Fenstersturz

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Thea

Beitragvon Thea » 01.10.2007, 15:02

Fenstersturz

die Balkone halten nicht mehr:
meine Brust nah der Ferne
steige ich hinaus
gestützt auf den Horizont
einer Straße

[align=right]atb0907[/align]

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 01.10.2007, 15:05

hallo thea,

lese deine
Brust
eher als
Brüstung,
womit sie mir besser ins bild passt.... :cool:

sehr heftiger schritt, oder besser ausstieg, den du beschreibst.

salve
hakuin

Gast

Beitragvon Gast » 01.10.2007, 18:23

Liebe Thea,

ich grüble über diesem Vers schon seitdem du ihn gepostet hast.
Eigentlich ist er völlig klar, für mich auf der Übertragung der Bildebene.

Aber warum steht er in Lyrik und Kultur? Da ich annehme, dass du das aus einem guten Grund gemacht hast, versuche ich seither diese andere Ebene zu finden, die nicht in der Architektur eines "Fenstersturzes" liegen kann, und auch wenn ich sehe, dass der Vers den Sturz aus dem Fenster (Defenestration) oder vom Balkon impliziert, reicht mir das nicht.
eine Fenstersturz ist ein Trägerelement bei Bau.

Die Bildebene sagt mir, dass "Tragenden Elemente" im Leben des Lyrich nicht mehr halten.

Sind es Gedanken des Lyrich, das mit dem Leben nicht mehr klar kommt, vielleicht nicht nur mit seinem individuellen, sondern gerade mit dem beliebigen, dass ihm Luft zum Atmen fehlt ...?
Geht der Text soweit hinaus in die Tiefe, frage ich mich, dass er das Leben heutzutage generell in Frage stellt, das Leben mit all seinem Überfluss in unserern Breiten, ohne Tiefgang, größtenteils?
Oder sit es doch konkret: Ein des Lebens müdes Lyrich will sich hinabstürzen?
Die Straße = Horizont = Himmel = Tod

Liebe Grüße
Gerda
Zuletzt geändert von Gast am 02.10.2007, 09:36, insgesamt 3-mal geändert.

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.10.2007, 19:43

Hallo Thea,

da du deine Zeilen unter Lyrik und Kultur gestellt hast, nahm ich an, dass du den Prager Fenstersturz meinst. Wenn ja, finde ich die Zeilen etwas zu knapp. Aber vielleicht bin ich da auch auf einem Irrweg,-)
Saludos
Mucki

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Sethe
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Beitragvon Sethe » 01.10.2007, 21:30

Vielleicht sind es keine tragenden Elemente, sondern Elemente, die jemanden oder etwas einschränken, und in diesem Sinne, die Freiheit nehmen.

Balkone sind eine Begrenzung. Sie engen einen Raum ein, und je nach Art des Balkons sind sie wie eine Mauer.

Das Ich will aber in die Ferne, herraus aus der Eingrenzung. (meine Brust nah der Ferne)
Die Begrenzung Balkon wird überstiegen.

Eine lange Straße entlangblickend sieht man den Horizont. Die Weite, einen freien Raum. Als Gegenteil von dem engen begrenzten Raum des Balkons.
Das Übersteigen des Balkons und der Weg in die Ferne erfolgt auf den Stützen, die eine Straße bietet, die zu einem Horizont führt.

Das fällt mir zu dem Text ein.

Sethe
Was ich tu, das tu ich, was ich tat, das wollte ich tun.
(aus: "Ich schließe mich selbst ein" von Joyce Carol Oates)

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 02.10.2007, 00:45

Hallo Thea,

Mein erster Gedanke war , dass der Text einen Suizid beschreibt, beim zweiten Lesen war ich mit nicht so sicher. Er formuliert die Flucht in eine Hoffnung, in eine Veränderung aber nicht unbedingt in den Tod. Die Strasse wird als Erweiterung beschrieben (Horizont). Die Brust nah der Ferne beschreibt die Situation, dass LyrIch sich im Inneren längst woanders weilt.

Wenn ich es richtig lese, fehlt nichts und es passt auch in die Rubrik.

Liebe Grüße

Jürgen

MarleneGeselle

Beitragvon MarleneGeselle » 02.10.2007, 09:27

Hallo Thea,

das Gedicht beschreibt ganz klar die Sicht des LI, der nach neuen Wegen sucht, während die Überschrift von einem Fenstersturz berichtet, den man als Außenstehender beobachtet. Ich muss zugeben, dass ich mich mit einem Perspektivewechsel bei Gedichten bisher noch nicht beschäftigt habe.

Liebe Grüße
Marlene

Thea

Beitragvon Thea » 02.10.2007, 22:07

Hallo ihr Lieben,
danke für die zahlreichen Rückmeldungen; wie immer sehr schön, ein paar Gedanken zu den eigenen zu lesen!

um zunächst zu erklären, weswegen ich diese rubrik ausgesucht habe: bei der beschreibung steht "fokus auf gesellschaft" "gesellschaftskritisch" und wenn ich mich nicht irre auch "menschliche verhaltensmuster" . erschien mir also passend, da ich meinen fenstersturz gerne als facette des zeitgeistes sehen würde.

und da bin ich schon bei der interpretation.

fenstersturz an sich spiegelt zunächst einen gewaltsamen aus/ umbruch. man wählt den weg durchs fenster, weil die tür verschlossen ist/ weil es keine tür mehr gibt / weil kein konventioneller weg ausreicht (@mucki: hat infolge dessen auch mit prag etwas zu tun, aber ich wollte nicht historisch werden ;-)
balkone lese ich als ort der selbstdarstellung in der gesellschaft, als private bühne, aber auch als link zwischen der eigenen und der außen-welt ... die gesellschaftliche nische der selbstverwirklichung empfindet das LI als nicht angemessen /nicht "würdig"
diese gedanken nur so als ergänzung zu den eurigen, die mehr alle gefallen, insbesondere gurkes zweiter gedanke, danke dafür, genauso hab ich auch gedacht

Liebe Grüße,
Thea

aram
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Beitragvon aram » 10.11.2007, 03:59

liebe thea,

text über ein 'fliehen', der mich sehr anspricht

meine Brust nah der Ferne / steige ich hinaus / gestützt auf den Horizont

"nah der ferne" finde ich 'genial' - auch "steige ich hinaus / gestützt auf den horizont" und "die balkone halten nicht mehr" sind tolle bilder - letzteres läßt mitschwingen, dass ein 'aus der wohnung ins freie treten' nicht mehr ausreicht, und definiert balkonbrüstungen von schutzgeländern zum käfiggittern um.

unsicher bin ich bei "horizont / einer straße" - was ist das? wenn ich es mir vorzustellen will, sehe ich eher den fluchtpunkt einer straße.
und im titel ist von fenster, danach nur von balkon die rede - ich weiß nicht, ob du dies auch als unschärfen empfindest - die substanz des geschildertern für mich jedenfalls trotzdem fein und eindringlich spürbar.

(interessant finde ich, dass du im kommentar das 'verhaltensmuster' benennst - im text kann ich diese distanz nicht finden - außer, ich würde das von mir mit 'unschärfen' beschriebene als 'dramatische überhöhung' lesen, das ist aber etwas schwierig - obwohl es unterschwellig sogar anklingt, doch um es als eindruck bestehen zu lassen, bräuchte ich doch noch irgendeinen anhaltspunkt dafür, dass es sich um beabsichtigte brüche handelt)

Thea

Beitragvon Thea » 10.11.2007, 16:24

lieber aram,

sehr schön, wieder von dir zu lesen. ich wusste gar nicht, dass du in meiner stadt lebst.
danke dir für das
mitschwingen
... interessant fand ich deine bemerkung, dass du den horizont der straße als fluchtpunkt siehst - ich seh ihn als fluchthorizont ;) - gemeint hab ich den trost, dass zum ersehnten horizont eine straße führt, also dass das sich-stüzen schon der erste schritt auf einem neuen weg ist, der das fallen sanft auffängt... was meinst du?

schmunzeln musste ich bei der bemerkung, dass die fenster in den eigentlichen versen fehlen... ich fühle mich ertappt, absichtlich war das nicht. beim denken hatte ich den fenstersturz weniger als titel, sondern mehr als ersten vers gespürt... mit dem fenstersturz landet mein LI auf dem balkon und sieht sich dann natürlich nicht ,mehr nach den fenstern um, sondern weiter gradeaus, weiter zum horizont...

(zum verhaltensmuster nochein wort: und ich denke fast, ich hab dich in diesem punkt missverstanden: du vermisst die fehlende distanz im text , die ich aber im kommentar ausgedrückt habe. mir erscheint es im kommentar natürlich und notwendig, sich zu distanzieren und das be- und geschriebene zu bewerten/benennen. aber als Lyr I habe ich nicht das recht dazu, oder? weil das Lyr I doch immer subjekt ist und daher nicht objektiv sein kann. eine fehlende distanz im text halte ich für verständlich)


@ Sethe: ich habe jetzt einige zeit damit verbracht, deinem herzen beim verfärben zuzuschauen ;)

aram
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Beitragvon aram » 11.11.2007, 03:38

liebe thea, spannend - mir war weder bewusst, dass ich mich zu deinen untertanen zählen darf *-) , noch, dass du den text in einigen punkten deutlich anders verstehst als ich ihn gelesen habe.

- ich seh ihn als fluchthorizont ;) - gemeint hab ich den trost, dass zum ersehnten horizont eine straße führt, also dass das sich-stüzen schon der erste schritt auf einem neuen weg ist, der das fallen sanft auffängt... was meinst du?

ich las (ohne das zu hinterfragen) etwas anderes - eine selbstaufgabe, einen schritt ins leere, der (bzw. zu dem die überwindung) nur möglich ist, weil der blick dabei nicht nach unten gerichtet ist, sondern nach vorne zum horizont - der auf diese weise den schritt stützt.
(auch eine art von trost - die aufnahme, das suchen einer verbindung, aber ohne 'absicht', da physisch anzukommen - an ein körperliches "sanft aufkommen" aufgrund der kontaktaufnahme zum horizont vermag ich nicht zu glauben)

zur horizont/fluchtpunkt-frage: eine straße, die zum horizont führt, hat dort ihren fluchtpunkt - der horizont ist eine (waagrechte) linie, die vom betrachter wegführende straße konvergiert auf einen punkt dieser linie - deshalb wusste ich nicht, was mit "horizont einer straße" gemeint ist bzw. kann es mir im wortsinn nicht vorstellen - der begriff "horizont einer straße" gefällt mir jedoch in seinem 'klang', und nicht alles muss 'sinn' geben - erinnert mich etwa an "horizonte graugrün geschichtet / gegen paris" aus einem meiner texte, was auch nicht unbedingt 'sinn' ergibt - auch wenn ich 'privat' ein bild davon habe

mit dem fenstersturz landet mein LI auf dem balkon und sieht sich dann natürlich nicht ,mehr nach den fenstern um, sondern weiter gradeaus, weiter zum horizont...

darauf wäre ich nie gekommen - dass li sich erst aus dem fenster stürzt, und dabei auf einem balkon landet - das hieße, das "steige ich hinaus" wäre bereits ein zweites? (erst durchs fenster, dann vom balkon?) oder bezieht es sich auf den titel, also sehr wohl auf den fenstersturz, oder ist das nicht linear und beides liegt darin, oder das li stürzt aus dem fenster auf den balkon und der hält nicht .-) - - - was ich wichtig finde: all das sind keine fragen, die ich an den text habe, sondern nur an deine lesart.

(- die von mir behauptete 'unschärfe' am text ließe sich leicht durch ersatzloses steichen der balkonzeile ausräumen - dann schiene alles klar und kohärent - aber soll es das? - nach meinem empfinden nicht - gerade die zeile "die balkone halten nicht mehr" transportiert viel - ihre 'labile zuordenbarkeit' u. die daraus resultierende unschärfe sind m.e. keine mängel, sie illustrieren die situation des lyr.ichs)

mir erscheint es im kommentar natürlich und notwendig, sich zu distanzieren und das be- und geschriebene zu bewerten/benennen. aber als Lyr I habe ich nicht das recht dazu, oder? weil das Lyr I doch immer subjekt ist und daher nicht objektiv sein kann. eine fehlende distanz im text halte ich für verständlich

als lyr.ich nicht, aber als autorin - das lyr. ich ist ja dargestellt im text, und ich dachte - womit ich dich vielleicht fehlinterpretiert habe - wenn du mit der einordnung des textes in eine bestimmte kategorie eine aussage intendierst, könnte diese schon am text lesbar sein - nicht am lyr.ich, sondern an seiner darstellung, seinem erscheinen in der textgestalt (aber: im grunde hab ich nicht verstanden, welches verhaltensmuster genau du auf welche art herausstellen willst bzw. ob du es überhaupt herausstellen willst)

- einer der texte, die für mich von ihrer kraft nichts einbüßen, obwohl die autorin sich zumindest teilweise wesentlich anderes dazu gedacht zu haben scheint, als ich darin gelesen habe - die lesart bleibt, wird ergänzt durch facetten ... was meinst du?

liebe grüße.


* vielleicht hast du ja lust, heute abend ins "lauter niemand literaturlabor" in die fehrbelliner str. 6 beim rosa-luxemburg-platz zu kommen, um dort auch gestalten aus diesem salon zu begegnen ~ würde mich sehr freuen.

Thea

Beitragvon Thea » 11.11.2007, 14:40

lieber aram,
dann sind wir uns zumindest einig, dass dem text die worte entschuldigt sind und dass das verschwommene zum wesen dazugehört- oder wie lutz seiler es ausdrückt: "lyrik ist konzentriert abwesend hinschauen"

einen schritt ins leere, der (bzw. zu dem die überwindung) nur möglich ist, weil der blick dabei nicht nach unten gerichtet ist, sondern nach vorne zum horizont

nein, einen schritt ins leere wollte ich gewiss nicht: auch wenn der horizont keine gute stütze scheint, so ist er doch eine, denn er ist der blick nach vorne (den du auch erwähnst, wie schön). es ist also kein fall ins bodenlose, keine rein passive bewegung (deswegen wählte ich ,aussteigen'), es ist der schritt auf eine straße, die führt, indem sie da ist.

[
weil der blick dabei nicht nach unten gerichtet ist, sondern nach vorne zum horizont - der auf diese weise den schritt stützt

das sehe ich genauso, aber eben doch auch anders ;) ich meine, zumindest den blick haben wir gleich gerichtet... und das körperliche habe ich auch weggelassen, die blauen flecke will ich nicht zählen

eine straße, die zum horizont führt, hat dort ihren fluchtpunkt

das glaub ich gern und ich musste lachen, weil ich jetzt verstanden habe, was an unseren bildern verschieden ist: das land auf das ich blicke, ist nicht so flach, dass ich den punkt sehe, an dem die straßenbegrenzung zusammenlaufen. vllt hab ich nicht weit genug gesehen/sehen können oder es liegt an der doch hügeligen gegend, in der ich aufewachsen bin (nicht berlin), aber meine straße reicht nicht so lang, sie bleibt mir eine linie am -zugegeben: nahem- horizont ...

li sich erst aus dem fenster stürzt, und dabei auf einem balkon landet - das hieße, das "steige ich hinaus" wäre bereits ein zweites?

gezählt habe ich nicht-- ich denke so, als wäre der weg zur (außen)welt mit scherben und einem sturz auf den balkon nicht genügend, denn auch der balkon (als ort der selbst-repräsentation) ist letztlich nicht "der weg" teil der welt zu sein, da man immer noch isoliert ist. (ich meinte auch, dass eine gesellschaft voller selbstdarsteller keine gesellschaft mehr ist, deswegen "halten balkone nicht mehr") -- steige ich hinaus als ausstieg aus dem haus über die balkone? das meine ich ;)
und bin gespannt auf weitere facetten

* zu der zeit befand ich mich im zug. ich bleibe jetzt in meiner freien woche zwischen weinbergen bei meinen eltern. schade, ich hatte es zu spät gelesen. aber das lässt sich bestimmt nachholen. im übrigen bitte keine panik, die minister folgen weiterhin meinen anweisungen, meine abwesenheit wird kaum auffallen. vielleicht hast du lust am 23. in die budapester str 40 zu kommen, eine lesung bekannter gedanken

liebe grüße

aram
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Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 13.11.2007, 06:40

Thea hat geschrieben:dann sind wir uns zumindest einig, dass dem text die worte entschuldigt sind und dass das verschwommene zum wesen dazugehört

hallo thea. ja. jein.
die unsicherheit bezieht sich nur auf die konkrete ausprägung der verschwommenheit.
einen schritt ins leere wollte ich gewiss nicht: auch wenn der horizont keine gute stütze scheint, so ist er doch eine, denn er ist der blick nach vorne (den du auch erwähnst, wie schön). es ist also kein fall ins bodenlose, keine rein passive bewegung (deswegen wählte ich,aussteigen'), es ist der schritt auf eine straße, die führt, indem sie da ist.

(...) ... und das körperliche habe ich auch weggelassen

das körperliche weglassen - ich glaube, das charakterisiert den unterschied unserer lesarten sehr gut - denn über den text kommt das von dir gemeinte - dass ich so, wie du es im kommentar formulierst, nachvollziehe und klar verständlich finde - nicht bei mir an. die bildwelt erscheint physisch - 'fenstersturz', 'balkon', 'brüstung', 'straße'; da käme ich nicht auf die idee, über den körper hinwegzusehen.

meine straße reicht nicht so lang, sie bleibt mir eine linie am -zugegeben: nahem- horizont ...
oh, dann ist es: die straße verläuft am horizont einer hügellandschaft, bildet ihn? - schönes bild, kenne und mag ich (ein bestimmtes gefühl, man weiß vom dahinter liegenden gar nichts und zugleich, dass von dieser straße aus etwas existiert - die straße ist schnittmenge von welten) - wieder konnte ich das bild aus dem text nicht erkennen (eher mein fehler, rückblickend, weil ich gleich an den fluchtpunkt dachte - 'horizont einer straße' ist natürlich auch ein bisschen 'kryptisch' - so gesehen könnte ich sagen, der text erreicht noch nicht transzendenz aus dem ganz einfach/alltäglich formulierten - noch etwas: sobald ich dieses bild (straße am/als horizont) vor augen habe, wird sofort spürbar, dass der bezug darauf reale stütze ist (warum auch immer - bestimmt auch, weil alles näher ist, der blick auf dem rücken der straße ruht - nicht dorthin geht, wohin sie verschwindet.)

gezählt habe ich nicht-- ich denke so, als wäre der weg zur (außen)welt mit scherben und einem sturz auf den balkon nicht genügend, denn auch der balkon (als ort der selbst-repräsentation) ist letztlich nicht "der weg" teil der welt zu sein, da man immer noch isoliert ist. (ich meinte auch, dass eine gesellschaft voller selbstdarsteller keine gesellschaft mehr ist, deswegen "halten balkone nicht mehr") -- steige ich hinaus als ausstieg aus dem haus über die balkone? das meine ich ;)

auch diese beschreibung finde ich sehr schön, und auch ihre thematik kann ich aus dem text selbst nicht erschließen - dass es sich um ein mehrmaliges aussteigen durch verschiedene "schichten" handelt, ist daran glaube ich interpretatorisch kaum festzumachen (wäre gespannt wie das andere lesen) - mein 'resumee' wäre also - 1. der text kommt unmittelbar an und berührt mich ästhetisch wie emotional (in einem) 2. er lässt fragen offen, weist irritationen/ unschärfen/ brüche auf, die ebenso markant sind, wie sie die kraft des gesamteindrucks nicht zu stören vermögen 3. durch unseren austausch finde ich zugang zu dem, was hinter diesen brüchen liegt, und fände auch das über den text sehr mitteilenswert (als liefe dieser text selbst parallel mit dem horizont einer straße, hinter dem eine neue welt aufgeht, die mit der aus der ausgangsperspektive erkennbaren ein kontinuum bildet, diese jedoch völlig verändert)

danke für diesen schönen austausch am text.

bin gespannt auf weitere facetten

ich auch - 23. ist vorgemerkt.
(am sonntag hättest du zwar gleich vier salongestalten im literaturlabor treffen können, das programm dürfte diesmal aber nicht sehr hochklassig gewesen sein - genau weiß ich es nicht, der zweite vortragende u. einer seiner bewunderer veranlassten mich zur stummen flucht) (respekt vor der arbeit deiner minister)


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