Nachts vor der Eiche

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Nitrogenium

Beitragvon Nitrogenium » 16.03.2006, 21:24

Nachts vor der Eiche

Ich träume mich in ihren sanften Armen -
Und seh mich durch die kalten Wälder taumeln:
Mag sich die Liebe meiner nicht erbarmen,
So will ich hier an dieser Eiche baumeln.
Die Angst lässt meine Kniee schlottern,
Und Tränen streicheln mein Gesicht;
Benommen höre ich mich stottern:
Ich kann das nicht! Ich will das nicht!

Verloren steh ich vor der finstren Eiche;
Nun wird mir jeder Schritt ein zähes Ringen.
Im fahlen Mondlicht schaukelt meine Leiche,
Das wünsch ich mir und kann mich doch nicht zwingen.
Mein Herze, das ich längst gebrochen glaubte,
Jetzt faucht es wild und scheußlich auf;
Der Zweifel, der den Mut mir raubte,
Er hemmt mich nun in meinem Lauf.

Ich seh mich schon im kalten Walde baumeln -
Und träume mich in ihren sanften Armen.
Die Eiche mag mich jämmerlich erbarmen:
Sie muss allein im strengen Nachtwind taumeln.
Denn bleibt auch all' mein Mühen stets vergebens,
Es sei mir letztlich einerlei;
Das Leid ist Teil des frohen Lebens -
So bin ich glücklich, bin ich frei.
Zuletzt geändert von Nitrogenium am 17.03.2006, 13:43, insgesamt 1-mal geändert.

Franktireur

Beitragvon Franktireur » 16.03.2006, 22:07

Also, ich hoffe, Du kommst auch mit harter Kritik und Ablehung des Gedichts klar.

"Ich träume mich in ihren sanften Armen"
ist fehlerhaftes Deutsch.
Du könntest allenfalls "ich wähne mich" oder ähnliches benutzen,
auf keinen Fall das Verb "träumen".
Oder: "Ich träume, mich in ihren sanften Armen (zu befinden o.ä.)"
oder: "Ich träume mich, in ihren sanften Armen (liegend)".

Da Du die Zeile später noch einmal wiederholst, scheint es leider kein reines Versehen zu sein.

"Die Eiche mag mir jämmerlich erbarmen" ist ebenfalls fehlerhaftes Deutsch - mich verärgert derartiges sehr.

Kniee ist ein weiterer Fehler.

Der Inhalt ist folgender:
Du wirst nicht (wieder)geliebt, spielst mit dem Gedanken, dich zu erhängen, kriegst kalte Füße, läßt es also bleiben und redest dir dann selbst ein, daß Herzeleid nun mal zur Freude gehört und du deshalb frei und glücklich weiterleben wirst.

Und darum machst du einen Höllenaufwand mit diesem Gedicht.
Es ist viel zu lang - es holpert - es wiederholt sich ohne eigentliche Steigerung (die 2te Strophe ist nicht wirklich eine Steigerung zur ersten).

Wenn das ein fertiges (also auch sorgfältig erarbeitetes) Gedicht sein soll, dann muß mit meiner Wahrnehmung irgendetwas nicht stimmen...

Ärgerliche Grüße
Frank

Herby

Beitragvon Herby » 17.03.2006, 00:04

Hallo Nitrogenium,

auch ich hatte bei deinem Gedicht die von Frank schon erläuterten Probleme.
Du schreibst in der letzten Strophe:

"Denn bleibt auch all' mein Mühen stets vergebens,
Es sei mir letztlich einerlei;
Das Leid ist Teil des frohen Lebens -
So bin ich glücklich, bin ich frei."


Ich stimme Frank zu, wenn er eine Steigerung vermisst. Nach der "Dramatik" der vorhergehenden Zeilen ( und erst recht der des Titels! ) klingen mir diese Schlussverse nun wirklich zu lapidar, platt und nicht nachvollziehbar!
Aus der von dir beschriebenen Ausgangssituation lässt sich mehr machen. Nimm dir den Text nochmal in Ruhe vor!

Gruß Herby

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 17.03.2006, 11:05

Hallo Nitrogenium,
trotz der Freude, dich hier einmal wiederzusehen :grin: , muss ich der Kritik, die geäußert wurde, leider zustimmen. Das Gedicht scheint mir insgesamt zu versuchen seinem "altertümlichen" Versmaß auch im Ton zu entsprechen, nutzt dafür aber meiner Meinung nach recht schon verbrauchte Bilder wie "fahles Mondlicht", "erbarmende Liebe", "sanfte Arme"...

Auch inhaltlich muss ich Franktireur recht geben - so wie das Gedicht jetzt ist, würde ich es eher als eine Persiflage auf einen Selbstmöder(versucher) lesen...

Nitrogenium

Beitragvon Nitrogenium » 17.03.2006, 15:04

Hallo Ihr drei,

Gleich vorab: Ich habe dieses Gedicht in mehreren Foren veröffentlicht; Eure Kritiken waren dabei mit Abstand die brauchbarsten, weil sie mich auf einige Mängel hinweisen, die mir bis jetzt gar nicht aufgefallen waren. Daher ein herzliches Dankeschön :)


@Frank:
Die Stelle mit dem sich erbarmen habe ich nun verbessert. Stimmt, es ist ein peinlicher Fehler, ein Blick in den Duden hätte ihn vermieden.
Bei "Kniee" ist es meines Wissens aber zulässig, das Plural-e anzuhängen; es wird dann zweisilbig gesprochen, und genau das wollte ich an dieser Stelle auch.

Der Vers "Ich träume mich in ihren sanften Armen":
Ich weiß, dass so ein "Satz" nicht in einer Geschichte oder in einem Aufsatz stehen darf; aber für ein Gedicht hielt ich ihn in Ordnung, da man dort - um das Versmaß zu halten, den Reim zu retten oder was auch immer - gegen die Sprachsyntax verstoßen darf, so lange es nicht zu gekünstelt klingt, und so lange der Sinn schlüssig bleibt.

Deine inhaltliche Zusammenfassung ist niederschmetternd und zeigt mir deutlich auf, dass ich hier fehlenden Inhalt mit aufgeblähten Ausdrücken und Formspielerei kompensiert habe bzw. wollte.
Wegen dem Holpern: Ich habe in jeder Strophe, vom fünften auf den sechsten Vers, vom fünfhebigen in den vierhebigen Jambus gewechselt, weil ich hoffte, es würde dadurch lebendiger wirken. Hätte ich wohl besser nicht getan (und gerade merke ich, dass ich da ohnehin einen Fehler gemacht habe...)

Ich stimme mit den meisten Punkten Deiner Kritik überein, und muss zugeben, dass mir dieses Stück klar misslungen ist.
Danke für die ehrliche und lehrreiche Kritik.


@Herby:
Der Schluss ist - neben der Titelsuche - meist meine größte Schwäche. Die letzten vier Verse sollten meine Grundidee für dieses Gedicht darlegen; dass sie nun so lapidar rüberkommen, wurmt mich, aber es stimmt.
Ob es großen Sinn macht, dieses Stück zu überarbeiten, bezweifle ich inzwischen. Die Idee aber werde ich bei Zeiten nochmal aufgreifen. Eure Kritiken nehme ich dafür gerne mit.

@Lisa:
Nun ja, ich hatte und habe eine Menge Stress, wollte aber mal wieder vorbeischauen :smile: Hier hat sich ja einiges getan, gefällt mir.
Ich schreibe gern nach "altem Muster", auch wenn das heute nicht mehr zeitgemäß scheint. Dass ich hier aber so viele ausgelutschte Motvie benutzt habe, ist mir beim Schreiben und auch beim Lesen nicht aufgefallen. Ich stimme zu, auch dadurch ist sicher einiges verlorengegangen. Als Persiflage war es sicher nicht gedacht; das es so wirkt, mag wohl auch davon herrühren, dass ich mich normalerweise auf Satire beschränke.


Ich danke noch einmal für die Kommentare, Ihr habt mir sehr geholfen.

Liebe Grüße
Nitro

Julek

Beitragvon Julek » 23.03.2006, 17:03

Hallo Nitrogenium,

ich wollte nur etwas zum ersten Vers sagen.
Also, ich kann da nicht mit Franktireurs Kritik mitgehen.
"Ich träume mich in ihren sanften Armen" würde ich in einem Schulaufsatz natürlich auch anstreichen, doch einem Lyriker gestehe ich die Freiheit zu Regelverstößen dieser Art zu.
Diese Zeile hört sich für mich wie eine gelungene Synthese aus
"Ich träume in ihren Armen" und "Ich träume mich in ihre Arme", im Sinne von "Ich wünsche mich in ihre Arme" an.
Was den Rest deines Gedichts betrifft, so muss ich allerdings sagen, dass auch ich keinen direkten Zugang finde. Der Wendepunkt ist tatsächlich etwas sehr abrupt und obendrein sprachlich eher ein bisschen mau vorbereitet.
Aber trotzdem: weitermachen!


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