mahlzeit

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 30.01.2006, 16:07

ich will nicht
länger traurigkeit essen
stoße auf
druck – überall
problembeladene münder
laden an meinem tisch ab
serviert glaube
an lebenslust


(c) k.m. 2005




schon ein älterer text, an dem ich grad wieder mal arbeite. so bin ich gespannt auf antworten dazu.

lg,
kathrin

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 30.01.2006, 21:57

Hallo,

die Aussage verstehe ich, auch ich kenne das aus vergangenen Zeiten.
Der, der sich die Zeit nimmt und zuhört, hat verloren und wird als kostenloser Psychoanalytiker mißbraucht *g*.

Daher ist die Aussage klar, aber ich komme über eine "Bruchstelle" nicht hinweg: ...münder laden am Tisch ab... danach wird glaube an lebenslust serviert, irgendwie paßt das nicht, weil hier immer noch empfangen wird. Da du aber keine Lust mehr hast, die Traurigkeit, den Problemmüll zu empfangen und ich keinen Anhaltspunkt dafür habe, warum plötzlich "Glaube an Lebenslust" serviert wird, denke ich, an der Stelle muß deutlicher werden, wenn du dir das selbst servierst als Gegenmaßnahme (darum gehts ja, glaube ich).

Vielleicht helfen meine Anmerkungen.
Gruß

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 31.01.2006, 12:37

Hallo claire-Kathrin :grin:

auch mir kommt das Geschilderte sehr bekannt vor und mir gefällt das Thema und auch wie du es umsetzt.

Ich breche allerdings an der gleichen Textstelle ein wie Franktireur.
Ich habe rein grammatisch schon Schwierigkeiten die Zeilen

serviert glaube
an lebenslust


zuzuordnen. Auf wen bezieht sich das Verb serviert? Soll das vielleicht ein Imperativ sein?

Das Servieren würde ich vielleicht zu der Zeile

laden an meinem tisch ab

ziehen, wobei "laden" natürlich viel besser deutlich macht, was du hier meinst...nein, lass laden stehen, entschuldige. Der Himmel weiß warum, aber mir gefällt das "laden" so ungebrochen nicht....laden was an meinem Tisch ab? Inhaltlich ist klar, was sie abladen nur bildlich könnte man hier die Metpaher noch etwas "ausschmücken".....und etwas bestimmtes von den anderen abladen lassen.

Steckt viel drin in deinem Text, bin gespannt auf deine neuen Bearbeitungen,
Lisa

Max

Beitragvon Max » 01.02.2006, 11:51

Liebe Kathrin,

ich kann Lisas Probleme verrstehen ... ich habe es auch mehrfach gelesen und bin nicht sicher, ob ich es richtig verstanden habe. Was mir gefällt, das man (ich denke das ist beabsichtigt), verschiedene Zeile überbinden kann ...

also:

stoße auf druck
überall

oder

laden an meinem tisch abserviert

(oder muss es landen heißen??), aber ich bin bei beiden Schreibweisen nicht sicher, ob ich richtig verstehe ... vielleicht hilft du dem im trüben stochernden Leser ;-)

Liebe Grüße
amx ... ne, Max

claire.delalune

Beitragvon claire.delalune » 11.02.2006, 13:55

sorry, daß ich heute erst antworte - ich war eine weile nicht hier.
danke für eure auseinandersetzungen mit dem text.

eure gedanken kann ich nachvollziehen. bin aber noch unschlüssig, wie ich da rangehen kann und will.

für mich ist die eine bruchstelle mit dem

serviert glaube
an lebenslust

eine stelle, die ihren doppelten sinn durch die vorherige zeile erhält - ich weiß, das ist schwierig, da es die einzige doppelsinnige stelle in dem text ist, aber ich weiß bisher nicht, wie ich das lösen soll.

...ab
serviert (der) glaube
an lebenslust

ursprünglich stand da wohl mal "... ab/serviert den glauben an lebenslust"

die doppelte bedeutung, die ich darin verpacken wollte: durch dieses ständige abladen von (seelen)müll wird bei dem betroffenen, der das alles schlucken soll, der glaube an die lust am leben weggenommen (eben abserviert). zugleich aber sehnt er sich nach jemandem, der ihm - nach all den negativen erfahrungen, neuen lebensmut/lebenslust serviert.

ich wollte das jedoch nicht doppelt schreiben, darum entstand diese stelle so, wie sie da steht.

es gibt, so sah ich, einige autoren, die solche stellen mit dem "virgil" zu lösen versuchen. doch ich bin darin sehr ungeübt.

eigentlich ist der ganze text verschachtelt:

ich will nicht länger traurigkeit essen
(ich) stoße auf (völlegefühl)
stoße auf druck überall (bedrückung)
überall problembeladene münder (erzählen von problemen)
problembeladene münder laden an meinem tisch ab (sie "kotzen" sich bei mir aus)
an meinem tisch (ist) der glaube an lebenslust abserviert
(bitte) serviert mir wieder den glauben an lebenslust


würde denn die stelle deutlicher, wenn ich es so schreiben würde:


ich will nicht
länger traurigkeit essen
stoße auf / druck – überall
problembeladene münder
laden an meinem tisch
ab / serviert glaube
an lebenslust


eigentlich sollte man ein gedicht nicht so viel erklären müssen und ich mag das an und für sich auch nicht. aber vielleicht hilft es in dem fall, mit eurer hilfe eine lösung für den text zu finden, so daß er verständlich ist und zudem das ausdrück, was ich sagen möchte - ohne daß allzu viel an der struktur geändert wird.
die mag ich nämlich... O:)

lieben gruß,
kathrin

Louisa

Beitragvon Louisa » 11.02.2006, 19:46

Hallo claire,
Ich verstehe eigentlich auch so, was du sagen möchtest. Da ist keine Verbesserung nötig (glaube ich).

Das ist eine bekannte Situation und eine gute Idee von Dir es einmal künstlerisch zu verarbeiten.

Es erinnert mich an eine Anekdote von M. Frisch die in Montauk zu lesen ist, da erzählt er nämlich:

<<...als ich nach Stunden immernoch ihrem Sorgen zuhörte, ging ich in die Küche, holte den Mülleimer, setzte mich wieder zu ihnen und stellte ihn mir auf den Kopf.
"Bitte, sprecht weiter!" sagte ich.>>


-Das war natürlich nicht der genaue Wortlaut, aber ich finde es eine schöne kleine Geschichte.

LG, Louisa


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