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Anna beim Cancan

Verfasst: 19.11.2007, 12:31
von ZaunköniG
[align=right]An Wochentagen büffelt Anna JurA
und refferiert in NadelstreifenhoseN
von Frau'n- und Bürgerrechten der FranzoseN.
Sie lächelt in die Camera ObskurA,

denn Samstags schaun die Mitstudenten tumB,
sehnt Anna sich nach der GalanteriE,
wie man sie übte Anno DominI.
Im Fransenfetzen wirbelt sie heruM.

Auch als Vernunftsmensch pflegt sie ihren TiC
und von den Rängen schallt es HosiannA!
Sie schlägt die Jungens leicht in ihren BanN,
lauscht auf ein ";mon cheri", auf ein "trés chiC",
doch niemand traut sich, und so tanzt halt AnnA
mit ihrer Weiberclique nachts CancaN.[/align]

Verfasst: 20.11.2007, 11:18
von carl
Lieber Zaunkönig,

ich staune immer wieder über Deine Kunstfertigkeit!
Ein Vorschlag:
Das Gedicht müsste seine Wirkung auch entfalten, wenn Du es nur rechtsbündig setzt, ohne die Endbuchstaben besonders hervorzuheben.
Wenn das Gedicht also seine Wirkung auch dann entfaltet, wenn nur ein sehr aufmerksamer Leser oder intressierter Googler den Pfiff bemerkt...

Liebe Grüße, Carl

Verfasst: 20.11.2007, 16:56
von leonie
Lieber Zaunkönig,

mir geht es mit Deinem Gedicht wie Carl: Ich stehe staunend davor. Das ist sehr gekonnt, finde ich.

Einzig "referiert" schreibt man Meiner Meinung nach mit nur einem "f".

Liebe Grüße

leonie

Verfasst: 20.11.2007, 17:27
von Gast
Lieber Zaunkönig,

du hast eine zauberhafte Idee, die Kreativität und Tiefgang erkennen lässt, und du hast die Idee sehr gut handwerklich – oder besser kunstfertig umgesetzt.

Warum ich dennoch von deinem Gedicht nicht begeistert bin, liegt daran, dass ich den Inhalt konstruiert empfinde. (Es handelt sich doch um ein Akrostichon, auch wenn der Buchstabe jeweils Ende der Zeilen steht - oder?),
Für mich sind die erzählten Begebenheiten zu mühsam aneinandergereiht und ich finde nicht, dass sie sich gut und abgerundet verbinden.

Meine Einwände:
Da ist die Jura-Studentin (aus dem Wort „Mitstudenten“ erlesen und aus dem „büffeln“), Anna, die gern CanCan tanzt.
Die erste Strophe gefällt mir komplett, aber dann das "denn "zu Beginn der zweiten.

Wieso dieses "denn"?
Welchen Grund haben die Studenten ausgerechnet samstags "tumb" zu schauen?
Möchtest du erzählen, dass Annas Kommilitonen nicht verstehen können, weshalb Anna einem etwas altmodischen Tanzvergnügen nachgehen möchte?
Dann wäre hier die Frage, wieso du die Reihenfolge "verdreht" hast.
Es hätte nach meinem Dafürhalten erst der Grund benannt werden müssen und anschließend die Reaktion der Stundenten beschrieben gehört.

In der dritten Strophe, schlägt Anna die Jungs doch in ihren Bann, das können wohl nicht jene sein, die Samstags "tumb" aus der Wäsche schauen ;-) oder?

Ab hier wird es recht unverständlich für mich, Warum tanzt Anna dann mit ihrer Weiberclique?

Das Hosianna empfinde ich völlig deplaziert.
Ich kann mir zwar zusammenreimen, dass du Verbindung der kirchlichen und mythischen Herkunftsgeschichte des Akrostichons gern hineinzitieren möchtest, aber das finde ich viel zu weit weg, falls du es wirklich deshalb gemacht hast.

Vielleicht leitet mich ja auch das Wort "Mitstundenten auf den falschen Weg und Anna ist die Dozentin.
Dann könnte ich manches besser verstehen.

Ich will dein Leistung nicht schmälern, aber ich möchte gern den Inhalt auch verstehen.
So scheint er mir doch sehr dem Reim und Akrostichon geschuldet, auch wenn dir das Handwerk , gewohnt geglückt ist.

Liebe Grüße
Gerda

Verfasst: 20.11.2007, 18:47
von Max
Lieber Zaunkönig,

chapeau, wie geht so etwas?

Toll,

liebe Grüße
Max

Verfasst: 20.11.2007, 20:56
von aram
lieber zaunkönig,

ich sehe den text als ergebnis einer ausführlichen fingerübung, die wohl damit beginnt, worte sinnvoll zu kombinieren, deren buchstabenfolge reimschemagerecht ist.

die übung ist gelungen, wenn auch die überwindung der schablone zum 'emanzipierten text' noch eine strecke entfernt scheint - carls meinung zu setzung und wirkung teile ich.

Verfasst: 21.11.2007, 21:33
von ZaunköniG
Hallo ihr Lieben.

Aram hat natürlich Recht: Dieser Text ist zunächst eine Fingerübung. Um einen 'emanipierten Text' zu erhalten sind die handwerklichen Forderungen wohl auch etwas überdreht; es gibt ja auch kaum 'ernstzunehmende' Schüttelreime. Das Hosianna z. B. passt atmosphärisch nicht da rein, aber es sollte sich nicht nur auf Anna reimen, sondern auch auf A enden; Banner, Spanner, ect... geht leider nicht.

Carl: In einem anderen Medium würde ich das Akrostichon wohl auch dezenter setzen, aber in einem Forum, finde ich, muß man nicht warten, bis jemand den 'Pfiff' zufällig selbst entdeckt ?

Max: Ich nehme an, das war eine rhetorische Frage, aber Aram hat die Vorgehensweise schon korrekt beschrieben: Bei solchen Spielereien fange ich immer mit dem schwierigsten Teil an um danach die Zeilen zu füllen.

Gerda: Ja, der Text IST kostruiert!, dennoch einige Anmerkungen:
das 'denn' in Zeile 4 bezieht sich auf die Camera obskura, die ich glaubte erklären zu müssen. Der alte Begriff ist zum einen ein Link in eine alte Zeit, steht aber auch für ein im Wortsinne VERKEHRTES Bild: Sie ist nicht eben nicht nur die erfolgreiche, vielleicht spröde Emanze, die in ihren Referaten zur Geschichte der Frauenbewegung durchscheint, sondern eben auch leibliche Frau. Am Wochenende geht sie Tanzen und wünscht sich vielleicht auch mal einen Kavallier alter Schule, der sie zum Tanz auffordert.

Die 'Jungens' können oder wollen aber nicht tanzen, oder trauen sich nicht so eine Powerrfrau anzusprechen, und statt den ganzen Abend auf ein erlösendes Wort zu warten, tanzt sie eben CanCan, wo sie Männer, wenn überhaupt, nur als Zuschauer braucht. Ob Anna nun Studentin oder Dozentin ist, spielt für mich da keine große Rolle, leben doch viele (junge) Frauen in dem Bewußtsein, daß sie früher 'reif' werden als die Männer. Mal ganz davon abgesehen, das beim Studium, anders als in der Schule, ohnehin verschiedene Jahrgänge zusammen lernen, wäre es nicht so abwegig wenn sie auch Gleichaltrige als 'Jungens' abqualifiziert. Vor allem wenn sie sich auch so benehmen.


LG ZaunköniG

Verfasst: 22.11.2007, 16:29
von Jürgen
Hallo Zaunkönig,

ich sage artig Danke für ein beeindruckendes Lesevergnügen.

Schönen Tag

Jürgen