Ich war auf Lesereise mit meinem Buch. Es enthielt zwanzig Gedichte, geschrieben in den letzten zwanzig Jahren, für jedes Jahr eines. Wohl hatte ich mir irgendwann vor vielen Jahren vorgestellt, ein dickes Buch zu veröffentlichen mit vielen hundert Seiten, Gedichten und Erzählungen, langen und kurzen. Doch mit den Jahren wurden meine Ansprüche geringer. Meine Lebenszeit reichte nicht aus, mehrere hundert Seiten vollzuschreiben, dafür schrieb ich zu langsam. So hatte ich zwanzig Gedichte ausgesucht und zu einem Verlag getragen, der ein dünnes Buch auf meine Kosten druckte.
Auch die Lesereise finanzierte ich selbst. Die erste Stadt, in der ich mein Buch vorstellte, war klein, grau und freundlich, die Gassen abends erfüllt von feuchtem Nebel, der im Licht der Laternen funkelte. Menschen gingen hin und her. Zu meinem Leseabend kamen zwölf Zuhörer. Meine Gedichte gefielen. Es gelang mir, drei Bücher zu verkaufen.
Am nächsten Tag musste ich schon sehr früh den Zug erreichen, um meine Lesereise fortzusetzen. In guter Stimmung packte ich im Hotelzimmer meinen Koffer und betrachtete die mitgenommenen Bücher, die noch in Folie eingeschweißt waren. Die Reise hatte gut begonnen, ich würde alle Bücher verkaufen können und nach meiner Heimkehr gleich das nächste Buch zu schreiben beginnen.
Es war sehr früh am Morgen, die Straßen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, dass es schon viel später war, als ich geglaubt hatte, ich musste mich sehr beeilen, der Schrecken über diese Entdeckung ließ mich im Weg unsicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, glücklicherweise war ein Schutzmann in der Nähe, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg. Er lächelte und sagte: "Von mir willst du den Weg erfahren?" "Ja", sagte ich, "da ich ihn selbst nicht finden kann." "Gibs auf, gibs auf", sagte er und wandte sich mit einem großen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen.
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Letzter Absatz: Franz Kafka, "Gib's auf!"
Der Dichter und ich
Liebe Zefi,
ich war immer gespannt mehr von Dir zu lesen und nun sehe ich, dass sich das Warten gelohnt hat.
Ich finde es erstaunlichn, wie nahtlos sich Kafka in Deine Erzählung einfügt und wie sehr es Dir gelingt die beiden Texte als verschiedene Aspekte eines Ganzen zu präsentieren.
Auch ich wäre auf eine Vorstellung des Gedichtbandes gespannt.
Lieeb Grüße
Max
ich war immer gespannt mehr von Dir zu lesen und nun sehe ich, dass sich das Warten gelohnt hat.
Ich finde es erstaunlichn, wie nahtlos sich Kafka in Deine Erzählung einfügt und wie sehr es Dir gelingt die beiden Texte als verschiedene Aspekte eines Ganzen zu präsentieren.
Auch ich wäre auf eine Vorstellung des Gedichtbandes gespannt.
Lieeb Grüße
Max
Danke - mir fiel auf, wie leicht sich Kafkas Ich aus der Fassung bringen lässt, obwohl er offenbar in guter Stimmung losgeht. Deshalb wollte ich eine Situation schaffen, in der sich der Held mit einem gewissen Aufwand an Selbstbescheidung "in etwas einrichtet", aber das geschaffene Gleichgewicht so kippelig ist, dass schon ein winziges Missgeschick genügt, ihn ins Stolpern zu bringen.
Ähm, übrigens, das Internet ist ja bekanntlich eine Quelle der Missverständnisse, deshalb dementiere ich hiermit ausdrücklich meinen Gedichtband. Den gibt's nicht und wird's auch nicht geben, schon gar nicht mit zwanzig (!!) Gedichten und schon überhaupt nicht auf meine Kosten. (Mein Schwager pflegt ín solchen Fällen zu sagen: "Greif mal 'nem nackten Mann in die Tasche!" )
Danke für die Meinungen!
Gruß von Zefira
Ähm, übrigens, das Internet ist ja bekanntlich eine Quelle der Missverständnisse, deshalb dementiere ich hiermit ausdrücklich meinen Gedichtband. Den gibt's nicht und wird's auch nicht geben, schon gar nicht mit zwanzig (!!) Gedichten und schon überhaupt nicht auf meine Kosten. (Mein Schwager pflegt ín solchen Fällen zu sagen: "Greif mal 'nem nackten Mann in die Tasche!" )
Danke für die Meinungen!
Gruß von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
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