liebe thea, spannend - mir war weder bewusst, dass ich mich zu deinen untertanen zählen darf *-) , noch, dass du den text in einigen punkten deutlich anders verstehst als ich ihn gelesen habe.
- ich seh ihn als fluchthorizont ;) - gemeint hab ich den trost, dass zum ersehnten horizont eine straße führt, also dass das sich-stüzen schon der erste schritt auf einem neuen weg ist, der das fallen sanft auffängt... was meinst du?
ich las (ohne das zu hinterfragen) etwas anderes - eine selbstaufgabe, einen schritt ins leere, der (bzw. zu dem die überwindung) nur möglich ist, weil der blick dabei nicht nach unten gerichtet ist, sondern nach vorne zum horizont - der auf diese weise den schritt stützt.
(auch eine art von trost - die aufnahme, das suchen einer verbindung, aber ohne 'absicht', da physisch anzukommen - an ein körperliches "sanft aufkommen" aufgrund der kontaktaufnahme zum horizont vermag ich nicht zu glauben)
zur horizont/fluchtpunkt-frage: eine straße, die zum horizont führt, hat dort ihren fluchtpunkt - der horizont ist eine (waagrechte) linie, die vom betrachter wegführende straße konvergiert auf einen punkt dieser linie - deshalb wusste ich nicht, was mit "horizont einer straße" gemeint ist bzw. kann es mir im wortsinn nicht vorstellen - der begriff "horizont einer straße" gefällt mir jedoch in seinem 'klang', und nicht alles muss 'sinn' geben - erinnert mich etwa an "horizonte graugrün geschichtet / gegen paris" aus einem meiner texte, was auch nicht unbedingt 'sinn' ergibt - auch wenn ich 'privat' ein bild davon habemit dem fenstersturz landet mein LI auf dem balkon und sieht sich dann natürlich nicht ,mehr nach den fenstern um, sondern weiter gradeaus, weiter zum horizont...
darauf wäre ich nie gekommen - dass li sich erst aus dem fenster stürzt, und dabei auf einem balkon landet - das hieße, das "steige ich hinaus" wäre bereits ein zweites? (erst durchs fenster, dann vom balkon?) oder bezieht es sich auf den titel, also sehr wohl auf den fenstersturz, oder ist das nicht linear und beides liegt darin, oder das li stürzt aus dem fenster auf den balkon und der hält nicht .-) - - - was ich wichtig finde: all das sind keine fragen, die ich an den text habe, sondern nur an deine lesart.
(- die von mir behauptete 'unschärfe' am text ließe sich leicht durch ersatzloses steichen der balkonzeile ausräumen - dann schiene alles klar und kohärent - aber soll es das? - nach meinem empfinden nicht - gerade die zeile "die balkone halten nicht mehr" transportiert viel - ihre 'labile zuordenbarkeit' u. die daraus resultierende unschärfe sind m.e. keine mängel, sie illustrieren die situation des lyr.ichs)
mir erscheint es im kommentar natürlich und notwendig, sich zu distanzieren und das be- und geschriebene zu bewerten/benennen. aber als Lyr I habe ich nicht das recht dazu, oder? weil das Lyr I doch immer subjekt ist und daher nicht objektiv sein kann. eine fehlende distanz im text halte ich für verständlich
als lyr.ich nicht, aber als autorin - das lyr. ich ist ja dargestellt im text, und ich dachte - womit ich dich vielleicht fehlinterpretiert habe - wenn du mit der einordnung des textes in eine bestimmte kategorie eine aussage intendierst, könnte diese schon am text lesbar sein - nicht am lyr.ich, sondern an seiner darstellung, seinem erscheinen in der textgestalt (aber: im grunde hab ich nicht verstanden, welches verhaltensmuster
genau du auf welche art herausstellen willst bzw. ob du es überhaupt herausstellen willst)
- einer der texte, die für mich von ihrer kraft nichts einbüßen, obwohl die autorin sich zumindest teilweise wesentlich anderes dazu gedacht zu haben scheint, als ich darin gelesen habe - die lesart bleibt, wird ergänzt durch facetten ... was meinst du?
liebe grüße.
* vielleicht hast du ja lust, heute abend ins "lauter niemand literaturlabor" in die fehrbelliner str. 6 beim rosa-luxemburg-platz zu kommen, um dort auch gestalten aus diesem salon zu begegnen ~ würde mich sehr freuen.