fruchtfleisch

Bereich für Texte mit lyrischem Charakter: z.B. Liebeslyrik, Erzählgedichte, Kurzgedichte, Formgedichte, Experimentelle Lyrik sowie satirische, humorvolle und natürlich auch kritische Gedichte
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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 16.08.2008, 10:50

fruchtfleisch



wische mir den nachtschweiß von der nülle
schalte ein philosophisches feature ein auf WDR 5
und starre dübellöcher
in die schlafzimmerdecke

die autowerkstatt nebenan
fährt mit lautem gewummer die bühne hoch
und die erste fliege scheißt mir
den morgen aufs laken

ich huste mich die treppe rauf
verschlucke eine haarsträhne
trete den küchenstuhl weg
und beiße vor wut in eine aprikose
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

DonKju

Beitragvon DonKju » 16.08.2008, 11:31

Hallo Tom,

da fliegen einem erstmal die Bilder um die Ohren - muss ich erst mal sacken lassen - vielleicht später mehr

Samstagsgruß von Bilbo (Lfd. Nr. 3, hihi)

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 16.08.2008, 11:34

Das Gefühl kenn ich, Bilbo ... :o)))
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

DonKju

Beitragvon DonKju » 17.08.2008, 10:24

Hallo Tom,

dieser Text - das sind für mich Gefühle in gedanklichen Bildfragmenten - an einem Morgen zum Vergessen - und wie hat Leo Malet einmal eines seiner Gedichte betitelt : "Brüll das Leben an"

Für den Aufbau mache ich jetzt mal mutig einen Vorschlag, aber entscheiden musst Du natürlich, ob das auch so für Dich ginge :

wische mir den nachtschweiß von der nülle
schalte ein philosophisches feature ein auf WDR 5
und starre dübellöcher in die schlafzimmerdecke

die autowerkstatt nebenan
fährt mit lautem gewummer die bühne hoch
und die erste fliege scheißt mir den morgen aufs laken

ich huste mich die treppe rauf
verschlucke eine haarsträhne
und trete den küchenstuhl weg, beiße vor wut in eine aprikose

Sonntagsmorgengruß von Bilbo

Max

Beitragvon Max » 17.08.2008, 10:46

Hi Tom,

erstmal eine interessierte Nachfrage: was ist "nülle"?? Ich vermute Kopf, aber das eher aus Kenntnis der menschlichen Anatomie als aus sprachlichem Wissen ;-)

Liebe Grüße
Max

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 17.08.2008, 11:35

Hallo Tom,

was ist "nülle"??
Das frag ich mich auch.

Eine sehr süße Art der Wutbewältigung. :o) Gefällt mir.

liebe Grüße smile

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 17.08.2008, 18:25

Danke erstmal für euer Interesse.

'Nülle' ist umgangssprachlich und bezeichnet das obere Teil des männlichen Penis. Auch Frucht eines einheimischen Laubbaumes, dessen Holz man ungeheure Härte nachsagt. Das habt ihr doch eh schon geahnt? ... :o))

Alles weitere später, bin in Eile ... (muss neue Aprikosen kaufen)
Für morgen früh.

Tom
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

Max

Beitragvon Max » 17.08.2008, 19:04

Und da hast Du Nachstschweiß?


Donnerwetter,
max

Mucki
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Beitragvon Mucki » 17.08.2008, 20:16

Moin Tom,

dieser Satz ist der Hammer!
und die erste fliege scheißt mir
den morgen aufs laken

und der hier
und beiße vor wut in eine aprikose

rundet das Ganze wunderbar ab :daumen:
Saludos
Mucki

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 17.08.2008, 23:24

Lieber Tom!

Diesmal ist es mehr unter der Bettdecke und ich habe es schon wieder gern gelesen.

Deine Aprikose gefällt mir besonders und ich habe sie aussergewöhnlich gern, auch wenn sie von dir getreten wird (und mehr!!!)
Hier sind sie schon fast abgeerntet, aber je später, desto schmackhafter sind sie dann.
Jetzt kommen die frischen Feigen so richtig auf den Markt. Die wird es bei dir kaum geben.

Was machst du im Winter?

Das wirst du noch nicht wissen.

Also schaue ich halt mal.

MlG

Moshe

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 17.08.2008, 23:58

Ihr seid alle so nett! ... :o))))

Smile liegt ganz weit vorn mit ihrer Beschreibung (und dementsprechend Mucki auch, danke!):
"Eine sehr süße Art der Wutbewältigung"
Ich hatte gehofft, dass es genau das transportiert.

Max;
Nu stell dich nicht dööfer an, als du abermals vorzutäuschen glaubst:
Stell dir einfach vor, 'Nachtschweiß' sei ein Synonym.

Monsieur Bilbo:
Ich seh keine Notwendigkeit, das Versmaß zu ändern. Warum meinst du? Deine Lesart wäre mir ... sagen wir mal ... zu glatt?

Lieber Moshe:
Deine Zuneigung wird mir langsam unheimlich :o))))
Aber auch dir muss ich zurufen:
Selbst die Aprikose könnte ein Synonym sein. Könnte! Muss aber nicht!

Feigen finde ich voll geil, die gibts hier aber meist nur getrocknet, aus dem Bio-Laden. Aber auch nicht schlecht. Zumal, wenn du sie mit Schinken ummantelst und scharf anbrätst ...
Im Winter will ich Winter haben ... Wo, weiß ich (noch) nicht ...
Ist das ein Angebot?

Danke an alle!

Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 19.08.2008, 22:29

Lieber Tom!

Der Orient war immer schon unheimlich, wenn er sich gegen den Westen oder den Norden neigte, und meistens kamen und kommen die Früchte ja nur noch getrocknet bei dir an, des eigentlichen Geschmackes beraubt, und nicht in der eigentlichen Süße und Saftigkeit, wie es die Natur hier bietet.

Ein nordwestländerrischer Mensch, wie du einer bist, versucht sich dann mit einer Ummantellung aus den Resten eines armen Tieres in seiner kärglichen Pfanne noch etwas anzubraten, zu erhitzen, obwohl das doch längst nur getrockenetes Zeug ist, was man hier nicht mal mehr den Kamelen gibt.

Man trocknet es ja geradezu für dich, also den Rest, den man hier nicht isst. Glaubst du im Ernst, wir würden hier auch nur auf eine einzige gute Feige oder Aprikose verzichten, nur um dir deine Angst vor Synonymen zu nehmen?

Betrachte doch bitte die Welt realistisch: Nicht eine einzige Frucht wird aus deinem Land in das meinige exportiert.

Und wenn du nun deine Trockenfrüchte aus dem Bio-Laden kaust, dann sollte dir klar sein, daß du an irgeneinem Ende der Welt lutscht, das dir nicht das bringt, was du eigentlich ersehnst.

Meine Zuneigung wird dir unheimlich?
Vielleicht schaust du auf deine Neigungen und gibst ihnen nach.

Du schreibst jetzt langsam Lyrik, die mir gut gefällt.
Da neigst du dich sehr gut.

Moshe

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Thomas Milser
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Beitragvon Thomas Milser » 20.08.2008, 00:10

Lieber Moshe,

auch hier gibt es frisches Gemüse ...

Ich muss keine Feigen und Aprikosen haben, um glücklich zu sein ... Ein einfacher Weißkohl tut es auch ... Und gelegentlich Himbeeren vom Strauch oder Kirschen vom Baum ...

Dass ich jetzt langsam in deinen Augen Lyrik schreibe, freut mich sehr ... Bevor die Kamele vor dir ....

Vielleicht solltest du mal mal mein Buch kaufen ... Am Ende würdest du noch entdecken, dass ich dies schon seit zwanzig Jahren tue ... :o)

Einen Staudensellerie auf dich (heute frisch in der Kartoffelsuppe)!

Tom.
Menschheit, Du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu... (Charles Bukowski)

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 20.08.2008, 11:07

Lieber Tom,

aus dem Text hör ich deine Stimme so raus, unglaublich -- find ich genial und sinnlich. Die letzte Strophe allerdings könnte noch einen kleinen Abschlussbogen vertragen, weil alle Strophen etwas gleich sind (was ja auch wieder der Gag des Gedichts ist bzüglich der Stimmung, aber sprachlich vermisse ich etwas eine Spannung, so dass man am Ende übertragen mitgeht und dem Tag ins Gesicht rotzt, als Bewegung.

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.


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