farbleere

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Niko

Beitragvon Niko » 30.10.2006, 01:06

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Zuletzt geändert von Niko am 16.11.2007, 05:37, insgesamt 1-mal geändert.

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noel
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Beitragvon noel » 30.10.2006, 17:33

ich sende dir ein rot mit fuchs
dem boten, damit du die
farben im tag kannst loten & lotsen
& biegen zu vielerbunt
NOEL = Eine Dosis knapp unterhalb der Toxizität, ohne erkennbare Nebenwirkung (NOEL - no observable effect level).

Wir sind alle Meister/innen der Selektion und der konstruktiven Hoffnung, die man allgemein die WAHRHEIT nennt ©noel

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 31.10.2006, 12:32

Lieber Niko,
den Text entschlüsseln zu wollen, wird wohl nicht gelingen und soll es auch gar nicht...bleiben die Assoziationswanderschuhe....ich gebe mal meine her:

Den Anfang find ich toll!:
es traben die pferde
karmesin in
mein hirn


Karmesin, mir als roter Farton (war im Tuschkasten früher) bekannt, erinnert an Blut (pocherndes Blut? Kopfschmerzen?)..auch an vergebliches, da, ich habs nicht nachgegcukt und erzähle hoffentlich nicht Falsches (ok, hab nachgguckt, stimmt) Läuse dafür zerquetscht werden - erinnert mich <----(verrückt ;-)) an "Flausen im Kopf"...also wa,s aus dem nichts wird, unsinnige Gedanken...Ideen...aus denen nichts wird...
Erinnert mich auch an Träume, die wie ein Gemisch der Bilder von Franz Marcs roten pferden und seinen blauen pferden sind - aber mit unheimlichen Wirkungen zu Teilen...

Insgesamt drückt die Strophe aus: Ich lebe (unter Schmerzen eventuell @ traben), das Hirn funktioniert, der Körper läuft

wozu
bleibt der tag
doch der Tag ist nicht nutzbar...


nicht trunken
so fließt
die Überleitung find ich überladen und "aus dem Bild", obwohl sie so sehr in der Sprache des Textes zu sein scheint - würde ich streichen und Rest absetzen und Anschluss etwas anders setzen.


aus meinem hirn
karmesin
in diese
blaue blesse


Für mich eine schöne "Wendung", die den Mittelteil nicht braucht. Blesse am Ende ist ein Wortspiel mit "Blässe" der Pferde, das mit e geschrieben an Blessur erinnern soll?

Insgesamt für mich: Der Tag als Pferde, die die Träume beinhalten, (ohen die pferde gäbe es das Ich nicht, da sie ihn zu Leben traben) die jedoch nicht verwirklicht werden können. Übrig bleibt das verwundete Ich.

Mein Vorschlag:
farbleere

es traben die pferde
karmesin in
mein hirn

wozu
bleibt der tag

aus meinem hirn
fließt karmesin
in die blaue blesse



Die Bilder, die ich meine sind dir hier: Ich meine mit Gemisch: einfach die blauen pferde so denken, wie sie sind mit der farbe der roten pferde und der Blässe...

Bild

Bild

Quelle Link: Poster.de

Wie schreibst du immer am Ende deiner Gedanken zu anderen Gedichten - bestimmt liege ich total falsch - nunja, das denke ich nun auch von mir :mrgreen:...mir hat dieses Eintauchen trotzdem gefallen.

Liebe Grüße,
Lisa

PS. rot - blau Konstrast dabei natürlich auch klar unf gelungen für mich obwohl klassische gegenüberstellung
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

maxl

Beitragvon maxl » 31.10.2006, 14:39

Hallo Niko,

Ich hatte sofort Franz Marcs Pferde vor Augen.

mein hirn
wozu
bleibt der tag
nicht trunken
so fließt
aus meinem hirn
karmesin


Sind vermutlich Absicht, diese Wiederholungen?

Ich finde Lisas Vorschlag sehr passend. Das Bild formt sich für mich dadurch besser und die Wiederholungen sind stimmig geworden.

lg
maxl

Niko

Beitragvon Niko » 31.10.2006, 20:32

ich muss noch übereure kommentare nachdenken. danker erstmal. bin gad im moment zurück vom arbeiten. nur soviel: ich liebe die bilder von franz marc. besonders ein bild, ich glaube es heißt sogar "im pferdestall" wo man pferde (un)deutlich sieht. ich habs in bonn in der guggenheim-ausstellung gesehen. es ist faszinierend.

also: ich melde mich in bälde.

ach so, lisa: blesse heit die stirnzeichnung bei den pferden. dann gibt es die blässe, die nichts anderes als ein subjektiv von blass ist. ich denke, blesshühner werden auch wegen dieser zeichnung so genannt.

enstweilige grüße: Niko, erschöpft.........werd mir jetzt mit nem kaffe die marc-bilder angucken. danke dafür, lisa!!!

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 02.11.2006, 18:45

Lieber Niko,

stimmt, auch die pferdeblesse schriebt man mit eh - ach, was solls, mich erinnert es trotzdem an Blessur, weil für mich das Ich eine Verwundung erfährt und es im Kontrast zum Karmesin steht.

Ich wäre auf eine Überarbeitung/Besprechung sehr gespannt!

Liebe grüße,
Lisa

Du hattest aber nicht wirklich Marcs Pferde vor Augen?
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 02.11.2006, 19:20

Du hattest aber nicht wirklich Marcs Pferde vor Augen?
weiß man das immer so genau? speziell dieses gedicht ist völlig aus dem bauch heraus entstanden. ich habe nicht wirklich nachgedacht. aber dennoch kann es durchaus sein, dass ich die pferde von marc im hinterkopf hatte, denn die haben mich total beeindruckt (auch die bilder von kühen übrigens) - aber nu:

tja, liebe noel...-mit dem vielerbunt hapert es oft genug. :blink2:
danke für deine worte.

ja, lisa: rot und blau die klassischen gegenüberstellungen. allerdings sind sie manchmal unentbehrlich
....bleiben die Assoziationswanderschuhe
das ist bei einem solchen text auch vonnöten. rein sachlich kann man den text nicht greifen, denk ich mal...

karmesin hast du gut gegoogelt. is scho recht so, wie du´s schreibst. was ich auch wollte im mittelteil ist zeilenübergreifendes zu schaffen, wodurch sich dann zusätzliche lesarten ergäben. zb:

wozu
wozu bleibt der tag
wozu bleibt der tag nicht trunken


Insgesamt für mich: Der Tag als Pferde, die die Träume beinhalten, (ohen die pferde gäbe es das Ich nicht, da sie ihn zu Leben traben) die jedoch nicht verwirklicht werden können. Übrig bleibt das verwundete Ich.


könnte gut passen, lisa. wie gesagt: es ist völlig aus dem bauch, ohne großes überlegen. ich mach das ab und an und finde das sehr spannend.

lieben gruß an alle: Niko

Mucki
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Beitragvon Mucki » 02.11.2006, 22:28

Hallo Niko,

als ich den Text las, fühlte ich mich darin wieder. Ich kann dir nicht sagen warum, es war gleich dieses Gefühl da: Ja, genau! Auch hat es gar nichts mit Pferden zu tun. (Ich liebe Franz Marc, kommt direkt hinter Marc Chagall;-), aber wie gesagt, ich dachte nicht an Pferde.
Es sprach mich sofort an, ich las es so:

In meinem Kopf dröhnt und hämmert es. Warum kann der Tag nicht so schön verschleiert/benebelt bleiben, statt brutal klar zu werden? So bin ich gezwungen, mich der Realität zu stellen. Den Titel "Farbleere" deutete ich zweifach, einmal: nein, ich will keine Farben sehen, ich will nur diesen wunderbaren, benebelten, farblosen, mich nicht fordernden Zustand erleben, eben keine Farben. Und zum Zweiten, dass die eben doch stattfindende Konfrontation mit dem Tag/den Farben, nur Leere bringt und sonst gar nichts.
Saludos
Gabriella

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Beitragvon Lisa » 03.11.2006, 09:42

Lieber Niko,

ey - ich habe karmesin nicht gegoogelt, wie gesagt, mir bekannt aus dem Tuschkasten als eine Farbe, die gleich nach Schwarz immer als erstes leer ging! Und das mit den Läusen war nur Kontrolle! :confused2:

Magic: ich glaube, wir verstehen das Gedicht eigentlich gleich - ich habe nur auf Bildebene erläutert, du frei davon.

und nochmal niko:

ja, das mit dem zeilenübergreifenden habe ich wohl gesehen - aber ich find das nicht so gelungen, allein sprachlich schon bricht es für mich der text durch "trunken" ein - daher empfände ich eine Überarbeitung ins Schlichte für den text durchaus als stärkend.
Aber wie gesagt: Ich mag den text sehr!

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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