wie es ist

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
scarlett

Beitragvon scarlett » 28.04.2008, 15:48

dies löchrige brot hast du
nicht gegessen hungersehnsucht nie
geschmeckt im gelbroten feld

und niemals hat deine hand
durchwühlt die sattkörnige erde
während im kopf sich mohnwind versteckt

wie es ist wenn dein herz
an mondzeigern hängt und im takt
der sonnenuhren schlägt

nein, dies alles weißt du nicht
und trägst mich dennoch
durch die Zeit.

Schluss durch zwei Verszeilen ergänzt.

© Monika Kafka, 2008
Zuletzt geändert von scarlett am 09.05.2008, 20:35, insgesamt 1-mal geändert.

jondoy
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Beitragvon jondoy » 01.05.2008, 12:46

Hallo scarlett :smile: ,

wir hatten noch nicht das Vergnügen,

wer anderes sucht, der findet diesen Text, so ging es mir,

Nach dem ersten Lesen klingt mir am Ende nach:
"nein, dies alles weißt du nicht".

So, so, dass also auch nicht, flüsterte ich mir ein,
und dies ist nicht gerade ein beglückender Gedanke,

also frag ich mich unwillkürlich,
wie es ist, wenn ich mir vorstelle,
wenn mein herz
an mondzeigern hängt und im takt
der sonnenuhren schlägt.

(das Bild gefällt mir :smile:),

Es könnte viellleicht das umschreiben:
Mein Herz schlägt tagsüber.
zur Mondzeit hängt es seinen Träumen nach.

"hungersehnsucht nicht geschmeckt im gelbroten feld"

ich denk mir, es gibt viele Formen von Hunger,
auch auf anderen Feldern,

Der Text wirkt vom Ton her schon etwas anklagend, da möchte ich als Leser schon wissen, warum,
er kippt meinem Geschmack nach zu sehr ab in die Schiene "Betroffenheitslyrik",
auch wenn ich den Schmerz in den Zeilen rauslesen kann.

Soweit meine Gedanken dazu.

Viele Grüße,
jondoy
:smile:

Mucki
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Beitragvon Mucki » 01.05.2008, 16:18

post mortem

Dies scheint mir ein Nachruf an jemanden zu sein, der nicht einmal ein Jahr gelebt hat (sonnenuhren schlägt) und auch keinen Monat (mondzeigern).
LI beschreibt/stellt sich vor, was LyrDu alles nicht erlebt hat. Was mir gefällt ist, dass hier nicht nur positive, sondern auch negative Erlebnisse aufgegriffen werden, somit das Leben ausmachen, denn das Leben besteht nicht nur aus positiven Augenblicken. Diese verpassten Erlebnisse werden in sehr schönen lyrischen Bildern dargestellt.
Es ist ein trauriges Gedicht mit einem ebenso traurigen und nachdenklichen Nachhall, aber das ist auch kein Wunder, wenn man bedenkt, worum es hier - nach meiner Lesart - geht.
Ich finde es sehr gelungen.
Saludos
Mucki

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 01.05.2008, 17:48

Resignation

Ich denke nicht, dass es sich um einen Nachruf handelt.
Für mich kommt es wie ein Vorwurf an ein Du an, das traurigerweise das LI nicht verstehen kann in seiner Sehnsucht. Ein unheilbarer Hunger nach Erleben des LI, den es nicht gestillt bekommt, schon gar nicht durch das Du, von dem nichts davon verstanden wird.

Ich empfinde es auch als Vorwurf, dass die Gefühle nicht geteilt werden können, und als Leser stehe ich nun - trotz der trefflichen Bilder - sehr unbefriedigt da, weil ich darin keine Lösung finden kann.

Aber das ist in Ordnung so, da es mich anregt, selbst Lösungen zu finden.

Lieben Gruß
ELsa
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Mucki
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Beitragvon Mucki » 06.05.2008, 15:26

Liebe Elsie,

für deine Lesart spricht einiges, stimmt. Besonders dieser Satz:
"nein dies alles weißt du nicht" und auch der Satz mit dem Herz.
Vor allem der Schluss klingt sehr resigniert. Das springt irgendwie auf den Leser über.
Saludos
Mucki

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.05.2008, 16:28

Ich habe gerade leider keine Zeit gründlich darauf einzugehen, deshalb eine kleine vor meiner großen Reaktion:

Ich sehe es ähnlich wie meine Vorredner, aber noch mehr auf diese Wortwahl bezogen.

Es könnte für mich auch heißen: "Schau, was ich für verrückte Metaphern kenne! All dies kennst Du nicht!"

(...)

Ich denke, dass die Menschen sich selbst und auch den Affen gar nicht so verschieden sind, was ihr Glücksempfinden anbelangt. Egal, wie reich, jung, alt... ich glaube jeder freut sich über "schönes Wetter" - was auch immer das heißen mag...

Jedoch: Was ist denn "löchriges Brot" :smile: ? Ich bin froh, dass noch nie gegessen zu haben. Ist das etwa das Brot, was sich passgenau dem Käse auflegen lässt :smile: ?

Mm...

Also bis später! Schade, dass du nicht antworten kannst :smile: !

Schönes Wetter!
l

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.05.2008, 16:32

PS: Kennt ihr Pocahonthas (Walt Disney) ?

JETZT weiß ich woran mich das erinnert!

An dieses Lied:

http://www.youtube.com/watch?v=vLyuav6NDik

*lach*

Das hat ja wohl genau denselben Tonfall, würde ich meinen!!!

Ich war als Kind in diese Figur des Kolonialherren verliebt :smile:

Ist das Gedicht aus Indianersicht geschrieben ;-) ?

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.05.2008, 16:35

Letztes PS noch zu diesem Song:

"Wie weit wachsen Bäume hinauf?
Wenn Du sie fällst
kriegst du ´s nie heraus."

Das ist ja wohl Greenpeace und Attac in einem :smile: !

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Elsa
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Beitragvon Elsa » 06.05.2008, 18:28

Hallo Louisa,

Ich habe gerade leider keine Zeit gründlich darauf einzugehen, deshalb eine kleine vor meiner großen Reaktion:
In der Tat?

So klein ist die Reaktion ja gar nicht und zudem recht eigen. :-)

Es könnte für mich auch heißen: "Schau, was ich für verrückte Metaphern kenne! All dies kennst Du nicht!"
Hm? Wieso Metaphern? Hast du denn niemals Fantsasiebilder im Kopf, und bedauerst, sie nicht mit jemandem teilen zu können?

Jedoch: Was ist denn "löchriges Brot" :smile: ? Ich bin froh, dass noch nie gegessen zu haben. Ist das etwa das Brot, was sich passgenau dem Käse auflegen lässt :smile: ?
Du kannst auch froh sein, das nie zu müssen (hoffentlich). Ich habe. Ich habe ziemlich armselige Zeiten erlebt (aus eigener Blödheit) und weiß, wie Graubrot aussieht, wenn es alt ist. Wenn die Feuchtigkeit raus ist, wird es hart und schrumpelt in sich. Dann kriegt es Löcher.

Ich finde nicht, dass es das Gedicht verdient (keins eigentlich), sich darüber lustig zu machen.

Lieben Gruß
ELsa
Schreiben ist atmen

Louisa

Beitragvon Louisa » 06.05.2008, 21:19

Ähm... ich habe mich nicht darüber lustig gemacht - es ist nur "lustig" für mich, dass ein Walt-Disnex-Lied fast dieselben Vokabeln und Vorwürfe enthält wie dieses Gedicht. Das mag es jetzt gelungen oder misslungen erscheinen lassen. Das ist meine Feststellung.

Sonst wollte ich einfach nur wissen, was löchriges Brot ist. Danke für die Erklärung!

Wieso aber wird dann nicht etwas Ähnliches wie deine BEschreibung (Elsa) verwendet? Das hat auf mich eindeutiger gewirkt, egal...

Und: Doch! Da bin ich ganz strikt dagegen: Manche Gedichte verdienen es, dass man sich über sie lustig macht! Da könnte ja jeder schreiben, was er wolle. Also ich finde es geht hier immer noch um Kritik in diesem Forum und Textarbeit... Nicht um Milch-und-Honigbäder...

Ich würde mir wünschen, dass meine Gedichte zerfleischt werden! Das hat mir bisher immer geholfen! Immer!!!

Und außerdem ist "Jondoy" ja ungefähr derselben Ansicht wie ich... Das Gesagte in diesem Gedicht bleibt so vage, dass man nicht weiß: Auf was genau bezieht sich dieser Vorwurf?

Etwa darauf, dass ich keinen Mondwind im Kopf habe?

Oder darauf, was du sagst, Elsa: Das ich nicht weiß wie man sich fühlt, wenn man verhungert?

Das letzte würde mich auch überhaupt nicht amüsieren... Das ist ein wichtiges Thema... Aber wenn du es mit solchen Vokabeln wie "Mondwind im Kopf" und dann die doppelt gemoppelten "Mond--zeiger" plus "gelbrote Felder" ...

DANN kann ich nicht mehr nachempfinden, dass es sich hier um das Verhungern handelt.

Ein Verhungernder denkt -meiner Vorstellungskraft her- nicht in solchen "Schnörkel-Worten"...

Wenn ich das Gedicht dann lese, frage ich mich: "Ja, weißt du denn dies alles? Und wie war das denn genau?"

Deinen Kommentar fand ich zum Beispiel sehr überraschend und spannend. Das war greifbar, fast schon poetisch mit diesem langsam schrumpelnden Brot (ja!) -

Aber das Gedicht...zuviel Mond! Zuviel Pocahonthas!

Guten Abend!

l auf dem Weg nach Cannes....

jondoy
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Beitragvon jondoy » 06.05.2008, 22:05

Zitat:
„Es freut mich dennoch, dass dir die melancholischen Zeilen gefallen haben
und bedanke mich für deine Gedanken dazu“.
(scarlett)

Hallo scarlett,

ich hab nochmals über deinen Text und meinen Kommentar nachgedacht.
Ich versuche jetzt keine „Textverbesserung“ sondern eine „Kommentarverbesserung“ meinerseits.

Zum ersten und zweiten Absatz:
Ich assoziiere schon von Anfang an mit den ersten beiden Absätzen kein metamophorisches „Bild“, sondern für mich sind sie eine reale Beschreibung aus dem Alltagsleben des Lyrischen Ichs in Kindheitstagen. Ich frag mich auch, sind (abgeerntete ?) Mohnfelder gelbrot?
Natürlich kann ich mich auch total täuschen.

Zum dritten Absatz:
Was das Lyrische Ich mit den artverwandten Begriffen „Mond“ und „Sonne“, welche das Lyri nochmals bewusst „unsichtbar“ mit den Wortbeigaben „zeiger“ und „uhren“ verbindet, ausdrücken will, erschließt sich mir über die bereits in meinem ersten Kommentar geäußerte Annahme hinaus nicht.
Ich verbinde kein weiteres Bild damit.
Die Sprache dieses Absatzes des Textes/Gedichts legt zwar eine metaphorische Bedeutung nahe, es bleiben für mich aber noch leise Zweifel, denn ich könnte zumindest den „zweiten“ Teil dieses „Bildes“ durchaus „real“ übersetzen wie folgt:
„Wenn ein „herz im takt der sonnenuhren schlägt“, könnte es im Kontext des gesamten Textes vielleicht bedeuten, dass dieses „Herz“, (in meiner Vorstellung „dieses Kind“, vielleicht auch erwachsener Mensch) vom Sonnenaufgang morgens an bis zum Sonnenuntergang abends hart arbeiten muss und nur zur „Mondzeit“ seinen eigenen Gedanken nachhängen kann.

Jedenfalls will das Lyrische Ich mit diesen Zeilen wohl eine schmerzliche Sehnsucht (nach einem „besseren“ Leben) oder einen ähnlichen Schmerz ausdrücken.

„Wie es ist, wenn dein herz schlägt“, ist in meinen Augen von der inhaltlichen Aussage her etwas elementares, und der Autorin offenbar so wichtig, dass dies sogar Eingang in die Überschrift findet.
Wenn ich wüsste, wie das ist, würde ich dieses Hungergefühl denn je vergessen können?

Ich würde als Leser gerne wissen, auf was sich dieses Hungergefühl genau bezogen hat, nur auf den körperlichen Hunger, oder auf einen andern „Mangel“, wenn das in dem Text/Gedicht mehr beschrieben werden könnte, würde es mich Leser nicht ganz so unverstanden „zurücklassen“. Ich will ihn doch als Leser verstehen können, zumindest dann, wenn ich nicht von seinem Klang betört bin.

Meine erste Reaktion („es kippt nach meinem Geschmack zu sehr ab in die Schiene „Betroffenheitslyrik“,...“) ist in gewisser Weise entlarvend, ich weiss wirklich nicht, wie das ist. Somit ist die Aussage zutreffend.
Der Text ist für mich tatsächlich sehr schwer nachzuvollziehen und zu „verstehen“.
Es ist zweifellos ein sehr melancholischer Text. Ich bedanke mich bei der Autorin für den Text mit meinen Gedanken dazu.

Ohne Grüße, aber deswegen nicht weniger herzlich
Stefan

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Beitragvon Elsa » 07.05.2008, 08:37

Guten Morgen, Louisa,

Ähm... ich habe mich nicht darüber lustig gemacht - es ist nur "lustig" für mich, dass ein Walt-Disnex-Lied fast dieselben Vokabeln und Vorwürfe enthält wie dieses Gedicht. Das mag es jetzt gelungen oder misslungen erscheinen lassen. Das ist meine Feststellung.
Mir kam es halt süffisant vor. Dazu überlege ich, dass doch schon a l l e s
in irgendeiner Form mal geschrieben wurde, da kann es zu Parallelen kommen.

Sonst wollte ich einfach nur wissen, was löchriges Brot ist. Danke für die Erklärung!
Wieso aber wird dann nicht etwas Ähnliches wie deine BEschreibung (Elsa) verwendet? Das hat auf mich eindeutiger gewirkt, egal...

Naja, ist ja nicht mein Text. Jeder formuliert auf seine Weise, wobei das reine Interpretation meinerseits ist, wer weiß, ob Monika es so meinte?

Und: Doch! Da bin ich ganz strikt dagegen: Manche Gedichte verdienen es, dass man sich über sie lustig macht! Da könnte ja jeder schreiben, was er wolle. Also ich finde es geht hier immer noch um Kritik in diesem Forum und Textarbeit... Nicht um Milch-und-Honigbäder...
Aber Louisa, zwischen sich lustig machen und Textarbeit liegen einige Welten. Jeder Autor (sofern er kein Troll ist), auch wenn er etwas ungeschickt formuliert, hat doch ein Recht auf Achtung? Sich über seine Zeilen lächerlich zu machen, widerstrebt mir.

Ich würde mir wünschen, dass meine Gedichte zerfleischt werden! Das hat mir bisher immer geholfen! Immer!!!
Zerfleischen = nicht lächerlich machen, oder?

Und außerdem ist "Jondoy" ja ungefähr derselben Ansicht wie ich... Das Gesagte in diesem Gedicht bleibt so vage, dass man nicht weiß: Auf was genau bezieht sich dieser Vorwurf?
Das habe ich druchaus auch angesprochen. Da fehlt Klarheit, ja.

Lieben Gruß
ELsa
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Beitragvon ferdi » 07.05.2008, 08:48

Hallo Louisa!

Also wenn du das Gedicht noch nicht einmal genau genug liest, um zu sehen, dass da "Mohnwind" und nicht "Mondwind" steht (wie du in deinen Ausführungen behauptest), solltest du dich nicht wundern, wenn der Eindruck entsteht, dir ginge es wesentlich mehr um einen (deiner Ansicht nach) lustigen Kommentar als um eine der Autorin hilfreiche Rückmeldung zu ihrem Text.

Ferdigruß!

Edit: Eigentlich mag ich deine Art zu kommentieren ja sehr. Aber im Moment fehlt ihr etwas die Balance, finde ich, zwischen Hinwendung zum kommentierten Text und Hingebung an die Eigengesetzlichkeit des Kommentars. Ich hoffe, das schwingt wieder ein :-) -F.
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Louisa

Beitragvon Louisa » 07.05.2008, 09:29

ja, ich hoffe auch (...)

Wobei für mich der "Mohnwind" nichts an meiner Gesamtaussage ändert.

Außerdem: Ich habe das Disney-Lied sehr gern. Es ist sehr erfolgreich. Ich weiß nicht, was daran schlimm sein sollte. Es ist lustig, weil es für Kinder ist, ja -

"Schlecht" finde ich den Text nicht. Nur eben etwas zu "schnörkelig".

Beim nächsten Mal konzentriere ich mich besser.

Liebe Grüße,
l


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