Trotzdem - Weimar III

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 28.06.2006, 22:53

Wir wanderten wohl
bei Vieselbach
allein zu zweit
durch die Natur.

Die Sonne war heiß,
Dein Rock war kurz
und meine Hose
viel zu eng.

In einer Furche
auf einem Feld
fielen wir
übereinander her.

Wir liebten uns
wild und laut
und lang, doch
bekam ich plötzlich
Angst.

"Sind wir hier nicht
am Ettersberg?",
keuchte ich voller
Furcht.

Da schautest Du mich
lüstern an, lachtest
und machtest,
dass ich kam.

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 30.06.2006, 13:02

Hallo ihr beiden Agrarwissenschaftler,

das scheint mir ein schwieriger Punkt zu sein. Ich bin nunmal Stadtmensch, was ich aber meine ist folgendes: ein (Korn-)feld ist ja nicht durchgehend bewachsen. Zwischendrin gibt es noch so Rillen, die ich ganz naiv Furchen genannt habe. Habe ich da Fachbegriffe verwechselt?

Das Korn kann ja dann durchaus hoch genug sein, um den Anstand zu waren.

Und Leonie, Du musst Dich ja nicht notgedrungen mit dem lyrischen Du identifizieren.

Grüßt

Paul Ost

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 30.06.2006, 13:14

Eine Furche ist eine Ackerfurche die beim Pflügen entsteht und dann ist das Feld nicht bewachsen. In Weizenfeldern gibt es keine Furchen, höchstens kleine Rillen und da kann man sich nicht hineinlegen.

moshe.c

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 30.06.2006, 15:17

Hallo,

das sollte ursprünglich eine sachliche Kritik sein, die darauf beruhte, dass ich "Furche" so verstehe, wie moshe es erläutert hat. Frischer, unbewachsener Acker. Bin ich wirklich die einzige, die das nicht für einen optimalen Ort für Sex hält?
Ich finde es schon seltsam, aufgrund meiner Kritik mich nach meinen sexuellen Vorlieben befragen lassen zu müssen oder mir sagen zu lassen zu müssen, ich müsse mich nicht notgedrungen mit dem lyrDu identifizieren.

Paul Ost, wenn Du Kornfeld meinst, dann schreib das doch einfach. Dann wäre mir dieses hier erspart geblieben.

leonie

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 30.06.2006, 16:32

Liebe Leonie,

Deine Vorlieben sind mir herzlich egal. Du schreibst hier freiwillig, nicht weil ich Dich dazu befrage. Mich wunderte einfach nur Deine wenig distanzierte identifikatorische Lesart. Das Thema ist damit für mich erledigt.

Lieber moshe.c,

wie nennt man denn das, wenn der frisch gepflügte Acker dann Feldfrüchte trägt und dazwischen ist dann immer noch Raum genug für - sagen wir - eine Luftmatratze?

Grüßt

Paul Ost

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 30.06.2006, 17:01

Lieber Paul Ost,

Gedichte lassen in mir Bilder entstehen. Hier sah ich zwei Menschen in knappen Kleider spazierengehen und in einer Ackerfurche Sex haben und wunderte mich darüber. Diesem Erstaunen wollte ich Ausdruck verleihen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass diese Bilder Deiner Intention entsprechen.
Ich selber lag keineswegs dort, hatte auch keinen kurzen Rocjk an oder so, insofern ist diese Identifikation eine Unterstellung. Ich weiß auch nicht, wo Du das aus meinen Beiträgen her nimmst. Mir ging es um die Sache, da wie ich schon mehrfach erwähnte, das Gedicht dadurch für mich unglaubwürdig wurde. Aber das scheint hier nicht rüberzukommen. Also vergiss es einfach.

leonie

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 30.06.2006, 18:02

Liebe Leonie,
nun hör doch mal auf und trink was Kühles.
Ich habe nicht das Gefühl, daß dir jemand etwas Böses wollte. In meinem Kommentar lag allenfalls ein gewißer Humor, mehr nicht.

Lieber Paul,
ich denke, ich verstehe langsam, was du suchst.

Erstmal jedoch: In einem bestellten Feld, also da wo was wächst, ist kein Platz für eine Luftmatratze. Du würdest sehr schnell Ärger mit dem Landwirt bekommen.

Für daß was du suchst habe ich drei Begriffe:

1. Ried. Dieser bezeichnet Ränder von Feldern, die an einen See grenzen oder einen Teich innerhalb des Feldes haben, meistens von Schilf besiedelt aber durchaus auch Bäumen.

2. Brache Dieser bezeichnet in Abwandlung zum ursprünglichen Begriff, der aus der Vier-Jahres-Fruchtfolge stammt, ein Gebiet in einem Feld oder am Rande, daß entweder zu steinig oder zu feucht ist, also ein nicht bepflanzbares Areal.
Kommt dir höchstwahrscheinlich am nächsten.

3. Knick Diesen kenne ich aus Schleswig-Holstein und er beinhaltet das gleiche wie Brache, jedoch sind dort absichtlich Knick's angelegt in Form von Hecken, um sich vor Bodenerosion, z.B. Wind, zu schützen.

Mein heißer Tipp für dich: Fahre doch einfach ins nächste Dorf und frage den ersten Bauern, den du triffst, und er wird dir mit Sicherheit erzählen, wie das in der Gegend, in der du wohnst, heißt. Dann bist du Authentisch und wirst deinem Gedicht auf das Beste gerecht.

mit liebem Gruß

moshe.c

Benutzeravatar
Lisa
Beiträge: 13944
Registriert: 29.06.2005
Geschlecht:

Beitragvon Lisa » 30.06.2006, 22:00

Hallo ihr,

ich kann leonies Anmerkung bezüglich der "Furche" durchaus nachvollziehen und ich glaube auch, dass es ihr nur um die Glaubwürdigkeit des Bildes ging, sich dort zu lieben (auch für mich ist es nicht der treffende Ausdruck, bei stimmenden Inhalt!). Daher sind moshes Einwände eine gute Idee wie ich finde:


Eine Furche ist eine Ackerfurche die beim Pflügen entsteht und dann ist das Feld nicht bewachsen. In Weizenfeldern gibt es keine Furchen, höchstens kleine Rillen und da kann man sich nicht hineinlegen.


Genau so ist es Paul :grin: . Und das hat nichts mit sexuellen Vorlieben zu tun, wie ich finde §blumen§ . Manchmal sollte man (damit sind alle gemeint) nicht zu viel Zündstoff oder Erinnerung aus vorherigen Textdiskussionen mit in die Diskussion eines neuen Textes schleppen. :grin:

Allerdings finde ich keinen von moshes Vorschläge ganz treffend, die Brache scheint mir zu großflächig...wie wäre denn den Feldrand zu nehmen? Oder verfälscht das den Gedanken zu sehr?

Davon ab reiht sich für mich die Stärke dieses Textes in die deiner anderen Weimargedichte ein, die für mich die stärksten sind, die ich von dir kenne, Paul.
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 30.06.2006, 22:16

Lisa, du täuscht dich, in Südniedersachsen wird der Begriff Brache auch für kleine Areale verwendet, die mitten im Feld sein können.

Wer kann das schon Wissen!

moshe.c

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 30.06.2006, 22:28

Zurück zum Anfang, dem Text:
Dies ist ein Text, der die ganze Bandbreite der deutschen jüngeren Geschichte bis hin zur unmittelbaren Gegenwart des Erlebens im Feld enthält.
Kann man eigentlich mehr erwarten?
Nein!

( Ich bin ganz klein und warte auf die Steine.)

Ich meine Nein, das wird mir hier alles zu sehr zerpflückt, wobei die Diskussionen am Kern vorbeigeht und jeder seine Gründe dafür findet, weil, weswegen und weshalb.

Paul, du hast etwas gesagt, was gesagt werden mußte.

moshe.c

aram
Beiträge: 4478
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 30.06.2006, 22:31

lieber paul ost et al,

text und absolut gelungene synthese beeindrucken mich.

ebenso der anschließende strang mit aussicht auf weitere optimierung kulturtechnischer details.

mit hochachtung
aram

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 01.07.2006, 15:26

Hallo zusammen,

vielen Dank für die zahlreichen Hinweise. Ich werde meine agrartheoretischen Untersuchungen fortführen.

Ein im ländlichen Bereich aufgewachsener Verwandter erzählte mir etwas von einem Unterschied zwischen Kornfeldern und Kartoffelfeldern oder gar Runkelfeldern.

Eine Änderung kann ja dann erfolgen, wenn ich das mot juste gefunden habe.

Grüße

Paul Ost

Max

Beitragvon Max » 01.07.2006, 15:39

Lieber Paul,

ja, das fände ich gut, sogar anstrebenswert (hm, womit ich wohl implizit sage, dass nicht alles Gute erstrebenswert ist, ich werde darüber nachdenken ;-) ), denn das Gedicht hat eine Qualität und eine Tiefe, die übe die Tiefe von Ackerfurchen hinausgeht. Ich denke auch, dass bei aller Qualität des Gedichts, das Hinterfragen einzelner Wörter berechtigt bleiben muss (ich weiß von eigenen Texten, dass das manchmal gar nicht so einfach ist, aber es ist ja auch ein Zeichen von Wertschätzung, dass das geschieht, bei Texten, die ich wertlos finde, korrigiere ich z.B. auch nicht) . Wenn ich einen Text von noch so hoher Qualität schriebe (versucht es Euch einfach mal vorzustellen, es ist nur ein Beispiel ;-)) und darin hieße es "der Mond brannte auf uns herab", dann hätte es ja auch nichts mit astronomische Besserwisserei zu tun, wenn Du mich darauf hinwiesest, dass unser Taggestirn nun mal Sonne heißt.

Wie gesagt, ich schätze diesen Text sehr, aus Gründen, die vor allem Moshe hier schon aufgeführt hat.

Liebe Grüße
max

Paul Ost

Beitragvon Paul Ost » 03.07.2006, 20:23

Hallo zusammen,

heute bin ich an einigen Feldern vorbeigefahren. Soviel steht fest: in meinem Gedicht kann es sich nicht um ein Kornfeld handeln. Früher konnte man ja noch Peter Lustig auf solche Fälle ansetzen. Aber der jungsche Bengel, der diesen Job jetzt übernommen hat, ist mir erstens nicht bekannt und zweitens suspekt.

Grüße

Paul Ost

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 04.07.2006, 20:31

Bei ausgedehnten Feldstudien in meiner Region machte ich folgende Beobachtungen:
-an (ausgetrockneten) Gräben wachsen fast immer Brennnesseln oder stachelige Brombeeren
-in Kornfeldern gibt es Treckerspuren (weil dort offensichtlich regelmäßig gewässert oder gespritzt wird), sie sind gut einsehbar. Korn ist niedriger als ich gedacht hätte.
- am höchsten bewachsen und ohne Spuren sind Wiesen mit Gras kurz vor dem Mähen

Mit herzlichen Grüßen
Peter Lustig


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 14 Gäste