Selbstkontroll-Zwang

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MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 18.06.2007, 12:00

Selbstkontroll-Zwang

Meine Gartenzwergin
mag keine Sonnenbäder mehr nehmen
Tornadogefahr

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 19.06.2007, 09:26

Liebe Marlene,

ich bin zu dumm für diesen Text! Ich verstehe die Überschrift nicht? Ansonsten (aber das ist relativ bedeutungslos noch, weil ich den Gedanken ja noch nicht fertig empfunden habe) finde ich die Kombination von Ängsten, Gartenzwerginnen und Tornados sehr gelungen.

(Bezieht sich der Selbstkontroll-zwnag auf einen Menschne? @Nicht rausstellen)

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 19.06.2007, 13:28

Hallo Lisa,

Der Selbstkontroll-Zwang bezieht sich nicht auf einen einzelnen Menschen, sondern auf unsere Gesellschaft. Seit über Heiligendamm die Tornados mit hochauflösenden Kameras kreisten, fühlt sich auch so manch Extrabraver nicht mehr wohl in seiner Haut. Es wird mitgehört, mitgelesen, mitgeguckt.

Liebe Grüße
Marlene

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 19.06.2007, 13:57

Hallo Marlene,

mein Zwerchfell hat nach der letzten Zeile spontan gut gezuckt (ich meine das als Kompliment, hoffentlich ist das Gedicht nicht gegenteilig gemeint).

Allerdings dachte ich nicht an Kampfflugzeuge, sondern an Wirbelstürme. Da ist jemand, der bei wolkenlosem Wetter fürchtet, der Himmel würde ihm auf den Kopf fallen. Großer Kontrast furztrocken und knapp aufgesagt. Sowas finde ich witzig. Der Titel ist trotzdem nicht allzu weit von meiner Interpretation entfernt, weil Selbst Kontrolle ist auch Kontrolle; wer viel Angst hat, will viel kontrollieren.

Cheers

Pjotr

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 20.06.2007, 10:32

Hallo Pjotr,

danke für deine Zeilen. Ja, auf den ersten Blick denkt man da wirklich ans Sonnenbaden, erst beim zweiten Hingucken sieht die Welt anders aus. Freue mich, dass dir das Gedicht so gut gefallen hat. Lachen ist wichtig, besonders dann.

Die Sache mit der Selbst-Kontrolle gibt mir ein wenig zu denken. Kann denn jemand, der viel kontrolliert, auch eine entsprechend große Kontrolle erhalten - über den anderen?

Liebe Grüße
Marlene

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 20.06.2007, 11:36

Hallo Marlene,

wie meinst Du Deine letzte Frage? Ich denke, es kommt auf die Qualität seiner Kontrolle an, ob der Kontrolleur erhält, was er möchte. -- In Bereichen, wo keine Kontrolle möglich ist, ist jeder Kontrollversuch wohl nur ein vergeblicher Versuch, die Angst vor dem Unbekannten zu bekämpfen. Da versuchen es manche dann über Kristallkugeln, Handlesen, Physiognomik, Astrologie etc. (und es bleibt damit auch wieder nur geglaubte, aber keine wahre Kontrolle). Meine Meinung.


Ahoi

Pjotr

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Beitragvon Pjotr » 20.06.2007, 11:46

P.S.: Möchtest Du speziell die "Selbst"-Kontrolle thematisieren, oder Kontrolle allgemein? Ich denke, die Kontrolle über sich selbst ist eine von unendlich vielen Zielen eines Kontrolleurs. Vermutlich ist ein Mensch mit Hang zur Kontrolle an all denjenigen Kontrollen interessiert, die mit ihm irgendwie zusammenhängen, also auch an dem Kontrollieren anderer Menschen.


P.P.S.: Kleine Spaß-Variante am Rand:

Meine Gartenzwergin
mag keine Sonnenbäder mehr nehmen
GoogleEarth

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 21.06.2007, 09:25

Hallo Pjotr,

danke für die kleine Variante, einfach Spitze, das kann man sich richtig bildlich vorstellen.

Selbst-Kontrolle ist für mich kein primäres Ziel, kein Selbstzweck, sondern manches liebe Mal einfach nur Notwendigkeit, wenn man Ärger vermeiden will. Vorauseilender Gehorsam, wenn man so will. Das kann den Einzelnen zu einem völligen Rückzug ins Private zwingen. Da muss man aufpassen, dass man nicht selbst das aufgibt, was andere einem nehmen wollen.

Liebe Grüße
Marlene

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 21.06.2007, 12:31

Hallo Marlene,

ach so, Du verstehst "Selbst-Kontrolle" eher als "Dach über dem Kopf", "Kontrolle über das Schutzdach" ... also eine Zwiebelschale weiter außerhalb des Ichs ...

Salute

Pjotr

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 24.06.2007, 12:37

hallo marlene, abstrus reizvolle konstruktion. aber was hat das mit dem titel "selbstkontroll-zwang" zu tun?
(auch die kommentare brachten mich nicht weiter.)

gruß
chiqu.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 25.06.2007, 11:39

Hallo Pjotr,
Hallo Chiquita,

danke für eure Rückmeldungen.

@ Pjotr: Das ist noch die beste Beschreibung, die man geben könnte.

@ Chiquita: Der Kontrollzwang anderer, wie z. B. Staat, Gesellschaft, Familie, einfach derjenigen, die Macht über einen haben - oder das zumindest erreichen wollen - kann den Einzelnen zwingen, sich permanent zu beobachten und das eigene Verhalten zu korrigieren bzw. anzupassen: ein Sonnenbad nehmen, wenn der Nachbar glotzt; zu einer friedlichen Demo gehen, wenn Big Brother dabei ist, usw. Hinzu kommt auch noch die Überlegung, was wird sein, wenn ... man mich bei der Demo filmt, ich meinen Wagen am Straßenrand wasche, ich oben ohne mich im Garten sonne.

Liebe Grüße
Marlene

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 25.06.2007, 11:59

danke marlene, jetzt glaube ich dein gedicht zu verstehen. man muß aber aufpassen, daß man nicht einem überwachungswahn verfällt. ich gebe dir recht, daß in unserer gesellschaft viel zu viel kontrolliert und reglementiert wird. es ist nicht einfach gegen den daraus entstehen "selbstkontrollzwang" anzukämpfen.

wir leben in der diktatur des kapitals, freiheit muß man sich wie andere güter kaufen. jedenfalls wird das erkaufte als freiheit propagiert. doch wie bei der sucht ist es eine trügerische, kurzweilige und menschenverachtende freiheit.

jetzt, wo ich dein gedicht verstehe, regt es mich zum nachdenken an ...

lieben gruß
chiqu.

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 27.06.2007, 11:05

Hallo Chiquita,

danke für deine nochmalige Rückmeldung. Mit dem Seltbstkontrollzwang hast du mehr als recht. Vielleicht sollte man sich das eine oder andere Mal etwas nicht Kontrolliertes leisten? :lupe:

Liebe Grüße
Marlene

Chiquita

Beitragvon Chiquita » 27.06.2007, 12:46

zb.?
nackt mit einem gartenzwerg unter dem arm durch die fußgängerpassage laufen?

kontrolliert sind wir ja nicht nur über gesellschaftliche normen und instanzen sondern in letzter konsequenz durch unseren selbsterhaltungstrieb, durch fundamentale bedürfnisse wie hunger, durst, liebe, geborgenheit, bewegung. die selbstkontrolle, auch disziplin, macht, daß wir jeden tag aufstehen und uns wenigstens um die grundlegenden dinge in unserem leben kümmern.
ansonstgen würden wir verwahrlosen, irre werden und irgendwann verhungern (wasser kommt ja bei uns immer noch aus dem wasserhahn).

jeder mensch muß für sich herausfinden, wie viel kontrolle er braucht, wie viel kontrolle ihm gut tut. als kreativer mensch brauche ich viel unkontrollierten freiraum zum träumen, zum davonschweben in gedankenräume. manchen menschen wäre das schon zu viel - sie würden allein mit ihren gedanken und gefühlen verrückt werden - denn in einem stecken ja auch viel ängste und unsicherheiten. deswegen kontrollieren sich die meisten menschen und lassen sich kontrollieren, weil ihnen das einen halt im leben gibt. die religionen zb. üben auch nichts anderes als kontrolle auf den menschen aus.

vielleicht reicht es schon, wenn man sich das alles mal bewußt macht (- ohne in depressionen zu fallen.)

gruß
chiqu.


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