ein Tag

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
moshe.c

Beitragvon moshe.c » 09.07.2008, 21:10

ein Tag

die Uhr

die Wellen
gleichmäßig
verbunden

innen und außen

der Atem
das Essen

individuell

kein Wort
zur Nacht

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 13.07.2008, 19:31

Lieber Moshe,

ich könnte mich damit anfreunden,

allerdings stört mich das "individuell" ziemlich.

Gruß
Wüstenfuchs

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 13.07.2008, 21:24

Lieber Wüstenfuchs!

Warum stört dich das 'individuell'

Willkommen

MlG

Moshe

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 14.07.2008, 08:09

Hmmmm,

es stört meinen Lesefluss.

Es platzt heraus.

Es zerteilt das Gedicht,

Gruß
Wüstenfuchs

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 14.07.2008, 10:54

... und es ist überflüssig

Last

Beitragvon Last » 14.07.2008, 21:45

Hallo Moshe,

vorab: ich bin gegen eine Streichung von 'individuell'.

Das Gedicht lese ich jetzt einmal etwas vorgeprägt. Es verschließt sich noch etwas vor mir. Etwas schüchtern schaut es jedesmal weg, wenn ich es ansehe.
Welche Vorprägung beeinflusst mich? Vor allem dein Gedicht "ich esse [also bin ich]", das ja eine ähnliche Krise innerhalb der Selbstbestimmung formuliert hat. Aus dieser Perspektive macht das 'individuell' gerade den Reiz des Textes aus.
Die letzten fünf Zeilen halte ich in ihrer Setzung für perfekt. Das 'individuell' steht genau zwischen den beiden Strophen. Als Nachwort zur oberen und als Vorwort zur letzten. Es wird individuell geatmet (gemeint ist ein Lebensprinzip) und vor allem individuell gegessen. Aber genau dieser individuelle Lebensstil spricht nicht mit der Nacht/ mit sich selbst. Er ist/lebt/west also nicht aus sich selbst heraus.

Jetzt wird mir gerade das Gestaltungsschema des Textes bewusst. Es sind genau diese ungschriebenen Zwischenzeilen, die zwangsläufig assoziierten Verbindungen, die schon in "An" so gut funktioniert haben (dort mit einer wohligen Emotionslage, hier kritisch). Dieses Grundprinzip benennst du selbst, "die Wellen/ gleichmäßig/ verbunden", und machst es zur Grundlage der Persönlichkeitsbildung genau der Persönlichkeit die kritisiert wird.

Zwischen beiden bereits gedeuteten Strophen steht "innen und außen". Auch das verbindet sie auf eine Weise. Es benennt eben die zwei Grundlagen der Persönlichkeitsbildung von denen eine vernachlässigt wird ohne das zu merken. Dadurch wird sie von der anderen überlagert oder kompensiert.

Das Ganze geschieht unter folgendem Blickwinkel: "ein Tag// die Uhr" diese Zeilen wirken als Titel und ein Motto auf mich (mit dem Tag hat es aber noch etwas weiteres auf sich). Es ist verstreichende Zeit, die veratmet wird, das Essen (vgl. wieder "ich esse") führt zu einer Fassadenpersönlichkeit an der das Leben schließlich vorbei läuft obwohl es eigtl. besonders genießen wollte. Der Tag wandelt sich zur Nacht und verstummt.

Ich hoffe es ist jetzt halbwegs klar welchen Eindruck das Gedicht auf mich gemacht hat. Ich habe zwar von hinten aufgekrempelt, dafür ist die Deutung aber live geschehen und dadurch authentisch?
Noch ein Nachwurf: Deutet man die Wellen als Wasserwellen an einem Strand, kann man den Text auch als Ermüden im positiven Sinn einer Pause lesen (vielleicht in Verbindung mit deinem Text "An"?). Meine kritische Lesart steht wie gesagt unter der Vorprägung von "ich esse". Ich werde mir nun für mich "ein Tag" einfach zwischen beide platzieren. Als Überleitung, die in beide Richtungen funktioniert (mal wieder).

LG
Last

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 14.07.2008, 23:25

Lieber Wüstenfuchs!

Zwei Lesehilfen:

1.:

der Atem
das Essen
individuell

kein Wort
zur Nacht


2.:

der Atem
das Essen

individuell
kein Wort
zur Nacht

Und bei mir steht es dazwischen.
Versuch es mal, ggf. auch laut.


Liebe Xanthippe!

Mit deinem Kommentar kann ich so nun wirklich nichts anfangen.

Lieber Last!

Nun finde ich natürlich bemerkennswert, daß du meine Texte unter einem Blickwinkel der Gedankenbildung und dem Ausdruck dazu verfolgst. Damit liegst du richtig, Oft ist es so, auch wenn natürlich Sprünge immer drinn sind. (Mit Sicherheit bin ich nicht der Einzige, bei dem sich das so verfolgen lässt.)

Die Tendenz ist derzeit mich mit einer Verflachung, ja ggf, auch mit einem Verschwinden, zu beschäftigen, wie es eben in den Leben so auftritt, und eben eine immanente Kritik daran.

Der Text hat genau die Symmetrie, wie du sie siehst, und die Bewegung darin.

Deine Vorstellung von Anordnung meiner Texte finde ich auch sehr bemerkenswert. Darauf komme ich nochmal zurück.

Soweit

MlG

Moshe

Last

Beitragvon Last » 15.07.2008, 09:40

Guten Morgen Moshe,

Deine Vorstellung von Anordnung meiner Texte finde ich auch sehr bemerkenswert. Darauf komme ich nochmal zurück.


Naja, ich denke, es ist ganz natürlich, dass man den Texten, die man von einem Autor hier in einem recht engen Zeitraum liest, einen gemeinsamen Wert zuordnet. Darin macht sich ja gerade das Werk bemerkbar.
Ich lese hier eben das Atmen, dass auch in diesem Gedicht hier vorkommt. Ein- und Ausatmen als Innen- und Außenwelt, als sich zufrieden geben mit dem Individuellen und als Kritik daran. Es ist ein Lebensprinzip, der Bezug zwischen Ich und Selbst, der Wettstreit von Individuum und Kollektiv um die Vorherrschaft des Wesens. Hierbei zeigt sich das Annehmen und Ablehnen der Außenwelt durch das Ich als der Prozess der der Fortschritt, ja das Leben selbst ist (du würdest es wahrscheinlich 'das Werden' nennen).
Wie dieser Ton aus der Verwebung der einzelnen Zeilen und der verschiedenen Gedichte ergibt, wie du einen Prozess durch die Aneinanderreihung hauptsächlich von Nomen schaffst, also mit ganz wenigen Verben, ganz wenig Bewegung eine Bewegung schaffst, das fasziniert mich. Der Stil der Texte entspricht so sehr ihrer Aussage.
Der einzige Kritikpunkt wäre das du stellenweise zu wage und stellenweise zu abstrakt formulierst. Aber in der Philospohie ist es nützlich etwas wage zu bleiben und die abstrakten Teile erklären den Mechanismus deines Schreibens. Hierbei überzeugt mich das Gesagte wenig, aber das Ungesagte sehr.

LG
Last

Hakuin

Beitragvon Hakuin » 15.07.2008, 09:44

moshe,
wenn deine texte nicht zu kryptisch werden, liegt ihnen ein stil zu grunde, der den inhalt gut unterstützt.
ich mach nun keine stilanalyse, aber denke du hast hier varianten ausdifferenziert.
ja nach stilart, kann ich zu deinen texte mehr oder weniger zugang gewinnen. wenn die metaphern zu schwanger sind, wird wie überall verwirrend, hier wie ich finde ein gelungenes ergebnis von stil, inhalt und wortwahl.

salve
hakuin

DonKju

Beitragvon DonKju » 16.07.2008, 20:52

hallo moshe,

was den kommentar von xanthippe angeht, ich glaube der bezieht sich auf das "individuell", welches sie "überflüssig" findet ...

ich hab' da nur ein ein paar kleine anfragen :

warum
innen und außen

und nicht

innen
außen

was das "individuell" angeht, so fällt es aus dem rahmen, weil vorher & nachher jeweils zwei zeilen stehen könnten und die beiden oberen auch noch gegensätze darstellen, da fehlt einem im ersten moment vielleicht der gegenpart, aber der ist wohl schwerlich zu finden, noch dazu in einem treffenden wort, und, um es mit xanthippe zu sagen, wohl auch "überflüssig" ...

ansonsten : gern gelesen und
einen abendgruß von bilbo

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 16.07.2008, 22:34

Lieber Bilbo!

Nur kurz heute:

Bezieh doch mal die Rhyrtmik mit ein hier, also ganz formal.
Dann kannst du schon allein aus diesem Aspekt erkennen, daß es sich nicht um eine Überflüßigkeit handelt, und auch nicht aus dem Rahmen fällt, wobei dieser dann doch biite defieniert werden solllte.
Somit wäre deine Frage aus einer Perspektive beantwortet.

Inhaltlich handelt es sich auch nicht um Gegensätze, denn die scheinbar auseinanderfallenden Begriffe erfahren eine Zusammenführung. (Du lässt die Entwicklung hier ganz ausser acht, sondern betrachtest den Text wie Einzelteile, die da so einfach herumstehen.)

Auf eine Erklärung von Xanthippe warte ich immer noch, weil mir ein Glauben, was sie gemeint haben könnte nicht reicht.

Lieber Last!

Auch nur kurz: Ich stimme mit dir überein: Mich interssieren in der Lyrik auch nicht so sehr die Worte, der Satzbau, die Konstruktion, usw., sondern das, was diese Elemente bewirken.

MlG

Moshe

Xanthippe
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Beitragvon Xanthippe » 17.07.2008, 09:40

Entschuldige Moshe,

ja ich hatte tatsächlich gemeint, dass (für mich, für meine Leseart) das "individuell" überflüssig ist, und mich damit direkt auf das vorangehende Posting vom Wüstenfuchs bezogen.

xanthippe

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 17.07.2008, 22:50

Liebe Xanthippe.

Das hatte ich mir schon gedacht.
Danke, daß du es mir nun bestätigt hast.

So weiß ich jetzt genau, was du gemeint hast.

MlG

Moshe

DonKju

Beitragvon DonKju » 19.07.2008, 07:35

hallo moshe,

da bin ich wieder, und irgendwie hab' ich das gefühl, ein bißchen mißverstanden worden zu sein :

- was die rhytmik des textes angeht, das kann ich nachvollziehen; daraus folgt : "innen und außen" gehen in ordnung ...

- interessant finde ich den aspekt, dass du "inhaltlich" einen gegensatz aufhebst, indem du ihn zusammenführst; entschuldige, aber 'innen' und 'außen', das ist und bleibt ein gegensatz, auch wenn sie zwei aspekte einer sache sind, einander bedingen, zusammen gehören wie in deinem gedicht ...

- ich bin auch nicht der meinung das "individuell" sei überflüssig; meine anmerkung bezog sich auf den hier fehlenden gegenpart, zur verdeutlichung :

innen und außen

der atem und das essen

individuell und generell

- und jener gegenpart, den fand' ich schwer zu finden und außerdem überflüssig ...

- was den zu definierenden "rahmen" angeht, hoffe ich, daß die vorstehenden anmerkungen ihn ausreichend abbilden ...

in der hoffnung, damit das mir wichtige klar gemacht zu haben
einen lieben samstagfrühmorgensgruß von bilbo


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