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Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Peter

Beitragvon Peter » 07.10.2007, 12:29

aus copyright-gründen gelöscht

siehe: http://www.blauersalon.net/online-liter ... highlight=
Zuletzt geändert von Peter am 19.02.2008, 13:48, insgesamt 2-mal geändert.

Perry

Beitragvon Perry » 09.10.2007, 07:35

Hallo Peter,
dann mache ich mal den Anfang diesen sicher nicht einfachen Text etwas aufzuschlüsseln. Der Titel lockt mit seinem "morbiden" Unterton (Todeskuss) an. Diese Stimmung zieht sich für mich durch das gesamte Werk und findet in der Höhlenszenerie seinen Höhepunkt.
Wenn ich einen Tipp abgeben müsste, wer denn nun die Sprache zum Verstummen bringt, würde ich auf den Tod setzen. Gern gelesen!
LG
Manfred

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tulpenrot
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Beitragvon tulpenrot » 09.10.2007, 11:50

Trotz der Düsternis kann man es lesen - und es fasziniert und schreckt ab zu gleich.
Ich denke, es geht dir um die Frage, wie jemand wortlos werden kann. Die Antwort bleibt für mich offen - oder ich müsste den Text noch fünfmal lesen ;-)
Teilweise hab ich gedacht, die Wortwiederholungen, die Konsturktionen, die wiederkehren, seien störend. Doch wenn man es als Prosatext liest, also ohne Strophen, eher mit Absätzen, dann wirken sie als Stilmittel doch nicht so negativ.

Ich stelle mir nach dem Lesen vor, als handele es sich um einen Menschen, der sich schwer tut, der mit Gedanken umgeht, die sich nciht lösen lassen und eben, auf die er keine Antwort finden kann und auf die niemand antwortet. Der Tod ist es jedenfalls nicht, denke ich. Einfach eine undurchdringliche Lebenssituation.

Liege ich da richtig?
"Ach, wissen Sie, in meinem Alter wird man bescheiden - man begnügt sich mit einem guten Anfang und macht dem Ende einen kurzen Prozess." AST

Peter

Beitragvon Peter » 09.10.2007, 14:46

Hallo Perry,

der Todeskuss steht der Gedichtaussage bestimmt nahe, aber führt natürlich andrerseits zu einem Klischee zurück... Der Tod, ja, allgemein gesehen... Im Besonderen ist es wahrscheinlich der Punkt, der die Sprachen zuende küsst.

Liebe Grüße,
Peter

--

Hallo tulpenrot,

von einem Menschen wird ja nicht unbedingt gesprochen, sicher kann man interpretieren. Ich sehe eher das Wort selbst /ein Schauspiel der Sprache. Das Wort sinkt... Der Gedanke ertrinkt... usw. Daraus eine psychische Situation eines Menschen abzulesen, kann man natürlich machen.

Liebe Grüße,
Peter

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 09.10.2007, 17:24

Lieber Peter!

Ich denke nicht so viel, sondern verstehe was du sagen willst, und das gefällt mir.
Dennoch habe ich eine Sorge um das Substantiv in der ersten Strophe.
Von der Zeichensetzung würde ich es mir nicht ganz so kompliziert wünschen, damit der Sinn mehr zum Tragen kommt.

Moshe

Mucki
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Beitragvon Mucki » 09.10.2007, 19:52

Hallo Peter,

ich habe versucht, mich in die Schwingung deiner Zeilen zu versetzen, statt jedes Wort, jeden Satz zu analysieren und mutmaße:
Es ist die Wahrheit, die die Sprachen totküsst, ihr die Freiheit nimmt, sie in Gespinste verwebt.
Saludos
Mucki

Peter

Beitragvon Peter » 09.10.2007, 20:41

Hallo Moshe,

an der ersten Strophe hatte ich auch einen Zweifel, sie macht den Eingang schwierig, andrerseits schafft sie den Rhythmus, das Sinken hin zum Punkt, der im Gedicht bestimmend wird. Die Zeichensetzung ist bewusst, mich interessiert das rhythmische Gebilde am Ende mehr als die Aussage. Oder ich halte mich daran fest;-)

Hallo Mucki,

Wahrheit ist mir hier ein zu offenes Wort. Schließlich kann es ja auch die Wahrheit sein in der Sprache, die tot geküsst wird.

Danke fürs Lesen!

Euch liebe Grüße,
Peter

Caty

Beitragvon Caty » 10.10.2007, 06:45

Peter, das ist ja ein sehr umfangreiches, wortreiches Gedicht. Für meine Begriffe versinkt dein Anliegen in den vielen Strophen, im Grunde wird der Gedanke immer nur mit anderen Wörtern wiederholt. Man kann das komprimierter und dadurch wirkungsvoller sagen, das Anliegen würde besser herüberkommen. Sieh mal, wenn du darstellen würdest, wie sich der Gedanke nach und nach entwickelt, mit Rede und Gegenrede, wäre es eine situative Beschreibung, die neugierig macht. Aber nicht nur das ist es, was mich ein bisschen kaltlässt. Dadurch, dass du im Abstrakten bleibst, stellst du "Behauptungen" auf, die nicht am "Beispiel" bewiesen werden, es ist ein "Theoretisieren". Deshalb berührt mich dieses Gedicht nicht, ich merke, hier will sich einer ausreden, er hat ein Problem, aber die Ausführung des Gedichts lässt mich nicht mitgehen, alles bleibt mir ein bisschen zu sehr der allgemeinen Klage verhaftet.

Caty

Peter

Beitragvon Peter » 10.10.2007, 12:24

Hallo Caty,

anscheinend begreifst du das Gedicht als ein kommunikatives Modell, das nicht so recht auf den Punkt kommen will. Es hat ein Anliegen, das es mitzuteilen versucht, aber es ist nicht mutig genug dafür und flüchtet sich also ins Abstrakte und ins Theoretisieren. Das Geständnis der Eigentlichkeit bleibt am Ende aus.

Ich halte diese Anschauung für ein Missverständnis, da sie dem Gedicht eine Haltung unterstellt, die dieses Gedicht selbst gar nicht versucht. Es hat weder ein Anliegen noch ein Wollen, dieses Anliegen kommunikativ mitzuteilen. Mir scheint, das, was man Anliegen nennt, ist dem Gedicht gänzlich unbekannt, da es sich nicht in einem derartigen Begreifen aufhält - aber weil es sich nicht in einem derartigen Begreifen aufhält, ist es so, wie es ist: ein Aufenthalt in seiner Weise.

Ob es berührt oder nicht, ob es einen Spiegel vorhält oder nicht, gehört nicht zu seiner Denkensweise. Ich finde, dass man das beachten muss, man wird sonst nicht gelesen haben, zumindest nicht gelesen haben auf die Weise, die das Gedicht vor-schreibt.

Liebe Grüße,
Peter

Caty

Beitragvon Caty » 10.10.2007, 13:07

Peter, ich bin so unwissend oder heute gerade nicht in Form, dass ich mir nichts unter dem "Geständnis der Eigentlichkeit" vorstellen kann. Du hast recht, dieses Gedicht versucht gar nichts. Finde ich ein bisschen wenig, es wird geplaudert über "Wesenhaftiges", Hauptsache schön, es hat kein Anliegen, es ist mit deinen Worten ein "Aufenthalt in seiner Weise". Nur in einer Sache muss ich dir wirklich widersprechen: Ob ein literarisches Werk berührt oder nicht, gehört sehr wohl zu seiner "Denkensweise". Welche Weise zu lesen schreibt denn dein Gedicht vor? Was sollte ich mir zum Beispiel unter einem "sinkenden Wort" vorstellen? Was unter der "Klebrigkeit der Figur"? Bei dir trifft sich das "Aufwärts" im Wald mit einer schwarzen Tür. Sehr subtil ausgedrückt. "Höhlen wollen in Höhlen wirken/hinab zur Wirkung der Nacht" - "Du reihst die Schollen mit auf/der höhenlosen Weiten der Höhlen" - (nicht nur, dass es hier rein grammatikalisch nicht stimmt) "Das das Kreisende in Tage webt/höhlt. Den Puls ins Helle. Macht." "Diese kleinen weißen Körper./Küsst. Die Sprachen. Tot." Frage: Wo kommen die kleinen weißen Körper her? Erinnert mich irgendwie an den kleinen grauen Steinbeißer. Da du an dieser Stelle wieder auf die Sprache zurückkommst, sollte man annehmen, es ginge dir um die Sprache. Das wäre dann also das Anliegen. Aber dann schreib es auch. Gedichte sind keine nebulösen, wabernden Wortreihen, sondern verlangen wie jeder literarische Text eine Ausarbeitung. Tut mir leid, ich würde dieses - entschuldige - Wortgeprassel ja so gerne ernst nehmenl, aber leider: Von einem Gedanken im Sinne des Wortes Gedanken verspüre ich hier nichts. Aber vielleicht habe ich heute auch nur einen schlechten Tag. Eben nicht nur, dass das "Gedicht" selbst überhaupt nicht geformt ist. Caty

Peter

Beitragvon Peter » 10.10.2007, 13:41

"Wortgeprassel" geht mir zu weit, Caty. Wenn das deine Ansicht ist, weiß ich nicht, von was wir hier sprechen sollen.

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 11.10.2007, 11:58

Lieber Peter,

[ich weiß ja, wenn man gerade an einem Thema (Lernen), dann sieht man das in allem und jedem...und wenn man nicht in so einer Phase ist, dann findet man das auch ein wenig obskur, wenn man aber in dieser Phase ist, dann empfindet man es letztlich doch als wahr und kann sich nicht dagegen wehren..dumdidumm..das nur als Prolog...]

Weißt du, woran mich dein Text, besonders der Titel erinnert? An "Erklär mir, Liebe" von Bachmann. Der Titel ist ähnlich grammatisch vieldeutig, bei dir natürlich nicht unmittelbar oder tatsächlich grammatisch, aber dann schon wieder doch, indem es eine Frage ist, aber eine Frage, die nicht in den raum gestellt wird, sondern die sich bewegt.
Daraus folgt für mich, genau wie in dem Bachmanntext, der Text in einer besonderen Form...er ist auf die Sprache gerichtet (wie viele deine Texte), er ist auch in der Sprache und ohne Absicht, nur deshalb in der sprache zu sein, damit er doch wieder etwas über die gegenständliche/körperliche (damit meine ich alles) Wirklichkeit sagen kann. Weil es eben kein Trick ist (und die meisten tricksen), stellt sich dann eine wirkliche Bewegung ein.

Oh - seltsam, jetzt habe ich gerade Ctay und dich gelesen - meine Einschätzung hat damit zu tun, oder? Caty, ich glaube nicht, dass Peter gesgat hat, dass das Gedicht sinnleer sein möchte in deinem angkreideten Sinne, sondern dass er nur betonen möchte, dass der Text sein Anliegen eben nicht in einer bestimmten Intention hat. Und das ist etwas anderes.

Was ich noch gelungen finde, ist wie du mit dem Rhythmus spielst (der Aufbau widerlegt für mich schon das Geprassel), bis zum Ende..eigentlich ist das für dich eine fast zu auffällige Form, aber sie ist ja gar nicht auffällig. (ich bin gleich beim ersten Lesen in diesem immer autistischer werdenden Rhythmus geblieben, ohne dass er mir fremd war, wenn er auch "wund" klingt (das ist noch das falsche wort, aber in meiner wirklichkeit, kann ich das nur wund nennen, wie man es im Weiten ohne das Höhere nennt, weiß ich nicht).

Für mich ist der Text wie eine Handbewegung, die sich bewegt, weil sie seit Jahren in Bewegung geraten ist.

Liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Peter

Beitragvon Peter » 11.10.2007, 13:04

Liebe Lisa,

an deinem Kommentar bekomm ich Unterstreichens-Lust. Allein dieses: "...eine Frage, die nicht in den Raum gestellt wird, sondern die sich bewegt". Ja. (Und ja, das meint ich ja auch zuvor, dass hier nichts Direktes im Sinne eines Anliegens geschehen soll, sondern eben die Bewegung.)

Auch den Vergleich zu B.s Gedicht finde ich interessant. Man kann den Titel ähnlich denken, in dieser Weise dann: "Wer küsst die Sprachen, Tod". (Übrigens, ich habe es nachgeschlagen, es gibt in ihrem Gedicht eine Weiß-Zeile zu meiner Dunkel-Zeile, finde ich. Bei ihr heißt es: "die Welle nimmt die Welle in die Hand" und bei mir: "Höhlen wollen in Höhlen wirken". - Die grammatische Stellung des Titels ergibt sich wahrscheinlich aus der Frage, zu wem man sprechen soll. Ist der Tod anzusprechen (oder die Liebe)? Wie spricht man sie an. Man wird hineingezwungen, da beides nicht außen ist. Die Grammatik spiegelt hier eine Haltung wider, denke ich.)

Treffend dann auch (also treffend ganz ins Herz dessen, wie ich schreiben will), diese Art einer Umkehrung, die du für mich ansprichst. Der Text ist auf die Sprache ausgerichtet, aber soll nicht in der Sprache bleiben, sondern aus der Sprache wiederum als Beispiel dienen. Z.B. am Anfang, es wird vom Wort gesprochen, und es soll auch das Wort gesprochen werden, aber nicht, damit am Ende nur das Wort gesprochen wäre. Das Gesagte soll dann zurückkehren, zu, wie du sagst, Körper/Gegenstand/ Wirklichkeit. Aber dass dies so sein soll, ist dem Text ja unbekannt, und muss ihm unbekannt bleiben. Der Vorwand ist ihm Wirklichkeit.

Ich glaube, zuletzt hat das mit einer "Unschuld" zu tun. Ich hab erst vor ein paar Tagen bei einer Dichterin einen solchen Gedanken gelesen, dass die Großen Gesänge unschuldig seien, es ist vielleicht doch der Maßstab eines Gedichts, dass, je weniger es von seiner Wirkung weiß, im Grunde auch: von seinem Körper weiß, es umso vollkommener ist.

Ich muss dir diese Dichterin mal empfehlen! Sie ist sehr lesenswert.

Liebe Grüße,
Peter


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