wesentliches übersehen?

liebe grüße
aram


(noch eine anmerkung zum 'sind' - grammatisch ist es inkorrekt, weil die subjekte mit 'oder' verknüpft sind - das verb also im singular stehen müsste. stört mich aber nicht: an dieser bruchstelle klingt für mich an, dass sich das lyr.ich täuscht - es 'in wirklichkeit' keine frage von 'entweder - oder' ist...)
there is a crack in everything, that's how the light gets in
l. cohen


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