Gott und Ich

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Kansas

Beitragvon Kansas » 14.01.2007, 14:35

Gott und Ich

Nie waren wir uns näher,
als an dem Tag,
an dem ich Dich verleugnete
und Du dies ignoriertest.

Niko

Beitragvon Niko » 14.01.2007, 15:00

das gefällt mir total gut, kansas.

und "herzlich willkommen!" hier im salon!

ein gelungener einstieg, der mich sehr neugierig auf weiteres von dir macht. "dich" und "du" schreibt "man" normalerweise laut neuer rechtschreibung klein. aber ich finde, im bezug auf gott hat es eine berechtigung.

lieben gruß: Niko

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.01.2007, 15:04

Lieber Kansas,

willkommen hier erstmal :-).

Der Text beinhaltet einen ironisch, witzig schwingenden Gedanken, den ich durchaus gerne gelesen habe (ohne ihn zugleich weltbewegend zu finden).

Die Spanne der Nähe bewegt sich zwischen verleugnen (was ja durchaus die Existenz nicht ausschließt) und dem Ignorieren (keine Konsequenzen zu ziehen lässt die göttliche Wirkkraft weiter wirken), was serh wenig scheint, aber zugleich das größtmögliche, da ist wohl was dran. Daran kann man durchaus eine Menge an Gedanken anschließen, besonders interessant finde ich die, die in Richtung Gottesbild gehen, denn ein ignorierender Gott hat zum Beispiel gegenüber klassischen Göttern, die wohl eher zornig würden, duchaus nicht zu unterschätzende Vorteile ;-).

Insgesamt sehe ich den Text aber nicht als Gedicht (ohne damit sagen zu wollen, dass der Text gut oder schlecht ist!), der Text ist mir mir dafür zu nah am Gedanken dafür. Heute scheint ein "das-ist-ein-Aphorismus-vorschlagtag" zu sein - ich könnte den text, mir anders gesetzt, als Aphorismus gut vorstellen.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Niko

Beitragvon Niko » 14.01.2007, 15:09

"anders gesetzt" würde aber auch bedeuten, es verallgemeinern zu müssen, um es als aphorismus "durchgehen" zu lassen. oder? und da stellt sich mir dann die frage, ob man einen verallgemeinernden gott-aphorismus überhaupt schreiben kann???

lieben gruß: Niko

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 14.01.2007, 15:17

Lieber Niko,
es gibt ganz viele Aphorismen die das Thema Gott&Ich haben. (Das belegt natürlich noch nicht deine Frage, sie können ja alle ungültig sein ;-)). Aber generell ist ein Aphorismus gerade nicht unbebrochen zu verallgemeinern, sondern zutiefst subjektiv. Er hat aber den Anspruch trotz subjektiven (zum Teil polemischen) Charakter als so wahr vom Leser begriffen zu werden, dass er als allgemeingültig scheint. IN dieser Hinsicht ist es in meinen Augen nicht so einfach mit dem Aphorismus, das ist sozsuagen der Knachkpunkt. Daher fänd ich das bei diesem Text serh stimmig.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 14.01.2007, 17:00

Lieber Kansas,

auch von mir ein "Willkommen" im Salon.

Den Grundgedanken dieses Vierzeilers finde ich sehr witzig. Allerdings bin ich nicht sicher, ob "verleugnen" das richtige Wort ist. Wenn das lyr. Ich Gott verleugnet, so bedeutet das doch, dass es eigentlich glaubt, Gott exisitiert. Diese seltsame Form von Unglauben kenne ich seltener. Wie wäre "als ich Dir abschwor" oder etwas derartiges?

Liebe Grüße
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.01.2007, 18:48

Hallo Kansas,

willkommen in unserer Runde:)

Verleugnet man Gott, so kann man ihm schwerlich nah sein. Auch würde ich versuchen,"ignoriertest" durch ein anderes Wort zu ersetzen, ist ein ziemlicher Zungenbrecher.
Die Idee gefällt mir jedoch gut.
Saludos
Magic

Max

Beitragvon Max » 14.01.2007, 19:13

Liebe Magic,

Du schreibst:

Verleugnet man Gott, so kann man ihm schwerlich nah sein


Ich glaube, das ist nicht gar nicht ganz der Punkt. Die Nähe besteht in der Ähnlichkeit der Bewegung. Dennoch bin auch ich nicht für Verleugnen, siehe mein letztes Posting.

Liebe Grüße
max

Herby

Beitragvon Herby » 14.01.2007, 22:42

Hallo Kansas,

sei willkommen hier im Salon! Mir geht's wie Niko, ich finde Deinen Text lesens- und nachdenkenswert und bin gespannt auf Weiteres aus Deiner Feder bzw. Taste.

Mir ging beim Lesen Deines Textes die Frage durch den Kopf, ob die angesprochene Nähe nicht das Ergebnis des Ignorierens sein kann, also das lyrIch fühlte sich Gott nie näher, nachdem (weil?) dieser die Verleugnung ignorierte.

Grübelnde Grüße
Herby

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.01.2007, 01:34

genau so habe ich die Zeilen auch verstanden, Herby. So steht es ja da.
Mein Problem war lediglich das Verleugnen des LIs. Sinn macht der Text nur, wenn das LI vorher an Gott geglaubt hat. Vielleicht muss/soll man das auch aus den Zeilen von Kansas herauslesen.
Saludos
Magic
P.S. Kennst du inzwischen sehr bekannte Geschichte, ich bekomme sie nicht mehr genau zusammen. Sie geht in etwa so. Ein Mensch beklagt sich bei Gott, dass Gott ihn in Stich gelassen habe. Gott sagt dem Menschen: Siehst du die beiden Fußspuren dort auf dem Sand? Ich ging immer neben dir her. Der Mann klagt: Ja, und siehst du, wo nur noch eine Spur zu sehen sind? Dort hast du mich verlassen. Und Gott sagt: Nein, da habe ich dich getragen.

Herby

Beitragvon Herby » 15.01.2007, 11:00

Liebe Gabriella,

ja, ich kenne den Text und schätze ihn sehr. Ich hab ihn mir eben mal wieder hervor geholt und sende ihn Dir per PN zu.

Warum fragst Du gerade nach diesem Text? In ihm geht es zwar auch um Gottesnähe bzw. -ferne, aber doch nicht um Verleugnung.

Liebe Grüße
Herby

Klara
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Beitragvon Klara » 15.01.2007, 13:12

Hallo,

ein altbekannter Gedanke, hübsch neu aufbereitet. Man könnte die enthaltene Logik inhaltlich auch auf anderes als auf Gott anwenden (die Natur, einen bestimmten Menschen, die eigene Vergangenheit, Papa oder Mama...)

Für mein Gefühl ist das übrigens kein Gedicht (obwohl das ja in moderner Zeit das Gedicht sozusagen selbst bestimmt ,-)), sondern Teil eines inneren Monologs, oder eines Briefes an Gott - Teil eines Prosatextes, dessen Rest noch nicht geschrieben ist. Für mich ist das ein Satz, der das provokante Versprechen am Titel letztlich nicht hält - das macht aber nix.

lg
klara

Mucki
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Beitragvon Mucki » 15.01.2007, 13:21

ja, ich kenne den Text und schätze ihn sehr. Ich hab ihn mir eben mal wieder hervor geholt und sende ihn Dir per PN zu.


Danke dir, Herby. Ja, sie ist immer wieder schön.

Warum fragst Du gerade nach diesem Text? In ihm geht es zwar auch um Gottesnähe bzw. -ferne, aber doch nicht um Verleugnung.


Diese Geschichte fiel mir einfach spontan ein. Stimmt, dort geht es nicht um Verleugnung, sondern um Anzweifeln.
Saludos
Magic

Max

Beitragvon Max » 15.01.2007, 16:15

Liebe Magic,

du schreibst:
Stimmt, dort geht es nicht um Verleugnung, sondern um Anzweifeln.



Wenn ich den Vierzeiler oben richtig lesen, sollte es eigentlich auch dort um anzweifeln gehen, also insofern eine sehr passende Geschichte.

Liebe Grüße
max


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