Fremde Heimat

Max

Beitragvon Max » 23.10.2006, 21:58

Fremde Heimat

Dein Erinnern webt mir den Faden
durch ungeschautes Land

Doch blutarm
finde ich die Adern
der Berge aus Erz

Kein Herzschlag
kein Riese mehr
hat hier seine Heimstatt

Baumkahl die Kuppen der Hügel
Entlaubt die Arme der Bäume
Braunstumpf die Nachhut der Nadeln

Kein Ring mehr im Holz
um Jahre zu fassen
Keine Rinde
die noch deine Lettern trägt

Und doch ist die Erde keine andere
ihr Duft
ist stets noch derselbe

Erkennst du die Zeit

2. version nach vielen Vorschlägen hier (vielleicht noch zu wenig geändert)

Fremde Heimat

Dein Erinnern webt mir den Faden
durch ungeschautes Land

Doch blutarm
finde ich die Adern
der Berge aus Erz

Kein Herzschlag
kein Riese mehr
hat hier seine Heimstatt

Baumkahl die Hügelkuppen
Entlaubt die Baumarme
Stumpf die Nachhut der Nadeln

Kein Ring mehr im Holz
um Jahre zu fassen
Keine Rinde
die noch deine Lettern trägt

Und doch
die Erde
ihr Duft
stets noch derselbe

Erkennst du die Zeit
Zuletzt geändert von Max am 28.10.2006, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.

Max

Beitragvon Max » 27.10.2006, 19:59

PS: Nun bin ich mit den Baumarmen (die keinen Genitiv mehr haben, aber auch keien Strahlkraft) nicht glücklich

PPS: Die letzte Zeile bricht das Gedicht, ich weiß, ich wüsste gerne, was Ihr davondenkt.

Liebe Grüße
Max

moshe.c

Beitragvon moshe.c » 27.10.2006, 20:28

Lieber Max!

Du schriebst nunmehr, daß es um die Heimat deiner Großeltern geht. Diese Erfahrung wirst du ja doch wohl von Kindheit an erfahren haben, oder?

moshe.c

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 27.10.2006, 20:55

Lieber Max,

ich finde Deinen Vorschlag nicht, in der Ursprungsversion ist doch nichts geändert, oder? Bin ich blind?

fragt sich verwirrt

leonie

Max

Beitragvon Max » 28.10.2006, 19:34

Liebe Leonie,

Du bist nicht blind (wenn du das lesen kannst ;-) ) ... ich bin zu doof mit dem Computer umzugehen. Ich schwöre (Du sollst nicht schwören ;-) ), ich habe etwas geändert und drunter geklebt, aber nach dem Posten nicht nochmal nachgeschaut ...

alors, encore une fois

Danke und liebe Grüße
max

Max

Beitragvon Max » 28.10.2006, 19:38

Lieber Moshe,

nein, meine Großeltern sind 20 Jahre vor meiner Geburt von dort geflohen/vertrieben worden. Ich kenne diese Heimat nur aus Erzählungen und bin bislang eigentlich nur kurz durch dieses Gebiet gefahren, da war ich aber schon lag kein Kind mehr.


Liebe Grüße
Max

scarlett

Beitragvon scarlett » 28.10.2006, 21:29

Lieber Max,

Daß du das "braunstumpf" geopfert hast, finde ich zwar schade, aber damit könnte ich mich noch anfreunden.
Aber der letzte Vers hat eindeutig verloren - so arg verkürzt "klingt" er einfach nicht mehr.

Gruß,

scarlett

Benutzeravatar
leonie
Beiträge: 8896
Registriert: 18.04.2006
Geschlecht:

Beitragvon leonie » 28.10.2006, 22:43

Lieber Max,

ich traue mich kaum noch, mich zu äußern.
Erstmal zum Schluss: Anders als scarlett finde ich ihn besser, weil die Negation wegfällt , ich lese hinter Erde heimlich einen Doppelpunkt (der mir aber nicht fehlt, es ist stimmig ohne Satzzeichen, finde ich) und ergänze in der vorletzten Zeile für mich immer noch ein „ist“.
Ich bin mittlerweile verunsichert, ob das nur mein Problem ist mit der vierten Strophe, für mich stellen sich die Bilder dazu nicht ein (höchstens über einen Umweg über das Denken). Und ich weiß nicht genau, woran es liegt, die Neufassung hat dieses Problem nicht gelöst.
Ich hätte so gern, dass jemand anders noch etwas dazu sagt oder einen Vorschlag macht. Was meinst Du denn selbst? Es geht ja nicht darum, es mir (oder anderen) recht zu machen, was Du, denke ich, aber ja auch nicht tun würdest, wenn Du selbst überzeugt davon wärst?

Liebe Grüße
leonie

Gast

Beitragvon Gast » 28.10.2006, 23:51

Lieber Max,

ich finde die Gedanken wunderbar und auch den Faden den das Lyr. Du für das Lyroch spinnt um es daran entlang zu führen...
Aber so ganz richtig angefreundet habe ich mich dennoch nicht.
Ich empfinde, dass der Text noch ein wenig hakt.
Aber ich wollte nicht auch noch mit Vorschlägen kommen, das wird selbst dem "besten Max" zu viel, glaube ich. Die Vorschläge der Anderen sollten sich erst einmal setzen.
Deswgen jetzt bloß nicht lesen, was ich an leonie schreibe - okay ;-)

liebe leonie, habe deinen Ruf vernommen ;-)
Um Vers 4 geht es insbesondere?

Jede Zeile für sich finde ich in Ordnung, aber zusammen passen sie noch nicht, es fehlt etwas.
Wenn die Hügelkuppen baumkahl sind, kann nicht einen Satz weiter davon geschrieben stehen, dass Baumarme entlaubt sind...
Ich weiß auch, dass es nicht ein und die selben Bäume sind, aber dennoch ... das ist zu sehr verdichtet , zu schnell aufeinanderfolgend.

Die "Erweiterung" V 3 + V4 betreffend
könnte vielleicht so aussehen:

Kein Herzschlag -
dort schreitet kein Riese
mehr durchs Revier
entlaubt sind die Arme der Bäume
kahl die Kuppen der Hügel
mit braunstumpfer Nachhut der Nadeln
wo ehedem Tannen und Fichten


Ich habe das mit den Ästen der Bäume gelesen, lieber Max.
Ich weiß, dass manche Bäume so aussehen, besonders in dunklen Tannenwäldern allerdings, als wären sie Riesengestalten und hätten Arme.

Vielleicht ist in Vers 3 und in V 4 ein bisschen zu wenig Raum, für die doch reichhaltigen eindrück, die du in 6 Zeilen verdichten möchtest.

Lieber Max, nimm meinen Vorschlag bitte nur als Denkanstoß.
Ich wollte damit nicht dein Gedicht umschreiben sondern ich hoffe, dass dadurch bei dir noch einmal der Findungsprozess belebt wir.

Alles Liebe
Gerda

aram
Beiträge: 4475
Registriert: 06.06.2006

Beitragvon aram » 29.10.2006, 00:56

lieber max,

ich glaube, dieser text ist - gerade in seiner ruhe, im unspektakulären - nahe an der 'perfektion'- es geht also nur um kleine 'justierungen'; gerade die können natürlich 'aufreibend' sein - ich mag dir jedenfalls 'mut machen', dranzubleiben.


Fremde Heimat

Dein Erinnern webt mir den Faden
wessen erinnern - das der heimat? das eigene erinnern der heimat? oder ist eine person gemeint? - etwas schwer zu erschließen...
durch ein ungeschautes Land - finde ich rhythmischer, sanfter fließend

Doch blutleer - zur prüfung, ob diese 'übertreibung' vertretbar ist - auch wenn du 'blutarm' meinst - es klingt weniger, wirkt etwas unentschieden
finde ich die Adern
der Berge aus Erz
ev. alternativ - jedoch nur bei beibehaltung von 'blutarm': voller erz

Kein Herzschlag mehr a) die unglückliche lesart "kein herzschlag (...) hat hier seine heimstatt" wird unterbunden
kein Riese b) komplizierte wortstellung / schwacher stil von "kein riese mehr hat hier seine heimstatt" ist aufgelöst
hat hier seine Heimstatt

Baumkahl die Hügelkuppen - verwirrend - heißt "baumkahl" kahl, ohne bäume - dann widerspruch zur folgezeile - oder: voll kahler bäume?
Entlaubt die Baumarme "die arme der bäume" gefiel mir besser
Stumpf die Nachhut der Nadeln - finde ich so sehr gut

Kein Ring mehr im Holz
um Jahre zu fassen
Keine Rinde
die noch deine Lettern trägt

Und doch
die Erde
ihr Duft
...die erste version fließt und 'duftet' mehr
stets noch derselbe "stets noch" beinhaltet widerspruch - oder ich kenne den ausdruck nicht - für mich was anderes als "immer noch"

Erkennst du die Zeit
...ehrlich gesagt verstehe ich diese zeile nicht... in ihrer allgemeinheit ist die aussage im text schon impliziert, könnte also entfallen - oder meinst du etwas spezifischeres, das sich noch nicht erschließt?


Variante:


Fremde Heimat

Dein Erinnern webt mir den Faden
durch ein ungeschautes Land

Doch blutarm
finde ich die Adern
der Berge voller Erz

Kein Herzschlag mehr
kein Riese
hat hier seine Heimstatt

Kahl die Kuppen der Hügel
Entlaubt die Arme der Bäume
Stumpf die Nachhut der Nadeln

Kein Ring mehr im Holz
um Jahre zu fassen
Keine Rinde
die noch deine Lettern trägt

Und doch ist die Erde
keine andre
ihr Duft
ist immer noch derselbe



...lass den text in ruhe reifen, er ist sehr schön.

liebe grüße,
aram

ps. keine anderen kommentare gelesen


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 27 Gäste