die melancholie ist ein mann
die melancholie ist ein mann
sie steht mit hängenden armen
nackt vor einem
das gesicht belassen wie es ist
nur um die oberglatze locken sich in typischer clownmanier
noch die reste des seitenhaars
und die rote nase ist vors geschlecht gerutscht
das ist traurig anzuschauen, stimmt
aber eine wunderbare übung
für den hausgebrauch der spiegel
weshalb es ein jammer ist
dass nichts davon der frau vorbehalten ist
es stünde ihr heilsam schlecht
alte Fassung
die melancholie ist ein mann
sie steht mit hängenden armen
nackt vor einem
das gesicht ist belassen, wie es ist
nur um die oberglatze locken sich in typischer clownmanier
noch die reste des seitenhaars
und die rote nase ist vors geschlecht gerutscht
das ist traurig anzuschauen, stimmt
aber eine wunderbare übung
für den hausgebrauch der spiegel
weshalb es ein jammer ist
dass nichts davon der frau vorbehalten ist
es stünde ihr heilsam schlecht
Hallo Lisa,
da steht Dein Text nun so melancholisch unkommentiert (fast wie der Mann). Ich würd gern was Schlaues dazu schreiben, doch allein, ich versteh noch nicht. Den ersten zwei Strophen folg ich noch so einigermaßen. Hier sei mir erlaubt zu fragen, ob's vielleicht Clown-Manier ist, die Du meinst. Mit oder ohne Bindstrich, jedoch mit r und keineswegs manisch.
Dann kommt der Hausgebrauch der Spiegel. Nun, ein Spiegel ist ein wunderbares Instrument, sich selber anzusehn. Wie ich als alternder Melancholiker wohl weiß, nicht immer voll Zufriedeheit. Nun, was daran wär wunderbare Übung? Doch kann man Spiegel auch verwenden, um verstohlen andre anzusehn. Ist's das vielleicht? Mokiert sie sich innerlich über seinen Haarverfall? Und stünde es ihr besser an, selbst clownsgleich gekrönt herumzulaufen? Nein, schlecht, das sagst Du ja. Doch heilsam? Gibt es nicht genug andere Mittel gegen überhebliche Eitelkeit, genug Dinge, die einen Frauenkörper heimsuchen? Ist nicht in der Tat manch Alterserscheinung, die traurige Blicke in den Spiegel ermöglicht, den Frauen vorbehalten?
Verwirrten Gruß
Henkki
da steht Dein Text nun so melancholisch unkommentiert (fast wie der Mann). Ich würd gern was Schlaues dazu schreiben, doch allein, ich versteh noch nicht. Den ersten zwei Strophen folg ich noch so einigermaßen. Hier sei mir erlaubt zu fragen, ob's vielleicht Clown-Manier ist, die Du meinst. Mit oder ohne Bindstrich, jedoch mit r und keineswegs manisch.
Dann kommt der Hausgebrauch der Spiegel. Nun, ein Spiegel ist ein wunderbares Instrument, sich selber anzusehn. Wie ich als alternder Melancholiker wohl weiß, nicht immer voll Zufriedeheit. Nun, was daran wär wunderbare Übung? Doch kann man Spiegel auch verwenden, um verstohlen andre anzusehn. Ist's das vielleicht? Mokiert sie sich innerlich über seinen Haarverfall? Und stünde es ihr besser an, selbst clownsgleich gekrönt herumzulaufen? Nein, schlecht, das sagst Du ja. Doch heilsam? Gibt es nicht genug andere Mittel gegen überhebliche Eitelkeit, genug Dinge, die einen Frauenkörper heimsuchen? Ist nicht in der Tat manch Alterserscheinung, die traurige Blicke in den Spiegel ermöglicht, den Frauen vorbehalten?
Verwirrten Gruß
Henkki
Lieber Henkki,
ich lass mal deine Fragen noch etwas offen stehen, falls sich noch andere melden, aber die Manie hab ich schnell verbessert, ohjemine .-)
achduliebeaugustinagrüße,
Lisa
ich lass mal deine Fragen noch etwas offen stehen, falls sich noch andere melden, aber die Manie hab ich schnell verbessert, ohjemine .-)
achduliebeaugustinagrüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Die Zeile "eine ghute übung für den hausgebrauch der spiegel" erinnert mich an den schlechtgelaunten Kommentar, der manchmal fällt, wenn jemand sich über das Aussehen eines seiner Mitmenschen mokiert: "Schau doch erst mal selbst in den Spiegel!"
Ich sehe eine zwanglose Deutung dieser Passage so, dass es eine gute Übung wäre, in den Spiegel zu schauen, ob man selbst das Aussehen jenes Clowns hat - nur leider scheint das Frauen nicht möglich zu sein, und wenn es dann möglich wäre, wären sie durch den bloßen Anblick des Spiegelbilds von der Melancholie geheilt, vermutlich infolge eines heilsamen Gelächters?
Wirklich schade, dass das bei Frauen nicht funktioniert. Aber es funktioniert tatsächlich nicht, ich habe es ausprobiert ...
Schönes Bild!
Melancholischen Gruß von Zefira
Ich sehe eine zwanglose Deutung dieser Passage so, dass es eine gute Übung wäre, in den Spiegel zu schauen, ob man selbst das Aussehen jenes Clowns hat - nur leider scheint das Frauen nicht möglich zu sein, und wenn es dann möglich wäre, wären sie durch den bloßen Anblick des Spiegelbilds von der Melancholie geheilt, vermutlich infolge eines heilsamen Gelächters?
Wirklich schade, dass das bei Frauen nicht funktioniert. Aber es funktioniert tatsächlich nicht, ich habe es ausprobiert ...
Schönes Bild!
Melancholischen Gruß von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Huhu,
danke für eure beiden Eindrücke. Also: Für mich ist die Melancholie einer dieser Inhalte, die nach Personifizierung drängen, wo sich gleich eine Paradefigur zum behaupteten Gefühl aufdrängt - bei der Melancholie ist das für mich der (Böllsche) männliche Clown, der immer etwas fehl am Platz und traurig dasteht.
Ähnlich wie bei der Enpfindsamkeit wird zwar das Melancholische auch durchaus den Frauen zugeschrieben, aber dann eher als Baustein/eine Seite, eine Konstante meinetwegen auch, während beim Mann gleich Sinnbilder entstehen (bei der Empfindsamkeit etwa bei mir der Jüngling) (die Bausteine/Seiten/Konstanten behalten dann aber das jeweilige Geschlecht der Sinnbilder).
Und mir fiel auf, dass die Melancholie eben für mich eindeutig männlich besetzt ist, also die Haltung der Figur. Und weiterhin fiel mir auf, dass die Melancholie zwar als vielleicht nicht durchsetzungsfähig/treibenlassen, aber doch eindeutig eben als eingenommene Haltung begriffen wird: es ist immer eine Selbstinszenierung dabei, eine Selbstschau, sie ist narzistisch , anders als bei der "Traurigkeit" etwa, es wird geschwelgt und bewusst negiert.
In Bezug auf die Spiegel sind die Frauen ja nun mal die abhängigeren...worin besteht aber die größere Abhängigkeit? Ich bin der Meinung darin, dass der Mann seinen Spiegel gebrauchen kann, wenn er vor dem Spiegel steht, biegt er den Spiegel, während die Frau sich nach dem Spiegel reckt.
Und der Spiegel, das sind natürlich die anderen...(ich meine damit nicht, dass der Mann autark ist gegenüber dem Spiegel, es geht mir um das aktive bzw. passive Gestalten der Pose gegenüber dem, was einen gefangen hält).
Und ich denke mir ähnlich wie Zefi beschreibt, dass wenn eine Frau sich so wie ein Mann vor dem Spiegel verhalten könnte, dies die Pose sprengen würde, aber eben nicht nur die Melancholische, sondern auch die des verfraulichten Körpers dieses weiblichen Wesens. Aber wie der Melancholiker eben immer Melancholiker bleiben muss, muss auch die Frau immer Frau bleiben, sie kann ja gar nicht erst an den Punkt kommen, in der ihr etwas auf heilsame Weise schlecht steht. Da müsste sie erst hin zur aktiven Gestaltung der Pose und da die den Männern vorbehalten ist, kommt sie da gar nicht hin.
Und dieses alles hat meiner Meinung nach ganz viel mit der Körperlichkeit zu tun, wie sich die männliche und weibliche herausbildet innerhalb unserer Gesellschaft. Das ist keine geistige Kultivierung, sondern eine körperliche und die sind die aller wirksamsten.
So, jetzt könnt ihr euch aussuchen, ob dem Text oder dieser Erläuterungen hier schwieriger zu folgen ist
liebe Grüße,
Lisa
danke für eure beiden Eindrücke. Also: Für mich ist die Melancholie einer dieser Inhalte, die nach Personifizierung drängen, wo sich gleich eine Paradefigur zum behaupteten Gefühl aufdrängt - bei der Melancholie ist das für mich der (Böllsche) männliche Clown, der immer etwas fehl am Platz und traurig dasteht.
Ähnlich wie bei der Enpfindsamkeit wird zwar das Melancholische auch durchaus den Frauen zugeschrieben, aber dann eher als Baustein/eine Seite, eine Konstante meinetwegen auch, während beim Mann gleich Sinnbilder entstehen (bei der Empfindsamkeit etwa bei mir der Jüngling) (die Bausteine/Seiten/Konstanten behalten dann aber das jeweilige Geschlecht der Sinnbilder).
Und mir fiel auf, dass die Melancholie eben für mich eindeutig männlich besetzt ist, also die Haltung der Figur. Und weiterhin fiel mir auf, dass die Melancholie zwar als vielleicht nicht durchsetzungsfähig/treibenlassen, aber doch eindeutig eben als eingenommene Haltung begriffen wird: es ist immer eine Selbstinszenierung dabei, eine Selbstschau, sie ist narzistisch , anders als bei der "Traurigkeit" etwa, es wird geschwelgt und bewusst negiert.
In Bezug auf die Spiegel sind die Frauen ja nun mal die abhängigeren...worin besteht aber die größere Abhängigkeit? Ich bin der Meinung darin, dass der Mann seinen Spiegel gebrauchen kann, wenn er vor dem Spiegel steht, biegt er den Spiegel, während die Frau sich nach dem Spiegel reckt.
Und der Spiegel, das sind natürlich die anderen...(ich meine damit nicht, dass der Mann autark ist gegenüber dem Spiegel, es geht mir um das aktive bzw. passive Gestalten der Pose gegenüber dem, was einen gefangen hält).
Und ich denke mir ähnlich wie Zefi beschreibt, dass wenn eine Frau sich so wie ein Mann vor dem Spiegel verhalten könnte, dies die Pose sprengen würde, aber eben nicht nur die Melancholische, sondern auch die des verfraulichten Körpers dieses weiblichen Wesens. Aber wie der Melancholiker eben immer Melancholiker bleiben muss, muss auch die Frau immer Frau bleiben, sie kann ja gar nicht erst an den Punkt kommen, in der ihr etwas auf heilsame Weise schlecht steht. Da müsste sie erst hin zur aktiven Gestaltung der Pose und da die den Männern vorbehalten ist, kommt sie da gar nicht hin.
Und dieses alles hat meiner Meinung nach ganz viel mit der Körperlichkeit zu tun, wie sich die männliche und weibliche herausbildet innerhalb unserer Gesellschaft. Das ist keine geistige Kultivierung, sondern eine körperliche und die sind die aller wirksamsten.
So, jetzt könnt ihr euch aussuchen, ob dem Text oder dieser Erläuterungen hier schwieriger zu folgen ist
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
danke für die Erläuterung, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Beim Lesen Deiner Antwort fiel mir eben auf, dass die klassischen vier Temperamente eigentlich alle oder fast alle, zumindest für mich, eine männliche Personifizierung haben. Der Choleriker ist ganz klar ein Mann (Frauen schmeißen keine Fernseher aus dem Fenster), den Phlegmatiker sehe ich auch männlich (ich sehe sofort Oblomov im Schlafrock auf dem Sofa), nur bei dem fröhlichen Temperament bin ich mir nicht sicher. Vielleicht kann man das so erklären, dass Frauen, zumindest in früheren Zeiten, stärker die Reaktion der Außenwelt in ihr Selbstbild einfließen lassen; getreu dem alten Prinzip, dass Männer aktiv, Frauen reaktiv zu sein haben.
Eine aktive Gestaltung der Pose ist allerdings bei Frauen sehr häufig ... nur nicht unbedingt gerade der melancholischen Pose. Der Mensch, der öffentlich in sein Bier weint, ist fast immer ein Mann (Clowns sind sowieso immer Männer). Mir hat man noch beigebracht, dass Frauen "sich nicht so gehen lassen dürfen", das wirft ein interessantes Licht auf das Melancholikerbild ...
Mit Grüßen
Zefira
danke für die Erläuterung, die ich sehr gut nachvollziehen kann.
Beim Lesen Deiner Antwort fiel mir eben auf, dass die klassischen vier Temperamente eigentlich alle oder fast alle, zumindest für mich, eine männliche Personifizierung haben. Der Choleriker ist ganz klar ein Mann (Frauen schmeißen keine Fernseher aus dem Fenster), den Phlegmatiker sehe ich auch männlich (ich sehe sofort Oblomov im Schlafrock auf dem Sofa), nur bei dem fröhlichen Temperament bin ich mir nicht sicher. Vielleicht kann man das so erklären, dass Frauen, zumindest in früheren Zeiten, stärker die Reaktion der Außenwelt in ihr Selbstbild einfließen lassen; getreu dem alten Prinzip, dass Männer aktiv, Frauen reaktiv zu sein haben.
Eine aktive Gestaltung der Pose ist allerdings bei Frauen sehr häufig ... nur nicht unbedingt gerade der melancholischen Pose. Der Mensch, der öffentlich in sein Bier weint, ist fast immer ein Mann (Clowns sind sowieso immer Männer). Mir hat man noch beigebracht, dass Frauen "sich nicht so gehen lassen dürfen", das wirft ein interessantes Licht auf das Melancholikerbild ...
Mit Grüßen
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Guten Morgen,
Liebe Lisa, ein sehr spannender Text, den ich glaub t e sofort verstanden zu haben, obwohl ich auch sofort innerlich widersprechen musste.
Die Melancholie ist in der bildenden Kunst oft eine Frau, zumindest bei Dürer. Sie personifiziert die "schwarze Galle" - ihrerseits als Vorform der Hysterie verstanden, von da aus führt ein gerader Weg zu Charcot - Freud. Mir fiel es immer schwer, den Weg von der Melancholie zur Hysterie mit zu vollziehen. Das aber ist nicht dein Text, nur eine vorausgeschickte Assoziation.
Trotz dieser Vorbemerkung bin ich größtenteils mit dem Inhalt deines schönen Gedichts einverstanden, kann es nachvollziehen, finde es reich an Subtext. Die Pappnase am richtigen Ort, das Geschlecht als Sitz abgelegter Heiterkeit, das sind starke, authentische Bilder. Ob aber der Unterschied so groß ist? Sucht die großen Diven des Theaters, des Chanson, die Frauen von Sunset Boulevard, von Hopper: dort ist unter der Bemalung die Melancholie nicht weit.
Ich als Frau fühle mich von Lisl Karlstatt (schreibt man nicht so?) nicht weit enfernt, auch nicht von den großartigen Komikerinnen der zeitgenössischen Kleinkunst, die alle etwas von Mutter Courage haben. (bei Faust die Nachbarin, wieder fällt mir der Name nicht ein) -- diese Frauen haben tatsächlich nichts Melancholisches, es bleibt ihnen dazu nicht die Zeit.
--------------------------------------------------------------------------------
zum Text selbst: bei den ersten beiden Versen stimmt alles für mich. Dann beginnt bei mir das formale Verständnis auszusetzen. besonders der zeilenbruch (ist es einer? fehlt ein Komma?)---
Das Wort "heilsam" verstehe ich nicht, aber ich mag dieses nebeneinander "heilsam" ((( sattsam ???))) schlecht.
Doch auch hier gefällt mir die voluntaristische, absichtsvolle, gezielt vage Formulierung. Das macht meiner Meinung nach das Interessante an deinen Texten aus: absichtslos gezielt; ungezielt getroffen.
So, das war's ....
liebe Grüße
Renée
Vielleicht muss der Platz vor dem Spiegel freigemacht werden.
Liebe Lisa, ein sehr spannender Text, den ich glaub t e sofort verstanden zu haben, obwohl ich auch sofort innerlich widersprechen musste.
Die Melancholie ist in der bildenden Kunst oft eine Frau, zumindest bei Dürer. Sie personifiziert die "schwarze Galle" - ihrerseits als Vorform der Hysterie verstanden, von da aus führt ein gerader Weg zu Charcot - Freud. Mir fiel es immer schwer, den Weg von der Melancholie zur Hysterie mit zu vollziehen. Das aber ist nicht dein Text, nur eine vorausgeschickte Assoziation.
Trotz dieser Vorbemerkung bin ich größtenteils mit dem Inhalt deines schönen Gedichts einverstanden, kann es nachvollziehen, finde es reich an Subtext. Die Pappnase am richtigen Ort, das Geschlecht als Sitz abgelegter Heiterkeit, das sind starke, authentische Bilder. Ob aber der Unterschied so groß ist? Sucht die großen Diven des Theaters, des Chanson, die Frauen von Sunset Boulevard, von Hopper: dort ist unter der Bemalung die Melancholie nicht weit.
Ich als Frau fühle mich von Lisl Karlstatt (schreibt man nicht so?) nicht weit enfernt, auch nicht von den großartigen Komikerinnen der zeitgenössischen Kleinkunst, die alle etwas von Mutter Courage haben. (bei Faust die Nachbarin, wieder fällt mir der Name nicht ein) -- diese Frauen haben tatsächlich nichts Melancholisches, es bleibt ihnen dazu nicht die Zeit.
--------------------------------------------------------------------------------
zum Text selbst: bei den ersten beiden Versen stimmt alles für mich. Dann beginnt bei mir das formale Verständnis auszusetzen. besonders der zeilenbruch (ist es einer? fehlt ein Komma?)---
das ist traurig anzuschauen, stimmt
aber eine wunderbare übung
für den hausgebrauch der spiegel
Das Wort "heilsam" verstehe ich nicht, aber ich mag dieses nebeneinander "heilsam" ((( sattsam ???))) schlecht.
Doch auch hier gefällt mir die voluntaristische, absichtsvolle, gezielt vage Formulierung. Das macht meiner Meinung nach das Interessante an deinen Texten aus: absichtslos gezielt; ungezielt getroffen.
weshalb es ein jammer ist
dass nichts davon der frau vorbehalten ist
es stünde ihr heilsam schlecht
So, das war's ....
liebe Grüße
Renée
Vielleicht muss der Platz vor dem Spiegel freigemacht werden.
Hallo Lisa,
ein starkes, einprägsames Bild. Es bleibt aber für mich Bild und als solches vor mir stehen, ohne dass es auch Spiegel würde.
Deine Antwort finde ich schwierig, weil sie scheinbar absolut in ihrem Wahrheitsanspruch gesetzt ist. Mir wird eine Wahrnehmung (auch vom Frausein/Mannsein) präsentiert, die aber nicht meine ist und doch werde ich mit hineingesprochen.
Ich könnte das Gedicht wahrscheinlich ganz anders lesen und dann vielleicht mich auch eher hineinlehnen, mitschauen, wenn es aus der Perspektive eines weiblichen LIchs sprechen würde. So verallgemeinernd wie es im Moment da steht, versetzt es mich eher in eine Distanz und Abwehr, was ja an sich nichts Schlechtes sein muss, nur habe ich den Eindruck, dass der Text da gar nicht hinmöchte, sondern eher zu einer Zustimmung, einem Sich-darin-wiederfinden?
Ob der Text deine Erklärung trägt, ob ich das hätte herauslesen können, weiß ich noch nicht so genau, dazu hänge ich noch zu sehr an den Einzelheiten.
Melancholie würde ich (vermutlich ziemlich klassisch?) niemals mit Nacktsein, Frontalbegegnung, Distanzlosigkeit, oder hängenden Armen verbinden. Melancholisch ist man (Frau eher als Mann .-)) in meinem Kopf angezogen und (noch) Haltung wahrend, einnehmend. Melancholie, vielleicht als eine Art Zwischenzustand, dem auch ein gewisser Reiz und eine traurige Bezauberung innewohnt, die aus und durch die Distanz, einer Unerreichbarkeit heraus wirken. Das Ziehen einer spürbaren Abgewandtheit in einer Weite, "Landschaft", nicht der Enge eines Zimmers, die ich hier wahrnehme.
Das passt vielleicht ein wenig zu deinem Gedanken, dass es eine eingenommene Haltung ist? (Narzisstisch würde ich es jedoch nicht nennen.) Die Melancholie ist für mich schon in diesem Anblick durchbrochen, aufgehoben und somit nicht mehr sichtbar, oder spürbar. Aber auch das Gedicht wendet sich ja einem ganz anderen Thema zu, die Melancholie bleibt für mich im Titel hängen.
Dass eine rote Clowns-Nase (versehentlich) vors Geschlecht rutscht, erscheint mir nicht glaubhaft, oder vorstellbar. Das heißt für mich dann aber, dass sie dort bewusst platziert wurde, was dann sowohl die Behauptung des Rutschens in den Raum stellt (wer behauptet das und warum?), als auch mein Gefühl für das Bild verändert ... (ist aber sowieso auch ein bisschen schwierig sich das bildhaft vorzustellen bei einem Mann? :o))
Zudem verstehe ich nicht, warum sie auf das Geschlecht zielt, der Blick (vom Gesicht) darauf gerichtet werden soll? Vielleicht steh ich da auch auf der Leitung, es sagt mir zumindest nichts.
Wenn ich den Clown so vor mir sehe... mmmh, ist das wirklich traurig anzuschauen? Auch hier wieder die Behauptung, die durch das "stimmt" mich hineinzieht, als hätte ich das gesagt. Das verleitet mich dann eher dazu eine andere Haltung einzunehmen und "nö" zu sagen. .-)
Am Ende natürlich die Frage, warum sollte die "Frau an sich" überhaupt von irgendetwas geheilt werden müssen, und in Bezug zu deiner Erklärung gar von ihrem verfraulichten Körper oder ihrem weiblichen Wesen?
(Etwas in mir sträubt sich auch gegen das Klischee des melancholischen oder traurigen Clowns, das dann doch auch wieder nur ein verzerrtes Bild in den Spiegel malt.)
Ich weiß nicht, ob dir das in Bezug zu deinem Text oder der Thematik etwas sagt, auf jeden Fall spannend und reizvoll, auch die Kommentare.
Liebe Grüße
Flora
ein starkes, einprägsames Bild. Es bleibt aber für mich Bild und als solches vor mir stehen, ohne dass es auch Spiegel würde.
Deine Antwort finde ich schwierig, weil sie scheinbar absolut in ihrem Wahrheitsanspruch gesetzt ist. Mir wird eine Wahrnehmung (auch vom Frausein/Mannsein) präsentiert, die aber nicht meine ist und doch werde ich mit hineingesprochen.
Ich könnte das Gedicht wahrscheinlich ganz anders lesen und dann vielleicht mich auch eher hineinlehnen, mitschauen, wenn es aus der Perspektive eines weiblichen LIchs sprechen würde. So verallgemeinernd wie es im Moment da steht, versetzt es mich eher in eine Distanz und Abwehr, was ja an sich nichts Schlechtes sein muss, nur habe ich den Eindruck, dass der Text da gar nicht hinmöchte, sondern eher zu einer Zustimmung, einem Sich-darin-wiederfinden?
Ob der Text deine Erklärung trägt, ob ich das hätte herauslesen können, weiß ich noch nicht so genau, dazu hänge ich noch zu sehr an den Einzelheiten.
Melancholie würde ich (vermutlich ziemlich klassisch?) niemals mit Nacktsein, Frontalbegegnung, Distanzlosigkeit, oder hängenden Armen verbinden. Melancholisch ist man (Frau eher als Mann .-)) in meinem Kopf angezogen und (noch) Haltung wahrend, einnehmend. Melancholie, vielleicht als eine Art Zwischenzustand, dem auch ein gewisser Reiz und eine traurige Bezauberung innewohnt, die aus und durch die Distanz, einer Unerreichbarkeit heraus wirken. Das Ziehen einer spürbaren Abgewandtheit in einer Weite, "Landschaft", nicht der Enge eines Zimmers, die ich hier wahrnehme.
Das passt vielleicht ein wenig zu deinem Gedanken, dass es eine eingenommene Haltung ist? (Narzisstisch würde ich es jedoch nicht nennen.) Die Melancholie ist für mich schon in diesem Anblick durchbrochen, aufgehoben und somit nicht mehr sichtbar, oder spürbar. Aber auch das Gedicht wendet sich ja einem ganz anderen Thema zu, die Melancholie bleibt für mich im Titel hängen.
Dass eine rote Clowns-Nase (versehentlich) vors Geschlecht rutscht, erscheint mir nicht glaubhaft, oder vorstellbar. Das heißt für mich dann aber, dass sie dort bewusst platziert wurde, was dann sowohl die Behauptung des Rutschens in den Raum stellt (wer behauptet das und warum?), als auch mein Gefühl für das Bild verändert ... (ist aber sowieso auch ein bisschen schwierig sich das bildhaft vorzustellen bei einem Mann? :o))
Zudem verstehe ich nicht, warum sie auf das Geschlecht zielt, der Blick (vom Gesicht) darauf gerichtet werden soll? Vielleicht steh ich da auch auf der Leitung, es sagt mir zumindest nichts.
Wenn ich den Clown so vor mir sehe... mmmh, ist das wirklich traurig anzuschauen? Auch hier wieder die Behauptung, die durch das "stimmt" mich hineinzieht, als hätte ich das gesagt. Das verleitet mich dann eher dazu eine andere Haltung einzunehmen und "nö" zu sagen. .-)
Am Ende natürlich die Frage, warum sollte die "Frau an sich" überhaupt von irgendetwas geheilt werden müssen, und in Bezug zu deiner Erklärung gar von ihrem verfraulichten Körper oder ihrem weiblichen Wesen?
(Etwas in mir sträubt sich auch gegen das Klischee des melancholischen oder traurigen Clowns, das dann doch auch wieder nur ein verzerrtes Bild in den Spiegel malt.)
Das klingt für mich zu sehr nach einer selbstgeschaffenen Rechtfertigung, um in einem Zustand verharren zu können und durch die Vorhaltung diesen dann wiederum als Machtinstrument zu gebrauchen. Ein Abschieben der Verantwortung.Aber wie der Melancholiker eben immer Melancholiker bleiben muss, muss auch die Frau immer Frau bleiben, sie kann ja gar nicht erst an den Punkt kommen, in der ihr etwas auf heilsame Weise schlecht steht. Da müsste sie erst hin zur aktiven Gestaltung der Pose und da die den Männern vorbehalten ist, kommt sie da gar nicht hin.
Ich weiß nicht, ob dir das in Bezug zu deinem Text oder der Thematik etwas sagt, auf jeden Fall spannend und reizvoll, auch die Kommentare.
Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Liebe Renee,
ich kenne diese Darstellung der Melancholie als Frau auch, vorzugsweise habe ich sie auf Bildern gesehen, ohne dabei jetzt konkrete Maler nennen zu können, oft sind es auch Stiche gewesen, immer aber, soweit ich mich entsinne, sehr alte Abbildungen (?)
Ich weiß, dass das jetzt wahrscheinlich krude anmutet oder "hinterhergesagt", aber ich meine das ernshaft so: Für mich kann die Melancholie durchaus weiblich sein, ich sagte ja nur, dass sie ein Mann ist (und damit meine ich eben die Figur/das, worin sie sich niederschlägt). Für mich fallen diese älteren Darstellungen in die aktuellen hinein - und mit aktuell meine ich: das, was ich jetzt unter den Begriff "Melancholie" ordne, was evoziert/abgerufen wird, wenn ich das Wort höre/betaste und dergleichen. Denn natürlich mache ich was neues draus (sofern man neues machen kann)...(und mit hineinfallen meine ich: ich sehe (ich / heute, früher und für jemand anderen mag das ganz anders sein) die alten Bilder und empfinde das auf ihnen dargestellte, wie einen "bösen Geist ("schwarze Galle"), der befällt. Und dass kann für mich durchaus ein weiblicher sein...der dann Männer befällt. würde doch gut passen diese Art Heimsuchung. (Hm, hier hör ich jetzt mal inhaltlich auf und mache bei Flora weiter )
zu den Kommata: Ich habe nur Binnenkommata gesetzt, die äußeren musst du dir also denken, falls du sie brauchst , es gibt (wenige) Texte von mir, in denen ich das so mache (auch die gemäßigte Kleinschreibung dann oft, für mich sind die Texte irgendwie vom Tonfall dadurch für mich anders...phlegmatischer, in sich geschlossener, erkrankteres Kondensat))
heilsam schlecht: hm, da kann ich wiederum keine ERklärung zugeben, fürchte ich, nicht, weil ich es nicht könnte, sondern weil das eine Stelle ist, die entweder funktionieren muss oder es eben nicht tut - dieKombination von heilsam und schlecht in Bezug auf das Stehen vorm Spiegel soll jedenfalls in Bezug auf das, was über Frauen ausgesagt werden soll, schon eien Art Schlüsselausdruck sein.
Liebe Flora,
danke für deine vielen Gedanken! Das ist immer schön, dass du bereit bist, soviel dazuzugeben!
Ich glaube nicht, dass das Problem ist, dass ich eine Wahrnehmung zu stark präsentiere - ich glaube, das Problem taucht nur auf, weil du es anders siehst, als der Text evozieren möchte . Denn alle Texte arbeiten doch so, dass sie etwas aufstellen/behaupten, ganze Welten erschaffen, in denen sich dann die Worte befinden und die dann auch in der Bewegung alle Menschen, die die Texte lesen, vereinahmen. Es kommt eben nur drauf an, ob einem die Vereinnahmung auffällt, ob sie einem angenehm oder falsch erscheint..ob der Text es eben schafft, den leser mitzunehmen. Und das scheint hier nicht der Fall. Meine Erklärungen hinterher jedenfalls sollten deinen Eindruck nicht ändern - der Text stand und steht ja für sich und ich hatte einfach diesmal nur Lust etwas zu erklären und häng da an nichts und will damit nicht überzeugen oder irgendwas nachliefern, was der Text nicht schafft - ich hatte wirklich einfach Lust dazu.
Ansonsten glaube ich, kann es an zweierlei liegen, dass der Text nicht funktioniert:
Zum einen kann es sein, dass das ganze tatsächlich nicht so funktioniert, alos meine Konstruktionsidee. Ich bin mir das selbst nicht sicher und hatte ähnliche Zweifel wie etwa bei dem Text, wo ich von "mein Chamäleon vor dem Mond" schrieb - da befürchtete ich auch, ob denn dieses zusammengsprochene überhaupt für mehr Menschen als mich Sinner gibt - da war es aber so. Hier bei meiner Beschreibung, die Melancholie sei ein Mann, hab ich auch gezweifelt und ich glaube, meine Wahrnehmung des konkreten Bildes, schon allein das Clownbild, ist einfach nicht so massentauglich. Es muss aber eine gewisse Menge an Lesern ansprechen, weil der Text die Verankerung in einer Wahrnehmung braucht, die von vielen geteilt wird. Kann gut sein, dass das nicht funktioniert!
Zum anderen ist der Text etwas anders konstruiert, als du ihn wahrgenommen hast. Für mich ist die Erzählinstanz im Text eine ganz dominante. Ist der Mann/Clown auch aktiver wie oben beschrieben, so ist er doch bis ins Nackte hinein der Erzählstimme ausgeliefert - so war es von mir gedacht, zumindest. Nicht dem Clown ist mehr oder weniger zufällig die rote Nase vors Geschelcht gerutscht, sondern die Erzählstimme lässt dieses geschehen, ähnlich wie man mit Puppen spielt, sie anzieht, das Gesicht anmalt und dergleichen. Das "rutscht" ist also wie der Rest der Stimme schon sehr ironisch oder wie du sagst: distanziert.
Ich habe die Melancholie eben nicht derartig beschrieben, wie du es im ersten Abschnitt tust, weil es mir, wie du im zweiten richtig sagst, als eigentliches Thema gar nicht um die Melancholie geht. (Der Titel enthält ja auch mehr als Melancholie, warum muss er behaupten, dass das Gedicht von Melancholie erzählen will? Ich finde, man kann die Zeile durchaus schon als eigenwillig erkennen). Ich nutze quasi das, was ich unter melancholisch verstehe (was durchaus mit deinem mitgeht), um etwas über die Frau zu erzählen (indem die Erzählinstanz einen Mann vor dem Spiegel inzeniert). Die Behauptung, die Melancholie sei ein Mann ist dabei nur Mittel zum Zweck und keine Behauptung, die der Text dann einlösen soll.
Weil für mich eine Clownnase auf dem Geschlecht für mich einfach ein gutes Bild dafür ist, was das Problem des melancholischen Mannes ist bzw. wie er damit umgeht (unter anderem eben genau diese gezielte Betonung, dieses in Szene setzen des Geschlechts, das nicht ernst genommen wird in seinen Ansprüchen, die es erhebt, seinen Anwandlungen und dergleichen. Ich finde schon, dass viele Männer dazu neigen, daraus dann eine Szenezu machen, in eine Art warmen Trotz verfallen, die fast schon wieder in einer (überzogenen, schmerzvollen) Liebkosung ihrer abgelehnten Teile mündet, während den Frauen eine derartige Gestaltung nicht bleibt, sondern meist nur die tatsächliche und grundsätzliche Ablehnung bestimmter Teile von ihnen. So eben meine Wahrnehmung. Wie auch eben Männer sich ebenso wie Frauen in Abhängikeit vor dem erbarmungslosen Spiegel befinden, aber in dieser Abhängikeit sich ihnen ein anderer Raum öffnet als Frauen.
Aber ich kann verstehen, wenn du die Wahrnehmung nicht teilst, dass es Frauen und Männern in Bezug auf die Abhängigkeit vom anderen anders geht bzw. so anders geht, wie ich es anzusprechen versuche, dass du dann mit dem Text nicht mitgehen kannst. Die Intention des Textes war jedenfalls nicht, diesen Unterschied zu prognostizieren, er muss ihn (wie zu Anfang erklärt) aber einfach als Annahme nehmen, um davon erzählen zu können. Natürlich muss das aber nicht so sein! Für mich ist es eben so
Hm, ich habe dieses Klischee eigentlich sehr bewusst extra so aufgefasst, wie es dasteht (es gibt ja nun mal dieses Bild), es ist für mich gerade wichtig, dass der Ausgangspunkt dieses "Klischee" ist.
Ja, ich bin sehr zufrieden damit, wenn diese Frage am Ende der Lektüre des Textes steht, genau da wollte ich hin, gern auch mit dieser Unwilligkeit mit dabei, dass es doch vielleicht seltsam ist, dieses Vokabular wie "heilsam" etc. (für mich ist das Wort durchaus ebenso vom ironisch-distanziertem Sprachgebrauch des ganzen Textes beeinflusst, es ist zwar ernst gemeint, aber eben so ernst gesprochen, dass es sich selbst schon wieder angreift) zu benutzen und solche großen Thesen aufzustellen.
Für mich stellt sich das alles so dar...aber ich bin immer wieder aufs Neue nicht in der Lage dazu, vorab einschätzen zu können, ob ein Text von mir, das auch für andere zeigen kann oder ob das eben nicht mehr nachzuvollziehen ist - habe ich noch nicht rausgefunden, was das entscheidet .
Ja, soweit erstmal...
Liebe Zefi,
ja, da sehe ich auch überall einen Mann. Ich überlege gerade, ob es auf dieser Ebene, in dieser Größenordnung vom Empfindung überhaupt Bereiche gibt, die sich in Frauenfiguren ausdrücken...
liebe Grüße,
Lisa
ich kenne diese Darstellung der Melancholie als Frau auch, vorzugsweise habe ich sie auf Bildern gesehen, ohne dabei jetzt konkrete Maler nennen zu können, oft sind es auch Stiche gewesen, immer aber, soweit ich mich entsinne, sehr alte Abbildungen (?)
Ich weiß, dass das jetzt wahrscheinlich krude anmutet oder "hinterhergesagt", aber ich meine das ernshaft so: Für mich kann die Melancholie durchaus weiblich sein, ich sagte ja nur, dass sie ein Mann ist (und damit meine ich eben die Figur/das, worin sie sich niederschlägt). Für mich fallen diese älteren Darstellungen in die aktuellen hinein - und mit aktuell meine ich: das, was ich jetzt unter den Begriff "Melancholie" ordne, was evoziert/abgerufen wird, wenn ich das Wort höre/betaste und dergleichen. Denn natürlich mache ich was neues draus (sofern man neues machen kann)...(und mit hineinfallen meine ich: ich sehe (ich / heute, früher und für jemand anderen mag das ganz anders sein) die alten Bilder und empfinde das auf ihnen dargestellte, wie einen "bösen Geist ("schwarze Galle"), der befällt. Und dass kann für mich durchaus ein weiblicher sein...der dann Männer befällt. würde doch gut passen diese Art Heimsuchung. (Hm, hier hör ich jetzt mal inhaltlich auf und mache bei Flora weiter )
zu den Kommata: Ich habe nur Binnenkommata gesetzt, die äußeren musst du dir also denken, falls du sie brauchst , es gibt (wenige) Texte von mir, in denen ich das so mache (auch die gemäßigte Kleinschreibung dann oft, für mich sind die Texte irgendwie vom Tonfall dadurch für mich anders...phlegmatischer, in sich geschlossener, erkrankteres Kondensat))
heilsam schlecht: hm, da kann ich wiederum keine ERklärung zugeben, fürchte ich, nicht, weil ich es nicht könnte, sondern weil das eine Stelle ist, die entweder funktionieren muss oder es eben nicht tut - dieKombination von heilsam und schlecht in Bezug auf das Stehen vorm Spiegel soll jedenfalls in Bezug auf das, was über Frauen ausgesagt werden soll, schon eien Art Schlüsselausdruck sein.
Liebe Flora,
danke für deine vielen Gedanken! Das ist immer schön, dass du bereit bist, soviel dazuzugeben!
Deine Antwort finde ich schwierig, weil sie scheinbar absolut in ihrem Wahrheitsanspruch gesetzt ist. Mir wird eine Wahrnehmung (auch vom Frausein/Mannsein) präsentiert, die aber nicht meine ist und doch werde ich mit hineingesprochen.
Ich glaube nicht, dass das Problem ist, dass ich eine Wahrnehmung zu stark präsentiere - ich glaube, das Problem taucht nur auf, weil du es anders siehst, als der Text evozieren möchte . Denn alle Texte arbeiten doch so, dass sie etwas aufstellen/behaupten, ganze Welten erschaffen, in denen sich dann die Worte befinden und die dann auch in der Bewegung alle Menschen, die die Texte lesen, vereinahmen. Es kommt eben nur drauf an, ob einem die Vereinnahmung auffällt, ob sie einem angenehm oder falsch erscheint..ob der Text es eben schafft, den leser mitzunehmen. Und das scheint hier nicht der Fall. Meine Erklärungen hinterher jedenfalls sollten deinen Eindruck nicht ändern - der Text stand und steht ja für sich und ich hatte einfach diesmal nur Lust etwas zu erklären und häng da an nichts und will damit nicht überzeugen oder irgendwas nachliefern, was der Text nicht schafft - ich hatte wirklich einfach Lust dazu.
Ansonsten glaube ich, kann es an zweierlei liegen, dass der Text nicht funktioniert:
Zum einen kann es sein, dass das ganze tatsächlich nicht so funktioniert, alos meine Konstruktionsidee. Ich bin mir das selbst nicht sicher und hatte ähnliche Zweifel wie etwa bei dem Text, wo ich von "mein Chamäleon vor dem Mond" schrieb - da befürchtete ich auch, ob denn dieses zusammengsprochene überhaupt für mehr Menschen als mich Sinner gibt - da war es aber so. Hier bei meiner Beschreibung, die Melancholie sei ein Mann, hab ich auch gezweifelt und ich glaube, meine Wahrnehmung des konkreten Bildes, schon allein das Clownbild, ist einfach nicht so massentauglich. Es muss aber eine gewisse Menge an Lesern ansprechen, weil der Text die Verankerung in einer Wahrnehmung braucht, die von vielen geteilt wird. Kann gut sein, dass das nicht funktioniert!
Zum anderen ist der Text etwas anders konstruiert, als du ihn wahrgenommen hast. Für mich ist die Erzählinstanz im Text eine ganz dominante. Ist der Mann/Clown auch aktiver wie oben beschrieben, so ist er doch bis ins Nackte hinein der Erzählstimme ausgeliefert - so war es von mir gedacht, zumindest. Nicht dem Clown ist mehr oder weniger zufällig die rote Nase vors Geschelcht gerutscht, sondern die Erzählstimme lässt dieses geschehen, ähnlich wie man mit Puppen spielt, sie anzieht, das Gesicht anmalt und dergleichen. Das "rutscht" ist also wie der Rest der Stimme schon sehr ironisch oder wie du sagst: distanziert.
Melancholie würde ich (vermutlich ziemlich klassisch?) niemals mit Nacktsein, Frontalbegegnung, Distanzlosigkeit, oder hängenden Armen verbinden. Melancholisch ist man (Frau eher als Mann .-)) in meinem Kopf angezogen und (noch) Haltung wahrend, einnehmend. Melancholie, vielleicht als eine Art Zwischenzustand, dem auch ein gewisser Reiz und eine traurige Bezauberung innewohnt, die aus und durch die Distanz, einer Unerreichbarkeit heraus wirken. Das Ziehen einer spürbaren Abgewandtheit in einer Weite, "Landschaft", nicht der Enge eines Zimmers, die ich hier wahrnehme.
Das passt vielleicht ein wenig zu deinem Gedanken, dass es eine eingenommene Haltung ist? (Narzisstisch würde ich es jedoch nicht nennen.) Die Melancholie ist für mich schon in diesem Anblick durchbrochen, aufgehoben und somit nicht mehr sichtbar, oder spürbar. Aber auch das Gedicht wendet sich ja einem ganz anderen Thema zu, die Melancholie bleibt für mich im Titel hängen.
Ich habe die Melancholie eben nicht derartig beschrieben, wie du es im ersten Abschnitt tust, weil es mir, wie du im zweiten richtig sagst, als eigentliches Thema gar nicht um die Melancholie geht. (Der Titel enthält ja auch mehr als Melancholie, warum muss er behaupten, dass das Gedicht von Melancholie erzählen will? Ich finde, man kann die Zeile durchaus schon als eigenwillig erkennen). Ich nutze quasi das, was ich unter melancholisch verstehe (was durchaus mit deinem mitgeht), um etwas über die Frau zu erzählen (indem die Erzählinstanz einen Mann vor dem Spiegel inzeniert). Die Behauptung, die Melancholie sei ein Mann ist dabei nur Mittel zum Zweck und keine Behauptung, die der Text dann einlösen soll.
Zudem verstehe ich nicht, warum sie auf das Geschlecht zielt, der Blick (vom Gesicht) darauf gerichtet werden soll? Vielleicht steh ich da auch auf der Leitung, es sagt mir zumindest nichts.
Weil für mich eine Clownnase auf dem Geschlecht für mich einfach ein gutes Bild dafür ist, was das Problem des melancholischen Mannes ist bzw. wie er damit umgeht (unter anderem eben genau diese gezielte Betonung, dieses in Szene setzen des Geschlechts, das nicht ernst genommen wird in seinen Ansprüchen, die es erhebt, seinen Anwandlungen und dergleichen. Ich finde schon, dass viele Männer dazu neigen, daraus dann eine Szenezu machen, in eine Art warmen Trotz verfallen, die fast schon wieder in einer (überzogenen, schmerzvollen) Liebkosung ihrer abgelehnten Teile mündet, während den Frauen eine derartige Gestaltung nicht bleibt, sondern meist nur die tatsächliche und grundsätzliche Ablehnung bestimmter Teile von ihnen. So eben meine Wahrnehmung. Wie auch eben Männer sich ebenso wie Frauen in Abhängikeit vor dem erbarmungslosen Spiegel befinden, aber in dieser Abhängikeit sich ihnen ein anderer Raum öffnet als Frauen.
Aber ich kann verstehen, wenn du die Wahrnehmung nicht teilst, dass es Frauen und Männern in Bezug auf die Abhängigkeit vom anderen anders geht bzw. so anders geht, wie ich es anzusprechen versuche, dass du dann mit dem Text nicht mitgehen kannst. Die Intention des Textes war jedenfalls nicht, diesen Unterschied zu prognostizieren, er muss ihn (wie zu Anfang erklärt) aber einfach als Annahme nehmen, um davon erzählen zu können. Natürlich muss das aber nicht so sein! Für mich ist es eben so
(Etwas in mir sträubt sich auch gegen das Klischee des melancholischen oder traurigen Clowns, das dann doch auch wieder nur ein verzerrtes Bild in den Spiegel malt.)
Hm, ich habe dieses Klischee eigentlich sehr bewusst extra so aufgefasst, wie es dasteht (es gibt ja nun mal dieses Bild), es ist für mich gerade wichtig, dass der Ausgangspunkt dieses "Klischee" ist.
Am Ende natürlich die Frage, warum sollte die "Frau an sich" überhaupt von irgendetwas geheilt werden müssen, und in Bezug zu deiner Erklärung gar von ihrem verfraulichten Körper oder ihrem weiblichen Wesen?
Ja, ich bin sehr zufrieden damit, wenn diese Frage am Ende der Lektüre des Textes steht, genau da wollte ich hin, gern auch mit dieser Unwilligkeit mit dabei, dass es doch vielleicht seltsam ist, dieses Vokabular wie "heilsam" etc. (für mich ist das Wort durchaus ebenso vom ironisch-distanziertem Sprachgebrauch des ganzen Textes beeinflusst, es ist zwar ernst gemeint, aber eben so ernst gesprochen, dass es sich selbst schon wieder angreift) zu benutzen und solche großen Thesen aufzustellen.
Für mich stellt sich das alles so dar...aber ich bin immer wieder aufs Neue nicht in der Lage dazu, vorab einschätzen zu können, ob ein Text von mir, das auch für andere zeigen kann oder ob das eben nicht mehr nachzuvollziehen ist - habe ich noch nicht rausgefunden, was das entscheidet .
Ja, soweit erstmal...
Liebe Zefi,
ja, da sehe ich auch überall einen Mann. Ich überlege gerade, ob es auf dieser Ebene, in dieser Größenordnung vom Empfindung überhaupt Bereiche gibt, die sich in Frauenfiguren ausdrücken...
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Liebe Lisa,
ich finde das einen ganz spannenden Text. Mir geht es auch so, dass mir dieses Bild zunächst fremd ist von der Melancholie als Clown, trotz Böll. Ich hätte sie auch eher so beschrieben wir Flora, als Mann, aber als verführenden Mann.
Mir scheint aber, dass es Dir eher um eine integrierte innere Figur geht (nicht um eine fremde), die "der Frau" so nicht möglich ist. Und um eine Art, in den Spiegel zu schauen, die für sie nicht geht, die ihr aber gut tun würde (das heilsam schlecht meine ich genau zu verstehen). Vielleicht weil es ihr ermöglichen würde, sich nicht sofort zu korrigieren zu dem Bild, das sie nach außen zeigen möchte, sondern etwas "stehen" zu lassen. So wie es ist einmal gut sein zu lassen...
Liebe Grüße
leonie
ich finde das einen ganz spannenden Text. Mir geht es auch so, dass mir dieses Bild zunächst fremd ist von der Melancholie als Clown, trotz Böll. Ich hätte sie auch eher so beschrieben wir Flora, als Mann, aber als verführenden Mann.
Mir scheint aber, dass es Dir eher um eine integrierte innere Figur geht (nicht um eine fremde), die "der Frau" so nicht möglich ist. Und um eine Art, in den Spiegel zu schauen, die für sie nicht geht, die ihr aber gut tun würde (das heilsam schlecht meine ich genau zu verstehen). Vielleicht weil es ihr ermöglichen würde, sich nicht sofort zu korrigieren zu dem Bild, das sie nach außen zeigen möchte, sondern etwas "stehen" zu lassen. So wie es ist einmal gut sein zu lassen...
Liebe Grüße
leonie
Hallo Lisa,
ich lese doch deine Antworten und dein Erklären so gern, weil sie auf ganz eigene Weise (auf)zeigen, also war das bestimmt nicht als Kritik gemeint, dass du nicht dazu hättest schreiben sollen! Danke, dass du dich einlässt!
Wenn du von der aktiven Rolle des Mannes im Vergleich zu der der Frau sprechen willst, müsstest du ihn dann nicht auch so zeigen und nicht quasi ein analoges Scheitern? Ich sehe, wenn ich deine letzte Antwort einbeziehe, einen hilflosen, sehr passiven, meinem Blick/ dem Spiegelblick ausgelieferten Mann. Die Erzählstimme, die dann ja der Spiegel wäre, und durch das hineinsprechen letztlich "ich", ist, wie du schreibst, dominant und gebraucht ihn. Ich sehe im gezeigten Bild nichts Heilsames, Erstrebenswertes. Und dann folgt die Erklärung, dass es der Frau (jedoch?) heilsam schlecht stünde, wenn sie in seiner Rolle sein könnte? Ich bekomme da aus dem Gedicht heraus einfach nicht den Bogen zu deinem Gedanken.
(Grundsätzlich verstehe ich das "heilsam schlecht stehen", denke ich schon auch.)
Das "rutschen" passt für mich aber auch nach deiner Erklärung nicht, weil es für mich immer eine unabsichtliche Bewegung zeigt, (wenn man nicht gerade auf einer Rutsche sitzt .-)) was es ja hier nicht sein soll? Auch wäre es für mich schlüssiger, wenn der Mann dann selbst die rote Nase dort platziert hätte, also nicht als Objekt dort stehen würde, sondern als handelndes und die Wahrnehmung selbst bestimmendes und den Blick lenkendes Subjekt?
Warum ist dir wichtig, das so zu gestalten? Weil es provozierender ist? Wie ich mal wieder Schwierigkeiten habe die Ironie herauszuhören, empfinde ich auch hier wieder die Provokation als ungeeignetes Mittel, um (mir) etwas aufzuzeigen. Das geht aber anderen Lesern ganz sicher anders, das Thema hatten wir ja schon öfter unter Texten. .-)
Liebe Grüße
Flora
ich lese doch deine Antworten und dein Erklären so gern, weil sie auf ganz eigene Weise (auf)zeigen, also war das bestimmt nicht als Kritik gemeint, dass du nicht dazu hättest schreiben sollen! Danke, dass du dich einlässt!
In Bezug auf die Spiegel sind die Frauen ja nun mal die abhängigeren
Ich war nur überrascht von der Sicherheit, mit der du diese Thesen für unumstößlich wahr erklärst. Das Gedicht spricht natürlich trotzdem für sich selbst, die spannende Frage ist aber eben, ob ich ohne selbst diese Anschauung zu teilen, als Hintergrund zu haben, auch dahin kommen würde, es deiner Intention nach zu lesen, ob es mir da genug erzählt.Aber wie der Melancholiker eben immer Melancholiker bleiben muss, muss auch die Frau immer Frau bleiben, sie kann ja gar nicht erst an den Punkt kommen, in der ihr etwas auf heilsame Weise schlecht steht. Da müsste sie erst hin zur aktiven Gestaltung der Pose und da die den Männern vorbehalten ist, kommt sie da gar nicht hin.
Wenn du von der aktiven Rolle des Mannes im Vergleich zu der der Frau sprechen willst, müsstest du ihn dann nicht auch so zeigen und nicht quasi ein analoges Scheitern? Ich sehe, wenn ich deine letzte Antwort einbeziehe, einen hilflosen, sehr passiven, meinem Blick/ dem Spiegelblick ausgelieferten Mann. Die Erzählstimme, die dann ja der Spiegel wäre, und durch das hineinsprechen letztlich "ich", ist, wie du schreibst, dominant und gebraucht ihn. Ich sehe im gezeigten Bild nichts Heilsames, Erstrebenswertes. Und dann folgt die Erklärung, dass es der Frau (jedoch?) heilsam schlecht stünde, wenn sie in seiner Rolle sein könnte? Ich bekomme da aus dem Gedicht heraus einfach nicht den Bogen zu deinem Gedanken.
(Grundsätzlich verstehe ich das "heilsam schlecht stehen", denke ich schon auch.)
Das "rutschen" passt für mich aber auch nach deiner Erklärung nicht, weil es für mich immer eine unabsichtliche Bewegung zeigt, (wenn man nicht gerade auf einer Rutsche sitzt .-)) was es ja hier nicht sein soll? Auch wäre es für mich schlüssiger, wenn der Mann dann selbst die rote Nase dort platziert hätte, also nicht als Objekt dort stehen würde, sondern als handelndes und die Wahrnehmung selbst bestimmendes und den Blick lenkendes Subjekt?
Das sehe ich nicht so. Viele Texte erschaffen Welten, die einladen, sich für einen öffnen, man kann der Bewegung darin zuschauen, oder aber sich selbst hineingeben, sich identifizieren oder nur in der Betrachterrolle bleiben, man wird nicht immer "hineingesprochen" und in diesem Sinn für die Aussage vereinnahmt. Es wird einem die Sicht nicht in den Mund gelegt. Selbst ein "wir" kann ich noch distanziert lesen, wenn ich das möchte. Das "einem" macht es aber schwer, noch mehr das "stimmt".Denn alle Texte arbeiten doch so, dass sie etwas aufstellen/behaupten, ganze Welten erschaffen, in denen sich dann die Worte befinden und die dann auch in der Bewegung alle Menschen, die die Texte lesen, vereinahmen.
Warum ist dir wichtig, das so zu gestalten? Weil es provozierender ist? Wie ich mal wieder Schwierigkeiten habe die Ironie herauszuhören, empfinde ich auch hier wieder die Provokation als ungeeignetes Mittel, um (mir) etwas aufzuzeigen. Das geht aber anderen Lesern ganz sicher anders, das Thema hatten wir ja schon öfter unter Texten. .-)
Vielleicht muss er das nicht, ich weiß nicht, wie es anderen Lesern damit geht. In mir weckt er schon diese Erwartungshaltung.(Der Titel enthält ja auch mehr als Melancholie, warum muss er behaupten, dass das Gedicht von Melancholie erzählen will?
Liebe Grüße
Flora
Das ist das Schöne an der Sprache, dass ein Wort schöner und wahrer sein kann als das, was es beschreibt. (Meir Shalev)
Liebe Flora,
Ja, klar! Ich muss sagen, ich habe diesen Text im Vergleich einfach schnell losgelassen, fand ihn fertig, ohne ihn großartig zu prüfen und hab mich damit OK gefühlt, darin ist aber wirklich enthalten, dass ich mir gut vorstellen kann, dass er nicht funktioniert! Ich weiß es also selbst nicht (nicht zuletzt deshalb war es wahrscheinlich für mich möglich, einfach so dazu zu erklären).
Also ich habe es so gedacht: Der Mann scheitert für mich auch, aber eben auf aktivere Weise. Scheitern ist für mich nicht gleichzusetzen damit, dass jemand passiv sein muss. Und ich sehe den Mann ähnlich bis gleich strak an den Spiegel gebunden, von der Erzählstimme abhängig, nur eben auf eine andere Art hin (eine andere Ausprägungsform der Abhängigkeit). Und warum vermutet wird, dass der Frau die Haltung des Mannes heilsam schlecht stünde, sie also "befreien" würde ist die, wie es sich ja oft verhält: was den einen bindet aufgrund bestimmter Muster, Gegebenheiten, Prägungen, kann für jemanden anderen ganz andere Möglichkeiten bieten. Und könnte die FRau die aktive Haltung, die Clonwhaltung vor dem Spiegel einnehmen, so mein Gefühl, könnte ihr das guttun (siehe Zefis Beschreibung). Allerdings ist diese Behauptung mit Vorsicht zu genießen, da die Stimme wie gesagt ironisch und relativ erbarmungslos spricht und so im Grunde eine Utopie skizziert, die schon von beginn an gewollt den Kern der Unmöglichkeit in sich trägt (vielleicht weil die Autorin eine Frau ist, wer weiß .-) ).
Zum Rutschen: Für mich passt das Wort genau, um den Zwischenzustand zu beschreiben, dass jemand ihm diese rote Nase dort plaziert hat (die Stimme hingesprochen) und zugleich der Körper des Btroffenen mit beteiligt ist, und zwar unkontrolliert, eine Mischung aus beabsichtigt/geschehen lassen und passieren/ nicht verhindenr können - so wie etwa eine Frau ein Kleid trägt, da gibt es diesen Moment, wo (meinetwegen einen Träger oder dergleichen) es ein Zwischenzustand zwischen aktiven Gestalten bzw. geschehen lassen und nicht verhindenr können gibt, was genau vorherrscht, entscheiden eben nur Nuancen und den Prozess kann ich mir durchaus als unentschieden vorstellen. Und wenn man das mal beobachtet hat und spürt, was für eine Kultivierungsenergie da drin steckt, dann kann ich mir parallel/analog dazu diese mächtige Stimme denken, die das ganze herbeispricht, die die Frau dazu bringt (und sei es nur innerlich) zu zucken, um den gewünschten Effekt hervorzurufen.
Kann sein, dass das nicht funktioniert für andere, aber für mich passt das Wort "rutschen daher sehr gut.
Da sind wir dann eben verschiedener Ansicht. Ich sehe es schon so, dass alle Texte "manipulieren", es gibt eben nur verschiedene Mittel um den Leser unterschiedlich dabei empfinden zu lassen. Ganz gleich wie offen ein Textraum konstruiert ist, wie frei sich der Leser sich darin bewegt, so befindet sich der Leser eben doch darin. Und wenn er es nicht tut, dann kann er den Text nicht lesen.
Ich setze etwa Provokation deshalb oft ein, um dem Leser eben diese Position spüren zu lassen (denke aber auch, dass das nicht die sinnvollste Weise ist, mal schauen, was ich da für mich noch finde).
Liebe leonie,
danke für deinen KOmmentar : Die Melancholie, ein verführender Mann? Meinst du dann eher so jemanden wie Werther? Für mich ist der Melancholiker nämlich immer schon etwas angealtert und komischerweise, jetzt, wo du das sagst, überhaupt nicht attraktiv. Werther etwa ist für mich eben eher der Empfindsame, der Jünglingstyp, für mich auch nicht gerade attraktiv, aber zumindest habe ich eine klare Zielgruppe vor Augen, wen das so ansprechen könnte. Bei ersterem scheint es mir gerade wichtig, dass er (und sei es nur in bezug auf die Frauen(bilder), die er will, alleine bleibt).
liebe Grüße,
Lisa
Ich war nur überrascht von der Sicherheit, mit der du diese Thesen für unumstößlich wahr erklärst. Das Gedicht spricht natürlich trotzdem für sich selbst, die spannende Frage ist aber eben, ob ich ohne selbst diese Anschauung zu teilen, als Hintergrund zu haben, auch dahin kommen würde, es deiner Intention nach zu lesen, ob es mir da genug erzählt.
Ja, klar! Ich muss sagen, ich habe diesen Text im Vergleich einfach schnell losgelassen, fand ihn fertig, ohne ihn großartig zu prüfen und hab mich damit OK gefühlt, darin ist aber wirklich enthalten, dass ich mir gut vorstellen kann, dass er nicht funktioniert! Ich weiß es also selbst nicht (nicht zuletzt deshalb war es wahrscheinlich für mich möglich, einfach so dazu zu erklären).
Wenn du von der aktiven Rolle des Mannes im Vergleich zu der der Frau sprechen willst, müsstest du ihn dann nicht auch so zeigen und nicht quasi ein analoges Scheitern? Ich sehe, wenn ich deine letzte Antwort einbeziehe, einen hilflosen, sehr passiven, meinem Blick/ dem Spiegelblick ausgelieferten Mann. Die Erzählstimme, die dann ja der Spiegel wäre, und durch das hineinsprechen letztlich "ich", ist, wie du schreibst, dominant und gebraucht ihn. Ich sehe im gezeigten Bild nichts Heilsames, Erstrebenswertes. Und dann folgt die Erklärung, dass es der Frau (jedoch?) heilsam schlecht stünde, wenn sie in seiner Rolle sein könnte? Ich bekomme da aus dem Gedicht heraus einfach nicht den Bogen zu deinem Gedanken
Also ich habe es so gedacht: Der Mann scheitert für mich auch, aber eben auf aktivere Weise. Scheitern ist für mich nicht gleichzusetzen damit, dass jemand passiv sein muss. Und ich sehe den Mann ähnlich bis gleich strak an den Spiegel gebunden, von der Erzählstimme abhängig, nur eben auf eine andere Art hin (eine andere Ausprägungsform der Abhängigkeit). Und warum vermutet wird, dass der Frau die Haltung des Mannes heilsam schlecht stünde, sie also "befreien" würde ist die, wie es sich ja oft verhält: was den einen bindet aufgrund bestimmter Muster, Gegebenheiten, Prägungen, kann für jemanden anderen ganz andere Möglichkeiten bieten. Und könnte die FRau die aktive Haltung, die Clonwhaltung vor dem Spiegel einnehmen, so mein Gefühl, könnte ihr das guttun (siehe Zefis Beschreibung). Allerdings ist diese Behauptung mit Vorsicht zu genießen, da die Stimme wie gesagt ironisch und relativ erbarmungslos spricht und so im Grunde eine Utopie skizziert, die schon von beginn an gewollt den Kern der Unmöglichkeit in sich trägt (vielleicht weil die Autorin eine Frau ist, wer weiß .-) ).
Zum Rutschen: Für mich passt das Wort genau, um den Zwischenzustand zu beschreiben, dass jemand ihm diese rote Nase dort plaziert hat (die Stimme hingesprochen) und zugleich der Körper des Btroffenen mit beteiligt ist, und zwar unkontrolliert, eine Mischung aus beabsichtigt/geschehen lassen und passieren/ nicht verhindenr können - so wie etwa eine Frau ein Kleid trägt, da gibt es diesen Moment, wo (meinetwegen einen Träger oder dergleichen) es ein Zwischenzustand zwischen aktiven Gestalten bzw. geschehen lassen und nicht verhindenr können gibt, was genau vorherrscht, entscheiden eben nur Nuancen und den Prozess kann ich mir durchaus als unentschieden vorstellen. Und wenn man das mal beobachtet hat und spürt, was für eine Kultivierungsenergie da drin steckt, dann kann ich mir parallel/analog dazu diese mächtige Stimme denken, die das ganze herbeispricht, die die Frau dazu bringt (und sei es nur innerlich) zu zucken, um den gewünschten Effekt hervorzurufen.
Kann sein, dass das nicht funktioniert für andere, aber für mich passt das Wort "rutschen daher sehr gut.
Das sehe ich nicht so. Viele Texte erschaffen Welten, die einladen, sich für einen öffnen, man kann der Bewegung darin zuschauen, oder aber sich selbst hineingeben, sich identifizieren oder nur in der Betrachterrolle bleiben, man wird nicht immer "hineingesprochen" und in diesem Sinn für die Aussage vereinnahmt. Es wird einem die Sicht nicht in den Mund gelegt. Selbst ein "wir" kann ich noch distanziert lesen, wenn ich das möchte. Das "einem" macht es aber schwer, noch mehr das "stimmt".
Warum ist dir wichtig, das so zu gestalten? Weil es provozierender ist? Wie ich mal wieder Schwierigkeiten habe die Ironie herauszuhören, empfinde ich auch hier wieder die Provokation als ungeeignetes Mittel, um (mir) etwas aufzuzeigen. Das geht aber anderen Lesern ganz sicher anders, das Thema hatten wir ja schon öfter unter Texten. .-)
Da sind wir dann eben verschiedener Ansicht. Ich sehe es schon so, dass alle Texte "manipulieren", es gibt eben nur verschiedene Mittel um den Leser unterschiedlich dabei empfinden zu lassen. Ganz gleich wie offen ein Textraum konstruiert ist, wie frei sich der Leser sich darin bewegt, so befindet sich der Leser eben doch darin. Und wenn er es nicht tut, dann kann er den Text nicht lesen.
Ich setze etwa Provokation deshalb oft ein, um dem Leser eben diese Position spüren zu lassen (denke aber auch, dass das nicht die sinnvollste Weise ist, mal schauen, was ich da für mich noch finde).
Liebe leonie,
danke für deinen KOmmentar : Die Melancholie, ein verführender Mann? Meinst du dann eher so jemanden wie Werther? Für mich ist der Melancholiker nämlich immer schon etwas angealtert und komischerweise, jetzt, wo du das sagst, überhaupt nicht attraktiv. Werther etwa ist für mich eben eher der Empfindsame, der Jünglingstyp, für mich auch nicht gerade attraktiv, aber zumindest habe ich eine klare Zielgruppe vor Augen, wen das so ansprechen könnte. Bei ersterem scheint es mir gerade wichtig, dass er (und sei es nur in bezug auf die Frauen(bilder), die er will, alleine bleibt).
liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.
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