Nicks

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 05.02.2007, 12:53

Nicks

Ich seh sie tanzen wie soviele Puppen,
denen die Spieler bunte Kleider malen.
Da sind die, die sich in den Spiegel stahlen,
alleine oder in konformen Gruppen.

Sie werfen Häute ab, bizarre Schuppen
aus Hieroglyphen, Bildern, Zahlen
die sich in Spuren ferner Sonnen aalen,
bewacht von schleierhaften, glatten Kuppen.

So vielfältig wie Menschen sind die Spiele
in dem Konstrukt aus unbegrenzten Räumen.
Die Namen sind nur Schall und Rauch, soviele

Ideen auch darin sind. Wenn sie träumen,
schaukeln sie lautlos, lidlos, ohne Ziele;
Verpackungschips aus Polytronikschäumen.


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Lisa
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Beitragvon Lisa » 06.02.2007, 21:01

Hallo reimerle,

erst mal ein klasse Thema für ein Literaturforum im Netz :-). Und dann noch in Form eines solchen Sonetts, also eine klassische Form mit modernen Bildern, sowas sagt mir sehr zu (ich hatte vor einiger Zeit mal zaunkönig um ein Exemplar solch eines "modernen" Sonetts gebeten...).

Etwas Schwierigkeiten habe ich trotzdem, gestehe aber gleich ein, dass das gut an mir liegen kann, da ich wahrlich kein Sonettexperte bin. Ich kann nicht mal sagen, wie diese Sonettform sich nennt, nimm meine Rückmeldung also bitte als ungebildeten Kommentar, der nur meine Eindrücke wiedergibt.

Wenn ich den text lese, habe ich leichte Rhythmikprobleme, nicht im Sinne, dass der Text unsauber gearbeitet ist (technisch unsauber scheint mir nur dieser Vers an markierter Stelle?: Da sind die, die sich in den Spiegel stahlen, aber vielleicht irre ich mich da auch? für mich wäre reiner: da sind die, die sich in Spiegel stahlen). Es geht mir mehr darum, dass der Text nicht fließt, wenn ich ihn lese. Um so öfter ich ihn lese, desto mehr verflüchtigt sich dieses Gefühl allerdings, was wiederum dafür spricht, dass es alleine daran liegt, dass mir diese Form nicht geläufig ist.

Das erste soviele würde ich ersetzen, vor allem wegen der Wiederholung in Strophe 3, aber auch, weil es etwas inhaltslos ist, wirkt zu stark als Füllwort? wenn man nicht nur ausstaffierte sondern auch staffierte sagen kann (da bin ich gerade überfragt), wäre staffierte vielleicht eine Alternative? Ansonsten gibt es vielleicht andere Möglichkeiten, um die Wiederholung zu vermeiden.

Strophe drei kann ich inhaltlich dann nur zustimmen, bei nicks wie Sokrates oder dergleichen, puhh ~~

Schön dann, wie der Text in Strophe 3 ins Allgemeine bricht.

Stärkste Strophe ist für mich die letzte, weil hier sprachlich orginell und thematisch schlagfertig, da wird der text erst "richtig" lebendig und stark für mich (der andere Teil ist mir sprachlich manchmal zu unentschieden zwischen klassischen Bildern oder neuen, ohne dass ich es als "mischung" lesen kann).

Insgesamt aber schon formal natürlich ein Schmuckstück :-)

Liebe Grüße,
ich hoffe, das war OK so...
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Jürgen

Beitragvon Jürgen » 06.02.2007, 21:29

Hallo reimerle

Erstmal ein ganz dickes Lob für die Idee und in weiten Bereichen auch die Umsetzung.

Meist benutzt Du einen sauberen Jambus, an folgender Stellen kriege ich die Verse aber nur mit gewagter Sprachakrobatik ins Maß:

"schaukeln sie lautlos, lidlos, ohne Ziele;"
Ideen auch darin sind. Wenn sie träumen"



Zu dieser Stelle:
"Die Namen sind nur Schall und Rauch, soviele"
Wie wäre stattdessen:
"Der Namen sind es Schall und Rauch soviele"
oder
"Der Namen sind es Schall und Rauch gar viele"

Aber ansonsten ein echter Hingucker. Gerne gelesen

Jürgen

Gast

Beitragvon Gast » 07.02.2007, 11:59

Lieber reimerle,

eine passende Idee zum Monatsthema.
Ich bin nicht ganz überzeugt.mir entgleitet der Sinn deines Textes beim Lesen.
Damit meine ich, dass ich den Bezug letztlich am ende zu Nicks nicht merh recht herstellen kann.
dass Namen Schall und Rauch sind, nun ja, ist bekannt und sehr abgenutzt.
Zum Reim und Metrum.

Z1 würde ich ändern auf 9 Silben, ich finde das "ich seh!" überflüssig. Meinst du wirklich wie "soviele Puppen" oder meinst eher, "häufig tanzen die Nicks wie Puppen
Z2
Denen wird auf der ersten Silben betont, was den Übergang von Z1 zu Z2 schwierig gestaltet aber auch den Übergang zur betonten Silbe bei Spieler. Das klappt wieder nur, wenn denen auf der zweiten (sprachmelodisch falschen) Silbe betont wird.
Ich suche allerdings hier auch sofort, das passende Bild zum Sinn.
Wenn du von (Puppen)spielern schreibst, drängen sich geradezu die Fäden ins Bild, oder? (Das fremdgesteuerste von Marionetten). Jedenfalls nicht Malen, da Puppen von Spielern eher selten bemalt werden. Deswegen wirkt hier auf mich das Malen auch fremd., obwohl du die geschriebenen Nicks meinst. Für mich zerfällt, der Text da ein wenig, weil das Bild sich für mich als nicht schlüssig erweist.
Ich kann dir keine Änderungvorschlagäe machen, denn dann wäre dein Reim malen/stahlen dahin.
Z3, haut auch nicht hin 2x die hintereeinander, fällt wieder raus aus dem Klangschema.
"Da sind jene, die..." ginge, aber dann sind es der Silben zu viele.
Z4
Alleine/oder geht auch nicht. Die Betonung bei alleine auf a und e am Ende, Betonung bei Oder auf dem O es folgen also zwei betonte Silben, die der Sprachmelodie abträglich sind.

Mir kommt es so vor, als ob du an dem Punkt unbetonte/ betonte Silbe scheiterst.
Ich will jetzt nicht die anderen Zeilen auch noch auseinanderreißen, ich denke du solltest den Text einmal laut sprechen, und zwar so wie "normal" gesprochen wird, nicht entgegen der üblichen Silbenbetonung, dem Reim zuliebe. ;-)
Wenn du magst, können wir ja grundsätzlich an solchen Dingen in der schreibwerkstatt weiter dran arbeiten.
(Vorausgesetzt, du möchtest das, denn ein "Spaziergang" wird das nicht, du müsstest bereit sein, alles auf den Kopf zu stellen, wenn du verstehst, was ich meine).
Ich muss aber auch sagen, dass mir deine Übersetzung des Sonetts von Delmira Agustini vom Klang her viel besser gefallen hat. (Auch wenn die Übersetzung vielleicht noch nicht einmal intuitiv genug ist, ich habe die Diskussion um die Wahrhaftigkeit am Rande verfolgt).
Ich weiß ja nicht worin sich dieser, in meinen Augen gravierende (Qualitäts)unterschied begründet.
Vielleicht schlicht und einfach an der für das Schreibenaufgewendeten Zeit? das müsstest du selbst wissen/herausfinden.

Gut, dass du mir geschrieben hast, dass du harte Kritik abkannst, sonst hätte ich mich sicher nicht so ausführlich und klar gäußert.
Möglicherweise hätte ich geschwiegen.

Liebe Grüße
Gerda

Sneaky

Beitragvon Sneaky » 07.02.2007, 20:13

Hallo ihr drei,

ich hab im Moment grad nicht die Zeit, um ausführlich zu werden. Aber ich werde auf die Komms zurückkkommen, vor allem auf deinen Gerda.

Das Stück hier ist vorgegeben gewesen. Einmal durch das Thema Masken, das hier gewählt wurde, zum anderen durch die aufgegebenen Endreime, die benutzt werden mussten. Es sollte auch ein Sonett werden.

In Zaunkönigs Forum läuft ein ähnliches Spiel, wie in calis Elfchen-Salon. Nur muss es dort eben ein Sonett sein, das die vorgegebenen Endreime benutzt.

@Lisa

Gerda und Gurke haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Rhythmus nicht immer stimmt. Ein Sonett muss / sollte im jambischen Pentameter geschrieben sein. xXxXxXxXxXx x steht für den unbetonten Silbenteil oder das unbetonte Wort, X für den betonten Teil. Dein inneres Ohr hat dich also nicht getäuscht.

@gerda
Ich hab kein Problem damit, ein Gedicht auszuschlachten um es neu zu bauen. Von daher würde ich das gern mit dem Text hier in der Wortwerkstatt versuchen. Allerdings nicht als Sonett, es würde mich reizen, sozusagen Neuland zu testen und frei zu schreiben. Einfach um zu sehen, wie das auf die Grundidee reduziert wirkt, bzw. ob ich da überhaupt was zustande bringe, das keine "Senkbleilyrik" wird.

@ gurke
Die Abweichungen im Rhythmus sind mangels besserem entstanden. Abweichungen im Takt haben auch schon andere Sonettisten als Stilmittel benutzt, aber die wollten eine Stelle eben hervorheben. Bei mir wars ein Opfer das ich der Form gebracht habe, und das ist schlecht.

Vielen Dank erstmal fürs Lesen, die Rückmeldung und die Hinweise auf die Fehler.

Gruß

reimerle

Gast

Beitragvon Gast » 07.02.2007, 23:24

reimerle hat geschrieben:Ich hab kein Problem damit, ein Gedicht auszuschlachten um es neu zu bauen. Von daher würde ich das gern mit dem Text hier in der Wortwerkstatt versuchen. Allerdings nicht als Sonett, es würde mich reizen, sozusagen Neuland zu testen und frei zu schreiben. Einfach um zu sehen, wie das auf die Grundidee reduziert wirkt, bzw. ob ich da überhaupt was zustande bringe, das keine "Senkbleilyrik" wird.


Hallo reimerle,

es freut mich sehr, dass du das so angehst.
Dann poste doch, sobald du magst entsprechend deinen Vorstellungen.
Ich bin sehr gespannt, und warum solltest du es nicht schaffen, auch reimlos Lyrik zu verfassen?!

Bis bald auf Wiederlesen
Gerda


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