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Andreas

Beitragvon Andreas » 09.04.2010, 11:52

An einem eiskalten Sommertag, es war der 34. Februzember Drölfhundertneunzig, wir hatten gefühlt mindestens minus 57 Grad Kelvin, erreichte mich eine MMS des Verlobten in spe meiner Velobten. Als ich des Inhalts gewahr wurde, fiel mir vor Schreck mein Glasauge auf meine Honigstulle, welche ich mir samt Aufstrich aus dem häuslichen Bienenstock geschleudert hatte, den vor ca. 2 Jahren ein Schwarm kaukasischer Kautabakbienen errichtete, die eigentlich auf der Durchreise gen Nord-Nord-Süd waren, sich aber wohl beim Abbiegen in meinem Hausflur verflogen hatten. Seitdem wuchs und gedieh ihr Staat, laut Aussage ihres Pressesprechers, welcher eine stattliche Drohne in edlem Smoking Zwirn war, eine parlamentarische Monarchie, im ausgeschlachteten Innenleben meines Kurz- und Mikrowellenempfängers. Die Bilder, die unmittelbar im Anschluß an den MMS Erhalt in meinem Kopf herumspukten, waren in blutroten Passepartouts eingefasst und ich untermalte diese dramatische Szenerie mit Honig verschmierten Fingern, was manchen, zart angedachten Anschlägen einen individuellen Nachhall bescherte, in moll auf dem Klavier. Nachdem mir der Bienenstaat, etwa 2 Dutzend vor kurzem zugereiste Silberfische sowie die Kakerlaken Erwin, Arwin und Orwin, die unterhalb meiner Untertischarmatur unter Tage zur Untermiete wohnten, einen tosenden Beifall zollten gezollt hatten, schlüpfte ich nach Schlüpfer, Schirm, Scham und Melone in meine kürzlich erstandenen, bräunlich-roten Mokkasins - ein Farbton, der einer Mischung aus mocca und sinnober ähnelte - und verließ meine Reet gedeckte Hazienda mit dem neuen Schieferdach, die mir und meiner nun vermutlichen Ex-Verlobten als Erst- und Zweitwohnsitz, vor allem aus steuerlichen Gründen, dienen sollte, weswegen sie sich auch über mehrere Straßenzüge erstreckte und damit zwei Anschriften besaß.

Kurze Zeit später stand ich vor dem Haus, vor dem sich schon ein Menschenauflauf, al forno übrigens, gebildet hatte. Selbst ein paar zerbrechlich wirkende Porzellantierchen standen ganz vorne an der Absperrung und tuschelten im Meissener Jargon. Ein Kollege von der Gerichtsmedizin führte mich zu der Wohnung im ersten Stock, welcher sich durch Bißspuren von Hundekiefern sowie deren Sabberresten auszeichnete.

Als ich die Tür öffnete, sah ich sofort das Seil, ähnlich dem, mit dem neulich die Queen Elizabeth im Hafen angeknüpft worden war, an dem der leblose Körper einer Frau zu hängen schien.

"Sie trug niemals rote Strapse", murmelte ich.
Zuletzt geändert von Andreas am 15.04.2010, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.

Shareena

Beitragvon Shareena » 11.04.2010, 10:53

Hallo Andreas,
inzwischen habe ich deine Geschichte schon mehrmals gelesen und finde immer wieder etwas Neues, über das ich schmunzeln kann.
Sie ist wirklich schräg und gefällt mir gut, auch wenn ich nicht den Eindruck habe, dass es ein Krimi ist. Aber da wir das Thema auch spielerisch angehen können, hat diese Geschichte sicher ihre Berechtigung.
Liebe Grüße
Shareena
Zuletzt geändert von Shareena am 15.04.2010, 15:24, insgesamt 1-mal geändert.

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Mnemosyne
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Beitragvon Mnemosyne » 11.04.2010, 15:27

Lieber Andreas,
dieses intensivkreative Feuerwerk zwischen Hölzchen und Stöcken finde ich einfach großartig. Man kommt sich vor wie die Kugel in einem Assoziationsflipper. Viel länger dürfte es wohl nicht werden, aber diese ständige Ausbruchsbewegung aus allem und jedem hat etwas sehr befreiendes.
Viele Grüße
Merlin

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 11.04.2010, 17:19

Hallo Andreas!

Hm, mir ist es im Gegensatz zu Merlin schon zu lang - wie ein Sieben-Gänge-Menü nur aus Süßspeisen, sozusagen.... Das zusätzliche Wissen, welche Begriffe vorgegeben sind, macht es nicht besser, da z.B. die Porzellantierchen dadurch ziemlich "reingeschrieben" wirken. Das mag einem neutralen Leser aber anders gehen.

Gehört eine gewisse grammatikalische Sorglosigkeit auch zum System?! Wenn nein, könntest du vielleicht statt nachdem mir der Bienenstaat, ... einen tosenden Beifall zollten, schlüpfte ich... schreiben nachdem mir der Bienenstaat, ... einen tosenden Beifall gezollt hatten, schlüpfte ich...

Ferdigruß!
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Andreas

Beitragvon Andreas » 15.04.2010, 14:42

Liebe Shareena,
lieber Mnemosyne und ferdi,

es hat ein wenig gedauert mit meiner Antwort - entschuldigt.

Shareena, ich stimme dir uneingeschränkt zu, dass es nichts von einem klassischen Krimi hat. Es ist lediglich, wie du auch richtig anmerkst, eine spielerische Nutzung der vorgegebenen Begriffe in einer sehr "eigenwilligen" Form. Vermutlich hätte ich diese Begriffe völlig ohne Vorgabe noch besser benutzen können, wenn sie nicht Bestandteil eines Krimis hätten sein sollen, um dem aber eben genüge zu tun, habe ich sie in ein Konstrukt gepackt, was auf eine Art "Tatort" hinschreibt. Das wiederum, nämlich die Tat, das Entdecken eines Verbrechens etc. ist etwas, was klassisch zu einem Krimi passen könnte. Es freut mich, dass es dich jedenfalls schmunzeln ließ.

Mnemosyne oder Merlin, ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich nicht länger hätte sein dürfen, da dies nicht mein erstes Produkt dieser Art ist. Fast alle anderen, ähnlichen Konstrukte, die ich frei von Vorgaben in dieser Art verfasste, sind schon etwas länger. Ich glaube, wenn du unter dem Suchbegriff "Leichen auf Laminat" hier im Forum wühlst, findet man es sogar noch. Auf der anderen Seite gehe ich aber mit deinem Tenor konform, dass man es mit solchen Ballungen von Wortspielen, assoziativen Schöpfungen nicht übertreiben sollte, weil man hier sehr schnell Gefahr läuft, den Leser zu übersättigen und einen langweiligen, schalen Geschmack verursacht, egal wie vermeintlich explosiv es weitergehen könnte. Auch dir meinen Tag, dass ich dich aber mit diesem kurzen Feuerwerk erfreuen konnte.

Ferdi, dieser grammtikalische lapsus war nicht beabsichtigt und ich werde nach dem Absenden zur Korrektur schreiten. Danke zunächst für diesen Hinweis. Dass du gerade die Porzellantierchen aufgreifst, finde ich interessant. Eigentlich war das nämlich die erste Vorgabe, die ich benutzt hatte. Dieser zweite Absatz war vor dem ersten Absatz fertig; ja, die Entstehung ist ebenso ungewöhnlich / unkonventionell wie der Inhalt. Dein Gefühl der "Überzuckerung" kann ich recht gut nachvollziehen und liegt wohl an der extremen Ballung der doch eng an eng gestrickten Assoziationen und Wortschöpfungen. Andererseits empfinde ich es bei näherer Betrachtung schwierig, es noch weiter zu komprimieren oder dem gesamten Text noch größere Teile zu klauen. Es soll ja nicht nur Konstruktionen mit und um diese Worte haben, sondern eben auch ein paar assoziative Beigaben / Nebenschauplätze. So scheinen beispielsweise meine Ausführungen zum Bienenstock, zu den Schädlingen etc. durchaus obsolet, aber ich "brauche" diese Dinge als Verbundstoffe für dieses Gesamtkonstrukt. Dir auch ein "Danke" für den Kommentar.

Liebe Grüße
Andreas


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