Brackwasser

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Perry

Beitragvon Perry » 24.10.2006, 20:45

Brackwasser

Dort
wo der Fluss das Meer küsst
warte ich auf dich
am Fuße des Dundee Law
wo Zuckerlippen einst
salzige Haut berührten
treiben wir
gefangen im Wirbel
der Wasserströme

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 24.10.2006, 21:16

Hallo Perry

Ein schönes Thema, Verschmelzung oder Verwischung der Gegensätze in einem ansprechenden Bild umgesetzt. Nicht wirklich neu, aber Deine Variante gefällt, und gelernt habe ich auch was. Den Dundee Law mußte ich erstmal ergooglen :-) .

Die Zuckerlippen bereiten mir Kopfschmerzen, da Du wahrscheinlich immer noch den Vergleich mit Süß- und Salzwasser erreichen willst. Nun bringe ich aber Süßwasser, Name hin oder her, nicht mit dem Geschmack von Zucker zusammen. Süße Lippen vielleicht? Klare Lippen? Das ist nicht leicht.

Schönen Abend

Jürgen

Perry

Beitragvon Perry » 24.10.2006, 21:51

Hallo Jürgen,
freut mich, dass dir der erste Aufschlag dieser Erinnerung an eine frühe Liebe gefallen hat. Sicher ist die Bildebene noch nicht hundertprozentig ausgefeilt, aber liegt nicht gerade darin ein gewisser Reiz, denn das Leben bzw. die Liebe ist es meistens auch nicht.
Ich bin für Anregungen immer dankbar.
LG
Perry

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 25.10.2006, 10:16

Lieber Perry,

schön an dem Titel finde ich, dass die negative Erwartungshaltung bei diesem Wort nicht erfüllt wird - man erwartet etwas trauriges, düsteres...vergangenes, etc...und das kommt dann gar nicht!

Komisch - ich weiß nicht, Gurke hat ja Recht mir süß und Zucker, aber mir gefallen die Zuckerlippen einfach...erzeugen keinen Widerstand im Bild...ich mag insgesamt das Bild einfach...es wirkt wie ein kleiner Zauber, eine Wunderkerze...

...allerdings, so schön dieser Zauber ist,...die Magie des Textes verliert zu schnell, wenn man fertig ist...er ist schön, zauberhaft wie gesagt, aber für mich noch nicht "gründlich genug um in meiner Erinneruhng bestand zu haben...er liest sich wie der Höhepunkt einer Geschichte, als Gedicht wirkt es etwas verloren im Drumherum...

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Perry

Beitragvon Perry » 25.10.2006, 12:27

Hallo Lisa,
danke für deine Einschätzung. Die wesentliche Aussage der Zeilen liegt im Spannungsbogen "süß-sauer" der auf der einen Seite die Liebesbeziehung umschreibt und dieses Gefühl als wehmütige Erinnerung auf die Bildebene des sich vermischenden Süß- und Meerwassers überträgt. Einen weiteren Merkpunkt könnte ich nur durch ein zusätzliches Bild zu der Liebesbeziehung setzen. Ich werde mal meine Augen schließen und noch einmal eintauchen in das Flair dieser für mich magischen Zeit.
LG
Manfred

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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 08.11.2006, 22:27

schön an dem Titel finde ich, dass die negative Erwartungshaltung bei diesem Wort nicht erfüllt wird


Hallo Perry,

Ich denke Lisa hat recht, und daß der Zauber so schnell verfliegt, liegt wohl auch daran, daß er im Titel schlecht vorbereitet wird. Was hältst du von "Mündung" als Überschrift?

LG: ZaunköniG
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck

Perry

Beitragvon Perry » 09.11.2006, 10:41

Hallo ZaunköniG,
da sprichst du einen wichtigen Punkt an, wie muss ein Gedicht sein, damit es nachwirkt?. Für mich kann ein Gedicht nur nachwirken, wenn Leser Identifikationspunkte darin finden oder es beim ersten Lesen nicht gleich durchschauen können. Da ich nicht viel von "Rätselgedichten" halte, kann also bei meinen Gedichten nur das beschriebene Bild und die damit übertragene Aussage eine solche Bindung hervorrufen.
Der vorgeschlagene Titel "Mündung" wirkt hier eher rätselhaft, während Brackwasser in seiner Doppelbedeutung als Süß-Salzwassergemisch und dunkles Altwasser hier die Spur zur nachfolgenden Aussage legt. Erst die süß-sauere Liebesbeziehung und dann das Gefangensein im Wasser.
Den Aspekt der dunklen Seite des Brackwassers habe ich in einer neueren Version übrigens noch stärker herausgearbeit:

Brackwasser

Dort
wo der Fluss
das Meer küsst
warte ich
am Fuße des Dundee Law
wo deine Lippen
einst Süße
auf die Salzhaut
meiner Wangen hauchten
treibe ich
gefangen im Wirbel
dunkler Wasser

Danke und LG
Manfred


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