Alice und die Avatare
Verfasst: 31.08.2010, 22:14
Alice und die Avatare
„Du musst beweisen, dass unsere lebendige Energie stärker ist als ihre.“ sagte die Königin und spann weiter an ihrem Netz. Alice sah zu, wie der Faden aus einer Körperöffnung herausquoll, die wie ein Rectum aussah. Die Königin räusperte sich: „Mein Faden, den du so verächtlich anstierst, ist stärker als ihre künstlichen Seile.“
„Das weiß ich,“ brummte Alice, wenn bei ihrer hohen Stimmlage von Brummen gesprochen werden kann.
„Mit denen wirst auch du nicht so schnell fertig!“ warnte die Herrscherin.
„Wie lange das dauert, spielt für mich keine Rolle!“ sagte Alice zur Königin. Alice hätte gerne hinzugefügt, dass sie mutig und unerschrocken kämpfen würde, egal wievielen Gegnern sie sich stellen müsste.
Doch diese hörte schon nicht mehr hin, denn vor ihr paradierten wunderschöne Avatare, einer aufregender als der andere. Alice kaute weiter an einem Kaugummi, den ein Avatar im Chatraum vergessen hatte und fragte sich, wie sie wieder aus dem Netz herauskriechen könnte, ohne diesen lächerlichen Wettstreit bestehen zu müssen. Seitdem ihr Herzenshase verschwunden war, irrte sie allein im Netz der Königin, von Chatroom zu Chatroom, von Avatar zu Avatar.
Die Königin, eine dicke fette Spinne mit langen dürren Beinen, hatte sich diesen Wettkampf ausgedacht, weil sie Alice auf die Probe stellen wollte. Er bestand darin, in möglichst kurzer Zeit Emoticons herunterzuladen und im Kommunikationskampf einzusetzen. *Lach* *grins* und *heul* waren verboten, von allen anderen Emoticalwaffen konnte Gebrauch gemacht werden. Zu Alicens Leidwesen standen sich zwei ungleiche feindliche Gruppen gegenüber.
Einmal waren da die Avatare, Wesen der dritten Generation, Papiergeburten und Pixelgestalten, zwei- oder dreidimensional, deren Programme so vollständige Reaktionsabläufe speicherten, dass sie selten in ihren verbalen und sonstigen Attacken gehemmt wurden. Sie waren die Wort- und Darstellungskampfelite, mit denen sich nur wenige Naturwesen, zu denen auch die Königin zählte, zu messen verstanden.
Zum andern jene Naturwesen, man nannte sie schon damals "den Rest", oder weniger aggressiv, die "Restkategorie": Wenige Tiere und noch weniger Menschen hatten einige Sondereigenschaften entwickelt, die sie unwiderbringlich zu Geschöpfen einer neuen Art machten. So waren die Naturwesen entstanden, hybride Geschöpfe, die sich ihrer natürlichen Umwelt kaum entsannen. Unter ihnen war Alice ein absoluter Einzelfall. Sie war das älteste Exemplar der Menschheit. Das Überbleibsel einer Zivilisation, die sich zum Ziel gemacht hatte, dem Veränderlichen, dem Endlichen und dem Unvollkommenen am Menschen den Garaus zu machen, So hatte sie den Menschen selbst vernichtet.
Alice bereitete sich vor dem Spiegel auf den Kampf vor. Kleidete sich sorgfältig und wie einst Marlene kümmerte sie sich selbst um das Licht, das sie bescheinen sollte. Sie drehte sich hin- und her, wirbelte mit ihren Rockschößen. Wie schön sie war, staunte sie. Wie ihre Haut leuchtete, sanft und samtig. Nun ging sie die Rampe hinunter, prüfte die Leuchtröhren, von denen einige, das hatte sie vorher ausprobiert, Rotlicht verströmten. Die Avatare, mit ihren Motorradhelmen, Indianerkämmen, stachelig, behaart, glattrasiert! Jeder Avator seinen Fetisch vor sich hertragend, wie die Heiligen einer mittelalterlichen Prozession. Schwerfällig, unbeholfen hielten sie ihre Banner und sahen zu ihr hin, als habe sie Gift auf ihre Köcher geschmiert. Alice, ihrerseits, leuchtete im Scheinwerferlicht wie ein Stern. Sie trug nur ein riesiges Emoticon auf der Stirn: scharlachrot leuchtete ein pulsierender Schriftzug: love, love, love.
Sofort waren alle Avatare hungrig nach ihr. Sie öffnete die kirschrote Satinweste. Vorn. Ein Knopf und noch einer. Den letzten ließ sie aufspringen - und dann ließ sie ihre Brüste, die soviel Schwerkraft noch vertrugen, frei schwingen: Den Avataren ging sofort die Puste aus. Was sollten sie gegen eine solche erotische Attacke machen? Nichts. Nur ein einziger, von dem sie immer vermutet hatte, dass er ein falscher Avatar war, blieb standfest, verfiel nicht in Trance oder sonstwie unter ihren Charme. Doch er, der Mutigste, verglühte als erster, als er sich ihrer Haut näherte, und so ging es langsam allen.
Sie wurde begrüßt mit einer Fülle von Liebeserklärungen in Form von aufgeregt schlagenden Herzen, oder der wunderlichen Abbildung eines vögelnden Pärchens, oder diverser Varianten von Sektschalen oder Kelchen, oder sonst Abbildungen mit Schleifchen. Alice fragte sich: warum immer diese perlmuttschimmernden Schleifchen? Als alle Avatare ihre Emoticonschleuder leer geschossen hatte, zog sich Alice zurück. Sie betrat leise das Gemach der Königin:
„Das hast du schön gemacht!“ sagte diese; „Darf ich?“
Alice nickte und ließ es geschehen, dass die mageren Spinnenbeine sie umschlossen, um Weichheit und Wärme zu spüren.
Sie sagten lange nichts.
Dann kroch die Königin wieder in eine ihrer furchtbaren Ecken, von denen Alice nichts wissen wollte: Sie kehrte in ihr Bett zurück und legte sich zu den drei Eulen. Zuvor hatte sie noch die Kuckucksuhr an ihren Tannenzapfen aufgezogen. Als die volle Stunde schlug, lauschte sie dem kleinen Vogel, der sich die Seele aus dem Leib rief:
„Auch ein Avatar“ sagte Alice, doch niemand hörte ihr zu.
Da ich immer noch Tippfehler entdeckt habe, und dazu stilistische Unebenheiten, habe ich obige Fassung von Fehlern bereinigt stehen lassen.
Alice und die Avatare
„Du musst beweisen, dass unsere lebendige Energie stärker ist als ihre.“ sagte die Königin und spann weiter an ihrem Netz. Alice sah zu, wie der Faden aus einer Körperöffnung herausquoll, die wie ein Rectum aussah. Die Königin räusperte sich: „Mein Faden, den du so verächtlich anstierst, ista stärker als ihre künstlichen Seile.“
„Das weiß ich,“ brummte Alice, wenn bei ihrer hohen Stimmlage von Brummen gesprochen werden kann.
„Mit denen wirst auch du nicht so schnell fertig!“ warnte die Herrscherin.
„Wie lange das dauert, spielt für mich keine Rolle!“ sagte Alice zur Königin. Alice hätte gerne hinzugefügt, dass sie mutig und unerschrocken kämpfen würde, egal wievielen Gegnern sie sich stellen müsste.
Doch diese hörte schon nicht mehr hin, denn vor ihr paradierten wunderschöne Avatare, einer aufregender als der andere. Alice kaute weiter an einem Kaugummi, den ein Avatar im Chatraum vergessen hatte und fragte sich, wie sie wieder aus dem Netz herauskriechen könnte, ohne diesen lächerlichen Wettstreit bestehen zu müssen. Seitdem ihr Herzenshase verschwunden war, irrte sie allein im Netz der Königin, von Chatroom zu Chatroom, von Avatar zu Avatar.
Die Königin, eine dicke fette Spinne mit langen dürren Beinen, hatte sich diesen Wettkampf ausgedacht, weil sie Alice auf die Probe stellen wollte. Er bestand darin, in möglichst kurzer Zeit Emoticons herunterzuladen und im Kommunikationskampf einzusetzen. *Lach* *grins* und *heul* waren verboten, von allen anderen Emoticalwaffen konnte Gebrauch gemacht werden. Zu Alicens Leidwesen standen sich zwei ungleiche feindliche Gruppen gegenüberdkn Satz gestrichen:
Einmal waren da die Avatare, Wesen der dritten Generation, Papiergestalten, zwei- oder dreidimensional, deren Programme so vollständige Reaktionsabläufe speicherten, dass sie selten in ihren verbalen und sonstigen Attacken gehemmt wurden. Sie waren die Wort- und Darstellungskampfelite, denen nur noch wenige Naturwesen gegenüber standen, zu denen auch die Königin zählte.
Zum andern jene wenige Naturwesen, man nannte sie schon damals zu jener Zeit"den Rest", oder weniger aggressiv, die "Restkategorie": Wenige Tiere und noch weniger Menschen hatten einige Sondereigenschaften entwickelt, die sie unwiderbringlich zu Geschöpfen einer neuen Art machten. So waren die Naturwesen entstanden, hybride Geschöpfe, die sich ihrer natürlichen Umwelt kaum entsannen. Unter ihnen war Alice ein absoluter Einzelfall, wae siz doch sie war das älteste Exemplar der Menschheit. Das Überbleibsel einer Zivilisation, die sich zum Ziel gemacht hatte, dem Veränderlichen, dem Endlichen und dem Unvollkommenen am Menschen den Garaus zu machen, und so den Menschen selbst vernichtete.
Alice bereitete sich vor dem Spiegel auf den Kampf vor. Kleidete sich sorgfältig und wie einst Marlene kümmerte sie sich selbst um das Licht, das sie bescheinen sollte. Sie drehte sich hin- und her, wirbelte mit ihren Rockschößen. Wie schön sie war, staunte sie. Wie ihre Haut leuchtete, sanft und samtig. Nun ging sie die Rampe hinunter, prüfte die Leuchtröhren, von denen einige, das hatte sie vorher ausprobiert, Rotlicht verströmten. Die Avatare, mit ihren Motorradhelmen, Indianerkämmen, stachelig, behaart, glattrasiert! Jeder Avator seinen Fetisch vor sich hertragend, wie die Heiligen einer mittelalterlichen Prozession. Schwerfällig, unbeholfen hielten sie ihre Banner und sahen zu ihr hin, als habe sie Gift auf ihre Köcher geschmiert. Alice, ihrerseits, leuchtete im Scheinwerferlicht wie ein Stern. Sie trug nur ein riesiges Emoticon auf der Stirn: scharlachrot leuchtete ein pulsierender Schriftzug: love, love, love.
Sofort waren alle Avatare hungrig nach ihr. Sie öffnete die kirschrote Satinweste. Vorn. Ein Knopf und noch einer. Den letzten ließ sie aufspringen - und dann ließ sie ihre Brüste, die soviel Schwerkraft noch vertrugen, frei schwingen: Den Avataren ging sofort die Puste aus. Was sollten sie gegen eine solche erotische Attacke machen? Nichts. Nur ein einziger, von dem sie immer vermutet hatte, dass er ein falscher Avatar war, blieb standfest, verfiel nicht in Trance oder sonstwie unter ihren Charme. Doch er, der Mutigste, verglühte als erster, als er sich ihrer Haut näherte, und so ging es langsam allen.
Sie wurde begrüßt mit einer Fülle von Liebeserklärungen in Form von aufgeregt schlagenden Herzen, oder der wunderlichen Abbildung eines vögelnden Pärchens, oder diverser Varianten von Sektschalen oder Kelchen, oder sonst Abbildungen mit Schleifchen. Alice fragte sich immer: warum immer diese perlmuttschimmernden Schleifchen? Als alle Avatare ihre Emoticonschleuder leer geschossen hatte, zog sich Alice zurück. Sie betrat leise das Gemach der Königin:
„Das hast du schön gemacht!“ sagte diese; „Darf ich?“
Alice nickte und ließ es geschehen, dass die mageren Spinnenbeine sie umschlossen, um Weichheit und Wärme zu spüren.
Sie sagten lange nichts.
Dann kroch die Königin wieder in eine ihrer furchtbaren Ecken, von denen Alice nichts wissen wollte: Sie kehrte in ihr Bett zurück und legte sich zu den drei Eulen. Zuvor hatte sie noch die Kuckucksuhr an ihren Tanntenzapfen aufgezogen. Als die volle Stunde schlug, lauschte sie dem kleinen Vogel, der sich die Seele aus dem Leib rief:
„Auch ein Avatar“ sagte Alice, doch niemand hörte ihr zu.
„Du musst beweisen, dass unsere lebendige Energie stärker ist als ihre.“ sagte die Königin und spann weiter an ihrem Netz. Alice sah zu, wie der Faden aus einer Körperöffnung herausquoll, die wie ein Rectum aussah. Die Königin räusperte sich: „Mein Faden, den du so verächtlich anstierst, ist stärker als ihre künstlichen Seile.“
„Das weiß ich,“ brummte Alice, wenn bei ihrer hohen Stimmlage von Brummen gesprochen werden kann.
„Mit denen wirst auch du nicht so schnell fertig!“ warnte die Herrscherin.
„Wie lange das dauert, spielt für mich keine Rolle!“ sagte Alice zur Königin. Alice hätte gerne hinzugefügt, dass sie mutig und unerschrocken kämpfen würde, egal wievielen Gegnern sie sich stellen müsste.
Doch diese hörte schon nicht mehr hin, denn vor ihr paradierten wunderschöne Avatare, einer aufregender als der andere. Alice kaute weiter an einem Kaugummi, den ein Avatar im Chatraum vergessen hatte und fragte sich, wie sie wieder aus dem Netz herauskriechen könnte, ohne diesen lächerlichen Wettstreit bestehen zu müssen. Seitdem ihr Herzenshase verschwunden war, irrte sie allein im Netz der Königin, von Chatroom zu Chatroom, von Avatar zu Avatar.
Die Königin, eine dicke fette Spinne mit langen dürren Beinen, hatte sich diesen Wettkampf ausgedacht, weil sie Alice auf die Probe stellen wollte. Er bestand darin, in möglichst kurzer Zeit Emoticons herunterzuladen und im Kommunikationskampf einzusetzen. *Lach* *grins* und *heul* waren verboten, von allen anderen Emoticalwaffen konnte Gebrauch gemacht werden. Zu Alicens Leidwesen standen sich zwei ungleiche feindliche Gruppen gegenüber.
Einmal waren da die Avatare, Wesen der dritten Generation, Papiergeburten und Pixelgestalten, zwei- oder dreidimensional, deren Programme so vollständige Reaktionsabläufe speicherten, dass sie selten in ihren verbalen und sonstigen Attacken gehemmt wurden. Sie waren die Wort- und Darstellungskampfelite, mit denen sich nur wenige Naturwesen, zu denen auch die Königin zählte, zu messen verstanden.
Zum andern jene Naturwesen, man nannte sie schon damals "den Rest", oder weniger aggressiv, die "Restkategorie": Wenige Tiere und noch weniger Menschen hatten einige Sondereigenschaften entwickelt, die sie unwiderbringlich zu Geschöpfen einer neuen Art machten. So waren die Naturwesen entstanden, hybride Geschöpfe, die sich ihrer natürlichen Umwelt kaum entsannen. Unter ihnen war Alice ein absoluter Einzelfall. Sie war das älteste Exemplar der Menschheit. Das Überbleibsel einer Zivilisation, die sich zum Ziel gemacht hatte, dem Veränderlichen, dem Endlichen und dem Unvollkommenen am Menschen den Garaus zu machen, So hatte sie den Menschen selbst vernichtet.
Alice bereitete sich vor dem Spiegel auf den Kampf vor. Kleidete sich sorgfältig und wie einst Marlene kümmerte sie sich selbst um das Licht, das sie bescheinen sollte. Sie drehte sich hin- und her, wirbelte mit ihren Rockschößen. Wie schön sie war, staunte sie. Wie ihre Haut leuchtete, sanft und samtig. Nun ging sie die Rampe hinunter, prüfte die Leuchtröhren, von denen einige, das hatte sie vorher ausprobiert, Rotlicht verströmten. Die Avatare, mit ihren Motorradhelmen, Indianerkämmen, stachelig, behaart, glattrasiert! Jeder Avator seinen Fetisch vor sich hertragend, wie die Heiligen einer mittelalterlichen Prozession. Schwerfällig, unbeholfen hielten sie ihre Banner und sahen zu ihr hin, als habe sie Gift auf ihre Köcher geschmiert. Alice, ihrerseits, leuchtete im Scheinwerferlicht wie ein Stern. Sie trug nur ein riesiges Emoticon auf der Stirn: scharlachrot leuchtete ein pulsierender Schriftzug: love, love, love.
Sofort waren alle Avatare hungrig nach ihr. Sie öffnete die kirschrote Satinweste. Vorn. Ein Knopf und noch einer. Den letzten ließ sie aufspringen - und dann ließ sie ihre Brüste, die soviel Schwerkraft noch vertrugen, frei schwingen: Den Avataren ging sofort die Puste aus. Was sollten sie gegen eine solche erotische Attacke machen? Nichts. Nur ein einziger, von dem sie immer vermutet hatte, dass er ein falscher Avatar war, blieb standfest, verfiel nicht in Trance oder sonstwie unter ihren Charme. Doch er, der Mutigste, verglühte als erster, als er sich ihrer Haut näherte, und so ging es langsam allen.
Sie wurde begrüßt mit einer Fülle von Liebeserklärungen in Form von aufgeregt schlagenden Herzen, oder der wunderlichen Abbildung eines vögelnden Pärchens, oder diverser Varianten von Sektschalen oder Kelchen, oder sonst Abbildungen mit Schleifchen. Alice fragte sich: warum immer diese perlmuttschimmernden Schleifchen? Als alle Avatare ihre Emoticonschleuder leer geschossen hatte, zog sich Alice zurück. Sie betrat leise das Gemach der Königin:
„Das hast du schön gemacht!“ sagte diese; „Darf ich?“
Alice nickte und ließ es geschehen, dass die mageren Spinnenbeine sie umschlossen, um Weichheit und Wärme zu spüren.
Sie sagten lange nichts.
Dann kroch die Königin wieder in eine ihrer furchtbaren Ecken, von denen Alice nichts wissen wollte: Sie kehrte in ihr Bett zurück und legte sich zu den drei Eulen. Zuvor hatte sie noch die Kuckucksuhr an ihren Tannenzapfen aufgezogen. Als die volle Stunde schlug, lauschte sie dem kleinen Vogel, der sich die Seele aus dem Leib rief:
„Auch ein Avatar“ sagte Alice, doch niemand hörte ihr zu.
Da ich immer noch Tippfehler entdeckt habe, und dazu stilistische Unebenheiten, habe ich obige Fassung von Fehlern bereinigt stehen lassen.
Alice und die Avatare
„Du musst beweisen, dass unsere lebendige Energie stärker ist als ihre.“ sagte die Königin und spann weiter an ihrem Netz. Alice sah zu, wie der Faden aus einer Körperöffnung herausquoll, die wie ein Rectum aussah. Die Königin räusperte sich: „Mein Faden, den du so verächtlich anstierst, ista stärker als ihre künstlichen Seile.“
„Das weiß ich,“ brummte Alice, wenn bei ihrer hohen Stimmlage von Brummen gesprochen werden kann.
„Mit denen wirst auch du nicht so schnell fertig!“ warnte die Herrscherin.
„Wie lange das dauert, spielt für mich keine Rolle!“ sagte Alice zur Königin. Alice hätte gerne hinzugefügt, dass sie mutig und unerschrocken kämpfen würde, egal wievielen Gegnern sie sich stellen müsste.
Doch diese hörte schon nicht mehr hin, denn vor ihr paradierten wunderschöne Avatare, einer aufregender als der andere. Alice kaute weiter an einem Kaugummi, den ein Avatar im Chatraum vergessen hatte und fragte sich, wie sie wieder aus dem Netz herauskriechen könnte, ohne diesen lächerlichen Wettstreit bestehen zu müssen. Seitdem ihr Herzenshase verschwunden war, irrte sie allein im Netz der Königin, von Chatroom zu Chatroom, von Avatar zu Avatar.
Die Königin, eine dicke fette Spinne mit langen dürren Beinen, hatte sich diesen Wettkampf ausgedacht, weil sie Alice auf die Probe stellen wollte. Er bestand darin, in möglichst kurzer Zeit Emoticons herunterzuladen und im Kommunikationskampf einzusetzen. *Lach* *grins* und *heul* waren verboten, von allen anderen Emoticalwaffen konnte Gebrauch gemacht werden. Zu Alicens Leidwesen standen sich zwei ungleiche feindliche Gruppen gegenüberdkn Satz gestrichen:
Einmal waren da die Avatare, Wesen der dritten Generation, Papiergestalten, zwei- oder dreidimensional, deren Programme so vollständige Reaktionsabläufe speicherten, dass sie selten in ihren verbalen und sonstigen Attacken gehemmt wurden. Sie waren die Wort- und Darstellungskampfelite, denen nur noch wenige Naturwesen gegenüber standen, zu denen auch die Königin zählte.
Zum andern jene wenige Naturwesen, man nannte sie schon damals zu jener Zeit"den Rest", oder weniger aggressiv, die "Restkategorie": Wenige Tiere und noch weniger Menschen hatten einige Sondereigenschaften entwickelt, die sie unwiderbringlich zu Geschöpfen einer neuen Art machten. So waren die Naturwesen entstanden, hybride Geschöpfe, die sich ihrer natürlichen Umwelt kaum entsannen. Unter ihnen war Alice ein absoluter Einzelfall, wae siz doch sie war das älteste Exemplar der Menschheit. Das Überbleibsel einer Zivilisation, die sich zum Ziel gemacht hatte, dem Veränderlichen, dem Endlichen und dem Unvollkommenen am Menschen den Garaus zu machen, und so den Menschen selbst vernichtete.
Alice bereitete sich vor dem Spiegel auf den Kampf vor. Kleidete sich sorgfältig und wie einst Marlene kümmerte sie sich selbst um das Licht, das sie bescheinen sollte. Sie drehte sich hin- und her, wirbelte mit ihren Rockschößen. Wie schön sie war, staunte sie. Wie ihre Haut leuchtete, sanft und samtig. Nun ging sie die Rampe hinunter, prüfte die Leuchtröhren, von denen einige, das hatte sie vorher ausprobiert, Rotlicht verströmten. Die Avatare, mit ihren Motorradhelmen, Indianerkämmen, stachelig, behaart, glattrasiert! Jeder Avator seinen Fetisch vor sich hertragend, wie die Heiligen einer mittelalterlichen Prozession. Schwerfällig, unbeholfen hielten sie ihre Banner und sahen zu ihr hin, als habe sie Gift auf ihre Köcher geschmiert. Alice, ihrerseits, leuchtete im Scheinwerferlicht wie ein Stern. Sie trug nur ein riesiges Emoticon auf der Stirn: scharlachrot leuchtete ein pulsierender Schriftzug: love, love, love.
Sofort waren alle Avatare hungrig nach ihr. Sie öffnete die kirschrote Satinweste. Vorn. Ein Knopf und noch einer. Den letzten ließ sie aufspringen - und dann ließ sie ihre Brüste, die soviel Schwerkraft noch vertrugen, frei schwingen: Den Avataren ging sofort die Puste aus. Was sollten sie gegen eine solche erotische Attacke machen? Nichts. Nur ein einziger, von dem sie immer vermutet hatte, dass er ein falscher Avatar war, blieb standfest, verfiel nicht in Trance oder sonstwie unter ihren Charme. Doch er, der Mutigste, verglühte als erster, als er sich ihrer Haut näherte, und so ging es langsam allen.
Sie wurde begrüßt mit einer Fülle von Liebeserklärungen in Form von aufgeregt schlagenden Herzen, oder der wunderlichen Abbildung eines vögelnden Pärchens, oder diverser Varianten von Sektschalen oder Kelchen, oder sonst Abbildungen mit Schleifchen. Alice fragte sich immer: warum immer diese perlmuttschimmernden Schleifchen? Als alle Avatare ihre Emoticonschleuder leer geschossen hatte, zog sich Alice zurück. Sie betrat leise das Gemach der Königin:
„Das hast du schön gemacht!“ sagte diese; „Darf ich?“
Alice nickte und ließ es geschehen, dass die mageren Spinnenbeine sie umschlossen, um Weichheit und Wärme zu spüren.
Sie sagten lange nichts.
Dann kroch die Königin wieder in eine ihrer furchtbaren Ecken, von denen Alice nichts wissen wollte: Sie kehrte in ihr Bett zurück und legte sich zu den drei Eulen. Zuvor hatte sie noch die Kuckucksuhr an ihren Tanntenzapfen aufgezogen. Als die volle Stunde schlug, lauschte sie dem kleinen Vogel, der sich die Seele aus dem Leib rief:
„Auch ein Avatar“ sagte Alice, doch niemand hörte ihr zu.