(ab)gesicherte Erkenntnis

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 29.09.2007, 11:58

 


(ab)gesicherte Erkenntnis

was ist
wertvoll
an sich
sind vor/ein-stellungen nicht
zu (ver)gleichen
ansichten kommen
und gehen
wir bleiben begrenzt
auf die menschliche
auf- und einfassung
ich bin frei_
lich(t)schein
im univers(alen)um_
fragen beantwortend



eine Klammer bei vor(ein)stellungen ersetzt
 
Zuletzt geändert von Ylvi am 01.10.2007, 09:37, insgesamt 1-mal geändert.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 29.09.2007, 23:15

Hallo smile!

Das finde ich zu lang für ein Kurzgedicht und durch die Unsicherheit mit den Klammern sowieso.

Ein Kurzgedicht sollte sich meiner Meinung nach um einen Punkt drehen, der auch weit sein kann und dem Leser Möglichkeiten bietet.
Hier habe ich den den Eindruck deine Möglichkeiten aufgehalst zu bekommen, also deine eigene Unsicherheit, in deren Rahmen ich dann was suchen darf.
Das ist nicht kurz, sondern anstrengende Arbeit, die keine Aussicht auf Erfolg hat.
Du solltest schon wissen, was du vorlegen willst.

Moshe

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 30.09.2007, 20:21

Hallo Moshe,

deinen Kommentar finde ich interessant. Auf der einen Seite sprichst du davon, Möglichkeiten aufgehalst zu bekommen, auf der anderen Seite, bemängelst du eine klare Aussage des Gedichtes (der Autorin).
Weder die Klammern, noch ich wollen eine Unsicherheit vermitteln. Das Gedicht spricht jedoch denke ich von einer Unsicherheit, in sofern gefällt mir deine Antwort.
Der Titel ist vielleicht ein Hinweis auf diese grundsätzliche Schwierigkeit. Was ist gesichtert? Kann man sich absichern? Sind Worte, Satzzeichen, Formulierungen, Gedanken, Erkenntnisse sicher? Kann sich nicht alles wenden, verkehren, neu zusammensetzten. Was uns sicher erscheint, kann durch das nächste Wort, die nächste Zeile, den nächsten Gedanken, oder auch nur durch hinzugefügte Buchstaben oder Satzzeichen einen neuen Sinn ergeben. Wo finden wir uns da? Wo findet man Sicherheit?
Ich denke das Gedicht fragt. Und das gebe ich zu kann für den Leser anstrengend sein. Ob es Aussicht auf Erfolg hat, liegt vielleicht am Leser selbst?

danke für deine Rückmeldung
smile

Klara
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Beitragvon Klara » 30.09.2007, 20:25

Hallo smile,

mir geht es ähnlich wie moshe, wenn auch aus wahrscheinlich nicht genau denselben Gründen.

Diese Spielchen mit Klammern nerven mich grundsätzlich - bei Ladennamen, Titeln etc. Das wirkt so demonstrativ unentschieden UND demonstrativ ambivalent-wissend, weißt du ,-)

Also las ich auch zunächst sozusagen mit spitzen Fingern.

Im Zusammenhang deines Textes haben die Klammern und Doppeldeutigkeiten ihren Sinn. Ich mag den Text immer noch nicht, immer noch macht er mich ärgerlich, aber ich kann ihm eine Stimmigkeit und Durchdachtheit nicht absprechen. Die Klammer(n) und Unentschiedenheit(en) machen sich quasi - ostinato sozusagen - selbst zum Thema. Schade nur,d ass sie sich nicht auch selbst abschaffen (die Klammern und die Unentschiedenheit).

Nächstes Mal vielleicht ,-)

Klara

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 30.09.2007, 20:42

Hallo smile,

das Schwierige an Deinem Text ist vielleicht, daß man diesen unterschiedlich lesen kann, und dadurch unsicher wird, auf was man jetzt eingehen will oder kann. Zudem ist man sich unsicher darüber ist, welche Lesart die Autorin bevorzugt.

Beispiel:

was ist

wertvoll

an sich

sind vor(ein)stellungen nicht

zu (ver)gleichen

ansichten kommen

und gehen


Ich lese diese Zeilen in zwei verschiedenen Varianten:

A)
"Was ist
wertvoll"

Als Frage, und dann ein Pause.

Dann weiter mit als Aussage:

"an sich

sind vor(ein)stellungen nicht

zu (ver)gleichen "

Dieses nicht als Frage, sondern als Feststellung.

Dann weiter mit der Feststellung:

"ansichten kommen

und gehen"


Oder Variante B:

"Was ist
wertvoll
an sich"

Als Frage, und dann Pause.

Dann:

"sind vor(ein)stellungen nicht

zu (ver)gleichen

(im Gedanken mitlesend: denn,

"ansichten kommen

und gehen".

Hierbei schwanke ich dann, es als Feststellung oder als Frage zu lesen.

Je nach Lesart ergibt es für mich einen unterschiedlichen Sinn, und es stellen sich mir andere Fragen.

Insofern ist Deine Intention durch Deine Zeilen ziemlich gut getroffen. Der Text ist raffiniert geschrieben, eben weil er verschiedene Lesarten, die inhaltlich auch noch verschiedenen sind, ermöglicht. Was wohl auch daher kommt, daß keine Kommata verwendet werden, die einen Leser etwas führen könnten. Wenn ich noch länger darüber nachdenken würde, könnte es sein, daß wieder ein neuer Sinn entsteht.

Nur ist es dadurch etwas schwer, konkret auf etwas einzugehen. Zumal wahrscheinlich andere Leser den Text wiederrum anders lesen werden. Dies könnte dazu führen, daß eine gemeinsame Basis zur inhaltlichen Diskussion fehlt. Also kein gemeinsamer Nenner zustande kommt, womit man denn nun anfängt. Mit den Fragen, die jemand herausliest, oder mit den Aussagen/Feststellungen, die jemand herausliest?

Der Text ist vielleicht zu vielfältig in der Interpretation.

viele Grüße
Sethe

Edit: Mir ist gerade noch eine andere Lesart in den Sinn gekommen, durch ein Spiel des nichtlesen und wegdenkens der Klammern, bzw. bei den Klammernteilen eine andere Gewichtung zu erzeugen.
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Max

Beitragvon Max » 30.09.2007, 21:07

Liebe Smile,

auch ich finde die Klammern problematisch, denn gelegentlich ergibt sich ein Sinn (wenn auch oft gar kein anderer), wenn man die Klammern weglässt, gelegentlich auch nicht ...
Zudem erschweren sie es für mich, den tieferen (philosophischen) Sinn des Gedichts zu erkennen, die ich mir eigentlich nach dem Untertitel gewünscht hatte.

Liebe Grüße
Max

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 30.09.2007, 22:28

Hallo,

vom ersten spontanen Anblick an sah ich diesen Text nie als Einzelsilbenklammerzeichenliebelei, sondern als Einzelsilbenklammerzeichenverhohnepiepelung. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Poetin so viele Einzelsilbenklammern als seriös empfindet. Witz ist hier Absicht, nicht Unfall. Meine ich.


Cheers

Pjotr

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 30.09.2007, 22:39

Hallo Smile!

Der Text als solches gefällt mir ganz gut und ich kann auch die Implikationen erkennen und verstehen.

Jedoch würde ich ihn gern aus der Umklammerung 'Kurzgedicht' lösen.
Da ist zu viel drinn. Das ist mein Anliegen hier primär.

Mit dem fehlenden Erfolg meine ich diesen Punkt.
Nicht den Text als solches.
Ich würde ihn gern im passemden Rahmen diskutieren.

Moshe

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 01.10.2007, 09:33

Hallo Klara,

Ich mag den Text immer noch nicht, immer noch macht er mich ärgerlich, aber ich kann ihm eine Stimmigkeit und Durchdachtheit nicht absprechen.

Das ist fein, da meine sonstigen Gedichte wohl eher nicht geeignet sind zu verärgern. (Ich mag es auch nicht. Zumindest nicht aus sprachlich/ poetischer Sicht :cheeky-smiley-012: )


Hallo Sethe,

ja, der Text lässt viele Leseweisen zu und erzeugt hierdurch bewußt eine Unsicherheit.
Zudem ist man sich unsicher darüber ist, welche Lesart die Autorin bevorzugt.

Das ist eine sehr grundsätzliche Frage, ist das denn für einen Text entscheidend? Oder für die Besprechung?
Bei diesem Text geht es ja um die Ungesichertheit der Aussagen, meine Leseart wäre die, dass der Text den Leser fragt, und vielleicht verunsichert, wie sicher er denn selbst ist, bezüglich der von ihm bevorzugten Leseart und seiner Antworten darauf.
Der Text ist vielleicht zu vielfältig in der Interpretation.

Wenn man sich ihm nicht über die Unsicherheit sondern über den Inhalt (den es ja auch noch gibt :pfeifen: ) nähern möchte, muss man vielleicht ganz vorne anfangen und sich durcharbeiten.
"Was ist?" :blink2:


Hallo Max,

die Klammern verändern schon den Sinn, grundlegend meine ich. Wo bleibt der Sinn denn erhalten??


Hallo Pjotr,

danke für die Poetin. :mrgreen: Ihr waren gerade die poetischen Schwingungen ausgegangen, sie hat sie im Universum der philosophischen Unsicherheiten verloren. Ich-ichige Diskussionen um die Freiheit an sich und das Sein haben nicht unerheblich dazu beigetragen. (Wo ist eigentlich Nihil?) Sollte hier eine "Verhohnepiepelung" stattfinden, so möchte ich ausdrücklich betonen, dass der Autor dies mit Blick auf sich selbst also Selbstironisch angelegt hat und sich nicht über andere Klammernde lustig macht. :razz:


Hallo Moshe,

ich war mir auch nicht sicher, ob das noch als Kurzgedicht durchgeht. Ich werde Gerda (edit: Trixie) mal bitten es zu verschieben.



Außerdem werde ich eine Klammer durch ein "/" ersetzen.

liebe Grüße euch allen

smile

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 01.10.2007, 11:07

he smile,

dein "thema" ist spannend.

kannst du dir vorstellen die ebenen in deinem text auf den zentralen kern zuzuspitzen?
und dann danach, oder davor die "schwierigkeiten"....sagen wir in einer zeile zusammenzufassen?

es ist so wie es DA steht sehr erläuternd...

salve
hakuin

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Beitragvon Pjotr » 01.10.2007, 13:57

Hallo Smile,

piepelte Dein Text andere Silbenklammeraffen* verhohn, so fände ich es nicht verwerflich. Auch dann nicht, wenn es mehr die Philosophie als die Clammophilie träfe. Im Vordergrund sehen meine Augen Deine Selbstironie, womit sich des Autors Hohnbefugnis automatisch noch mehr ausdehnt.


Cheers

Pjotr


* nicht zu verwechseln mit Silberrückenmännchen

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Beitragvon Pjotr » 01.10.2007, 14:26

P.S.: Aha, Schrägstrich-Ambivalenz gesellt sich nun dazu. Der Fokus dieser Komik gefällt mir. Wenn jetzt irgendwo noch ein Binnengroßbuchstabe hinzukommt, werde ich um eine Hörversion flehen.

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 01.10.2007, 18:56

Also jetzt bin ich etwas beleidigt.
Wieso ist mein gerade geschriebener Text verschwunden, wenn ich ein Smiley einfügen möchte?
Ich klicke auf Smilies, zweites Fenster geht auf, klicke auf das Smiliey, welches ich einfügen will, und schwupps ist mein Text weg, dafür ist aber das Smiley da.


Deshalb nur kurz:

Smile, was bedeutet folgender Satz in Kombination vorallem mit dem Smiley:

"Was ist?" :blink2:
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.

(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Caty

Beitragvon Caty » 01.10.2007, 18:59

Liebe Smile, ich habe neulich eine hübsche Satire gelesen. Darin werden die (westdeutschen) Lyrikerinnen mit ihren Erzeugnissen, die sie auf den Dörfern abends in "Kulturscheunen" mit hauchiger Stimme vortragen (Erscheinen der Dorfbevölkerung ist Pflicht), ordentlich auf die Schippe genommen. Ich habe den Spott bisher überhaupt nicht verstanden. Aber nach dem Lesen deines Gedichts ist mir klargeworden, wovon der Satiriker überhaupt gesprochen hatte, er hat mein vollstes Mitleid. Entschuldige bitte die Abweichung vom Üblichen, aber mir fällt zu deinem Gedicht gerade diese Satire ein. Caty


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