wild geworden

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 17.10.2006, 22:59



wild geworden


gestern war es zu kalt
für diese zeit
ein spaziergänger
brach sich das genick
an ihren augen
(woran auch sonst)

„es wird gut gehen
zuviel wald ums wild“

ihr lächen zerbrach
auf der lichtung
die sie durchflutete
Zuletzt geändert von Niko am 04.09.2010, 13:01, insgesamt 3-mal geändert.

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 18.10.2006, 07:45

Hallo NJKahlen

Grandios!
vor allem die erste Strophe.


Aber warum bricht ihr Lächeln (oder Lachen)
auf der Lichtung?


Meinst du wie sich das Licht bricht,
oder bin ich da auf dem Holzweg?
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Louisa

Beitragvon Louisa » 18.10.2006, 12:14

Hallo Niko!

Mir gefällt das auch sehr! Es sind schöne, neue Bilder und Aspekte des Waldes darin! Fast eine richtige Waldfee, habe ich gedacht.

Ich verstehe aber nicht:

"es wird gut gehen"

-Was? Das mit dem Spaziergänger? Ich dachte, wenn das Genick erstmal gebrochen ist geht nichts mehr...mm...

Und an sich ist die folgende Zeile eine gute Aliteration, aber ihr Sinn erschließt sich mir auch nicht ganz... Wieso zu viel Wald? Da würde ich gerne eine Begründung innerhalb des Textes lesen...

Das Ende finde ich wieder ganz schön, obwohl das Wort "zerbrechen" auch wieder einige Rätsel in mir hervor rief... Man hätte das vielleicht noch mehr ausschmücken können... Das Lächeln kann sich ja in dieser Lichtung ausbreiten... Obgleich ich nicht das Wort "zerbrechen" nehmen würde, weil ich mir dabei vorstelle die Frau sei aus Glas...

(Was ja an sich auch ein gutes Bild wäre, aber es müsste dann auch (wie ich finde) im Gedicht näher erläutert werden, sodass ich das Bild verstehe).

Das hat sich jetzt vielleicht ein bisschen kritisch angehört, aber eigentlich finde ich das Gedicht sehr gut und schön! Ich verstehe nur oftmals nicht, was Du zeigen möchtest.

Aber es ist voll von guten Ideen!

Liebe Grüße,
l.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 18.10.2006, 12:37

Hallo niko,
ja - obwohl ich es noch nicht verstanden habe, gefällt es mir auch....allerdings scheint mir ein Bruch in dem Gedicht vorzuliegen?

Die erste Strophe beschäftigt sich sehr mit dem Leid/Schicksal des lyr. Ich, auch wenn von einem Spaziergänger die Rede ist, so scheint mir die Identifizierung sehr hoch zu sein, iemotional im Grunde 1:1.

Das zweite begleitet dann die Dame weiter in ihrem wald. Aufgrund ihres (schönen) Wesens scheint sie in Gefahr zu sein...das lyr. Ich, dass sich der Dame nicht nähern kann, hofft aber zumindest, dass sie nicht entdeckt wird (sie scheint in ihrem wald für die jäger darin wild zu werden) aber nicht nur sie ist wild, auch andere werden wild (in zweiter bedeutung) und auf einer lichtung erliegt sie diesen?...

Für mich etwa insgesamt so: Das lyr. Ich erzählt in dritter Perosn von sich, das ein liebeswertes Wesen trifft, aber nicht "haben" kann, dies aber (wenn auch mit ["fiktiven"-- also körperlich subblimierten] Verletzungen mit Todesfolge) akzeptiert werden...von da an geht das lyr. Ich dann in einen Beobachterstatus über (aus Liebe?) und hofft, das dennoch das Beste für dieses Wesen geschehen mag, dass es nicht etwas zum Opfer fällt, was ebenfalls von seiner Schönheit angezogen wird und sich nimmt, was es nicht kriegen kann...aber genau das passiert?

Ob die dame nun eine Hoffnung oder etwas anderes ideales ist oder eine bestimmte Art Frau weiß ich nicht...überhaupt "etwas" wirr alles, was ich bisher geschrieben habe...aber so hinterlässt mich der text bisher...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 18.10.2006, 13:50

Hallo Niko,

beschreibst du hier ein Reh, dass von einem Spaziergänger bewundert wird, es im Wald sicher ist, dann aber, auf der freien Lichtung, zum Freiwild wird und erschossen wird?
Saludos
Gabriella

Niko

Beitragvon Niko » 18.10.2006, 17:11

hallo ihrs!

... und vielen dank für euer kommentieren. es freut mich, dass euch das gedicht fesselt / fasziniert, obwohl nicht alles eindeutig ist. und jeder hat in seiner interpretation das gefunden, was für ihn schlüssig zu sein scheint. wobei du, lisa, dich deutlich nahe an dem bewegst, was ich empfunden habe beim schreiben. ich sage bewusst empfunden und nicht gedacht, denn dies hier ist mehr ein emotionaler wurf. dennoch ist lyrich nicht ich. ihr kennt das ja. in jedem gedicht ist ein eigenes stück drin. aber in welchem umfang - das ist die variable.

liebe magic: mit dem "reh" liegst du im grunde nicht weit entfernt. ich dachte eher an eine frau, aber den naheliegenden vergleich mit einem reh habe ich beabsichtigt. "erschossen" wird das "reh" nicht. und irgendwie doch. licht ist mir hier eine metapher gewesen. besser gesagt die lichtung, die ich hier wörtlich empfunden habe. als etwas, was sich gelichtet hat. sie öffnet sich und geht daran zugrunde. kommt das nicht so rüber? :blink1: :sad:

Die erste Strophe beschäftigt sich sehr mit dem Leid/Schicksal des lyr. Ich, auch wenn von einem Spaziergänger die Rede ist, so scheint mir die Identifizierung sehr hoch zu sein, iemotional im Grunde 1:1.


der spaziergänger, lisa, kann durchaus eine emptionale bindung haben. 1: 1 weiß ich nicht. ich meinte damit jemanden, der ihren weg quasi streift. vielleicht eine affaire, ONS oder ähnliches, konnte sich ihr nicht mehr entziehen (brach sich das genick an den augen).

die zweite strophe ist gedacht als eine aussage des lyrichs. daher auch die gesonderte position. vielleicht hätte ich anführungszeichen setzen sollen, oder diesen gedanklichen einschub versetzen sollen???
vielleicht würde das zur entwirrung beitragen? was meint ihr?

das erklärt auch dein rätseln, louisa. ich stells hier gleich nochmal ein mit "".
zu dem zerbrechen hab ich ja weiter oben indirekt schon etwas geschrieben, louisa. rein wissenschaftlich zerbricht man nicht an licht. aber licht bricht (sich) von daher auch diese variante. und weil es ein emotionales zerbrechen ist.

das beantwortet vielleicht auch deine frage, zaunkönig. danke auch für dein großes lob!

lieben gruß: Niko



hier nochmal mit ""


wild geworden

gestern war es zu kalt
für diese zeit
ein spaziergänger
brach sich das genick
an ihren augen
(woran auch sonst)

"es wird gut gehen
zuviel wald ums wild"

ihr lächeln zerbrach
auf der lichtung
die sie durchflutete
Zuletzt geändert von Niko am 18.10.2006, 20:24, insgesamt 1-mal geändert.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 18.10.2006, 18:50

Lieber NJ,

ein wunderschönes Gedicht. Vor allem die Zeilen "ein Spaziergänger brach sich das Genick an ihren Augen".

Muss denn nicht in der letzten Zeile "ihr Lächeln" stehen? Wo ist das "l" hin?

Grüße

Paul

Niko

Beitragvon Niko » 18.10.2006, 20:23

oops, paul............anscheinend liest man automatisch "lächeln", auch wenn ein "l" fehlt. war mir echt nicht aufgefallen. vielen dank für den hinweis!!! und den kommentar und das lob und überhaupt.........

lieben gruß: Niko

Max

Beitragvon Max » 18.10.2006, 20:47

Lieber Niko,

von mir nur so viel. Auch wenn ich glaube nicht alles verstandne zu haben, so habe ich es dennoch gerne gelesen.

Liebe Grüße
max

maxl

Beitragvon maxl » 18.10.2006, 21:21

Hallo NJKahlen,

Bin begeistert vom 1. Teil. Du darfst mich nur als Leser sehen, ich probiere noch nicht so lange, Gedichte zu schreiben. Als Leser finde ich, einiges braucht es nicht für dein Gedicht. Ich erlaube mir mal:

wild geworden - die Überschrift täte ich streichen.

gestern war es zu kalt
für diese zeit
ein spaziergänger
brach sich das genick
an ihren augen
(woran auch sonst)

es wird gut gehen
zuviel wald ums wild
- die Zeilen täte ich auch streichen.

ihr lächeln zerbrach
auf der lichtung
die sie durchflutete

Ohne Überschrift und den Zweizeiler ist ein starkes Leseerlebnis.

lg
maxl

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leonie
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Beitragvon leonie » 18.10.2006, 22:59

Lieber Niko,

ohne die anderen Kommentare gelesen zu haben: Herzlichen Glückwunsch zu diesem Gedicht mit seinen außergewöhnlichen Bildern. Mich spricht es sehr an!!!

Liebe Grüße
leonie

Max

Beitragvon Max » 19.10.2006, 20:20

Maxl schrieb:

es wird gut gehen
zuviel wald ums wild - die Zeilen täte ich auch streichen.



Ich nicht, schon die Alliteration macht sie zu einem Hingucker, nur inhaltlich hänge ich da oder steh auf dem Schlauch

Liebe Grüße
max

Antibus

Beitragvon Antibus » 21.10.2006, 14:10

Hallo NJKahlen,

also mir gefällt es so, wie es ist und gerade aus dem Grunde, da es verschiedene Deutungen zulässt. Erklärungen finde ich hier überflüssig.

Liebe Grüße und freu mich auf mehr. Antibus


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