Für Mick, weil die Wahrheit nie schön ist

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
Dita

Beitragvon Dita » 26.03.2006, 13:53

Zunge mit Worten belegt dringt tief in mich ein
Jeder Stoss schmerzt
Jede Bewegung befriedigt
Liege geöffnet vor Dir
Bereit Dich aufzunehmen

Mein Gesicht und Schreien in Träume gepresst
Werfe ich mich vor und zurück
Reite von Versprechungen getragen
Auf deinem Körper
Bin erschöpft von aller Wahrheit

Deine Stimme wälzt sich durch mich hindurch
Spreizt mein Wesen
Will nicht wissen wo dein Herz ruht
Will genommen sein
Der Hoffnung ergebener Sklave

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 22.12.2017, 11:54

frauen die wie männer dichten
sind äußerst selten
männer dichten über rohrschellen
reduzierstücke und dichtungsringe

während frauen in der regel (??)
über dichtende männer
dichten
tun
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Nifl
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Beitragvon Nifl » 22.12.2017, 12:13

Mit Hanf dichten
können Frauen wie Männer
Rohre verlegen hingegen...

Ughhh ich distanziere mich.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Klara
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Beitragvon Klara » 22.12.2017, 18:18

"Es ist vielleicht ein Vorurteil, aber ich finde, dass wenn Frauen wie Männer über Sex Erlebnisse dichten ihr Wesen verraten."
Oha.
Da ist nix dran zu deuteln.
Das meint ganz eindeutig: Frauen haben rein und keusch zu sein und, wenn sie schon Sex haben müssen (aktiv!) statt sich damit zu begnügen, begehrt (und bedichtet) zu werden (passiv) - auf keinen Fall selbst (aktiv!) darüber dichten sondern schweigend (passiv) bleiben sollen.
Schon krass, dass heute, 2017, in der "westlichen Welt des blauen Salons" solcherlei in den Rechner getippt wird.

Es ist vielleicht ein Vorurteil, aber ich finde, dass wenn Männer über Dichtung von Frauen als "Dichtung von Frauen" und das "Wesen der Frauen" Bewertungen schreiben und Werte zuschreiben, ihre unfassbare Unfähigkeit oder zumindest fehlende Bereitschaft zur Reflexion verraten.

Wenn jemand, der denken kann, es aber nicht tut, egal ob mit oder ohne Penis, macht mich das immer ein wenig ärgerlich.

herzlich
klara
PS Im Übrigen ist Sex, /begeschrieben, m.E. IMMER eine Metapher. Ob sie im obigen Fall gelungen eingesetzt und sprachlich gut umgesetzt ist, fehlt mir im Moment die Muße genau zu schauen. Was ich jedoch lese, ist erstmal ein interessanter Versuch.

Niko

Beitragvon Niko » 22.12.2017, 22:31

"der Hoffnung ergebene Sklavin" wäre richtiger. Aber das ist sicher der verstrichenen Zeit anzulasten.

Ich finde auch, wie Klara, diesen Versuch immerhin mutig und in dieser Variante immerhin doch eher selten.
Ich hab jetzt einen Haufen Gedichte geschrieben. Aber nie habe ich es gewagt, Lyrik zu wagen, die (wenn auch eventuell nur metaphorisch) sich mit Sex und erotik befasst. Ja.... Mag sein, dass ich dafür ohnehin zu schüchtern bin. Aber ich finde die Gratwanderung zwischen lächerlich oberflächlich und peinlich vulgär extrem schmal.
Zudem gab es hier auch einen Autor (bekannt als perry) dessen heiße, erotische Gedichte mich zum fremdschämen animierten.
Es ist unglaublich schwer. Ich würde es gerne können. Aber ich traue es mir nicht zu. Vielleicht nehme ich das Thema zu ernst. Aber vielleicht muss man es ja auch ernst nehmen!
Ich finde den Versuch hier garnicht mal schlecht. Aber mir kommt es doch etwas zäh, bemüht, zu gewollt vor.
Aber.... Ich könnte es nicht einmal halb so gut.

Herzlichst - Niko

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birke
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Beitragvon birke » 22.12.2017, 23:08

ja, niko, da stimme ich dir zu - es ist eine unglaublich schwierige gratwanderung.
auch beim leser/ der leserin sehr sensibel ...
aber - natürlich - dürfen und sollen frauen auch über so etwas schreiben, wenn sie es denn wollen!

dieser text hier klingt für mich verzweifelt ... und geht weniger um sex als um andere (macht-)kämpfe (?)
mit erotik hat er für mich zumindest wenig zu tun.

ich finde, gioconda belli hat sehr gute erotische gedichte geschrieben, durchaus auch unverblümt aber nie - hm, ordinär.

ein schwieriges thema, finde ich!
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nifl
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Beitragvon Nifl » 23.12.2017, 11:29

aber - natürlich - dürfen und sollen frauen auch über so etwas schreiben, wenn sie es denn wollen!

Es geht ja nicht ums Dürfen, sondern darum, dass Frauen dann "ihr Wesen verraten" im Gegensatz zu Männern.
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Niko

Beitragvon Niko » 23.12.2017, 18:14

Frauen verraten ihr Wesen, wenn sie über sowas schreiben?
Gilt das nicht im speziellerem Maße auch und erst recht für die Männer?

Herzlichst - Niko

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 23.12.2017, 20:27

Offensichtlich ist das Wort "Verrat" zu hart.

Ich versuche es so: Wenn eine Frau so über ein sexueles Erlebnis dichtet, benutzt sie eine Sprache, die nicht konform geht mit dem Charakter der Frauen, der meisten Frauen, meine ich.
Hier wird eine Sprache benutzt, die von vielen Männern gehört, bzw, gelesen werden will.

Frauen, in der Regel, reden nicht so über ihre Sexualität, geben auf keinen Fall ihr intimes Leben preis, sie sind viel diskreter, viel sensibler.

Die Erotik ist eine Erfindung, eine Kreation der Frauen, des weiblichen Geschlechts.

Und dieses Gedicht ist das Gegenteil von Erotik.

Jeder kann schreiben was er will, ich sage bloß, wie ich das Geschriebene empfinde.

Klara
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Beitragvon Klara » 24.12.2017, 10:37

Hi Klimperer,

mir scheint, du hast keine Ahnung, warum deine Äußerung Befremden hervoruft.
Du sagst eben nicht nur, wie du das Geschriebene empfindest,
sondern du behauptest, wie Frauen ALS SOLCHE sind und zu schreiben haben.
Die Behauptung eines "Wesens" ist schon an sich schwierig - Wesen des Menschen, Wesen der Liebe, Wesen der Frau - und es wird hier keine Eindeutigkeit geben. Wenn jedoch ein Mann (oder auch eine Frau) behauptet, das Wesen der Frau ALS SOLCHER zu kennen und ins letzte definieren zu können - "diskret, sensibel, erotisch" - ist das von Anfang an falsch.
Ich glaube jedoch zu ahnen, was du meinst, und das finde ich wiederum sympathisch: Wenn Frauen (oder Männer) so schreiben, wie sie meinen, schreiben zu müssen (über Sexualität), dass es "ankommt", ist es auch falsch. Und das passiert sicherlich häufig - Frauen wie Männern, aber vermutlich mehr noch schreibenden Frauen, deren Schreiben über "männliches" Schreiben definiert und bewertet wird. Dieses Definiertwerden über "männliche" Kriterien und Dichotomien machst du aber eben auch, wenn auch scheinbar "positiv" und wiederholst dadurch die Entfremdung, Ich meine: Es steht niemandem zu, in allem Ernst (Witze sind etwas anderes) über das Wesen eines anderen (oder auch des eigenen?) Geschlechts zu befinden. Hier gibt es so viel, das man und Mann zu wissen MEINT, als ewig-gültig seit jeher - und dieses Scheinwissen erschwert gerade, dass Frauen (und Männer) ihre je eigene Stimme finden können. Im Übrigen ist es auch unfair, dem einzelnen Text gegenüber, auf das WESENTLICH Schreiben von FRAUEN ALS SOLCHEn abzuheben. Sag doch lieber: Was passt dir am Text nicht? Stell dir vor, oben steht ein Männername drüber als Autor. Woher willst du so genau wissen, dass "Dita" eine Frau ist? Oder wenn du sicher bist: dass sie nicht bestimmte Dinge so empfindet, wie sie drüber schreibt? Während ein Mann sehr "weiblich" empfinden/schreiben kann (das kommt vor!) :)

Frohe Weihnachten!
Klara

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birke
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Beitragvon birke » 24.12.2017, 10:54

ja, da stimme ich klara vollkommen zu!
daraus ein frauen-/ männer-ding zu machen, ist doch viel zu verallgemeinernd.
ich verstehe zwar auch, was du meinst, lieber carlos, aber - ist es nicht vielmehr so, dass jeder mann, jede frau sein/ ihr ganz eigenes wesen hat? :) und insofern ist jeder text höchstindividuell.
(übrigens ist dieser text ja offenbar einem mann gewidmet ... vielleicht hat lyrich auch deshalb diesen duktus gewählt?) edit: und prompt bin ich auch schon wieder ins Klischee gefallen! :brett:
herzlich, und frohe weihnachten!
birke
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ZaunköniG
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Beitragvon ZaunköniG » 24.12.2017, 13:34

Rollenverhalten folgt beim Kulturwesen Mensch doch mehr Konventionen als den Genen.
Konventionen, an denen man sich reiben kann, die manchmal auch ihren Sinn haben, aber ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen, dass es das Weibliche an sich genauso wenig gibt wie das Männliche an sich. Ok, Mutterschaft z.B. wäre ein Aspekt den Männer grundsätzlich nicht erleben können, aber auch Frau muss es erst erleben um sicher zu sein, wie es sich anfühlt.

Und wenn Dita die einzige Frau wäre die so fühlt, wie beschrieben? Dann hätte sie dennoch jedes Recht es genau so auszudrücken! Aber so ist es wohl nicht. Nach wie vor wird Männern ein Seitensprung oder ein wechselhafteres Sexualleben leichter verziehen, weswegen Frauen in der Regen vorsichtiger sind, mit ihren Amouren hausieren zu gehen, aber Heimlichkeiten, auch wenn sie als Diskretion eingefordert werden, sind nicht wahrhaft oder authentisch. Weder beim Mann noch bei der Frau.
Der Anspruch ihn auszudrücken, schärft auch den Eindruck


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