märzprojekt

Hier ist Raum für Werke, die das Zusammenspiel zwischen Literatur & anderen Künsten betonen, etwa Inspirationsfotos, fiktive Postkarten
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nera
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Beitragvon nera » 23.11.2014, 16:02

ich möchte hier ein (für mich) eher schwieriges projekt vorstellen, das mich gerade beschäftigt. das ganze ist so etwas wie eine auftragsarbeit und ich weiß ehrlich gesagt noch nicht so richtig, wie es bewerkstelligen soll. ich soll für zu circa 20 gezeichneten (kohle) motiven aus der zeit zwischen 1935-1960 zeitgenössische fotos machen, die den jetztzustand künstlerisch umsetzen?! die motive sind relativ typisch: ländliches und städtisches idyll, landschaft, "wahrzeichen" wie das göthehäuschen auf dem kickelhahn. vieles oder das meiste davon ist zur schaffenszeit schon oder sowieso idealisiert. einiges gibt es gar nicht mehr, anderes ist absolut aufgehübscht oder zumindest in einem aufhübschenprozeß. wie kann man nun dazu wirklich spannende fotos liefern? ich werde nur die fotos liefern, weil ich nicht weiß, ob ich die kohlezeichnungen veröffentlichen darf.
heute nun der erste knipstag: ein dankmalgeschütztes haus auf´m dorf. die zeichnung zeigt erstmal die gleiche ansicht, allerdings ohne häuseer im hintergrund und etwas kleineren bäumen. ich weiß, dass dieses gebäude kurz vorm zerfall stand und seit 96 restauriert wird.
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schmerfeld.jpg

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nera
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Beitragvon nera » 24.11.2014, 22:51

ach ja....zu den menschen....bei dem ersten motiv, habe ich außer zwei blondgelockten kindern(kein witz-bullerbü lässt grüßen) auf einem spielplatz niemanden gesehen. hier in ilmenau werde ich wahrscheinlich menschen mit rein bekommen. ich habe dabei an lange verschlußzeiten gedacht.....

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nera
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Beitragvon nera » 24.11.2014, 23:24

mal eine schnellspielerei.....müsste schon noch etwas besser ausgearbeitet werden.....
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schmerfeld8.jpg

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 25.11.2014, 04:15

Das sieht grauenhaft aus! :-)

Keine seelische Wirkung, keine Pointe, keine Mitteilung ... nur Effekthascherei.



Eigentlich ist das eine Collage aus mehreren Einzelbildern, das heißt, indirekt kannst Du ja doch mehrere Detailbilder in einem einzigen großen Gesamtbild zusammenfassen. Dann mach doch lieber eine Collage mit Deinen (ja wirklich) exzellenten Detailbildern anstatt eine Collage mittels photoshoppiger Zufallsgeneratorhäckselmaschine.

Eine Collage per se ist durch die ihr innewohnenden Komposition selbst wiederum ein Medium, um Geschichten zu erzählen. Erzeuge Spannung und Ästhetik durch die Anordnung der Strukturen und Farben nebeneinander. Die Fragmente und Anordnungen, wenn sie gut kombiniert sind, sprechen dann für sich; die brauchen keine Photoshop-Effekte. Wozu eine Sinfonie durch einen Wobbelheimer jagen, wenn sie pur ohne Effekte bereits saugut klingt?

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 25.11.2014, 08:28

Hm, das ist mir auch zu durcheinanderig. Wenn man z.B. ein Fischaugenobjektiv nimmt, ist zwar das Motiv verzerrt, aber es bleibt doch ein "klares" Bild. Aber ich finde es gut, einfach mal auszuprobieren (!), irgendwann macht es dann Pling und wenn man auch vielleicht dadurch zum Einfachen zurückkehrt. Ich hoffe dich nervt es auch nicht, ich hab auch nochmal gespielt. :)
schmerfeldtest2.jpg
Die Spiegelung würde (hier) auch das Neue ins Alte hineinweben. (Und vielleicht bemerkt Pjotr ja den Schatten, wenn ein Baum rauswächst. :o)) Ich finde immer wieder faszinierend, was aus solchen zusammengefügten Spiegelungen Neues entsteht.

Die eher konventionelle Herangehensweise (Fotokalender) wäre etwas wie das hier:
schmerfeldtest3.jpg
Wobei ich da dann interessant fände, wenn du Nifls Unschärfegedanken umdrehst, und den Hintergrund bewegt (aus dem Auto z.B.) fotografierst. Ich hab hier nur eine leichte Bewegungsunschärfe drübergelegt.
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 25.11.2014, 10:40

Jetzt spiel ich auch mal ein bisschen herum :-)

Bin aber auch nur am Suchen, und noch nicht angekommen!

Meine Gedanken:
- Mal ganz weg vom Reiseführerbild, hin zum Holzschnittartigen.
- Ein unsichtbarer Faden führt von links unten nach rechts oben.
- Die Sachen werden größer entlang des "Fadens", damit das Holzschnittartige nicht allzu flach wirkt.
- Linkes Fragment: frontal gesehen; mittleres: leicht nach oben blickend; rechtes: steil nach oben.
- Gesamtfrontalbild im Hintergrund mit milchglasiger Gauss-Unschärfe um ein bisschen Tiefe zu geben (könnte schon zu effektös sein).
- Spezielles Hintergrundblau um den rötlichen Stein harmonisch zu verstärken.
- ...
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Nera-Improvisation01.jpg

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nera
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Beitragvon nera » 25.11.2014, 11:19

lach, sehr schön was ihr zaubert. :)

aber ich habe bei all den spielereien, auch meiner eigenen, das gefühl: das iss nicht meins. mich fasziniereen farben, strukturen, heterogene ansichten und bei alten gebäuden die handwerkdetails. ich habe zwei aufnahmen, die vom ausschnitt her nicht gut sind, aber ich werde mich auf diese konzentrieren. (also noch mal machen) . hier zb. der steinerne türbogen und die spuren des plakats. bei dem anderen bild die machart des fachwerks, die farbe und der blaue himmel im fenster.
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schmerfeld10.jpg
schmerfeld9.jpg

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birke
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Beitragvon birke » 25.11.2014, 17:10

jaaa, nera.
bleib dir treu. ;-)
die letzten beiden bilder, auch wenn sie jetzt vom ausschnitt her für dich noch nicht ganz passend sind, wirken authentisch auf mich, und sie berühren den betrachter, sagen etwas aus, da ist etwas hinter! mir jedenfalls sagen sie mehr, als die spielereien mit der bildbearbeitung. (die zugegebenermaßen auch ganz reizvoll sind, aber mmn eher vordergründig mit effekten spielen.) vor allem das mit dem fenster finde ich stark. (aber fenster haben es mir sowieso angetan)
just my 2 cents :smile:
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Nifl
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Beitragvon Nifl » 25.11.2014, 18:06

hm, ich könnte mir vorstellen, dass die meisten Aaaas und Ooooos beim Publikum die ganz konservative, langweilige Gegenüberstellung von historisch und Jetztzeit sein würde.


hier in ilmenau werde ich wahrscheinlich menschen mit rein bekommen. ich habe dabei an lange verschlußzeiten gedacht.....

o ja! Und sieh mal die Schaukel vor dem Haus! Oder bei Nacht den Mond in Bewegungsunschärfe (lach nicht, das geht) dazu. Und hast du schon mal über HDR nachgedacht?
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 25.11.2014, 20:38

birke hat geschrieben:bleib dir treu. ;-)
die letzten beiden bilder, auch wenn sie jetzt vom ausschnitt her für dich noch nicht ganz passend sind, wirken authentisch auf mich,
Ein bisschen off Topic, weil mich das neugierig macht. Das mit dem Treubleiben kann aber auch Stillstand bedeuten, wenn man dann seine Fühler gar nicht mehr ausstreckt? Für mich hat dieser Ausspruch auch immer etwas Einengendes und Festgelegtes, riecht ein wenig nach Schublade, aus der man besser erst gar nicht herausschaut. .-) Wäre nera sich nicht treu, wenn sie jetzt herausgefunden hätte, dass ihr bei diesem Thema eine andere Herangehensweise liegt und sie überzeugt? In dem Zusammenhang irritiert mich auch das "authentisch". Auf was beziehst du das?

Und kann ein Foto (bei dem nicht gespielt wurde .-)) von einem Gegenstand "unauthentisch" sein/wirken?

nera hat geschrieben:aber ich habe bei all den spielereien, auch meiner eigenen, das gefühl: das iss nicht meins.
Dann ist es das auch nicht. :) Das Türbild finde ich im Zusammenhang mit dem Thema spannend durch die Leerstelle. Das Fensterbild ist schön, so für sich betrachtet, den Bezug würde ich aber eher sehen, wenn sich mehr Häuseransicht und weniger Himmel im Spiegel zeigen würde?
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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 25.11.2014, 20:45

Ich weiß nicht, ob mein Anliegen verstanden wurde. Mir gefallen -- nach wie vor -- die unverfremdeten Detailbilder am besten. Meine Überlegung war, ob man mehrere Detailbilder zu einem einzigen Gesamtbild zusammenfassen kann (Collage), so dass die Regeln der Austellung ("ein Bild pro Haus") nicht gebrochen werden.

HDR finde ich auch gut. Das ist keine Verfremdung, das ist eher ein Näherkommen an die Empfindung des menschlichen Auges. Daran habe ich auch gedacht als ich den dunklen Zaun sah, der versinkt sehr im Schwarz (das menschliche Auge würde da mehr sehen als die Raw-Datei der Kamera).

Wenn Du keine HDR-Möglichkeiten hast: Photoshop hat eine ähnliche, vereinfachte (nicht HDR-ersetzende) Funktion im Menü unter Bild > Korrekturen > Tiefen/Lichter...

Das mit dem "treu bleiben" ... da denke ich auch wie Flora :-)


P.
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Nera-Tiefen-Lichter-Korr01.jpg

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Beitragvon birke » 25.11.2014, 21:23

naja, mit dem „bleib dir treu“ meinte ich eher: mach nur das, wo du auch hinter stehst, was du vertreten kannst. das heißt beileibe nicht, dass man nichts neues ausprobieren, wagen sollte. nein, stillstand wäre falsch, ganz sicher, wie in jedem (künstlerischen) gebiet.

was bildbearbeitungen angeht, finde ich nur, dass, wenn man sie einsetzt, sie stimmig sein sollten, das eigentliche foto verstärken. auch gern verfremden, dann aber so, dass es noch etwas transportiert. tja, ist bisschen schwierig jetzt in worte zu fassen.
bei den (durchaus spannenden!) spielereien hier im faden, hatte ich eben das gefühl, dass es wirklich nur „spielereien“ sind, die für mich jetzt keinen neugewinn eines fotos gegeben hätten. authentisch … in dem sinne, dass es etwas von dem behält, wie es sich "in natura" darstellt. hm, okay, vielleicht ist authentisch das falsche wort hier. ausdrucksstark vielleicht eher.
tu etwas mond an das, was du schreibst. (jules renard)

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Beitragvon nera » 25.11.2014, 23:46

spannend! erstmal hdr habe ich noch nie ausprobiert, wäre wirklich mal zu überlegen und ich denke, die kamera kann es.;)
und pjotr, nix für ungut, aber ich kann fotocollagen nicht leiden.

die frage "sich treu sein" ist für mich eigentlich nicht relevant. es ist immer nur die frage, was finde ich so spannend, dass ich es hervorheben will, zeigen will. wenn ich also dieses foto hier verzerrt habe( nicht sehr gut, ich weiß), dann wegen der linien. ich weiß jetzt nicht, wie ich es besser erklären soll. an dem ausschnitt mit fenster, mag ich das gespiegelte moderne dach, das blau zu dem holzton und die struktur des holzes. das sind nach meiner erfahrung immer sachen, die ganz oft nicht gesehen werden. warum auch immer. ein fachwerkhaus ist schön, weil es romantisch ist oder so. immer im ganzen. es hat immer so ein bischen heile welt mit im paket. und keiner weiß so wirklich warum. die räume waren meist niedrig, die fenster winzig, das vieh hat oft genug mit drin gewohnt und keine treppe ohne kopfschmerzgefahr. als ich dieses haus zum erstenmal kurz nach der wende sah, war es ein bedachtes skelett, ein wirklich schönes fachwerk, mit fast schon romanischen türbögen. der maler konnte es nur in einem verwahrlosten zustand gesehen haben. aber er hat keine ruine gemalt. er wollte eine geschichte erzählen. aber welche geschichte fällt mir dazu ein? er hat es durch sein bildbearbeitungsprogramm gejagt. mein bildbearbeitungskopfprogramm fokusiert ganz anderes, wenn ich so ein haus sehe: ich sehe den türbogen mit der neuen tür und den neuen bändern (sagt man das so?) und sehe, durch die unterschiedlich holzfärbung, dass da ein plakat dran war, vielleicht von einem dorffest oder fußballspiel? ich sehe das fenster und die alten holzbalken und in dem fenster diie erinnerung, dass es nicht 1650 ist und das holz vielleicht gar nicht alt ist. vielleicht hat sich ein zimmermann in tagelanger arbeit mit dieser art des bauens beschäftig, vorher alte balken und bretter besorgt, nur damit wir heute sehen können, wie im 16. jahhundert gebaut wurde.
die treppe, wer ist wohl schon hoch und runter gelatscht.

hm, eigentlich kann ich das gar nicht erklären.
und grundsätzlich muss ich zugeben, dass ich selbst am liebsten "realistische" fotos sehe und die sehe ich dann immer groß! und in ausstellungen sehe ich immer zuerst die farben und linien, die verhältnisse untereinander. das versuche ich gelegentlich zu "üben". aber es ist für mich viel einfacher los zuziehen und zu sagen: heute übe ich mal grün oder gelb, wie so eine seltsame auftragsarbeit. eigentlich muß ich doch einfach vor ort ganz ohne erwartungen und pläne genau hingucken. und das wäre dann das, was "sich treu bleiben" ausmachen würde.

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nera
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Beitragvon nera » 26.11.2014, 00:17

vielleicht noch etwas allgemeines zu der "sich treu sein" diskussion. also off topic, wir organsieren gerade unser zweites "leere geschäfte bespielen" dh, wir organsieren einen kunstweihnachtsmarkt übernächstes wochende. in diesem rahmen habe ich mich in den letzten wochen mit älteren künstlern, alle über 70, fast 80, sehr schön unterhalten. jeder von ihnen erzählte davon, dass er gerade jetzt einen experimentellen sprung mache, sich außerhalb seiner gewohnten bahnen bewege, in eine "wilde" richtung. die gleichzeitig reduzierung und auflösung ist. die aber durchaus mit ängsten verbunden ist. auch weil man etwas ganz anderes macht, als das was irgendein publikum von einem erwartet. ich glaube mittlerweile, dass sich genau diese frage jedem stellt, der kreativ tätig ist und der sich weiter entwickeln muss. aus seinem innern muss. traue ich mich, ich zu sein oder erfülle ich erwartungen anderer. und wenn er "ich " bleiben will, wird sich "seine handschrift" entwickeln, verändern oder, blöd gesagt, verbessern.

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Pjotr
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Beitragvon Pjotr » 26.11.2014, 00:19

nera hat geschrieben:pjotr, nix für ungut, aber ich kann fotocollagen nicht leiden.

Wusste ich nicht. Kein Problem.


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